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Arbeitsrecht und Tarifrecht und die Bedeutung davon – hilfreiche Information

Um ihr Taschengeld aufzubessern, übernehmen Jugendliche nicht selten einen Job. Das funktioniert häufig formlos und ohne dass ein Arbeitsvertrag schriftlicher
Art abgeschlossen wird. Doch auch wenn ein Arbeitsverhältnis nur auf der Basis einer mündlichen Absprache begründet wird, ist ein Arbeitsvertrag zustande gekommen. Dass dem so ist, beruht auf einem vielfältigen und komplexen Arbeitsrecht.

• Arbeitsrecht
Das Arbeitsrecht regelt die Stellung des Arbeitnehmers im Verhältnis zum Arbeitgeber. Ein Teil des Arbeitsrechts, und zwar das Individualarbeitsrecht, gehört zum Privatrecht. Den Kern dieses Individualarbeitsrechts bilden die einschlägigen Bestimmungen zum Arbeitsvertrag, die im BGB, im HGB und in der Gewerbeordnung enthalten sind. Andererseits gehört das Arbeitsrecht aber auch zum öffentlichen Recht und gilt für alle Arbeitnehmer gleichermaßen. Wesentlich
sind hier die Arbeitsstättenverordnung, die dem Schutz gegen Gefahren bei der Arbeit dient, das Arbeitszeitgesetz, das u.a. die maximale tägliche oder wöchentliche Dauer der Arbeits-zeit und Regelungen zu Arbeitspausen festlegt, das Urlaubsgesetz (Urlaub), das Arbeitssicherheitsgesetz (Arbeitssicherheit) und das Kündigungsschutzgesetz (Kündigungsschutz).

Daneben gibt es besondere Schutzbestimmungen für Frauen, Mütter (Mutterschutz), Jugendliche (f Arbeitsschutz), Heimarbeiter und Schwerbehinderte. Das kollektive Arbeitsrecht umfasst das Tarifvertragsrecht und das Betriebsverfassungsrecht, die beide wesentlich vom Wirken der Tarifpartner geprägt werden. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb wird dabei durch den Betriebsrat wahrgenommen und im Betriebsverfassungsgesetz geregelt. Schließlich gibt es noch das Recht der Arbeitsstreitigkeiten und die Arbeitsgerichtsbarkeit (Arbeitsgericht). Auch wenn jemand ohne schriftlichen Vertrag eine Arbeit tatsächlich ausübt oder in den Betrieb (oder den Haushalt) eines Arbeitgebers eintritt, wird ein Arbeitsverhältnis begründet. Ein derartiges zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber bestehendes Rechtsverhältnis bewirkt, dass die Gesetzesbestimmungen über den Arbeitsvertrag auch in diesem Fall angewendet werden. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich im Übrigen zur Treue gegenüber dem Arbeitgeber (Treuepflicht),
der Arbeitgeber zur Fürsorge gegenüber dem Arbeitnehmer ( Fürsorgepflicht).

• Der Arbeitsvertrag
Der Arbeitsvertrag ist eine Unterart des Dienstvertrags (§ 611 ff, BGB); besondere Bestimmungen für kaufmännische Angestellte enthält das HGB und für gewerbliche Arbeitnehmer die Gewerbeordnung. Das Nachweisgesetz verpflichtet den Arbeitgeber, die wesentlichen Vertragsbedingungen eines Arbeitsverhältnisses spätestens einen Monat nach dessen Beginn in schriftlicher Form fest-zulegen, zu unterschreiben und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Diese Niederschrift muss mindestens das Folgende beinhalten:
– Name und Anschrift der Vertragsparteien,
– Beginn des Arbeitsverhältnisses,
– dessen vorgesehene Dauer (bei Befristung),
– den Arbeitsort oder den Hinweis, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Arbeitsorten beschäftigt werden kann,
– eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der zu leistenden Tätigkeit,
– Höhe, Zusammensetzung und Fälligkeit des Arbeitsentgelts,
– die vereinbarte Arbeitszeit,
– die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
– Kündigungsfristen,
– einen Hinweis auf kollektivrechtliche Regelungen im Tarifvertrag oder in Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen. Wenn für Urlaub und Kündigungsfristen die gesetzlichen Mindestbedingungen gelten sollen, kann auf diese verwiesen werden.

• Tarifpartner und Tarifverträge
Manchem Schüler ist es vielleicht schon passiert, dass die gewohnte Straßenbahn nicht gekommen ist, oder dem Geschäftsmann, dass der gebuchte Flieger nicht verkehrte. In diesen Fällen könnte die Ursache ein Streik gewesen sein, mit dem eine Gewerkschaft sich dafür einsetzte, dass die Beschäftigten mehr verdienen oder sich die Arbeitsbedingungen verbessern – mit dessen Hilfe also um einen Tarifvertrag gerungen wurde. Juristisch definiert ist ein Tarifvertrag ein schriftlicher Vertrag zwischen einem oder mehreren Arbeitgebern bzw. einem Arbeitgeberverband einerseits und einer oder mehreren Gewerkschaften andererseits (Tarifvertragsparteien, Tarifpartner) zur Regelung arbeitsvertraglicher Bedingungen (Inhalt, Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen). Die Tarifverträge erstrecken sich damit nur auf die Mitglieder der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften. Daneben geht es in Tarifverträgen aber auch um die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien sowie

Arbeits- und Tarifrecht

um die Regelung von betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen und gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien. Maßgeblich dafür ist das Tarifvertragsgesetz. Es gibt einerseits den Entgelttarifvertrag, der insbesondere die Höhe des Arbeitsentgelts (v. a. Lohn und Gehalt) festlegt und meist für die Dauer eines Jahres abgeschlossen wird. Daneben existieren Manteltarifverträge (Rahmentarifverträge), die meistens eine mehrjährige Laufzeit haben und grundlegende Fragen regeln, z.B. die Urlaubsdauer, zusätzliche Leistungen wie das Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Freistellungsregelungen oder Kündigungsfristen. Neben dem Flächentarifvertrag, der für eine ganze Branche und eine bestimmte Region (z.B. den bayerischen Großhandel) gilt, gewinnen Firmen- oder Haustarifverträge (z.B. für die Volkswagen AG), die nur für ein einzelnes Unternehmen Gültigkeit haben, an Bedeutung. Dem Abschluss eines Tarifvertrages gehen mehr oder weniger intensive Tarifverhandlungen voraus, die in einen Arbeitskampf mit Streiks und Aussperrungen münden können.

• Sicherung des sozialen Friedens
Das GG der Bundesrepublik Deutschland enthält in Art. 9 den Schutz der Tarifautonomie (Koalitionsfreiheit). Damit ist das Recht der tariffähigen Parteien – Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände) – gemeint, Arbeitsbedingungen in eigener Zuständigkeit und Verantwortung unabhängig vom Staat in Tarifverträgen zu regeln. Deutschland hat eine soziale Marktwirtschaft.

Das bedeutet, dass einerseits die freie Entscheidung der Wirtschaftssubjekte befürwortet und damit die Vertragsfreiheit betont wird. Andererseits müssen aber auch die sozial Schwächeren geschützt werden, indem der Staat durch Regelungen des Arbeitsrechts zwingend in das Arbeitsleben eingreift. Er hat dabei auf den Ausgleich der widerstreitenden Interessen von Arbeit-nehmern und Arbeitgebern zu achten. Unterhalb dieser Ebene der staatlichen Rahmengesetzgebung streben die Gewerkschaften mithilfe von Tarifverträgen eine gerechte Einkommensverteilung an und versuchen, im Arbeitsalltag sozialverträgliche Arbeitsbedingungen zu erreichen (Tarifebene).

Auf der betrieblichen Ebene schließlich nimmt der Betriebsrat die Belange der Arbeitnehmer wahr und schließt z.B. Betriebsvereinbarungen zu sozialen Fragen ab. Ein Bestandteil der demokratischen Wirtschaftsordnung ist die Mitbestimmung, die Arbeitnehmer am Willens und Entscheidungsprozess in Betrieben oder Unternehmen teilnehmen lässt. Trotz der zuweilen heftigen Tarifkämpfe, die die Tarifpartner miteinander ausfechten, haben Gewerkschaften für den Interessenausgleich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und den sozialen Frieden einen wesentlichen Beitrag geleistet. Dabei spielen Gespräche und das Ringen um Kompromisse eine wichtige Rolle. Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist das Bündnis für Arbeit, also die Zusammenarbeit zwischen den Tarifpartnern und der Bundesregierung mit dem Ziel, das zentrale Problem der Massenarbeitslosigkeit zu lösen.