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Aufstieg zum Global Player – Deutsche Bank

Nachdem der Deutsche-Bank-Chef Breuer mit seinem erfolglosen Griff nach der Bayerischen Vereinsbank bereits die fatale Ehe der beiden Münchner Banken gestiftet hatte, sah er sich auf der anderen Seite des Atlantiks nach Partnern um.
Im November 1998 kündigte Breuer stolz die Übernahme des US-Investmenthauses Bankers Trust an. Der Preis: die Rekordsumme von 9,2 Milliarden Dollar. Damit legte die Frankfurter Bank 93 Dollar für jede ausstehende Aktie auf den Tisch. Die Börse honorierte den Abschluss der Übernahme im Juni 1999 mit leichten Kursgewinnen. Breuer hatte einen neuen Koloss geschmiedet. Das größte Finanzinstitut der Welt mit 95 847 Beschäftigten und einer Bilanzsumme von 840 Milliarden Euro. Unangenehm war allerdings, dass Bankers Trust eine Braut mit zweifelhaftem Ruf war. Riskante Deals mit hohen Verlusten hatten die Reputation der Investmentbank erheblich beschädigt. Zu Beginn der 1990er Jahre hatten die New Yorker Investmentbanker schwere Rückschläge im Handel mit Derivaten – einer Art hochkomplizierter Finanzwetten – hinnehmen müssen und 1997 mit hohen Risikopositionen für Aufregung an der Wallstreet gesorgt.

Breuer fand diese Angelegenheit offensichtlich unbedeutend. Hauptsache, die Deutsche Bank kann künftig auch in der Königsdisziplin des Geldgewerbes, im Investmentbanking, ganz oben mitspielen.

Es wird eine neue Deutsche Bank geben, verkündete er stolz auf der Welcome-Party für die neuen Mitarbeiter, die unter dem vielversprechenden Motto Let’s go global am 4. Juni 1999 in der Frankfurter Konzernzentrale mit Konfetti und Miller-Bier gefeiert wurde. Wir sind weltweit führend in allen wichtigen Bereichen der Finanzdienstleistungen. Breuer versprach bei diesem Anlass auch die fugenlose Integration der rund 20 000 Bankers- Trust-Mitarbeiter.

Das durften die Neuen aber nicht allzu wörtlich nehmen: Jeder Vierte von ihnen war nicht erwünscht: 5500 Arbeitsplätze in New York und London sollten gestrichen werden. Abteilungen, die riskante Geschäfte abgeschlossen hatten, wurden dichtgemacht. Der Name des 103 Jahre alten Instituts wurde gelöscht, nur die Bankers-Trust-Tochter Alex Brown, die bereits im Jahr 1800 gegründet worden war, durfte weiterleben als Vermögensverwalter für die Reichen und Superreichen.
Es gab weitere Wermutstropfen im Freudentaumel: Als in Frankfurt die Übernahmeparty gefeiert wurde, war immer noch ein Gerichtsverfahren gegen die alte Bankers-Trust-Führung anhängig. Das Management der Investmentbank stand in den USA wegen Bilanzfälschung unter Anklage. Namenlose Kundenkonten im Wert von 19 Millionen Dollar waren als Eigenkapital verbucht worden.

Die Strafe in Höhe von 60 Millionen Dollar, die den Managern ihrer neuen Tochter für dieses Vergehen auferlegt wurde, musste die Deutsche Bank zahlen. Trotzdem wurden die verantwörtlichen Führungskräfte mit hohen Summen im Unternehmen gehalten. Rund 335 Millionen € garantierten die Frankfurter den fünf Spitzenmanagern von Bankers Trust, wenn sie wenigstens noch fünf Jahre blieben. Doch der Topfinanzmanager, nach Bankers-Trust-Chef Frank Newman wichtigster Mann des Investmenthauses, schlug das Angebot aus, sich für 5 Jahre zu verpflichten, das ihm neben einem Jahreseinkommen von 4,5 Millionen Dollar einen Treuebonus von 9 Millionen Dollar beschert hätte. Newman wollte mehr, viel mehr.
Als Breuer sich im Juli 1999 wegen des Bilanzfälschungsskandals von dem bisherigen Bankers-Trust-Chef trennen wollte, kostete die Bank der Abschied von Newman dann letztendlich rund 100 Millionen Dollar.

Mit der Höhe dieser Abfindungssumme sorgte der Deutsche- Bank-Chef zumindest hierzulande für einen neuen Rekord und für böse Stimmung in Frankfurt. Kritik an seinem Vorgehen ließ Breuer jedoch nicht zu. Wer nicht für ihn war, war gegen ihn. Und mit Widersachern machte er kurzen Prozess.

Die Übernahme-Kritiker Michael Endres und Jürgen Krumnow mussten gehen: Endres wurde in den Ruhestand geschickt, Krumnows Vertrag nicht verlängert. Breuers Kommentar zu dem für die Deutsche Bank eher seltenen Vorgang: Auch für Vorstände gibt es keine Garantie für eine lebenslange Beschäftigung mehr.
Wer schwieg und blieb, wurde fürstlich entlohnt – vorausgesetzt, er saß in der richtigen Abteilung. Weil die Bank im ersten Halbjahr 1999 ein grandioses Ergebnis erwirtschaftet hatte, kassierten die Wertpapierhändler allein Boni von 935 Millionen Euro – das war fast die Hälfte des Handelsgewinns, der allerdings in diesem Zeitraum um knapp 80 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro gestiegen war.

Die Aktionäre der Deutschen Bank hingegen mochte Breuer
nicht so gerne: Wegen der Konsolidierung von Bankers Trust und dem Wachstum des Geschäfts sei der Verwaltungsaufwand von 10,1 Milliarden Euro 1998 um rund 55 Prozent gestiegen, erklärte die Deutsche Bank zum Ergebnis des Jahres 1999. Die Anteilseigner wurden mit einer nur auf 1,15 Euro je Aktie erhöhten Dividende abgespeist. 1998 hatte die Ausschüttung je Anteilsschein 1,12 Euro betragen.