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Börse für Anfänger – Talentschuppen Börse

Während seines Wirtschafts- und Politikstudiums jobbte Pierre Drach (Jahrgang 1966) als Aktienhändler bei dem Makler Ballmaier & Schultz an der Frankfurter Börse. Als es ihm zu stressig wurde, setzte er seine Idee von einer Aktienanalyseabteilung (Research) durch und hatte bald acht Mitarbeiter. Das hieß für den 27-jährigen Studenten Drach: 40 Stunden Uni – 40 Stunden Research.

Zwei Jahre später – genau vor dem deutschen Aktienboom — wurde der Bereich von Drach ausgegliedert und die Independent Research (IR) gegründet, mit Drach als Geschäftsführer. Die neue Geschäftsidee vom bankenunabhängigen, bezahlten Research wurde ein Erfolg. Das ist Drachs Konzept: Er konstruiert ein Angebot nach dem Baukastenprinzip; jeder kann sich das Passende zusammenstellen.

Die Analystenrunde, ein heiß begehrtes Börsen-Wochenblatt, ist das Basisprodukt. Zusatzinfos gibt’s per Fax oder E-Mail. Institutionelle Kunden werden bei neuen Firmennachrichten beraten; für Neuemissions- Kandidaten schrieb er etliche der rund 150 Emissionsstudien im Jahr.

Drachs Erfolg: Der Umsatz verdoppelte sich seit 1995 jedes Jahr.

Es zahlt sich immer aus, den Trend zu verfolgen, meint Drach. Am Neuen Markt sind seiner Ansicht nach viele Werte sehr hoch bewertet. Dort setzt er nur auf Marktführer und lässt die Finger von solchen Firmen, bei denen die Umsetzbarkeit ihrer Geschäftsstrategie fragwürdig ist. Nicht die Ergebnisverbesserung, sondern die Umsatzsteigerung im Quartal zählt für ihn.

Drach sieht Aktien als gute Altersvorsorge. Eine Steuerfreiheit bei allen Aktienanlagen wäre seiner Ansicht nach ein Anreiz gerade für Kleinanleger, mehr Mut am Aktienmarkt zu zeigen und auch kurzfristiger zu investieren.

Man muss dem Vorstandschef in die Augen schauen können, ist eine seiner Maximen beim Aktienkauf. Vor allem sollte man unterbewertete Aktien suchen, interessante Werte aus der zweiten Reihe mit einem überzeugenden Unternehmenskonzept und mit Übernahmefantasien. Drach setzt auf Marktführer mit guten Investor Relations und Shareholder-Value.

Pierre Drach gilt privat als sparsam, fast geizig. Er habe seinen Nissan Sunny nur gegen einen Mercedes SL getauscht, weil der Steuerberater mehr Kosten sehen wollte, heißt es. Wassili Papas (Jahrgang 1970) ist gebürtiger Grieche. Er studierte in den USA Betriebswirtschaft und machte im Alter von 22 Jahren als Jahresbester den Abschluss. Nebenbei hat er Philosophie studiert, was ihm nach eigenen Worten heute mehr nützt als die ganze Betriebswirtschaftslehre.

Er arbeitete zunächst in New York bei der Credit Suisse First Boston als Analyst des First Boston Special Situations Fonds, einem Hedge-Fonds, der sich auf Wertpapiere und Unternehmen mit finanziellen Schwierigkeiten spezialisiert hatte. Ein Jahr später wechselte er als Senior Analyst zu Value Management & Research in Königstein bei Frankfurt, einer Kapitalanlagegesellschaft, die institutionelles und Privatkundenvermögen verwaltet. Seit 1996 managt er bei der Union Investment GmbH deutsche und internationale Fonds mit mittleren und kleinen Aktien.

Mit 29 Jahren managte Papas schon sechs Aktienfonds bei der Völks- und Raiffeisenbank-Fondsgesellschaft Union Investment. Vier bis fünf Millionen Euro bewegte er täglich. Von seinem Büro in Frankfurt verwaltete er über 1,7 Milliarden Euro. Sein Erfolg mit den Fonds EuroAction Midcap und UniDynamic Europa brachte ihm die zweimalige Ehrung zum Fondsmanager 1998 der Zeitschrift Finanzen. Und 1999 wurde er mit dem Standard & Poor’s Award ausgezeichnet, was sozusagen der Oscar der Investmentbranche ist. Mittlerweile wacht Papas über mehr als 5 Milliarden Euro Kundengelder. Papas lebt total in der Börsenwelt. Morgens Punkt sieben liest er das Wall Street Journal und die Börsenzeitung. Er arbeitet täglich zehn Stunden, oft auch am Wochenende. Entspannung findet er bei Waldspaziergängen, beim Joggen oder Schwimmen. Über sein Privatleben redet er nicht, weil er angeblich keines hat.

Papas hat eine Vorliebe für Aktien von Gesellschaften, die nach ihrer Marktkapitalisierung zu den 100 größten europäischen Unternehmen zählen. Das tägliche Kursgeschehen interessiert Papas weniger, vielmehr setzt er auf langfristige Trends. Hightechaktien sollte man seiner Ansicht nach längerfristig halten, weil sie für Spekulationen zu schnelllebig seien. Grundsätzlich hält er wenig von kurzfristigen Anlagen. So macht er für das Desaster am Neuen Markt auch das Verhalten institutioneller Anleger mit kurzfristigen Engagements verantwortlich. Dabei zitiert Papas gern Warren Buffett: Wer eine Aktie nicht im Bewusstsein kauft, sie mindestens zehn Jahre zu halten, der sollte sie auch keine zehn Minuten besitzen.

Die Anlagestrategie von Papas beruht auf einer fundierten Analyse von Markt und Branche. So versucht er die richtigen Wachstumswerte möglichst frühzeitig aus dem Angebot herauszufiltern. Papas hat einen ganz klaren Auswahlprozess, der in fünf Stufen abläuft. Erstens: Wie ist die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells, wie die strategische Positionierung, und ist es ein Markt mit möglichst großen Wachstumschancen? Zweitens: Wie ist die Managementqualität? Drittens: Internes Wachstum gilt als Qualitätssiegel und nicht Wachstum allein durch Akquisitionen. Viertens prüft Papas die Bilanzierungsmethode. Dann erst folgt die Bewertung der Aktie. Die von ihm präferierten Aktiengesellschaften sollten zum Beispiel ein deutlich größeres Gewinnwachstum pro Aktie vorweisen als branchenüblich. Bei denen, die noch mit Verlusten arbeiten, stehe im Vordergrund, wann mit welchen Gewinnen zu rechnen sei. Die Medizin- und Biotechnologiebranche ist Papas zu risikoreich, auch die Medien- und Telekommunikationswerte interessieren ihn nicht, dagegen die Informationstechnologie-Software und der Internet-Infrastrukturbereich.

Eckard Sauren (Jahrgang 1971) gilt als der erfolgreichste Dachfondsmanager Deutschlands. Dachfonds sind Investmentfonds, deren Vermögen ganz oder vorwiegend in Anteilen anderer Fonds angelegt sind. Er wurde in Aachen geboren, machte eine Ausbildung zum Datenverarbeitungskaufmann und ist seit 1991 selbstständiger Unternehmensberater. Er gründete die Sauren Finanzdienstleistungen. Der Sauren Global Growth hat ein Volumen von 120 Millionen Euro und schaffte innerhalb eines Jahres eine Rendite von 48,2 Prozent.

Saurens Erfolgsrezept ist, Fonds genau zu analysieren und mehr zu wissen als andere. Dem Privatanleger rät er, in allen Regionen und Branchen zu investieren, um so das Risiko zu streuen.

Sascha Hirsch (Jahrgang 1970) ist seit 1997 bei der Dresdner-Bank- Tochter Deutsche Investment Trust als Spezialist für europäische kleine und mittlere Unternehmen erfolgreich tätig. Er betreut als Fondsmanager den DIT Spezial und als Ko-Fondsmanager den DIT Neue Märkte Europa. DIT Spezial verwaltet ein Volumen von 196 Millionen Euro und erreichte innerhalb eines Jahres eine Performance von 56,8 Prozent.

Hirsch steht nicht gern im Vordergrund, er weist immer auf sein Team hin, die anderen Fondsmanager und die Analysten, die Hirsch zu seinen Gesprächen mit den Managern der Unternehmen mitnimmt. Ungefähr 300 davon führt er pro Jahr. Hirsch setzt auf fundamentale Fakten. Zunächst sieht er sich den Markt an, danach das Management. Zum Schluss folgt ein Blick in die Bilanz, er- prüft, ob das Ergebnis dynamisch wächst.

 

Über den Dingen stehen

André Kostolany (1906 – 1999) war besonders in Deutschland und Frankreich eine der bekanntesten und bedeutendsten Persönlichkeiten im Zusammenhang mit der Börse. Und selbst jetzt, einige Jahre nach seinem Tode, steht sein Name noch als Markenzeichen für das, was man Börsenkultur nennen kann.

Eigentlich wollte der geborene Ungar Kunstkritiker werden. Schon mit zwölf Jahren begann seine Börsenkarriere in Wien, nachdem seine wohlhabende Familie in den Wirren nach dem Ersten Weltkrieg aus Budapest fliehen und einen großen Teil ihres Vermögens zurücklassen musste. Dann ging es weiter nach Paris, das für ihn bis zu seinem Tode mit einigen Unterbrechungen zur eigentlichen Heimat wurde. Dort assistierte er dem erfolgreichen Börsenmakler Adrien Perquel und wurde bald selbst zum Spekulanten.

1930 stürzte die Pariser Börse in die Tiefe, und Kostolany hatte auf der richtigen Seite investiert. Auf einen Schlag war er reich und hatte, wie so oft, entgegen der allgemeinen Meinung Recht behalten mit seiner Baissespekulation. Nur seine Kollegen und Freunde waren plötzlich arm. Aber schon vier Jahre später, in der anschließenden Hausse, verlor er sein Vermögen wieder fast bis auf den letzten Pfennig. Man wollte Anfang 1934 sogar seine Möbel versteigern.

Da entschloss er sich, eher zwangsweise, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten. Eine neue Erfahrung, die ihm so gut gefiel, dass er entschied, dabei zu bleiben, wie er selbst schreibt. Er wurde Makler. 1936 verdiente er bereits 150 000 Franc, das entspräche, an der Kaufkraft gemessen, heute etwa einer Viertelmillion Dollar. Bereits mit Mitte 30 war er bereits Generaldirektor, Präsident und Hauptaktionär der G. Ballai and Cie Financing Company.

Dann kam die Flucht vor den Nationalsozialisten nach Amerika. Mit 200 000 Dollar (heutiger Wert etwa 4 Millionen Dollar) begab er sich erneut ins Börsengeschäft. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er zurück nach Europa. Weil nicht alle Geschäfte so gut liefen wie erwartet, begann er Zeitschriften und Bücher zu schreiben sowie Seminare abzuhalten. 1957 erschien sein erstes Buch, das noch kein Bestseller war wie die späteren. Bis zu seinem Lebensende schrieb er für französische Zeitschriften, den NDR und die Capital monatliche Börsenkolumnen. Von Ruhestand wollte er nichts wissen.

1,5 Millionen Menschen haben seine polemisch-bissigen Bücher gelesen. Tausende ließen sich ein Kostolany-Börsenwochenende 1000 Euro kosten. In Frankreich wurde er für seine Leistungen mit dem Orden Ritter der französischen Ehrenlegion ausgezeichnet. Mit seinem scharfen Verstand und seinen Erfahrungen aus den Weltkriegen und Wirtschaftskrisen schaffte Kostolany sich einen auskömmlichen Lebensstandard. Dauerhaften Reichtum gewann er nicht – und wollte er wohl auch nicht, denn er war mit Leib und Seele Spekulant, der allerdings mit zunehmenden Alter immer weiser wurde. Finanzielle Unabhängigkeit bedeutet allerdings nicht, Multimillionär zu sein. Jemand mit geringen Lebensansprüchen kann auch schon mit einem sehr kleinen Vermögen finanziell unabhängig sein-, sagte der große Meister einmal selbst. Bei meinen Geschäften habe ich zu 49 Prozent falsch und zu 51 Prozent richtig gelegen. Diese 2 Prozent haben den Erfolg ausgemacht.

Hauptberuf Börsen-Guru
Bodo Schäfer (Jahrgang I960) traf mit seinem Buch Der Weg zur finanziellen Freiheit. In sieben Jahren die erste Million 1998 genau den Nerv der deutschen Nation. Jeder wollte schnell reich werden, und wenn ihm dafür einfache Rezepte geboten wurden, umso besser. Wie er selbst zu seinem Vermögen gekommen ist, verschleiert Schäfer gern dezent, sagt aber umso deutlicher, dass er als 26-Jähriger auf einem großen Schuldenberg gesessen hat.

Aber es geht ihm auch gar nicht um seine finanzielle Situation, sondern um die finanzielle Situation seiner Mitmenschen. Und die möchte er als so genannter Money Coach nachhaltig verbessern. Gegen seine Rezepte ist nichts einzuwenden. Sie sind mehrheitlich von ganz solider Natur. Allerdings hat sich bei seinem Auftritt in einer Sendung im Hessischen Rundfunk gezeigt, dass die konkreten Ratschläge, Geld in bestimmte Fonds zu investieren, nicht unbedingt von Erfolg gekrönt waren. Auch hier sollte sich der private Anleger also lieber auf sein eigenes Gespür verlassen.

Ob man nun unbedingt immer einen 1 OOO-Euro-Schein in der Brieftasche tragen, ob man als Vegetarier leben und auf Schlaf verzichten sollte, um mehr Bücher zu lesen, sei dem persönlichen Geschmack überlassen. Dass auch nicht jeder in sieben Jahren die erste Million zusammenhaben wird, dürfte ebenfalls den meisten klar sein. Aber so genau nimmt’s ja auch niemand. Es reicht schon das schöne Gefühl, es möglicherweise schaffen zu können.