Home » Banken » Das Girokonto – Drehscheibe für alle Finanztransaktionen

Das Girokonto – Drehscheibe für alle Finanztransaktionen

„Geld regiert die Welt“ heißt es nicht erst im Zeitalter der Globalisierung. Doch was den Umgang mit Geld angeht, haben sich die Völker gewisse Eigenarten bewahrt, die Finanzdienstleister bei der erfolgreichen Bearbeitung ausländischer Märkte beachten sollten. Die Deutschen zum Beispiel sind in ihrer Mehrheit noch Barzahler. Zwar verfügen die meisten Bundesbürger über eine oder mehrere Kreditkarte(n), doch die Zeche im Gasthaus, der Einkauf im Supermarkt und die Rechnungen von Dienstleistern werden in den meisten Fällen bar beglichen. Die Kreditkarte kommt in der Regel erst bei größeren Ausgaben (zum Beispiel beim Juwelier), bei Autovermietern, Hotels, Fluggesellschaften sowie beim Einkauf im Internet zum Einsatz. Zwar ändert sich dieses Verbraucherverhalten allmählich und immer mehr Anbieter von Waren oder Dienstleistungen akzeptieren die gängigen Kreditkarten, doch ist Deutschland noch weit von der Praxis in den USA entfernt, wo Barzahler schon mal schief angeschaut werden. Mit diesem Thema werden wir uns gleich noch etwas ausführlicher beschäftigen.
Fest steht immerhin, dass gerade bei den deutschen Bankkunden der uneingeschränkten Bargeldversorgung große Bedeutung zukommt. Das heißt, sie möchten rund um die Uhr und standortunabhängig über die Guthaben auf ihren Girokonten beziehungsweise über den eingeräumten Dispositionskredit in Form von Cash verfügen können. Bequem und unproblematisch funktioniert dies mithilfe der Maestro-Karte (frühere EC-Karte). Grundsätzlich kann man an jedem Geldausgabeautomaten bis zu den jeweiligen Tageslimits Bargeld abrufen, doch nur bei institutseigenen Automaten oder solchen, die einer Bankengruppe angeschlossen sind, bleiben solche Verfügungen für den Kunden kostenlos. Wer mit seiner Maestro- Karte einen fremden Automaten nutzt, wird mit einem Entgelt von einem Prozent des Bargeldbetrags zur Kasse gebeten. Die Mindestgebühr pro Verfügung liegt zwischen 3,50 und 5 Euro.
Ihr engmaschiges Netz an Geldausgabeautomaten galt daher jahrelang als Argument, mit dem vor allem die Sparkassen ihre Kunden zu überzeugen suchten. Die großen Privatbanken konnten da kaum mithalten und hoben daher im Jahr 1998 die „Cash Group“ aus der Taufe. Dahinter stehen die Deutsche Bank, die Dresdner Bank, die Commerzbank, die HypoVereinsbank, die Postbank sowie die Tochtergesellschaften (unter anderem comdirect Bank und DAB Bank). In der Praxis bedeutete dies, dass etwa ein Kunde der Commerzbank an einem Geldausgabeautomaten der Deutschen Bank bis zu den bestehenden Limits gebührenfrei Bargeld abrufen kann. Die Citibank, SEB und die Sparda Banken haben sich mit einer Reihe von kleineren privaten Banken zum CashPool zusammengeschlossen. Die Kunden dieser Institute haben dadurch also die Möglichkeit, sich auch an Geldausgabeautomaten von anderen Banken innerhalb dieser Gruppe gebührenfrei zu bedienen.
Doch selbst mit dieser Regelung gilt die Praxis in Deutschland als nicht eben besonders kundenfreundlich. In den Niederlanden zum Beispiel zahlen die Bankkunden generell keine Gebühr beim Geldabheben. Ganz egal, zu welchem Institut der betreffende Geldausgabeautomat gehört. Den Aufwand regeln die Banken einvernehmlich untereinander. In Deutschland offenbar undenkbar, obwohl nach Recherchen des Verbraucherportals „biallo*de“ aus dem Jahr 2008 die tatsächlichen Kosten, die einer Bank durch eine Barabhebung am Automaten entstehen, unter 63 Cent liegen.

Das Girokonto - Drehscheibe für alle Finanztransaktionen 4

Die in der Bundesrepublik üblichen Gepflogenheiten benachteiligten lange Zeit jene Direktbanken, die nicht einer der großen deutschen Bankengruppen angehören. Nicht von ungefähr promoteten diese Institute ihre Girokonten in den vergangenen Jahren denn auch eher zurückhaltend. Vorteile hatten hingegen die Direktbanken-Töchter der großen deutschen Banken, wie etwa comdirect oder DAB Bank. Deren Kunden können sich nämlich an sämtlichen Geldausgabeautomaten der Cash Group bedienen. Bei Instituten wie der ING-DiBa oder der Volkswagen Bank sah dies lange Zeit anders aus. Sie verfügen zwar ebenfalls über eigene Automaten, doch naturgemäß nicht über ein flächendeckendes Netz. So konnte es passieren, dass bis zum nächsten bankeigenen Automaten schon mal mehrere Kilometer zurückgelegt werden mussten. Damit waren diese Institute als Hausbanken-Alternative zunächst kaum interessant. Daher erhielten die Kunden die Möglichkeit, auch an Fremdautomaten kostenlos Geld abzuheben, allerdings nicht beliebig oft. Die Zahl der gebührenfreien Verfügungen war begrenzt. So waren bei der ING- DiBa früher nur 24 Abhebungen pro Jahr kostenfrei. Hintergrund: Die Fremdinstitute berechneten den Direktbanken hohe Entgelte für die Nutzung ihrer Geldausgabeautomaten. In Einzelfällen sollen Sparkassen schon mal bis zu 15 Euro pro Verfügung verlangt haben. Bei diesem Direktbanken-Entgelt gibt es keine verbindliche Regelung. Mancher Direktbanker spricht in diesem Zusammenhang von regelrechter „Wegelagerei“. Die Sparkassen wiederum argumentierten, sie stellten die technische Infrastruktur mit all den damit verbundenen Kosten zur Verfügung, die dann von den Direktbanken- Kunden genutzt werde. Wo die einen „Wegelagerei und Willkür“ anprangern, sprechen die anderen von „Rosinenpickerei“.

Mittlerweile indessen haben die filiallosen Geldinstitute dieses Problem weitgehend gelöst, und zwar mit einer recht einfachen Strategie. Kunden, die zum Beispiel bei der ING-DiBa oder der Volkswagen Bank ein Girokonto eröffnen, erhalten eine kostenlose Visa-Karte, mit der sie sowohl im Inland als auch im Ausland kostenlos Geld abheben können. Allein in Deutschland gibt es etwa 50.000 Geldausgabeautomaten, die von Visa-Debit-Karteninhabern genutzt werden können. Weltweit sind rund eine Million Automaten mit dem Visa-Logo im Einsatz. Eingeführt wurde dieses Kreditkartenprinzip im Herbst 2006 von der Citibank, die damit nach eigenen Angaben innerhalb von wenigen Monaten rund 75.000 neue Kunden gewonnen hat. „Kostenloses Bargeldabheben per Kreditkarte wird den Markt aufrütteln und zahlreiche Nachahmer finden“ ist Claudia Thiele, Direktorin Kreditkartengeschäft der Citibank, überzeugt.
Tatsächlich erscheint dieses System nachgerade wie eine „Win- win-Situation“. Der Verbraucher kann unbegrenzt Bargeldabhebungen in Deutschland und im Ausland vornehmen, ohne dass er von Fremdinstituten zur Kasse gebeten wird. Die Direktbank zahlt hierfür Gebühren an die Kreditkartenorganisation, die dadurch zusätzliche Einnahmen generiert. Und die filiallosen Geldinstitute kommen deutlich günstiger weg, als wenn sie ihren Kunden die Fremdnutzungsgebühren ersetzen oder diese direkt an die Konkurrenz zahlen würden.