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Das Konzept der Selbstregulation hilft während Ihres Studiums – effektive Lernmethoden

Nutzen
Lernen Sie ein Konzept kennen, dass ihnen dabei hilft, die für Ihr Studium relevanten selbstreflexiven Kognitionen zu identifizieren. Das Konzept der Selbstregulation, das zu einem der einflussreichsten und wichtigsten Modelle der Verhaltenstherapie gehört, ist besonders geeignet für die Identifikation derjenigen selbstreflexiven Kognitionen, die sich auf den Verlauf des Studiums auswirken.

3 Ebenen
Nach diesem Modell (vgl. Kanter 1979 und Käufer u.a. 1991) kann man alle inneren und äußeren verhaltenswirksamen Parameter im Studium auf drei unterschiedlichen Ebenen betrachten:
■ a-Variablen umschreiben Einflüsse der externen, physikalischen Umgebung ebenso wie eigenes und fremdes Verhalten.
■ ß-Variablen bilden die kognitiven Prozesse und Inhalte ab (Denken und Gedanken, Pläne, Problemlösen, Selbstbeobachtung. Selbststimulation, Vorstellen, Entscheiden, Wahrnehmung von internalen biologischen Ereignissen und die Reaktion darauf. Werte, Ziele, Meta-Kognitionen), also Vorgänge, die vom Individuum auch selbst initiiert werden können.
■ Als Y-Väriablen versteht man die biologisch-somatische Ausstattung des Menschen, die vielfach automatisiert das Verhalten steuert.

Während a- und y-Variablen im Wesentlichen eine Fremdsteuerung bewirken, beinhalten die ß-Variablen hauptsächlich selbstregulative Prozesse. Als Selbstregulation wird dabei das komplexe und dynamische Zusammenwirken dieser Variablen zur Steuerung des eigenen Verhaltens bezeichnet, bei denen ß-Variablen ein besonderes Gewicht haben. Jedoch auch auf biologischer Ebene (y-Variablen) muss von selbstregulatorischen Prozessen ausgegangen werden, wie das z. B. bei der Regulierung des Blutdruckes der Fall ist. Im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen steht allerdings der Begriff der bewussten bzw. kontrollierten Selbstregulation, der für erfolgreiches Studieren besonders wichtig ist.

Kontrolle gewinnen
Im Gegensatz zu vielen Verhaltensweisen, die automatisiert ablaufen, erfordert (bewusste) Selbstregulation kognitive Prozesse, die man der sogenannten kontrollierten Informationsverarbeitung zuordnen kann. Kontrollierte Informationsverarbeitung setzt die bewusste Entscheidung einer Person für eine bestimmte Aktivität voraus. Unter Einsatz von psychischer Energie und einem hohen Aufmerksamkeitsniveau ist eine Person in der Lage, neue Prozesse zu erlernen bzw. alte automatisierte Verhaltensweisen zu revidieren. Ein sich selbst regulierendes System ist also in der Lage, automatisierte Mechanismen in kontrollierte zu überführen, um Einfluss auf sich selbst zu nehmen. Die Einflussnahme auf sich selbst schließt Cedankenprozesse mit ein, die als selbstreflexive Kognitionen bezeichnet werden.

3-stufiger Prozess
Der Prozess der kontrollierten Selbstregulation wird von Käufer in drei Stufen unterteilt
■ 1. Stufe: Selbstüberwachung und Selbstbeobachtung. Das Individuum kann die eigene Handlung unterbrechen und das eigene Tun überprüfen.
Beispiel: Ein Student kann die Vorbereitung auf eine Klausur unterbrechen und darüber nachdenken, ob die Vorbereitung schon ausreicht.
■ 2. Stufe: Selbstbewertung. Selbstbewertung besteht darin, dass das Individuum seine selbst aufgestellten Kriterien (Was sollte ich tun?) und mit dem an sich Beobachteten (Was tue ich?) abgleicht.
Beispiel: Ein Student kann sich fragen, ob sein bisheriger Einsatz in der Prüfungsvorbereitung seinen anvisierten Zielen entspricht (Reicht meine Vorbereitung für die Note 2, die ich erreichen möchte?).
■ 3. Stufe: Selbstverstärkung. Die Selbstverstärkung richtet sich nach dem Grad der Abweichung zwischen Standard (Sollwert) und erbrachter Leistung (Istwert).
Beispiel: Ein Student kann sich nach Bekanntgabe der Note die Frage stellen, ob das Ergebnis seiner Leistungsnorm (Sollwert) entspricht. Wenn die Note seinem vorher gesetzten Standard entspricht, kann er sich für eine Belohnung (z.B. feiern) entscheiden.

In diesem Konzept bilden Kognitionen den Kern der Selbstregulalion, der alle internen Prozesse zusammenfasst, die zwischen Reizaufnahme und Verhalten vermitteln. In älteren Modellvorstellungen wurde den (i-Variablen lediglich eine Filterfunktion zugesprochen, bei der wahrgenommene Reize aus der a- und y-Ebene auf der ß-Ebene verarbeitet wurden. Die neueren nicht linearen Selbstregulationsmodelle (Kanfer u.a. 1991) führten zu einem Übergang von einem filtrierenden zu einem (selbst-)regulierenden Organismus. Nach Kanfer funktioniert eine kontrollierte Selbstregulation im Wesent liehen über zwei Feed-back-Schleifen und eine Feed-forward-Schleife:

Feed-back- Schleifen
■ Die erste Feed-back-Schleife verläuft über den Ist-Soll-Vergleich zwischen der Handlung bzw. dem Verhalten (Istwert) und den vorher gesetzten Standards (Sollwert).
Beispiel: Ein Student könnte sich die Frage stellen, ob das Ergebnis einer mündlichen Prüfung (Istwert) mit seiner Leistungsnorm (Sollwert) übereinstimmt. Sollte die Note schlechter ausgefallen sein, als er sich zum Ziel gesetzt hat, könnte das zur Entscheidung führen, bei der nächsten Vorbereitung mehr zu investieren.

■ Die zweite Feed back-Schleife erfolgt über einen Vergleich zwischen den Konsequenzen des Verhaltens und den vorherigen Erwartungen über diese Konsequenzen.

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■ Beispiel: Ein Student konnte die Erwartung haben, dass sein Vater eine in Aussicht gestellte Erhöhung des Studiengeldes unterlässt, weil seine Leistungen schlechter geworden sind. Nach Rücksprache mit dem Vater ist dieser jedoch trotzdem zu einer Erhöhung des Studiengeldes bereit, weil er damit die besonderen Anstrengungen seines Sohnes in den letzten Wochen vor der Prüfung honorieren möchte, obgleich sich diese Anstrengung noch nicht in der Note niedergeschlagen hat.

Feed-forward Schleife
■ Des Weiteren erzeugen frühere Erfahrungen der Person in ähnlichen Situationen Situationserwartungen, die über eine Feed-forward- Schleife die Wahrnehmung und den Einfluss von Umgebungsreizen (01-Variablen) modifizieren.

Beispiel: Ein Student könnte die Erfahrung gemacht haben, dass bestimmte Strategien bei der Vorbereitung (z.B. alleine, ohne Arbeitsgruppe) mit einer schlechteren Endnote einhergehen. Bei der aktuellen Klausurvorbereitung hat er keine Lerngruppe gefunden und erwartet nun eine schlechtere Leistung, ohne dass er die Klausur bereits gesehen hat. Schließlich lässt sich in Anlehnung an Bandura (vgl. Bandura 1977 und 1997) noch eine dritte Feed-back-Schleife ergänzen: Sie impliziert einen Vergleich des Verhaltens mit den vorherigen Erwartungen über die Handlungsmöglichkeiten (Kompetenzerwartung bzw. Selbstwirksamkeitserwartung).

Beispiel: Ein Student könnte die Erwartung haben, dass er in der Lage ist, eine Prüfung zu bestehen (Selbstwirksamkeitserwartung). In der Prüfungssituation wird jedoch deutlich, dass er die Aufgaben nicht lösen kann. Wenn dieser Student häufiger diese Erfahrung macht, wird sich das in der Zukunft auf seine Kompetenzerwartung auswirken und er wird dann vielleicht unsicher in die nächsten Prüfungen gehen.

Beispiel
Die bisher recht theoretischen Ausführungen sollen nun anhand einer Alltagssituation (vgl. Foto mit Kind und Hund) verdeutlicht werden:

Die 3-jährige Franziska hui ein Eis und sieht den Hund Bello (Situation, S). Das aktiviert ihr Selbstregulationssystem. In einer Feed-forward- Schleife aktiviert sie zunächst die Situationserwartung, dass Bello das Eis fressen könnte, wenn sie in seine Nähe kommt. Sie steigt auf die Bank neben ihre Mutter (Reaktion, R). In einer ersten Feed-back- Schleife nimmt sie einen Ist-Soll- wert-Vergleich vor, in dem sie überprüft, ob ihr Verhalten (das Stehen auf der Bank = Istwert) dazu führt, das Eis möglichst gut vor Bello in Sicherheit zu bringen (Sollwert). Vorsorglich reguliert sie ihre Handlung (R) noch einmal nach (Reduzierung der Ist- Soll wert-Diskrepanz), indem sie den Arm hochhebt (genau das entspricht jetzt dem vorher gesetzten Standard).

In der zweiten Feed back-Schleife gleicht Franziska die Konsequenzen ihres Verhaltens (Konsequenzen, C) mit den Erwartungen an die Konsequenzen ab (Wenn ich auf der Bank stehe und das Eis mit der Hand hochhalte, dann kann Bello das Eis nicht fressen. Das scheint zu gehen.).
Schließlich kommt auch die dritte Feed-back-Schleife zum Tragen. Sie vergleicht ihr Verhalten (auf die Bank steigen und den Arm Hochhalten) mit ihren vorherigen Erwartungen über die Handlungsmöglichkeiten (Ich bin trotz dieser schwierigen Situation in der Lage, dass Eis vor einem Hund in Sicherheit zu bringen.). Das ist eine Erfahrung von Selbstwirksamkeit.

Definition
Abstrahiert man von den einzelnen Prozessen, so lässt sich (bewusste) Selbstregulation als diejenigen kognitiven Prozesse definieren, mit denen Personen ihr individuelles Verhalten nach Mallgabe ihrer Pläne, Ziele und Standards beeinflussen, modifizieren oder kontrollieren.

Kontrollprozesse
Die Regulationsmechanismen beziehen sich dabei auf die Herstellung, Wiederherstellung oder Erhaltung des psychischen Gleichgewichtes. Laut Bandura ist die Funktion der Selbstregulation nicht nur auf die Reduktion von Diskrepanzen zwischen Ist- und Sollwert begrenzt; dann waren die selbstregulatorischen Prozesse beendet, sobald durch eine negative Feed-back-Schleife Diskrepanzen zwischen Ist- und Sollwert behoben sind. Sondern durch selbstreferenzielle Kognitionen können zugleich auch Diskrepanzen zwischen Ist- und Sollwert sui generis erzeugt werden. Wenn eine Person bestimmte sich wiederholende Zielzustände erreicht, neigt sie dazu, sich nicht in einem Gleichgewicht zu halten, sondern nach neuen Zielen zu streben, was allerdings kurzfristig eine Diskrepanz zwischen Ist- und Sollwert verursacht. Der Hintergrund ist, dass Menschen auch hypothetische Selbstkonzepte haben, die von Markus und Nurius als mögliches Selbst bezeichnet werden (vgl. Markus/Nurius 1986). Dementsprechend stellt die Selbstregulation einen doppelten hierarchischen Kontrollprozess dar, bei dem selbstreferenzielle Gedanken zur Reduktion von Diskrepanzen zwischen Ist- und Sollwert beitragen oder Diskrepanzen von Ist- und Sollwert erst erzeugen.

8 Strategien
Es können acht zentrale Strategien unterschieden werden, die ein Individuum zur Selbstregulation einsetzt. Dabei beziehen wir uns auf die Weiterentwicklung der Überlegungen von Käufer (vgl. Kanfer u.a. 1991) durch Bandura (vgl. Bandura 1997):
■ Entwicklung einer Hierarchie von Zielen: Wenn eine Person kein Ziel oder Standard anstrebt, sind keine selbstregulativen Prozesse notwendig, da jegliches Funktionsniveau akzeptabel ist (z.B. Bestehen von Prüfungen, gute Noten).
■ Einschätzung der materiellen und sozialen Konsequenzen bei Erreichung oder Nicht-Erreichung der Ziele (z.B. Berufseinstiegschancen, finanzielle Belastungen durch Verlängerung des Studiums, Blamage).
■ Gedankliches Durchspielen der notwendigen Strategien und An-strengungen, um die Ziele tatsächlich umzusetzen (z.B. Anwesenheit in den Vorlesungen und Seminaren, Zeit zum Lernen und zur Prüfungsvorbereitung, Kosten).
■ Selbstbeobachtung und Selbstregistrierung: Es findet ein ständiger Vergleich zwischen Ist- (Situation, Verhalten, Konsequenzen) und Sollwert (Ziele und Standards) statt (z.B. Regelstudienzeit, Bestehen von Prüfungen, Lerninvestition).
■ Selbstbewertung: Dieser Vergleich stellt die entsprechende Diskrepanz zwischen Verhalten und Standards fest und führt zu der Bewertung, ob geeignete zielrelevante Verhaltensweisen eingesetzt wurden (z.B. Leistungszufriedenheit, Veränderungen der Lernstrategien).
■ Ausfuhren der zielrelevanten Handlungen: Hierbei geht es um den Einsatz von zielrelevanten Mitteln zur Minimierung der Ist-Soll-Diskrepanz. Für zielbezogene Handlungen entscheidend sind Handlungs- Initiierung, -aufrechterhaltung, und -termination. Die Koordination dieser Handlungsphasen ist insbesondere bei langfristigen und übergeordneten Zielen ein komplexer Prozess. Hier sind Selbstregulationsprozesse erforderlich, um auch bei Hindernissen und Versuchungen (zu schneller Belohnung) seine Ziele beizubehalten. Bei der Selbstregulation ist es wichtig, schwierige Handlungen auch dann weiterzuverfolgen, wenn Einflüsse auftreten, die die Motivation und Aufmerksamkeit beeinträchtigen (z.B. Freizeit-aktivitäten reduzieren, um sich auf eine Prüfung vorzubereiten).

■ Selbstverstärkung: Positive oder negative Verstärkung der eigenen Person nach der Ausführung zielrelevanter Handlungen, deren Ergebnis nach den Standards beurteilt wird (z.B. persönliche Belohnungen).
■ Metakognitive Selbstreflexion des Gesamtprozesses der selbstregulatorischen Aktivitäten (z.B. die Prüfungsphase bilanzieren).

Das bringt Sie weiter
■ Definieren Sie Ihre Ziele für die Prüfungen (oder das Studium insgesamt) und priorisieren Sie die einzelnen Ziele. Stellen Sie eine Hierarchie Ihrer Ziele auf.
■ Machen Sie sich Gedanken, mit welchen materiellen und sozialen Konsequenzen Sie bei Erreichung oder Nicht-Erreichung der Ziele rechnen müssen. Schreiben Sie Ihre Gedanken auf.
■ Spielen Sie Strategien und notwendige Anstrengungen gedanklich durch.
■ Beobachten Sie sich selbst und steuern Sie ggf. nach.
■ Bewerten Sie häufig Ihre Situation und prüfen Sie, ob diese Ihren Erwartungen entspricht.
■ Setzen Sie das, was Sie sich vornehmen, um.
■ Belohnen Sie sich.
■ Reflektieren Sie Ihre Entwicklung selbst oder zusammen mit einem Coach.