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Das Unternehmensinteresse des Bewerbers richtig verstehen

Ein Hauptanliegen des Arbeitgebers bezieht sich auf das spezifische Unternehmensinteresse des Bewerbers. Denn man möchte doch eine(n) Mitarbeiterin) gewinnen, der oder die erkennen lässt, dass er oder sie ein ganz spezielles Interesse an der Firma oder jedenfalls an der Aufgabe hat. In diesem Bereich unterlaufen vielen Bewerbern haarsträubende Ungeschicklichkeiten. Auf die einfache Frage eines Personalleiters, ob man schon einmal etwas von der Firma gehört habe, wurden folgende Antworten gegeben:

„Nein, deshalb bin ich ja hier, um von Ihnen zu hören, was die Firma so alles macht.“ (Antwort eines Akademikers!) „Um ehrlich zu sein, nein, ich hatte auch keine Zeit, mich mal kundig zu machen.“ (Es handelte sich um die SIEMENS AG, größter Arbeitgeber am Ort!)

„Oh Gott, da bringen Sie mich in Verlegenheit, ja, was machen Sie eigentlich, das ist eine gute Frage. Warten Sie mal, ich denke Bücher für Lehrer oder so.“ (Es handelte sich um einen regional bekannten Schulbuchverlag.)

„Ja, da habe ich mich genau erkundigt, Ihre Firma stand ja mal in der Zeitung. Also, ich finde es gut, wenn Sie sich so einsetzen und aktiv sind und sich am Markt behaupten.“ (Antwort eines Akademikers in einem Forschungszentrum!) „Natürlich, klar doch, meine Mutter kauft ja regelmäßig in Ihrer Filiale in Frankfurt ein.“ (Antwort eines Betriebswirtes in einem Kaufhauskonzern.)

Dass solche Antworten den Arbeitgeber nicht eben für den Bewerber einnehmen, ist verständlich. Unterstellen Sie bitte, dass ein neuer Arbeitgeber immer Unternehmensinteresse erwartet, und bereiten Sie sich gründlich auf entsprechende Fragen vor. Während man bei einfachen Berufen den Maßstab nicht so hoch anlegt, aber dennoch erwartet, dass zumindest der Unternehmenszweck bekannt ist, werden bei qualifizierten Berufen Firmen- und Branchenkenntnisse der Bewerber vorausgesetzt. Wenn Sie sich diesbezüglich unvorbereitet bewerben, werden Sie kaum eine Chance haben, erst recht nicht, wenn Sie Antworten wie in den Beispielsfällen geben. In Personalleiterrunden kursieren solche Antworten denn auch zwangsläufig zur allgemeinen Erheiterung. Dazu noch ein Beispiel aus einem Schulbuchverlag, das ebenfalls illustriert, wie man eine Absage geradezu provoziert:

Ein Gymnasiallehrer bewarb sich für eine Außendienstposition. Dass er es dabei mit Schulbüchern zu tun hatte, hatten seine Gesprächspartner unterstellt. Auf die Frage, ob denn die Produkte und/oder die Firma bekannt seien, meinte der Bewerber, er glaube, schon mal das eine oder andere Geldanlage-Portal in der Hand gehabt zu haben, im Prinzip sähen ja alle Schulbücher gleich aus, zum Programm könne er nichts sagen, weil er meistens mit den Werken der Konkurrenz gearbeitet hätte. Nun sei er gespannt, was er verkaufen solle (gefragt war nur Beratung).

Jedes Unternehmen will Mitarbeiter gewinnen, die Interesse an dem Unternehmen haben. Stellen Sie sich bei einer Bewerbung darauf ein, schriftlich wie mündlich. Erkundigen Sie sich über das neue Unternehmen, seine Produkte und seine Zielsetzungen und etwaige Besonderheiten. Denken Sie immer daran, dass irgendwann im Bewerbungsgespräch die Frage kommt: „Warum haben Sie sich bei uns beworben?“ Darauf sollten Sie vorbereitet sein.

Innerbetriebliche Besonderheiten
Im Rahmen der Betrachtung der Arbeitgebersituation ist noch einzugehen auf innerbetriebliche Besonderheiten. Das sind Spezifika, die einem Bewerber kaum bekannt sein können. Aber für die zu besetzende Position ist es manchmal sehr wichtig sie zu kennen. In erster Linie ist daran zu denken, dass der Arbeitgeber vor einer externen Stellenausschreibung bestimmte Rücksichten zu nehmen hat, z. B. auf den Stelleninhaber. Denn wenn die Position verbessert werden soll, kommt man nicht umhin, ein klares Anforderungsprofil zu entwerfen, aus dem sich Rückschlüsse auf Minderleistungen des jetzigen Stelleninhabers ergeben könnten. Manch eine Ausschreibung, intern wie extern, unterbleibt zunächst auch, weil mit dem Betriebsrat noch keine Einigung erzielt wurde. Mitunter stehen dann schon Kandidaten für die Position fest, haben auch die Zusagen, müssen aber warten, bis der betreffende interne Mitarbeiter seinen Platz geräumt hat. Sehr häufig ist auch der Fall anzutreffen, dass man bestimmte interne Mitarbeiter nicht auf frei werdenden Plätzen haben möchte.

Deshalb unterbleibt zunächst eine interne Stellenausschreibung und man versucht mit einer externen außerhalb des Unternehmens jemanden zu finden. Nicht selten werden freie Positionen auch mit Mitarbeitern von Zeitarbeitsfirmen besetzt, um Lücken zu schließen. Das Gleiche gilt, wenn man nicht will, dass der alte Stelleninhaber den neuen einarbeitet, weil man an diesen eben ganz andere Anforderungen stellt. Für Sie als Bewerber muss es darauf ankommen, erstens solche Situationen einzukalkulieren und zweitens im Bewerbungsgespräch zu hinterfragen, warum die Stelle frei geworden ist. Wenn Sie z. B. als aufmerksamer Leser der Stellenanzeigen dreimal in größeren Abständen die gleiche Anzeige vom selben Arbeitgeber finden, dann ist zumindest Vorsicht geboten. Möglicherweise hat keiner der Bewerber die Probezeit überstanden. Es kann aber auch sein, dass sich dahinter interner Zündstoff verbirgt, z. B. wenn ein Abteilungsleiter sehr individuelle Vorstellungen, wenn nicht gar Marotten, hat.

Schließlich sei noch erwähnt, und dies gilt besonders für innerbetriebliche Bewerbungen, dass manch ein Arbeitgeber durch Betriebsvereinbarungen gehalten ist, frei werdende Positionen innerbetrieblich auszuschreiben. Meistens stehen aber bereits Mitarbeiter fest, die man sich für die Position ausgesucht hat. Fragen Sie deshalb Ihren Personalchef, ob es Zweck hat, sich auf eine innerbetriebliche Stellenausschreibung zu bewerben, bevor Sie sich Enttäuschungen einhandeln. Übrigens finden sich auch extern „Alibianzeigen“ (dazu mehr im nächsten Bewerbung-Artikel), besonders von öffentlichen Arbeitgebern. Ein Indiz dafür, sich auf solche Anzeigen nicht zu bewerben, sind die zum Teil extrem kurzen Ausschreibungs- oder Bewerbungsfristen. Innerbetriebliche Besonderheiten sind für den Bewerber, der von außen kommt, nicht zu durchschauen. Fragen Sie im Bewerbungsgespräch, warum die Stelle frei geworden ist. Wundern Sie sich auch nicht, wenn Sie nach einem erfolgreichen Gespräch über Gebühr vertröstet werden oder Ihnen nach der Einstellung personelle Ungereimtheiten auffallen. Es hat sicher nichts mit Ihrer Person zu tun. Aber versuchen Sie den Dingen auf den Grund zu kommen. Je eher Sie die innerbetrieblichen Besonderheiten erkennen, desto besser können Sie sich darauf einstellen.

Wichtig:
∙ Arbeitgeber haben in aller Regel klare Vorstellungen davon, was sie von einem neuen Stelleninhaber erwarten. Für den Erfolg des Bewerbers ist es deshalb wichtig über diese Arbeitgebererwartungen genau im Bilde zu sein, nicht nur, um sich darauf einstellen zu können, sondern auch, um zu prüfen, ob es ihnen gerecht wird, und zwar in fachlicher wie in persönlicher Hinsicht. Ein kluger Bewerber wird zudem deutliches Interesse an dem Unternehmen bekunden und auch betriebliche Besonderheiten der Firma berücksichtigen.