Home » Studentenhilfe » Bewerbung » Die Erwartungshaltung des Arbeitgebers – Bewerbung Tipps und Tricks

Die Erwartungshaltung des Arbeitgebers – Bewerbung Tipps und Tricks

Die meisten Bewerber gehen mit weichen Knien in ein Bewerbungsgespräch, weil sie Angst haben, Fehler zu machen oder den Erwartungen des Arbeitgebers nicht gerecht zu werden. Diese Befürchtungen sind weitgehend unbegründet, wenn man sich nur gründlich genug auf das Gespräch vorbereitet. Dazu ist der erste Schritt, es muss wiederholt werden, die ausführliche Analyse des Anzeigentextes. Im Folgenden sollen Sie einen Eindruck erhalten, welche Überlegungen der Arbeitgeber anstellt, bevor er eine Position ausschreibt. Vorab sei es noch einmal betont: Die Erwartungen des Arbeitgebers zu kennen ist bereits der halbe Bewerbungserfolg. Diese Kenntnisse müssen Sie sich erarbeiten. Machen Sie sich am besten ein Strategiekonzept, nach dem Sie genau vorgehen und alle Ihre Erfahrungswerte festhalten. Natürlich kommt es vor, dass der Arbeitgeber selbst noch gar keine klaren Vorstellungen von dem neuen Mitarbeiter hat und sich auch beim Bewerbungsgespräch unbestimmt verhält.

Nehmen Sie das nicht einfach hin, sondern versuchen Sie diplomatisch den unentschlossenen Arbeitgeber für sich zu interessieren. Viele Personalleiter oder -Sachbearbeiter beherrschen leider nicht die Kunst der Gesprächsführung. Es soll sogar Vorkommen, dass der Personalleiter gar nicht weiß, wie einzelne Positionen im Unternehmen überhaupt beschaffen sind, sodass das Bewerbungsgespräch sich im Abspulen von Routinefragen erschöpft. Das kann peinlich werden, wenn Sie gezielte Fachfragen stellen. Deshalb werden die Gespräche oft zu zweit geführt, das heißt, der Personalleiter bittet den Fachabteilungsleiter dazu. Den guten Gesprächspartner erkennen Sie daran, dass er nicht nur fachlich und arbeitsrechtlich versiert ist, sondern darüber hinaus die geschickte und psychologisch durchdachte Gesprächsführung beherrscht, mit der er Sie an die zu besetzende Position heranführt. Gegenüber einem solchen Gesprächspartner haben Sie die besten Chancen, bezüglich der Arbeitgebererwartung all das in Erfahrung zu bringen, was für Sie wissenswert ist.

Fachbezogene Erwartungshaltung
Am einfachsten sind noch Informationen darüber zu erhalten, was der Arbeitgeber an fachlichen Voraussetzungen erwartet. Stellenanzeigen, vorausgesetzt, sie sind klar formuliert, enthalten wichtige Anhaltspunkte, die Sie dann auch wörtlich nehmen sollten. Andernfalls bewerben Sie sich an den fachlichen Anforderungen vorbei, wie es im folgenden Fall geschah:

Eine Baufirma in Berlin suchte per Anzeige eine(n) Bilanzbuchhalter(in) mit einigen Jahren Berufserfahrung und guten Englischkenntnissen und wünschte sich die Berufserfahrungen möglichst in der Baubranche (Formulierung: „… wären von Vorteil“). Die fachlichen Anforderungen waren also klar umrissen. Dennoch bewarben sich zahlreiche Damen und Herren, die ihre Prüfung zum Bilanzbuchhalter gerade erst gemacht hatten oder kurz davor standen und demzufolge keine Berufserfahrungen hatten. Ebenso bewarben sich sehr viele Leute aus dem Ostteil Berlins, die keine oder nur geringe Englischkenntnisse hatten, da Englisch in der ehemaligen DDR in der Regel nicht gelehrt wurde.

Die ausdrücklichen Anforderungen wurden also nicht beachtet. Übrigens hatte der Personalleiter der Firma in diesem Fall von den Bewerbern ein Anforderungsprofil erstellt, um danach seine Auswahl für ein Bewerbungsgespräch zu treffen. Das Dokument sehen Sie unten auf dieser Seite. Es ist nicht nur ein gutes Beispiel für eine sorgfältige Bewerberauswahl, sondern dokumentiert die Arbeitgetgebererwartung hinsichtlich der fachlichen Qualifikation. Stellen Sie sich nach diesem Muster eine eigene Checkliste auf, füllen Sie sie wahrheitsgemäß aus, und prüfen Sie so im Vorfeld Ihre Chancen auf eine Anzeige. Die fachbezogene Erwartungshaltung des Arbeitgebers setzt sich aus drei Komponenten zusammen:
– Fachkenntnisse in der Position
– Fachkenntnisse in der Branche
– verwertbare bzw. wünschenswerte Zusatzkenntnisse

Anzeige Bilanzbuchhalter Berliner Morgenpost 10.6.2000

Bewerber Alter Fam.-

stand

Bibu-

Prüfung

Berufser­

fahrung

Bau­

bereich

Englisch ein-

laden

Werner 33 nv + 5 J. + + +
Müller 34 nv + +
Schulze 29 vh/1 + +
Gorgel 44 vh/2 + 7 J. + + +
Kurze 32 nv +
Klöppel 28 vh + +
Janzke 29 vh/1 + 1 J.
Cordeimann 34 vh/2 + 4 J. + +
Batschulies 49 vh + 16 J.

Beispiel eines Bewerberübersichtsbogens. Die Namen wurden verändert, die fachlichen Eintragungen sind identisch. Gefordert war fachlich: Bilanzbuchhalter, einige Jahre Berufserfahrung, Englischkenntnisse, möglichst Baubranche

Die ausgeschriebene Position gibt die Fachkenntnisse vor. Wenn für eine Autowerkstatt ein Kfz-Mechaniker gesucht wird, verlangt die ausgeschriebene Tätigkeit eben nur einen solchen, artverwandte Berufe sind nicht gefragt. Wenn eine Bank einen Kreditsachbearbeiter sucht, muss der Bewerber Bankkaufmann und im Kreditwesen erfahren sein. Ein Buchhalter, der lediglich mit Kreditoren zu tun hatte, ist fehl am Platze. Die Anforderungen an die Fachkenntnisse können durchaus auch höher angesetzt sein, als für die Position zunächst notwendig erscheint, z. B. wenn beabsichtigt ist, die Position zu erweitern oder anzuheben. Beispiel: Für das Kreditwesen einer Bank wird ein Diplom-Kaufmann mit zusätzlicher Bankausbildung gesucht. In aller Regel heißt es dann in der Anzeige, dass die ausgeschriebene Position ausbaufähig sei. Branchenkenntnisse werden nicht immer vorausgesetzt, sind aber in vielen Positionen sehr hilfreich.

Wenn Sie sich als Außendienstmitarbeiter in einem Verlag bewerben, wird sich der neue Arbeitgeber freuen, wenn Sie das Konkurrenzumfeld kennen oder sogar direkt von der Konkurrenz kommen. Manche Arbeitgeber stehen Bewerbern mit Branchenkenntnissen eher skeptisch gegenüber, weil sie befürchten, dass der neue Stelleninhaber frisch gewonnene Informationen an alte „Kontakte“ weitergeben könnte. Doch das sind Ausnahmefälle. Mit der Forderung von Branchenkenntnissen verbindet der Arbeitgeber meistens den Wunsch, einen Profi zu bekommen, der sich auskennt und der nicht erst unter Zeitaufwand in die Besonderheiten der Branche eingearbeitet werden muss. Das ist besonders wichtig, wenn eine Stelle schnell besetzt werden soll. Wenn Branchenkenntnisse nicht in der Stellenanzeige ausdrücklich gefordert sind und Sie nicht bereits aus der gleichen Branche kommen, tun Sie als Bewerber dennoch gut daran, sich wenigstens kundig zu machen.

In vielen Fällen nutzen Arbeitgeber gerade bei Neubesetzungen die Gelegenheit, eine Position effektiver zu gestalten und verlangen zusätzliche Fachkenntnisse oder andere verwertbare Fähigkeiten. Beispiel: Eine Sachbearbeiterposition im Vertrieb war bislang von einem Mitarbeiter besetzt, der wenig flexibel war. Bei der Neuausschreibung verlangte man Zusatzqualifikationen wie Englischkenntnisse und Führerschein und die Bereitschaft zu reisen. Wenn zusätzlich zur eigentlichen Fachqualifikation bestimmte Kenntnisse gefordert werden, dann ist das meistens ein Indiz dafür, dass die Stelle keine starre Aufgabenstellung hat und vom Bewerber ein gewisses Maß an Flexibilität erfordert. Prüfen Sie vor einer Bewerbung sehr gründlich, ob Ihre fachlichen Voraussetzungen mit den Anforderungen des Arbeitgebers übereinstimmen. Sie ersparen sich
viele Enttäuschungen!

Personenbezogene Erwartungshaltung
Der personenbezogenen Erwartungshaltung eines Arbeitgebers auf den Grund zu kommen ist sehr viel schwieriger, denn sie ist sehr vielschichtig. Es soll versucht werden, Ihnen hier ein paar Anhaltspunkte an die Hand zu geben. Man unterscheidet zunächst primäre und sekundäre Erwartungen. Zu den primären zählen: Alter, Geschlecht, Familienstand, persönliche Stärken in der Arbeit, im Auftreten, in der Überzeugungskraft, im Führungsverhalten, Arbeitszeitverhalten und Ähnliches. Sekundär sind Erwartungen, die in aller Regel betrieblich-interne Hintergründe haben, z.B. ob Sie rauchen, lieber mit Männern oder Frauen Zusammenarbeiten oder lieber allein oder im Team arbeiten wollen oder können. Beide Bereiche sind indes gleich wichtig, denn dem Arbeitgeber wird stets daran gelegen sein, bei der Neubesetzung einer Position jemanden zu finden, dessen Persönlichkeit optimal ins Gefüge passt. Diese Dinge werden üblicherweise erst im Bewerbungsgespräch erörtert. Manche Absage, die dem Bewerber unerklärlich ist, weil er die fachlichen Voraussetzungen erfüllte, haben hier ihren Ursprung.

So kann es durchaus sein, dass Sie nicht in die persönliche Erwartungshaltung des Arbeitgebers passen, z. B., weil er befürchten muss, dass es zu Konflikten kommt, wenn er Sie als jüngere Bewerberin an einen Arbeitsplatz setzt, den Sie mit einer älteren Kollegin teilen müssen. Das Alter spielt zwar nicht immer, aber doch häufig eine wichtige Rolle, vor allem dann, wenn man junge, dynamische Mitarbeiter mit langjährig tätigen zusammenbringt; dann sind Spannungen unausweichlich. Manchmal wird das Alter in der Stellenanzeige vorgegeben, sehr oft aber wird diese Thematik erst im Bewerbungsgespräch angesprochen. Ähnliches gilt für die Auswahl nach dem Geschlecht, und zwar auch dann, wenn die Position, wie gesetzlich vor- geschrieben, geschlechtsneutral ausgeschrieben wurde. Denn in einer reinen Frauenabteilung könnte es ein Mann schwer haben, in einer reinen Männerriege könnte eine Frau für Unruhe sorgen; wobei stets Ausnahmen die Regel bestätigen.

Wichtig ist auch der Familienstand. Denn manche Positionen bringen Belastungen mit sich, die sich auf die ganze Familie negativ auswirken. Wer verheiratet ist und Kinder hat, wird sich nur ungern mit einer regelmäßigen Reisetätigkeit anfreunden. Für eine ledige Frau mit einem Kind wird eine Außendiensttätigkeit oder eine Arbeit, bei der sie flexibel sein muss, zur erheblichen Belastung. Von besonderer Bedeutung für den Arbeitgeber ist natürlich auch Ihr Sozial- verhalten, Ihr Führungsverhalten und die Fähigkeit sich in ein Team einzufügen. Hier werden Sie vor allem Erwartungshaltungen vorfinden, die unternehmensspezifisch geprägt sind. Zu diesen Eigenschaften werden Sie im Bewerbungsgespräch gründlich befragt. Schildern Sie in aller Bescheidenheit Ihre positiven Eigenschaften, aber stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel. Versuchen Sie aufrichtig und natürlich zu sein; behalten Sie jedoch immer Ihr Ziel im Auge und bedenken Sie, was man von Ihnen für diese bestimmte Position erwartet. Beachten Sie auch die sekundären Erwartungshaltungen (siehe oben). Sie werden sie erst im Bewerbungsgespräch erfahren, aber Sie können sich darauf einstellen und vorbereiten. Dazu ein Beispiel:

Zu besetzen war die Position einer Sachbearbeiterin Vertrieb. Die betrieblichen Gegebenheiten machten es erforderlich, dass innerhalb eines Sachgebietes drei Frauen in einem Raum zusammensaßen, zwei rauchten, die dritte nicht, die dann nicht zuletzt deswegen irgendwann kündigte. Während des Bewerbungsgesprächs bot der Personalleiter einer Bewerberin eine Zigarette an. Die Dame lehnte dankend ab, indem sie betonte: „Ich bin konsequente Nichtraucherin.“ Damit war für den Personalchef die Entscheidung schon gefallen, denn es war ihm sofort klar, dass diese Bewerberin unmöglich zu den beiden Raucherinnen passte. Obwohl sie sehr gute Voraussetzungen hatte, musste er ihr absagen.

Ein typischer Fall einer personenbezogenen Erwartungshaltung; die Absage hatte nichts mit der fachlichen Qualifikation der Bewerberin zu tun. Die persönliche Erwartungshaltung des Arbeitgebers ist, mangels interner Kenntnisse, für den Bewerber leider kaum durchschaubar. Ihre Bedeutung ist aber nicht zu unterschätzen. Halten Sie sich in Ihrem Bewerbungsschreiben also eher persönlich bedeckt und versuchen Sie im geschickten Gespräch herauszufinden, was man von Ihnen erwartet.