Home » Geldanlage » Die japanische Börse – NIKKEI 225

Die japanische Börse – NIKKEI 225

Wenn Sie glauben, dass die USA und England den Markt für Manien für sich gebucht hätten, dann tauschen Sie sich, denn es gibt auf der Welt zahlreiche Beispiele. Eine ziemlich außerordentliche Manie ereignete sich vor nicht allzu langer Zeit – vor weniger als 10 Jahren – auf dem japanischen Aktienmarkt.
Nach der erschütternden Niederlage, die Japan im Zweiten Weltkrieg hinnehmen musste, lag die gesamte Wirtschaft in Scherben. Zwei große Städte – Hiroshima und Nagasaki – waren zerstört und mehr als 200.000 Menschen waren gestorben, als die Amerikaner Atombomben abwarfen, um den Krieg zu gewinnen.
Aus den Trümmern ging Japan als gestärkte Nation hervor, die zu einem wirtschaftlichen Powerhaus wurde. Über 22 Jahre hinweg, von 1967 bis 1989 stiegen die japanischen Aktienkurse um erstaunliche 3.000 Prozent, als die Wirtschaft aufblühte. Von 1983 bis 1989 legten japanische Aktien um mehr als 500 Prozent zu. Rechnet man das ganze in amerikanische Dollars um, dann war der Anstieg an der japanischen Börse umso erstaunlicher, da der Dollar gegenüber dem japanischen Yen an Wert verlor. Während des großen Aufschwungs der japanischen Aktien verlor der Dollar etwa 65 Prozent seines Wertes und damit wuchs der japanische Aktienmarkt zwischen 1967 und 1989, gemessen am Dollar, um 8.300 Prozent.
Viele sahen die Kapitalanlage in japanische Aktien als eine sichere Sache an. Immer mehr Menschen taten den ganzen Tag nichts anderes, als in den japanischen Aktienmarkt zu investieren. Viele waren echte Spekulanten, und sehr häufig wurden Kredite aufgenommen. Da der japanische Immobilienmarkt zusammen mit dem Aktienmarkt boomte, nahmen die Anleger in Immobilien Kredite auf ihre Objekte auf, um damit in Aktien zu investieren – und umgekehrt.
Kredite zu erhalten war sehr einfach, weil Japans Banken über viele Barmittel verfügten und die Kredite waren äußerst billig. Anleger konnten sich für wenige Prozent Zinsen Geld leihen. Etablierte Anleger konnten ohne Eigenleistung Objekte kaufen. Geld aus Immobilien sprudelte reichlich, als der Preis für Objekte in Tokio zwischen 1985 und 1990 um 500 Prozent anstieg. Obwohl Japan 25mal kleiner ist als die USA, war der Wert des japanischen Landes am Ende der 80er Jahre viermal so hoch wie das gesamte Land der USA.
Spekulanten benutzten Futures und Optionen um auf höhere japanische Aktienkurse zu wetten. Interessanterweise ist es in Japan nicht möglich, leer zu verkaufen. Ebenso hielten die japanischen Anleger, in Anbetracht der starken japanischen Währung, ihr Geld im eigenen Land, so dass sie nicht unter der Entwertung ausländischer Währungen zu leiden hatten.

Die Kapitalanlage im eigenen Land ist einer der Gründe, weshalb viele japanische Anleger nur wenig Ahnung hatten, wie es um den intrinsischen Wert ihrer Investments stand.
Kurs/Gewinn-Verhältnisse? Vergessen Sie es! Japanische Börsenspekulanten betonten, dass die Immobilien, die viele Unternehmen besaßen, in ihrem Wert bis in den Himmel stiegen und damit die Unternehmen noch wertvoller machten, um die hohen Kurse zu rechtfertigen, die sie für Aktien bezahlten.
Die KGVs am japanischen Markt stiegen Anfang der 80er Jahre an und erreichten 1987 mehr als das 60fache der Gewinne. Wie ich in diesem Finanzportal schon sagte, gab es solche KGVs auch in den USA. Doch der gesamte japanische Aktienmarkt, zu dem auch viele mittelmäßige und weniger heiße Unternehmen zählen, hatte ein KGV von mehr als 60!
Als die japanische Version vom AT & T, Nippon Telegraph and Telephone im Februar 1987 an die Börse ging, traf das Unternehmen auf eine solche Begeisterung, dass der Aktienkurs bald auf ein astronomisches KGV von mehr als 300 hochgetrieben wurde. Ende 1989 war Japans Aktienmarkt zum ersten Mal in seiner Geschichte mehr wert als der amerikanische Aktienmarkt. Und dies, obwohl der gesamte Ausstoß der japanischen Wirtschaft weniger als die Hälfte des Ausstoßes der amerikanischen Wirtschaft ausmachte.
Selbst einige amerikanische Beobachter verloren das große Bild aus den Augen und trugen zu den Überlegungen bei, weshalb das hohe Niveau japanischer Aktien gerechtfertigt sei. Immerhin, so wurde überlegt, sind japanische Unternehmen ynd ihren leitenden Angestellten sehr eng miteinander verbunden und investierten massiv in die Aktien anderer Unternehmen, mit denen sie Geschäftsbeziehungen unterhielten. Deshalb war das Angebot an Aktien für außenstehende Käufer sehr begrenzt – die Unternehmen saßen auf ihren Aktien.
Der Aktienbesitz von Unternehmen stieg weiter, auch wenn die Aktienkurse manchmal manipuliert wurden, sowie im ersten Teil dieses Jahrhunderts in den USA. Spekulanten sammelten den größten Teil der Aktien von kleineren Unternehmen und tradeten die Aktien mit anderen hin und her, um die Kurse anzutreiben. Die Pensionskassen der Unternehmen legten das gesamte Geld ihrer Arbeitnehmer in Aktien an und hofften, dass die Aktienkurse immer steigen würden. Sicherlich würde es immer jemanden geben, der für eine Aktie einen höheren Preis bezahlt.
Der Zusammenbruch des japanischen Aktienmarktes ging sehr schnell. Nach dem Höchststand am Ende des Jahres 1989 fiel der Markt in Tokio allein in den ersten neun Monaten des Jahres 1990 um fast 50 Prozent. Mitte 1992 war das Schlimmste vorbei – die japanischen Aktien waren um fast 60 Prozent im Wert gefallen – ein Absturz, den der amerikanische Markt seit der Großen Depression nicht erleben musste. Japanische Anleger, die Kredite aufgenommen hatten, verloren alles und manchmal sogar mehr. Der gesamte Verlust betrug etwa 2,5 Billionen €, in etwa der Wert des gesamten japanischen Sozialprodukts.
Schließlich führten verschiedene Faktoren zum Platzen der Seifenblase am japanischen Aktienmarkt. Die japanische Regierung zog die Kreditbremse, als die Inflation anstieg und man machte sich Sorgen über die Spekulationen am Immobilienmarkt. Als die Zinssätze zu steigen begannen, wurde den Anlegern bald deutlich, dass sie 15mal mehr Rendite erhielten, wenn sie in sichere Anleihen investierten, anstatt sich mit schmalen Erträgen bei Aktien zufrieden zu geben.
Als die Zinssätze stiegen und die Kreditbremse gezogen war, wurden die Spekulanten als erste gebissen. Spekulanten in Immobilien und an der Börse verkauften ihre Investments, um die sich anhäufenden Schulden bezahlen zu können. Höhere Zinsen, wenige verfügbare Kredite und die ohnehin schon weit überhöhten Kurse begrenzten die Schar potenzieller Aktienkäufer. Die fallenden Aktien- und Immobilienmärkte zehrten voneinander. Die Verluste der Investoren in einem Markt verursachten weitere Verkäufe und weiteren Preisverfall im anderen Markt. Der Preisverfall bei Immobilien war ebenfalls sehr heftig – er lag in den meisten Regionen Japans zwischen 50 und 60 Prozent.