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Die Non-and-near-Banks in Deutschland und ihre Angebote

Die Autoversicherung von Tchibo, den Ratenkredit von C&A, das Festgeldkonto von der Volkswagen-Bank und das Tagesgeldkonto von Lidl: Wer einfache Finanzdienstleistungen sucht, wird auch in fremden Branchen fündig und stößt mitunter auf recht günstige Offerten. Das zeigt ganz praktisch, dass Banken keineswegs unverzichtbar sind – zumindest wenn es sich um einfache Produkte handelt. Für die Kaffeeröster, Textilhäuser und Automobilhersteller bieten Finanzdienstleistungen einerseits die Chance auf ein Zusatzgeschäft, andererseits trägt es sicher zur Verkaufsförderung bei, wenn etwa die Bank eines Fahrzeugherstellers gleich die passende Finanzierung oder den Leasingvertrag vermittelt. Diese sogenannten „Non-and-near-Banks“ jagten den etablierten Kreditinstituten in den vergangenen Jahren deutliche Marktanteile ab, wobei allerdings anzumerken ist, dass so richtig erfolgreich eben nur einige Autobanken waren. Alle anderen Anbieter tun sich bisher schwer, neben Kaffee, Oberhemden und anderen Produkten auch noch Finanz- oder Versicherungsprodukte an den Mann oder die Frau zu bringen.

Konzentrieren wir uns daher nachfolgend auf die Autobanken: Die wenigsten in Deutschland zugelassenen Neuwagen werden allein aus Ersparnissen finanziert. In 80 Prozent der Fälle schließen die Käufer Kredit- oder Leasingverträge ab. Ein lohnendes Geschäft für die Banken und Sparkassen. Das dachten sich auch die führenden Automobilhersteller und gründeten ihre eigenen Kreditinstitute. Dafür gab es in der Tat gute Gründe: Während die Margen im Kerngeschäft – also dem Verkauf von Fahrzeugen – rückläufig sind, verdient der Automobilkonzern an der Finanzierung. Vor allem Leasingverträge erweisen sich dabei als besonders lukrativ. Die Autobanken haben gegenüber den konventionellen Instituten einen entscheidenden Vorteil: Sie sind direkt am „Point of Sale“ präsent, also beim Händler. Entscheidet sich der Kunde, ein Fahrzeug der betreffenden Marke anzuschaffen, kann er beim Verkäufer gleich einen Kredit- oder Leasingantrag stellen. Das ist bequem, schnell und unproblematisch. Dennoch sollte sich der Kunde zunächst auch Finanzierungsangebote anderer, händlerunabhängiger Direktbanken einholen, denn die bieten mitunter noch etwas günstigere Konditionen.
Während sich die meisten Autobanken auf das Kredit- und Leasinggeschäft konzentrieren und allenfalls noch Automobilversicherungs-Policen vertreiben, entwickelten sich andere in den vergangenen Jahren in Richtung Universalbank. Das heißt, sie bieten traditionelle Finanzdienstleistungen wie Girokonten und Anlageprodukte an. Und damit sorgen sie unter den Filialbanken offenkundig zunehmend für Unruhe. Derzeit sind unter anderem die Volkswagen- Bank, die Mercedes-Benz-Bank (früher DaimlerChrysler-Bank), die Audi-Bank und die BMW Bank als Anbieter zusätzlicher Finanzdienstleistungen neben Krediten und Fahrzeugleasing am Markt. Zum Standardrepertoire dieser Institute gehören einfache Sparformen, wie zum Beispiel Tagesgeld oder Festgeld, ferner Kreditkarten und Fonds. Manche gehen noch weiter: Ihr Produkt- und Dienstleistungsportfolio umfasst zudem das Wertpapiergeschäft (Direkt-Brokerage), Konsumentenkredite und sogar Hypothekendarlehen zur Baufinanzierung. Damit kommen diese Institute dem an anderer Stelle definierten Direktbanken-Ansatz am nächsten.
Den Autobanken geht es allerdings nicht nur darum, mit ihren Finanzdienstleistungen die häufig nur noch schwachen Margen ihrer Mutterkonzerne aufzubessern. Sie wollen zudem Kunden für ihr Kerngeschäft gewinnen. Wer zum Beispiel mit den Leistungen seiner Autobank zufrieden ist, wird sich vielleicht beim nächsten Autokauf für ein Fahrzeug desselben Konzerns entscheiden.

Obwohl die Autobanken mit ihrem breiteren Produktportfolio in den vergangenen Jahren die Kundenzahlen deutlich erhöhen konnten, bleiben ihre Marktanteile bislang noch vergleichsweise überschaubar. Auch konnten sie bislang noch keine starke Marke ausprägen. Die Mehrzahl der Deutschen sieht in diesen Instituten offenbar nach wie vor in erster Linie Finanzierungspartner beim Kauf eines neuen Fahrzeugs.
Die Entwicklung der Direktbanken auf einen Blick
1965: Die Bank für Spareinlagen und Vermögensbildung wird gegründet (heute: ING-DiBa).
1966: Gründung der Absatz-Kreditbank (heute Augsburger Aktienbank)
Ende der 1980er Jahre: Die KKB-Bank (heute Citibank) führt Telefonbanking ein.
1990: Gründung der Quelle-Bank (später Entrium Direct Bankers, inzwischen fusioniert mit der ING-DiBa) VW gründet mit der Volkswagen-Bank die erste Direktbank eines deutschen Automobilkonzerns.
1994: Gründung der Direkt Anlage Bank (heute DAB Bank) – erster deutscher Direktbroker
Gründung Consors Discount Broker (heute CortalConsors)
Gründung der BMW Bank Gründung Santander Direkt Bank
Die Commerzbank gründet mit comdirect die erste direkte Vollbank.
1995: Die Deutsche Bank hebt die Bank24 aus der Taufe (einschließlich der Direktbroker-Einheit brokerage 24, die sich ab 2001 maxblue nannte). Gründung der Bank GiroTel als Tochter der Bankgesellschaft Berlin (1999 von der heutigen ING-DiBa übernommen)
1996: Die Bayerische Vereinsbank startet mit der Advance Bank (Direktbank „mit Beratung“).
Gründung von 1822direkt durch die Frankfurter Sparkasse 1997: Gründung von Fimatex (Broker der Société Générale) 1998: Die Dresdner Bank übernimmt die glücklos agierende Advance Bank. Consors, Entrium und DAB Bank gehen an die Börse.

1999: Die Bank 24 übernimmt Deutsche Bank-Filialen und wird „Deutsche Bank 24″.
Mit der Netbank (Tochter von Sparda-Banken) entsteht die erste reine Internetbank.
Die Postbank gründet den Direktbroker Easytrade.
2000: comdirect geht an die Börse.
Entrium wird an die italienische Bank Bipop-Carire verkauft.
2001: Insolvenz des Direktbrokers Systracom
Santander kommt mit dem Direktbroker Patagon an den Markt.
Der Direktbroker pulsiv*com (bis dahin HSBCT rinkhaus & Burkhardt) wird von den Sparkassen übernommen und heißt hinfort SBroker.
Die Deutsche Bank reintegriert Deutsche Bank 24.
SEB reintegriert SEB direct.
2002: Übernahme von Consors durch die französische Bank BNP Paribas (seither heißt sie CortalConsors)
Patagon wird eingestellt.
DaimlerChrysler gründet eigene Direktbank (seit 2008 Mercedes-Benz- Bank).
2003: Allianz und Dresdner Bank reintegrieren Advance Bank.
Die Postbank reintegriert Easytrade.
ING übernimmt Entrium und fusioniert die Bank mit der ING-DiBa.
Fusion von Santander Direkt Bank mit der CC-Bank
2006: Gründung Direktbroker flatex
2007:Tchibo, C&A sowie andere Handelskonzerne verkaufen Bank- und Versicherungsprodukte.
Die Fakten auf einen Blick
Das Direktbanking-Geschäft boomt seit Jahren in Deutschland. Auch viele Filialbanken gründen mittlerweile eigene Direktbanken.
Vor allem die im Privatkundengeschäft traditionell starken Sparkassen sowie die Volks- und Raiffeisenbanken spüren den Druck der filiallosen Konkurrenten.

Einige Direktbanken starteten als Nischenanbieter, offerieren heute aber die komplette Service- und Produktpalette einer Hausbank.
Unabhängige Marktforscher sagen dem Direktbanking noch signifikante Zuwächse voraus.
Onlinebanking ist lediglich ein Vertriebsweg von Filialbanken, Direktbanking hingegen ein alternatives Geschäftsmodell. Im dreibeinigen deutschen Bankensystem gehören die meisten Direktbanken zum privaten Sektor, doch wurden in den vergangenen Jahren auch im genossenschaftlichen sowie im öffentlich- rechtlichen Sektor filiallose Geldinstitute aus der Taufe gehoben. Die ersten Direktbanken gab es schon lange vor der kommerziellen Nutzung des Internet. Auch die Geldinstitute branchenfremder Unternehmen (zum Beispiel Autobanken) setzen auf Direktbanking.