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Finanzanalyse bei Walt Disney – Warren Buffett

Disney hatte ein Angebot abgegeben für Capital Cities/ABC, ein Unternehmen, das halb so groß war wie Disney selbst. Um Buffetts damaligen Standpunkt zu verstehen, müssen wir Disney zunächst für sich betrachten, und dann den Unternehmensverbund.

Konsolidierte Bilanzen 1994 und 1995

$ Millionen 1995 1994
Barmittel und Beteiligungen 1943 1510
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 1793 1671
Bestände 824 668
Film und TV1 2099 1596
Sachanlagen 6723 6445
Sonstige Vermögensgegenstände 1224 937
Aktiva 14606 12826
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und
Leistungen 2843 2475
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten 2984 2937
Steuern2 1267 1206
trasitorische Passiva3 861 700
Passiva 7955 7318
Eigenkapital 6651 5508

Anmerkungen
1. Die Tage, als das Filmarchiv noch nicht in der Bilanz ausgewiesen wurde, sind passe, doch ihr Wert für das Unternehmen lässt sich erkennen, wenn man den Posten Film- und Fernsehprojekte den Sachanlagen gegenüberstellt. Letztere schlagen viel stärker zu Buche, doch es ließe sich darüber streiten, was davon wertvoller ist. Die Fähigkeit des Unternehmens, aus Filmen Kapital zu schlagen, wirft buchhalterisch Probleme auf. Im Grunde wurden die Produkte bis zur Premiere zu den Herstellungskosten geführt. Danach wurde ein Aufwandsposten proportional zum Verhältnis der effektiven Bruttoeinnahmen zu den kalkulierten Bruttoeinnahmen im Betrachtungszeitraum angesetzt. Das Risiko bestand dabei hauptsächlich darin, dass das Management die Bruttoeinnahmen überschätzen und der Aufwandsposten damit in die Verlustzone geraten würde. Es war beruhigend, dass die so errechnete Summe niedrig wirkte. Die Abschlusserläuterungen haben außerdem ergeben, dass 87 Prozent der nicht abgeschriebenen Produktionskosten innerhalb von drei Jahren als Periodenaufwand verbucht wurden. Die Regale des Archivs entwickelten darüber hinaus erstaunliches Potenzial.
2. Es standen aufgeschobene Steuerverbindlichkeiten in beträchtlicher Höhe aus den Themenpark-Beteiligungen an. Diese würden sich vermutlich fortsetzen oder sogar zunehmen, wenn das Geschäft mit Parks/Hotels/sonstigen Immobilien weiterhin expandierte.
3. Disney verdiente große Summen an Tokyo Disneyland und anderen Lizenznehmern, die jedoch nur für die Dauer der Lizenzverträge als Gewinn ausgewiesen wurden.

Kapitalquellen
Mit einer Eigenkapitalbasis von $6,7 Milliarden erwirtschaftete das Unternehmen $12,1 Milliarden Umsatz und $1,4 Milliarden Gewinn. Die eben beschriebenen Faktoren – die verhältnismäßig geringen Investitionen ins Sortiment, die Bemessungsgrundlage für aufgeschobene Steuern, die transitorischen Passiva – stellten eindeutig wesentliche frei verfügbare Kapitalformen dar. Am meisten zählte hier aber der Name Disney. Der Firmenname Disney bedeutete, dass die Leute Filme, Videos, Kabelkanäle, Merchandising-Artikel und Vergnügungsparks bevorzugten und bereit waren, mehr dafür zu bezahlen.
Eigenkapitalrentabilität

$ Millionen Gewinn durchschnittlichesEigenkapital EKR (%) IP (%)
1992 817 4288 19,1
1993 888 4868 18,2 12,2
1994 1110 5269 21,1 55,4
1995 1380 6080 22,7 33,3

Die Fusion
Es befanden sich 153,9 Millionen Cap Cities-Aktien in Umlauf. Disney bot eine eigene Aktie plus $65 in bar für jede Cap Cities Aktie. Vorbehaltlich bestimmter Einschränkungen konnten die Cap Cities-Aktionäre auch den gesamten Betrag in Disney-Aktien oder in bar erhalten. Die Disney-Aktie wurde ungefähr zu $58 gehandelt, so dass die gesamte Transaktion ein Volumen von $19 Milliarden hatte. Die Ergebnisse von Cap Cities für die neun Monate bis zum 1. Oktober 1995 wiesen einen um außerordentliche Aufwendungen und immaterielle Vermögenswerte bereinigten Gewinn von $573 Millionen aus. Für das ganze Jahr sind das – grob gerechnet – $764 Millionen. Der Kaufpreis von $19 Milliarden ergibt ein KGV von 24,9. Das IP von Cap Cities hatte früher bei rund 20 Prozent gelegen, wobei die laufende EKR auf 17 Prozent zurückgegangen war. Wie man es auch betrachtet, ein KGV beim Ausstieg von 24,9 war mehr als gut. Hätte sich Buffett entschlossen, sich seine Anteile auszahlen zu lassen, hätte er das Geschäft zu diesem Preis durchaus rechtfertigen können.

Er tat es aber nicht. Er entschied sich ausschließlich für Disney-Aktien und kaufte nach der Fusion noch mehr Disney-Aktien an der Börse. Warum? Nun, der ausschlaggebende Grund war strategischer Natur. Buffett, Eisner und Murphy hatten erkannt, dass Disney seine amerikanischen Kunden wie kein anderes Unternehmen zufrieden stellte. Cap Cities mit seinem Sendenetz und insbesondere den Kabelanteilen war ein führender Vertriebskanal. Eine solche Kombination war äußerst Gewinn versprechend. Buffett hatte sich hier – was ansonsten nicht seine Art ist – als Kuppler betätigt und den beiden anderen Managern seine Sichtweise nahe gebracht.
Doch das Geschäft musste auch finanziell tragfähig sein. Die Neuschöpfung konnte, was die Kapitalstruktur anbelangt, ein völlig anderes Aussehen erhalten, je nachdem, wie viele Cap Clties-Aktionäre sich für Aktien oder Barauszahlung entschieden. Es würden Kosteneinsparungen und nicht quantifizierbare Vorteile entstehen. Die simple Addition der Betriebsergebnisse beider Unternehmen vor Zinsen ergab insgesamt $3 543 Millionen für das Jahr 1995. Disney hatte vor der Fusion Verbindlichkeiten in Höhe von $1,04 Milliarden, Cap Cities Barmittel in Höhe von $700 Millionen. Zwei Szenarien sollte man hier gedanklich durchspielen. Bei beiden bleiben Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte unberücksichtigt, bei beiden wird der Zinssatz mit konservativen 10 Prozent angesetzt. Der fiktive Steuersatz soll 35 Prozent betragen.
1. Was wäre, wenn alle Cap Cities-Aktionäre bar ausbezahlt werden wollten?
In diesem Fall hätten sich Verbindlichkeiten in Höhe von $19,3 Milliarden ergeben, wobei die Anzahl der in Umlauf befindlichen Disney-Aktien mit 524,8 Millionen gleich geblieben wäre. Die Gewinn- und Verlustrechnung hätte folgendermaßen ausgesehen:

$ Millionen
Betriebsergebnis 3543
Zinsaufwendungen (1930)
Gewinn vor Steuer 1613
Jahresüberschuss 1048
Gewinn je Aktie ($) 2,0

 

  1. Was wäre, wenn alle Cap Cities-Aktionäre sich für die Option Disney-Aktie plus $65 Dollar entschieden hätten?

Es befanden sich 153,9 Millionen Cap Cities-Aktien in Umlauf. Die Zahl der Disney-Aktien wäre also auf 678,7 Millionen gestiegen, die Verschuldung hätte $10,3 Milliarden betragen:

 

$ Millionen
Betriebsergebnis 3543
Zinsaufwendungen (1030)
Gewinn vor Steuer 2513
Jahresüberschuss 1633
Gewinn je Aktie ($) 2,41

Berkshire verfügte über 20 Millionen Cap Cities-Aktien. Mar wusste, dass man selber Aktien wählen würde, dass es für andere Anleger steuerliche Anreize gab, sich ebenfalls so zu entscheiden und dass das Geschäft Hand und Fuß hatte. Das zweite Szenario war also wahrscheinlicher. Berkshire bekäme 20 Millionen Disney-Aktien, 2,95 Prozent des fusionierten Unternehmens, und $1,3 Milliarden in bar.
Buffett sagt, dass der wichtigste finanzielle Gesichtspunkt bei einem Aktien-gegen-Aktien-Geschäft der ist, ob der Verkäufer auch den gleichen Wert zurückerhält. Berkshire gab 13 Prozent von Cap Cities auf (von den ursprünglich 19 Prozent war bereits ein Teil verkauft worden) und erhielt dafür einen 2,95-Prozent-Anteil von Disney zuzüglich einer Summe Bargeld. Wie wir festgestellt haben, verbuchte Cap Cities im Jahr $764 Millionen Gewinn bei einer IP/EKR-Spanne von 17 bis 20 Prozent. Eine großzügige Schätzung des Inneren Wertes (IV) läge also bei $15,3 Milliarden. Berkshires 13 Prozent wären damit $2 Milliarden wert. Dlsneys jüngste EKR/IP-Werte lagen bei 23-33 Prozent. Wenn wir davon ausgehen, dass der Wert nach der Fusion am unteren Rand der Spanne läge und wir den für Szenario 2 ermittelten Gewinn zu Grunde legen, ergibt sich ein Innerer Wert von $37,6 Milliarden. Berkshires 2,95-Prozent-Anteil wäre damit $1,1 Milliarden wert. Rechnet man die $1,3 Milliarden Bargeld hinzu, liegt der Gesamtwert der Transaktion für Berkshire bei $2,4 Milliarden, also höher als der bestehende Wert von $2 Milliarden, und das ohne Berücksichtigung der infolge der Fusion zu erwartenden Vorteile.

Anfang 1996 kaufte Berkshire weitere 4,6 Millionen Disney-Aktien an der Börse. Der genaue Kaufpreis ist nicht bekannt, wird jedoch irgendwo zwischen $50 und $60 gelegen haben. Dem Konglomerat wird damit ein Wert von $34-41 Milliarden beigemessen, was ungefähr dem ermittelten inneren Wert entspricht. Dass Buffett die Fusion vorangetrieben hat, steht außer Frage. Er hatte die positiven Synergieeffekte für beide Parteien klar erkannt. Die Sicherheitsmarge bestand in diesem Fall aus zu erwartenden, doch nicht quantifizierbaren finanziellen Vorteilen.

Buffett sagt, dass der wichtigste finanzielle Gesichtspunkt bei einem Aktien-gegen-Aktien-Geschäft der ist, ob der Verkäufer auch den gleichen Wert zurückerhält.