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Finanzanalyse beim Fall Wells Fargo and Company – Warren Buffett

Bilanzen 1988 und 1989

$ Milliarden
Kassenbestand und 2,9 Verbindlichkeiten gegenüber
Guthaben Kunden und Kreditinstituten 43,2
Wertpapiere 1,7 Sonstige 0,8
Forderungen aus dem nachrangige Verbindlichkeiten 1,8
Kreditgeschäft 41,0
Sonstige 3,1 Vorzugsaktien 0,4
Eigenkapital 2,5

Die Bücher von Wells Fargo machten einen soliden Eindruck. Ein einfacher Maßstab für die Finanzkraft einer Bank ist die Angemessenheit der Kapitalausstattung, bei der das Kapital in Bezug gesetzt wird zu den Aktiva, bereinigt um die damit verbundenen Risiken. Nach den Vorgaben des Federal Reserve Board müssen 4 Prozent der risikobereinigten Aktiva vom Eigenkapital gedeckt sein und 8 Prozent durch Eigenkapital plus bestimmte andere langfristige Verbindlichkeiten, einschließlich nachrangige Verbindlichkeiten und Vorzugsaktien, wie in der Tabelle oben ausgewiesen. Diese Werte lagen bei Wells Fargo bei 5 Prozent bzw. 10 Prozent, also weit über dem erforderlichen Minimum. Es hat sich jedoch gezeigt, dass 5 oder sogar 10 Prozent wenig ist, wenn es wirklich zu Ausfällen im Kreditgeschäft kommt. Die $2,5 Milliarden Stammkapital würden von einem nur 6-prozentigen Rückgang bei den Forderungen aus dem Kreditgeschäft aufgefressen werden. Welche Auswirkungen würde die bevorstehende Rezession In Kalifornien auf die Bank haben? Das Kredit-Portfolio stellte sich wie folgt dar:

$ Milliarden 1989 1988
Firmenkredite 14,5 13,1
Baufinanzierung 4,1 4,4
erstrangige Wohnbau-Hypothekendarlehen 7,6 5,1
sonstige Hypothekendarlehen 6,0 5,5
Immobilienfinanzierung gesamt 13,6 10,6
Kreditkarten 2,5 2,1
sonstige revolvierende Kredite 0,6 0,6
monatl. Zins- und Tilgungsleistungen 1,3 1,4
nachrangige Hypothekendarlehen 3,9 3,4
Konsumentenkredite gesamt 8,4 7,5
Leasing-Finanzierungen 1,1 1,4
Auslandskredite 0,1 0,6
Summe 41,7 37,7

Die von den $41,7 Milliarden auf Immobilienfinanzierung entfallenden $13,6 Milliarden (33 Prozent) sind an sich kein beunruhigend hoher Anteil, da viele Banken hier proportional gesehen übermäßig engagiert sind. Manche beschränken sich sogar ausschließlich auf diesen Bereich. Di§ „nachrangigen Hypothekendarlehen“ – Privatkundenkredite, die nachrangig mit Immobilien abgesichert sind – sollten jedoch eingerechnet werden. Außerdem ist auch in der Sparte „Firmenkredite“ eine Summe von $1,7 Milliarden versteckt, die an Immobiliengesellschaften vergeben wurde. Damit machen die Hypothekendarlehen insgesamt 46 Prozent aus. Noch interessanter ist womöglich der Anteil an Hypothekendarlehen zur Baufinanzierung (30 Prozent). Dieser Wert ist im Vergleich zu anderen Kreditinstituten hoch. Zwar sank der Gesamtbetrag hier von 1988 bis 1989, doch nur durch buchhalterische Tricks und Kniffe. Baufinanzierungen können höchst spekulativ sein und würden bei einer Konjunkturschwäche die größten Löcher reißen.

Diese Zahlen belegen zwar die hohe Gesamtkapitalrentabilität durch die Gegenüberstellung des Gewinns und der Aktiva, doch sie zeigen nicht die potenzielle Volatilität einer Schlüsselzahl. Wenn alles normal läuft, wird die Gewinn- und Verlustrechnung einer Bank ungefähr so aussehen. Doch wenn die Zeiten besonders schlecht oder besonders gut sind, erhalten die „Rückstellungen für Kreditausfälle“ eine besondere Bedeutung. Hierbei handelt es sich um die von der Bank selbst angestellten Schätzungen der Verluste, die das Kreditgeschäft letztendlich mit sich bringen wird. Wie viel das wirklich ist oder wie viel davon abgeschrieben wird, ist eine ganz andere Frage.

Gewinn- und Verlustrechnungen 1988 und 1989

$ Millionen 1989 1988
Zinserträge 4870 4178
Zinsaufwendungen (2712) (2205)
Nettozinsertrag 2159 1972
Rückstellungen für Kreditausfälle (362) (300)
zinsneutraler Ertrag 779 682
zinsneutraler Aufwand (1575) (1519)
Gewinn vor Steuer 1001 835
Steuern (400) (323)
Gewinn nach Steuern und Vorzugsdividenden 574 487

Diese Zahlen bekräftigen das Gewicht des Nettozinsertrages – selbst bei einer Bank wie dieser, die auch eine Vielzahl an Gebühren und Einnahmen aus anderen Investment-Dienstleistungen bezieht. Sie belegen zwar die hohe Gesamtkapitalrentabilität durch die Gegenüberstellung des Gewinns und der Aktiva, doch sie zeigen nicht die potenzielle Volatilität einer Schlüsselzahl. Wenn alles normal läuft, wird die Gewinn- und Verlustrechnung einer Bank ungefähr so aussehen. Doch wenn die Zeiten besonders schlecht oder besonders gut sind, erhalten die „Rückstellungen für Kreditausfälle“ eine besondere Bedeutung. Hierbei handelt es sich um die von der Bank selbst angestellten Schätzungen der Verluste, die das Kreditgeschäft letztendlich mit sich bringen wird. Wie viel das wirklich ist oder wie viel davon abgeschrieben wird, ist eine ganz andere Frage. Diese Rückstellung soll einfach einen ungefähren Maßstab davon vermitteln, was innerhalb eines Zyklus passieren wird. In der Praxis sind die Banken hier meist entweder zu optimistisch oder zu pessimistisch, so dass diese Rückstellungen stark variieren. Die für 1988 und 1989 ausgewiesenen Rückstellungen in Höhe von jeweils 0,8 bzw. 0,9 Prozent des Kreditvolumens waren branchenübliche, akzeptable Werte. 1987 machte dieser Posten jedoch 2,4 Prozent aus, und die Bank gelangte nur knapp in die Gewinnzone. Dieser Sprung wurde verursacht durch die abschließende Abwicklung von Problemkrediten an unterentwickelte Länder und sollte sich nicht wiederholen (Auslandskredite verschwanden praktisch aus dem Portfolio). Es konnte aber auch anderswo zu Problemen kommen. Manche konzentrierten sich auf Transaktionen mit einem hohen Finanzierungsanteil oder auf Leveraged Buyouts, die insgesamt $4,2 Milliarden ausmachten. Das größte Sorgenkind waren die Immobilien.

Kapitalquellen
Banken zogen viel billiges Kapital an in Form von Einlagen von Kunden. Bei Wells Fargo waren es $6,9 Milliarden, für die überhaupt keine Zinsen gezahlt wurden, der Rest wurde mit 0 bis 5 Prozent unter dem Satz verzinst, der im Interbankgeschäft gezahlt wurde. Die durchschnittlichen Geldbeschaffungskosten lagen 1989 bei 5,7 Prozent. Dasselbe Geld wurde gleichzeitig zu einem Durchschnittszinssatz von 11,4 Prozent weiter verliehen. Verluste würden die Gesamt- und Eigenkapitalrentabilität drücken, doch sie konnten auch das Vertrauen der Kunden erschüttern, die dann ihr Geld abheben würden.

Eigenkapitalrentabilität
Eine Gesamtkapitalrentabilität von 1,26 Prozent, die für jede andere Branche tödlich wäre, war für eine Bank hoch. Wie immer sind wir aber mehr an der Eigenkapitalrentabilität interessiert. Eine niedrige GKR kann durch den Leverage-Effekt eine hohe EKR bewirken. 1989 hatte Wells Fargo 18mal so viel Verbindlichkeiten wie Eigenkapital. Die EKR sah so aus:

EKR = [$574 Millionen (Gewinn 1989 nach Vorzugsdividenden)] / [$2315 (durchschnittliches Eigenkapital 1988/89)] = 25%

Das IP war noch etwas höher:

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Was war Wells Fargo wert?
Auf Basis der so errechneten Werte lässt sich für Wells Fargo nach dem IP folgender innerer Wert ermitteln:

$574 Millionen / (10%sqr) x 31% = $17,8 Milliarden

Alternativ ergibt sich auf EKR-Basis:

$574 Millionen / (10%sqr) x 25% = $14,4 Milliarden

Die wenigsten Banken konnten auch nur annähernd mit einer solchen EKR aufwarten. Eine durchschnittliche Bank erreichte wie ein durchschnittliches anderes Unternehmen langfristig 10 bis 12 Prozent Rendite auf reinvestiertes Kapital. Damit ließe sich ein innerer Wert in Höhe vom zehnfachen Gewinn rechtfertigen. Wer in eine Bank investierte, ging jedoch leverage-bedingt erhebliche Verlustrisiken ein.
Als Buffett die ersten Wells Fargo-Aktien kaufte, erwähnte er insbesondere drei Risiken: Kaliforniens Wirtschaft könnte durch ein schweres Erdbeben so geschädigt werden, dass dabei Banken in den Ruin getrieben würden. Der bevorstehende Konjunkturrückgang konnte zu einer Massenflucht der Anleger aus allen Finanzinstituten des Staates Kalifornien führen, wovon gute wie schlechte Banken gleich getroffen würden. Beide Möglichkeiten erachtete er als eher unwahrscheinlich. Als dritten Punkt führte er an, dass Wells Fargo im Bereich Immobilienfinanzierung eine Spitzenposition einnahm und daher von fallenden Grundstückspreisen oder sinkender Nachfrage besonders beeinträchtigt würde. Buffett betrachtete diese Risiken nüchtern und sachlich. 1989 hatte die Bank $1 Milliarde Gewinn vor Steuern verbucht und $1,4 Milliarden vor Steuern und Rückstellungen für Kreditausfälle. Was nun, wenn es zu Kreditausfällen in Höhe von 10 Prozent (vom Gesamtvolumen von $4,2 Milliarden) käme? Um das Unternehmen in den Bankrott zu treiben, müsste jeder einzelne Kredit Ausfälle in Höhe von 30 Prozent der Auszahlungssumme ($1,3 Milliarden) aufweisen. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios? $4,2 Milliarden wären 31 Prozent aller Hypothekendarlehen, und wenn die Bank bei der Kreditvergabe nicht leichtsinnig war oder Kalifornien in die Katastrophe steuerte, war das eher unwahrscheinlich. Außerdem ist es wirklich nicht leicht, Ausfälle in Höhe von 30 Prozent der Auszahlungssummen zu erreichen, wenn die Kredite gesichert sind und nicht auf purer Spekulation beruhen. Wells Fargo hatte sich zwar bei den Hypothekendarlehen weit aus dem Fenster gelehnt, doch die Bank galt weder als besonders risikofreudig noch als spekulativ orientiert. Buffett war überzeugt, dass Wells Fargo auch nach einem gewinnneutralen Jahr wieder eine gute EKR erzielen könnte, wenn sich die Rahmenbedingungen verbesserten – ebenso, wie es auch nach den Abschreibungen der Kredite an Entwicklungsländer geschehen war.

Als Buffett die ersten Wells Fargo-Aktien kaufte, erwähnte er insbesondere drei Risiken: Kaliforniens Wirtschaft könnte durch ein schweres Erdbeben so geschädigt werden, dass dabei Banken in den Ruin getrieben würden. Der bevorstehende Konjunkturrückgang konnte zu einer Massenflucht der Anleger aus allen Finanzinstituten des Staates Kalifornien führen, wovon gute wie schlechte Banken gleich getroffen würden. Beide Möglichkeiten erachtete er als eher unwahrscheinlich.