Home » Banken » Freiberufler und Selbständige sind unerwünscht für die Banken

Freiberufler und Selbständige sind unerwünscht für die Banken

Doch auch ganz normale Kunden haben bei ihren weniger feinen und elitären Banken mit zum Teil unverständlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Besonders betroffen sind Selbständige und Freiberufler.

Am 1 .Januar 2003 trat das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt in Kraft. Danach sollten Arbeitslose ihre alltagspraktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten als Selbständige anbieten können und damit in der Lage sein, für sich selber zu sorgen. So hatte es sich die Hartz-Kommission zumindest vorgestellt: Einerseits würde die Arbeitslosigkeit reduziert und andererseits die Schwarzarbeit bekämpft werden. Um den Neuunternehmern in eigener Sache den Umstieg von der Stütze auf ein selbständig erwirtschaftetes Einkommen zu erleichtern, wurde die Bundesagentur für Arbeit verpflichtet, die neuen Kleinunternehmer drei Jahre lang zu fordern.

Die damalige rot-grüne Bundesregierung nahm den Vorschlag in die Agenda 2010 auf und verabschiedete nach zähem Ringen ein Gesetz. In der Öffentlichkeit und den Medien ist dieser Teil des Hartz-Programms besser bekannt als Ich-AG.
Von Anfang an war das Programm ein rechter Flop: Bis Ende 2005 wurden gerade einmal 278000 dieser Ein-Mann-Existenzgründungen gezählt – bei rund vier Millionen Arbeitslosen. Doch schon diese Menge brachte die Bundesagentur an den Rand einer Liquiditätskrise. Die staatlichen Zuschüsse reichten nicht aus. Und das, obwohl schon fast 50000 Ich-AGler vor Ablauf der Förderung wieder ausgestiegen waren. Vielen blieb nur die Schwarzarbeit, nachdem sie sich mit Behörden, Finanzämtern und vor allem Banken verausgabt und für wenig mehr als ein Almosen geschuftet hatten.

Im Juni 2006 wurde die Ich-AG-Idee von der nunmehr schwarz-roten Bundesregierung beerdigt. Damit wurde nur offiziell umgesetzt, was schon lange zuvor ganz im Stillen stattgefunden hatte. Das deutsche Bankgewerbe hatte nämlich längst die Rolle des Totengräbers für das ambitionierte Arbeitsbeschaffungsprogramm übernommen. Denn dem deutschen Kreditgewerbe waren die spät berufenen Unternehmer von Anfang an suspekt. Und wenn Banken eine bestimmte Kundengruppe nicht mögen, machen sie gerne kurzen Prozess. Kredite oder finanzielles Entgegenkommen sind vor allem vom privaten Geldgewerbe nicht zu erwarten.

Im Gegenteil. Freiberufler können sich mittlerweile glücklich schätzen, wenn sie überhaupt ein Konto eröffnen können. Diese Erfahrung machte beispielsweise ein selbständig arbeitender Journalist mit der Citibank. Der Fall wurde in einem Artikel der Welt geschildert. Seit 1988 hatte er bei der Bank, die damals noch Kundenkreditbank hieß, ein Konto unterhalten. Das galt jedenfalls so lange, wie der Journalist festangestellter Redakteur gewesen war. Doch kaum hatte er sich als Freischaffender selbständig gemacht, war es mit der Ruhe vorbei. Plötzlich mochten ihn die Banker nicht mehr. Die Citibank sei eine reine Privatkundenbank, erklärte eine Mitarbeiterin am Telefon und empfahl ihm dringend, sich doch ein anderes Geldinstitut zu suchen.

Das erwies sich als gar nicht so einfach. Denn viele Banken lassen Freiberufler und Selbständige nur zu gern im Regen stehen. Selbst Sparkassen bieten diesen Berufsgruppen bisweilen nur Konten auf Guthabenbasis an. Sie dürfen dann das Konto nicht überziehen. Was eine erhebliche Einschränkung darstellt, weil sich zum Beispiel bei Journalisten gezeigt hat, dass die pünktliche Honorarüberweisung mittlerweile eher die Ausnahme denn die Regel ist.

Doch der Boykott der Banken trifft nicht nur Medienleute, sondern das ganze Spektrum der Freiberufler, Selbständigen oder Chefs der Ich-AGs. Auch Physiotherapeuten, die sich mit eigener Praxis niederlassen wollen, haben Mühe, eine Bank zu finden, die ihren Start fordert und ihnen nicht noch Knüppel in den Weg wirft. Arno Metzler, Geschäftsführer beim Bundesverband Freie Berufe in Berlin, kennt die Sorgen seiner Mitglieder nur zu gut: Vielen Banken fehle der Mut, mit Selbständigen Geschäfte zu machen.

In manchen Geldhäusern, wie zum Beispiel bei den Sparda- Banken, ist es den Mitarbeitern per Satzung verboten, Konten für Selbständige und Freiberufler zu führen. Sie wollen nur Rentner, Angestellte und Auszubildende bedienen. Auch die Citibank, die CC-Bank und die Wüstenrot-Bank weigern sich, ihre Dienste Selbständigen anzubieten. Bei der ING-Diba und den PSD-Banken können nur Privatkonten von Freiberuflern und Selbständigen geführt werden, nicht aber das Geschäftskonto.

Die Commerzbank und ihre Onlinetochter Comdirect hingegen geben sich aufgeschlossener: Sie halten Freiberufler für eine interessante Zielgruppe.
Auch die Deutsche Kreditbank (DKB) und die Hamburger Netbank, die ihren Service nur per Internet anbieten, machen keinen Unterschied zwischen Angestellten und freischaffenden Kunden. Selbst die Sparkassen bieten den freiberuflich Arbeitenden in der Regel die Kontoführung an.

Oft allerdings müssen sich die Kunden rigiden Konditionen unterwerfen. Während Angestellte nur regelmäßige Geldeingänge auf dem Konto von einigen hundert bis 3000 Euro nachweisen müssen, um von den üblichen Kontoführungsgebühren freigestellt zu werden, müssen Freiberufler und Selbständige ein Depot von 10000 Euro als Sicherheit hinterlegen oder wenigstens wie bei der HypoVereinsbank ein Guthaben von 10000 Euro auf ihrem Konto haben. Dass sie dennoch als unsichere Kantonisten betrachtet werden und in der Holzklasse sitzen, merken Freiberufler und Selbständige spätestens dann, wenn sie einen Kredit haben möchten, und sei es nur ein Überziehungskredit. Da werden Formulare verlangt, als wollten sie sich um den Posten des Sicherheitschefs von Fort Knox bewerben: Sie müssen nachweisen, dass sie ihre Tätigkeit seit mindestens drei Jahren ausüben und dass sie ein Einkommen erzielt haben: Bankbelege reichen da nicht aus. Es müssen schon die letzten beiden vorhandenen Einkommensteuerbescheide sein.

Darüber hinaus wird oft eine vom Steuerberater testierte, mindestens aber vom Kunden Unterzeichnete, aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung des Geschäftsgangs verlangt. Eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist auch erforderlich sowie eine vom Kunden oder gar vom Steuerberater unterschriebene Gewinn- und-Verlust-Rechnung (GuV). Dazu eine glaubhafte Versicherung über die privaten Vermögensverhältnisse.

Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Schon ein Testat vom Steuerberater schlägt – je nach Geschäftsumfang – mit 1000 bis 2000 Euro zu Buche.
Trotzdem muss der freischaffende Künstler oder Unternehmer, wie in einem Fall eines Psychotherapeuten, mit eher schlechten Konditionen rechnen. So wurde einem langjährigen Kunden der Haspa, der sich als Psychoanalytiker niedergelassen hatte, ein Kredit angeboten, dessen Zinssatz rund 50 Prozent über dem marktüblichen lag. Nur durch den Nachweis einer abgezahlten und schuldenfreien Eigentumswohnung ließ sich der Zinsaufschlag umgehen. Der Kunde war zutiefst frustriert, doch ein Wechsel der Bank schien nicht ratsam, denn er musste schnell begreifen, dass er als Freiberufler trotz seiner gutgehenden Praxis keine Chancen hat, andernorts besser behandelt zu werden.

Für Jungunternehmer im gewerblichen Bereich ist es derzeit fast aussichtslos, ein günstiges Konto zu akzeptablen Bedingungen zu bekommen.
Und was die Ich-AGs angeht: Da hatten viele Gründer ihre Zukunft als Unternehmer schon hinter sich, bevor sie die erste Rechnung schreiben konnten.