Home » Buffett » Amex » Informationsquellen für AMEX – Warren Buffett

Informationsquellen für AMEX – Warren Buffett

Das Kerngeschäft und auch IDS waren Buffett seit Jahrzehnten vertraut. Doch jeder konnte sehen, dass Amex eine ganz außergewöhnliche Konstruktion war – ein Franchise im Finanzdienstleistungssektor. Sehen wir uns einmal Berkshires erstes Engagement im Jahr 1991 an – eine Investitionsentscheidung, die sich von denen der Jahre 1994 und 1995 stark abhob.

Die Investitionsentscheidung von 1991
Auch 1991 versuchte Amex weiter, Kapital zu beschaffen. Mitte des Jahres wandte sich Robinson an Buffett, und eine Woche später investierte Berkshire $300 Millionen in wandelbare Vorzugsaktien. Diese brachten einen festen Ertrag von 8,85 Prozent. Der Zinssatz für Staatspapiere lag damals bei 7,5 bis 8 Prozent und damit deutlich darunter. Im Gegensatz zu anderen Vorzugsaktien, die Berkshire damals erwarb (etwa von Gillette), waren diese nur in Stammaktien zu wandeln. Nach Ablauf von drei Jahren sollte Berkshire für die Vorzugsaktien maximal 12,2 Millionen Stammaktien erhalten, vorausgesetzt der Marktwert läge bei maximal $414 Millionen. (Für den Fall, dass die Stammaktie unter dem Breakeven- Niveau von $24,50 gehandelt werden sollte, konnte Berkshire noch ein weiteres Jahr warten.) Geht man davon aus, dass die Stammaktie theoretisch bis auf Null fallen konnte, war das Verlustrisiko hier unbegrenzt. Der potenzielle Ertrag einschließlich der festen Dividende lag etwa bei maximal 20 Prozent im Jahr. Natürlich sprach Buffett der feste Ertrag an, doch er war auch überzeugt davon, dass Amex mehr als $24,50 je Aktie wert war.
Das entsprach einer Kapitalausstattung von $11,5 Milliarden. Das Unternehmen hatte in der Vergangenheit gezeigt, dass es über $1 Milliarde Gewinn erwirtschaften konnte. Der Nettogewinn für 1989 und 1990 hatte vor den Verlusten von Shearson $1,2 Milliarden betragen. Außerdem hatte die EKR in der Vergangenheit tendenziell oberhalb von 20 Prozent gelegen. Diese kleine Beteiligung war nur ein Beispiel dafür, wie Berkshire von niedrigen Kursen in Krisenzeiten zu profitieren verstand.

Die Investitionsentscheidung von 1994
in der dreijährigen Frist bis zur Umwandlung der Vorzugsaktien wurden auf Unternehmensebene schwerwiegende Entscheidungen gefällt. Robinson verließ die Firma 1992 und wurde durch Harvey Golub ersetzt, der vorher für den erfolgreichen IDS-Bereich zuständig gewesen war. Golub kämpfte ebenso entschlossen wie Robinson um die Rückeroberung von Marktanteilen im Kartengeschäft und setzte Schwerpunkte bei den Schlüsselfaktoren für Umsatz und Gewinn in allen Geschäftsbereichen. Er kam zu dem Schluss, dass das Investment Banking-Geschäft eine kostspielige Abweichung von dieser Vorgabe darstellte, und gab grünes Licht für den Verkauf und die Ausgliederung von Bereichen, die nicht zum Kerngeschäft gehörten. Ganz oben auf der Liste stand ISC, der Datenverarbeitungssektor. Dieser war sicher ein gutes Geschäft, doch es fehlte der Bezug zu den wichtigsten Werten und Kunden von Amex. Durch mehrere öffentliche Zeichnungsangebote wurde die Beteiligung von Amex an ISC, das in FDC umbenannt worden war, für $2,1 Milliarden auf 22 Prozent zurückgeschraubt. Als Nächstes kam Lehman Brothers an die Reihe, das an die Aktionäre ging. (D.h., statt eines Papiers über einen Anteil an der American Express Company bekamen die Aktionäre nun zwei Papiere, eins für American Express und eins für Lehman). Lehman benötigte eine Kapitalspritze von $1,1 Milliarden, um unabhängig existieren zu können. Hier wurde zweifelsohne in eine Tasche hineingesteckt, was aus der anderen herausgezogen worden war. Die Amex-Einzelaktionäre hatten zwar $1,1 Milliarden weniger, bekamen diesen Betrag aber in Form von Lehman-Aktien wieder zurück. Vor der Ausgliederung im Mai 1994 wurde auch das Gros der Anteile an der ehemaligen Firma Shearson sowie an anderen Maklerhäusern abgestoßen.
Was war an der Basis vorgegangen? Für TRS, den traditionellen Kernbereich, waren 1991 und 1992 zwei harte Jahre gewesen. Golub hatte den Rabatt für die angeschlossenen Unternehmen herabgesetzt, um mehr Akzeptanzstellen zu schaffen, und die Anzahl der Mitglieder gesenkt, um verstärkt auf die attraktivere finanzkräftigere Zielgruppe hinzuarbeiten. Um mit dem Modewort der Zeit zu sprechen, wurde auch dieser Bereich „umstrukturiert“, um Gemeinkosten zu drücken. TRS war auch neu im Kreditkartengeschäft (statt Zahlkartengeschäft) und musste erst ein paar Rückschläge einstecken, bevor es seine Kreditbedingungen verschärfte. IDS wurde umbenannt in American Express Financial Advisors (wo sonst wurden so schnell neue Namen eingeführt?) und wuchs unbeirrt weiter wie bisher. Im Bankgeschäft ging es weiter auf und ab.

$ Millionen Reingewinn TRS Financial Advisors Bank
1994 998 428 80
1993 884 358 92
1992 234 297 35
1991 396 248 60

Das Financial Advisors-Segment profitierte vom langfristigen Trend der Privatanleger weg vom Bargeld, von Barguthaben und institutionellen
Pensionskassen hin zu Geldmarktfonds, Investment-Fonds und privaten Pensionskassen. Seit 1990 waren die eigenen und verwalteten Aktiva auf $106 Milliarden angewachsen und hatten sich damit mehr als verdoppelt. Der Ertragszuwachs hatte um 20 Prozent im Jahr zugelegt. Andere Schlüsselfaktoren – die Zahl der Planstellen sowie der Kundenstamm – wuchsen ebenfalls. Die positive Entwicklung bei TRS zeigt deutlich das Fehlen von Umstrukturierungskosten und Rückstellungen für Not leidende Kredite späterer Jahre. Die Geschichte dahinter war beeindruckend. Amex hatte sich hauptsächlich darauf verlegt, Akzeptanzstellen in Branchen zu verpflichten, die seine finanzkräftigen Kunden bevorzugten: Einzelhandel, Öl, Reisen, Unterhaltung. In der Unterhaltungsbranche wurde eine Marktabdeckung von nahezu hundert Prozent erreicht. Es gab ein erfolgreiches Prämienprogramm, in dessen Rahmen Punkte, Sachleistungen, Rabatte, Flugmeilen und ähnliches an hochkarätige Kunden vergeben wurden. Der durchschnittliche Amex-Karteninhaber gab mit seiner Karte zweieinhalb mal so viel aus wie etwa Inhaber von Visa oder MasterCard. Von besonderer Bedeutung – auch wegen seines Marktanteils – war das Firmenkartengeschäft. Insgesamt wurden 1993 $124 Milliarden über Amex-Karten abgerechnet. Etwa $34 Milliarden davon stammten aus dem Firmenkartengeschäft. Die Umsatzsteigerung bei Reiseschecks war seit ein paar Jahren rückläufig, auch im Ausland wurde Bargeld zunehmend von Karten verdrängt. Doch das Geschäft wuchs zwar langsam, aber stetig, und die Erträge waren auf 20 Prozent im Jahr angewachsen.