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Rüde Umgangsformen der Fall HypoVereinsbank

Die Methoden, derer sich die Führungskräfte der alten HypoVereinsbank bedienten, um Mitarbeiter und Kollegen zum Ausscheiden zu bewegen, waren auch vor der Übernahme durch die Italiener nicht gerade fein gewesen und entsprachen schon gar nicht dem sozialen und verantwortungsbewussten Image, das die Bank so sorgfältig in zahllosen Broschüren pflegte.

Im Alltag sah die Personalpolitik ganz anders aus. Mitarbeiterinnen in der Verwaltung oder aus der Schalterhalle, die den Kontakt zu den ganz normalen Kunden, den Durchschnittsverdienern, pflegten, wurden auf besonders perfide Weise vor die Tür befördert: Sollten sie etwa schwanger werden und sich für das Kind und ein Babyjahr entscheiden, wurde ihnen ganz fürsorglich nahegelegt, künftig vor allem für ihren Nachwuchs zu sorgen und sich nicht etwa zwischen Kind und Karriere oder auch nur dem Job aufzureiben. Den Weg ins Mutterglück würde ihnen die Bank selbstverständlich finanziell ebnen: durch die großzügige Zahlung einer Abfindung. In der Regel waren das zwei Monatsgehälter – der Preis einer Schrankwand, wie die Schlauberger unter den Bankern schnell ausgerechnet hatten.

Um eine gewisse Abschiedsstimmung zu erzeugen, hatte die Führung der Bank ein spezielles Computerprogramm entwickeln lassen und ins bankinterne Intranet gestellt. Mit Hilfe dieser Software konnte jeder Mitarbeiter seine Daten eingeben und sich die Abfindung ausrechnen lassen. Wer aber zu flink war und die falsche Taste drückte, hatte seinen Probelauf schon per E-Mail an die Personalabteilung geschickt. Und die war berechtigt, dieses Angebot anzunehmen. Das wurde dem Nutzer allerdings eher im Kleingedruckten auf der Seite mitgeteilt.

In der mittleren Führungsebene wurde mit härteren Bandagen gekämpft. Es kam zu Versetzungen in Abteilungen, die für schlechte Stimmung oder besonders langweilige Aufgaben bekannt waren. Zynische Sprüche und plumpe Anmache sollten vor allem älteren Mitarbeitern die Arbeit in der Bank vermiesen. Und natürlich wurden in vielen Fällen auch die Schreibtische durchforstet, Telefonlisten kontrolliert und Spendenabrechnungen überprüft. Oft nahm man Vorgänge und Aufgaben, die ein Mitarbeiter unter seiner Obhut gehabt hatte, noch einmal unter die Lupe. Solche Prüfungen fanden gerne statt, wenn der Betreffende im Urlaub weilte.
Wer arglos nach seinen Ferien an seinen Schreibtisch zurückkehrte, mochte sich vielleicht noch über eine seltsame Leere in seinem Zimmer wundern, bevor er zum Verhör zitiert wurde, bei dem der Chef den Oberermittler gab, wie ein Mitarbeiter berichtete. Schonungslos wurde er mit seinen vermeintlichen Fehlern und Versäumnissen konfrontiert, ihm sogar unterstellt, dass er sich an der Bank bereichern wollte. Was immer sich aus den zehn Jahren seiner Betriebszugehörigkeit gegen ihn verwenden ließ, war in seiner Abwesenheit zusammengetragen worden. Auch solche Entscheidungen wie den Kreditantrag eines Mitarbeiters der Abteilung, den nicht er, sondern sein Chef unterschrieben hatte, wurden nun ausschließlich ihm zur Last gelegt.

Der Mitarbeiter entschied sich, diese Verleumdungen und Attacken nicht klaglos hinzunehmen. Der Vergleich, der nach mehreren Anläufen in letzter Minute vor dem entscheidenden Termin beim Arbeitsgericht Hamburg geschlossen wurde, brachte ihm immerhin eine Abfindung in der Höhe einer veritablen Ober- klasse-Limousine.
Und das war keineswegs der einzige Fall, Anwälte und Arbeitsrechtler profitierten durchaus in den vergangenen Jahren von der Personalpolitik der Hypo Vereinsbank.
Manchem der schnöde vor die Tür Beförderten hat es sicher eine gewisse Genugtuung beschert, dass auch Vorstände die Segel streichen mussten oder freiwillig in vorauseilendem Gehorsam das Handtuch warfen, wie Die Welt berichtete.
Noch bevor der Kauf der Großbank durch den italienischen Konkurrenten in trockenen Tüchern war, verabschiedeten sich im Herbst 2005 zwei Konzernvorstände: Stefan Jentzsch, Vorstand des Kapitalmarktgeschäfts, und Christine Licci, die erst Anfang 2005 angeheuerte. Chefin für das Privatkundengeschäft, gingen auf eigenen Wunsch. Jentzsch, der Investmentbanker, der früher für die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs gearbeitet hatte, zog es zur Dresdner Bank. Licci, der wohl bei ihrem Antritt der Chefsessel der HVB in Aussicht gestellt worden war, kam mit dem schweigsamen Unicredito-Chef Alessandro Profumo nicht zurecht. So wollte Licci den Vertrieb der Bank über mehrere Kanäle wie Filialen, Internet und mobilenVertrieb in Schwung bringen. Profumo dagegen wollte eher Personal abbauen in diesem Bereich.

Firmenkunden- und Immobilien-Vorstand Johann Berger, der im Sinne der Bank die hochdefizitäre Immobiliensparte mit ihren zahllosen faulen Hypothekenkrediten in Höhe von 15 Milliarden Euro sanierte, in dem er viele dieser Darlehen an Heuschrecken verkaufte, ging 2006. Eher aus gekränkter Eitelkeit: HVB-Chef Dieter Rampl hatte ihn nicht in seine Pläne mit der Unicredito eingeweiht. Rampl soll ihm sogar versprochen haben, sich für seine Beförderung zum Firmenkunden- und Immobilienvorstand auf Konzernebene einzusetzen. Doch daraus wurde nichts. Unangenehmerweise hatte Konzernchef Profumo für das Firmenkundengeschäft bereits einen Italiener ernannt. Berger zog die Konsequenzen und ging.

Gut ein Dutzend Führungskräfte wählte diesen schnellen Ausweg – nicht immer freiwillig. Der Einzige, der wirklich persönlich von der Fusion profitierte, war der HVB-Chef. Er sicherte sich ein prestigeträchtiges, einträgliches Plätzchen: Dieter Rampl zog als Präsident des Verwaltungsrates der UniCredit Group nach Italien.
Sein Nachfolger in München wurde Wolfgang Sprißler, der vor seiner Beförderung Finanzvorstand des Münchener Geldhauses war. Bei den Mitarbeitern löste diese Entscheidung einige Überraschung und Verwunderung aus. Bisher hatte Sprißler wenig Erfahrungen vorzuweisen, die ihn für diesen Posten qualifizierten: Er habe vom operativen Geschäft keine Ahnung, befanden die ohnehin frustrierten und verunsicherten Mitarbeiter, und stehe außerdem kurz vor dem Ruhestand, wie das Manager Magazin zu berichten wusste. Kein Mann für einen neuen Anfang also.