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Technische Analyse richtig verstehen – die richtige Aktie finden

Bislang haben wir uns auf die fundamentale Bewertung konzentriert. Wer langfristig anlegt, wird auf diese Art und Weise mit großer Wahrscheinlichkeit am Markt erfolgreich sein. Kurzfristig mag es durchaus anders aussehen, weil bestimmte Themen gerade in sind beziehungsweise einzelne Aktien oder Länder einen Lauf haben, sowohl nach oben als auch nach unten. Dabei handelt es sich um psychologische Phänomene, man will dabei sein beziehungsweise glaubt, dass andere Anleger dabei sein wollen und so die Entwicklung noch eine Weile anhält. Diese Phänomene werden grafisch beschreiben, was zunächst paradox klingt, aber anders geht es nicht.

Die Anlegergemeinde ist zu groß, zu heterogen und zu weit verstreut, als dass sich Motive erforschen ließen. Zudem muss niemand begründen, warum er etwas kauft oder verkauft. Man sieht sich also auf dem Papier an, was passiert, und versucht das dann anhand grafischer (technischer) Kriterien zu erklären. Sie mögen sich nun fragen, warum das funktioniert. Wahrscheinlich kennen Sie das Schlagwort von der Selffulfilling Prophecy. Wenn alle daran glauben, dann funktioniert es auch. Das heißt: Es gibt eine ganze Reihe von Anlegern, die sich von Mustern in der Kursentwicklung leiten lassen. Erkennen sie Schulter- Kopf-Schulter-Formationen, Untertassen, Wimpel, Flaggen, Unter- stützungs- und Widerstandslinien oder Trendkanäle, dann sind das für sie Indikatoren für Kauf und Verkauf.

Allerdings handelt es sich um eine Wissenschaft für sich, die zu erklären ein eigenes Buch erforderte. Nichtsdestotrotz sollten Sie zumindest zwei Indikatoren beachten, die leicht zu verstehen und zudem recht zuverlässig sind. Zunächst gilt die Regel the trend is your friend. Befindet sich die Kursentwicklung in einem Trendkanal, dann wird diese Entwicklung auch eine ganze Weile anhalten. Denken Sie an den Herdentrieb: Mensch, die XY-Aktie entwickelt sich ja gut, schon seit Monaten. Da springe ich noch auf. Und so geht es weiter und weiter und weiter, bis der Kurs plötzlich aus dem Trendkanal springt. Hat er die untere Grenze verletzt, wird er mit großer Wahrscheinlichkeit weiter fallen.

Die Techniker sagen sich nämlich, der Trend ist jetzt gebrochen und die anderen werden verkaufen, also verkaufe ich auch. Diese Überlegungen können von fundamentalen Faktoren überlagert oder ausgelöst werden, dies wird hier aber nicht betrachtet. Sehen Sie sich dazu das Beispiel der Henkel-Aktie an. Von Anfang 2003 bis Mitte 2004 bewegte sich der Kurs wie der vieler anderer Aktien auch in einem Trendkanal. Im Schnitt konnten 31 Prozent pro Jahr erzielt werden. Der Kurs sank mehrfach bis auf oder kurz vor den unteren und oberen Rand des Kanals, wurde aber wieder schnell zurückgeworfen. Solche kleinen Korrekturen werden als trendbestätigend bezeichnet.

Im Sommer 2004 trübte sich das Börsenklima kurzfristig ein, wobei aber die Bewegungen insgesamt im Rahmen blieben. Die Henkel-Aktie durchstieß allerdings den Trendkanal, so dass für die Techniker erheblicher Verkaufsdruck entstand. Erst knapp über 50 Euro wurde die Korrektur beendet. In der Folge bildete sich wieder ein Trendkanal, diesmal mit rund 26 Prozent Rendite. Bis zum Sommer 2006 wurde er viermal gestestet, Im Herbst 2005 wurde die untere Grenze kurz überschritten, die Aktie kam aber postwendend in den Kanal zurück. Bezeichnend ist, dass die heftige Korrektur vom Mai/Juni 2006 die Aktie auch nur an die untere Grenze getrieben hatte. Techniker werten dies als deutliches Zeichen, weiter zu kaufen beziehungsweise investiert zu bleiben.

Sehen wir uns noch den Einsatz der gleitenden Durchschnitte am Beispiel der Philips-Aktie an. Gleitende Durchschnitte dienen dazu, Zeitreihen zu begradigen. Problematisch bei der Beurteilung eines Kursverlaufs sind ja die vielen zufälligen Schwankungen. Sie trüben manchmal den Blick für den Trend. Bildet man nun aus den vergangenen X-Daten einen Durchschnittswert und aktualisiert diesen täglich (rollierend), dann erhält man eine geglättete Wertereihe. Je nachdem, wie viele Werte zusammengefasst werden, orientiert sich die entstehende Kurve mehr oder weniger eng an den realen Daten.

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In finden Sie zu den realen Kursdaten zwei Kurven, die mit gleitenden Durchschnitten gebildet wurden. Die magere Linie basiert auf 65-Tage-, die fette auf 205-Tage-Durchschnitten. Die letzte von beiden reagiert recht träge, die erste recht schnell. Diese gleitenden Durchschnitte werden nun verwendet, um Indikatoren für Käufe und Verkäufe zu generieren. Zunächst wird das Schneiden der 205-Tage-Linie als Signal gewertet, weil sich ein Trendbruch manifestiert. Dies war zum Beispiel Ende 2000, Mitte 2002, Mitte 2003, im Frühjahr 2004 usw. der Fall. Hätte man zu diesen Zeitpunkten jeweils ge- oder verkauft, hätte man relativ gut von der Kursentwicklung profitieren beziehungsweise Schlimmeres verhindern können.

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Oft wird auch der Schnittpunkt der 65-Tage- mit der 205-Tage-Linie verwendet. Dieser ist weniger von zufälligen Ereignissen abhängig und reagiert etwas später. Aber es zeigt sich auch hier, dass der Indikator gut durch das Auf und Ab der Philips-Aktie geholfen hätte. Man kann auch Beispiele finden, die Probleme mit der technischen Analyse aufzeigen. So können plötzliche Krisen, neue Nachrichten, eine Fußballweltmeisterschaft und was auch immer in die Entwicklung eingreifen und schon ist der Trend gestört. Man sollte sich daher nie auf ein Instrument verlassen, sondern sowohl fundamentale als auch technische Faktoren betrachten.