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Was danach geschah beim Fall mit Gillette Company

Diese Transaktion mag spekulativen Charakter haben, doch Buffett sollte sie später rundweg als Fehlschlag klassifizieren. Ohne Dividenden war Berkshires $600 Millionen-Investition Ende 1997 $4,8 Milliarden wert – eine achtfache Wertsteigerung. Und das sollte schlecht sein?! Nach Buffetts Ansicht hatte er sich hier in seinem eigenen Netz verfangen. Statt in eine Wertpapiermischform mit Wandelrecht zu $50 je Aktie zu investieren, hätte er auch den Kauf neuer Stammaktien für nur $40 je Aktie aushandeln können. Angesichts unseres geschätzten inneren Wertes von $65 hätte das eine deutliche Sicherheitsmarge von 38 Prozent bedeutet und er hätte am Ende 25 Prozent mehr Anteile besessen. Für die investierten $600 Millionen erhielt er bei Wandlung zu $50 je Aktie 12 Millionen Aktien. Für dieselben $600 Millionen hätte er aber 15 Millionen Stammaktien zu $40 je Aktie kaufen können. Berkshire hätte dann zwei Jahre lang auf Vorzugsdividende verzichten und sich mit der niedrigeren Stammdividende bescheiden müssen, was unterm Strich $70 Millionen Verlust bedeutet hätte. Doch die zusätzlichen 3 Millionen Aktien würden heute mit $1,2 Milliarden zu Buche schlagen.

Wie sah nun die geschäftliche Situation aus, durch die die Stammaktie in solche Höhen gestiegen war? Gillette verkaufte noch mehr Rasierklingen, Rasierapparate, Kosmetikartikel und Stifte auf noch mehr Märkten mit noch mehr Gewinn. In Zahlen liest sich das so:

$ Millionen 1988 1989 Wachstum (%) 1990 Wachstum (%)
Umsatz 3581 3819 7 4344 14
Betriebsergebnis 614 664 8 773 16
Gewinn je Aktie ($) 2,45 2,70 10 3,20 19

Diese Transaktion mag spekulativen Charakter haben, doch Buffett sollte sie später rundweg als Fehlschlag klassifizieren. Ohne Dividenden war Berkshires $600 Millionen-Investition Ende 1997 $4,8 Milliarden wert-eine achtfache Wertsteigerung. Und das sollte schlecht sein?!

1989, nach der Investition Berkshires, wurde die Sensor-Linie auf den Markt gebracht und war in vielen Märkten bald das führende Rasiersystem. Die Gewinnzuwächse bei Klingen und Rasierapparaten konnten in anderen Segmenten erreicht und von Braun und Oral-B sogar in den Schatten gestellt werden. Der Markt in den USA war keinesfalls gesättigt, doch die Auslandsmärkte legten schneller zu.

Die zweite Investitionsentscheidung
Im April 1991 kündigte Gillette die Rückzahlung von Berkshires Vorzugsaktien an.
Die Stammaktie wurde zu Kursen um $70 gehandelt, so dass sich nach der Wandlung in 12 Millionen Stammaktien ein Marktwert von $840 Millionen ergeben hätte. Ohne die bereits ausgezahlten Vorzugsdividenden entsprach dies rein rechnerisch einem Gewinn von $240 Millionen. Nun stand die Entscheidung an, ob der Gewinn durch den Verkauf der Aktien realisiert werden sollte oder ob man die Anteile halten wollte. Diese zweite Entscheidung fiel um einiges leichter als die ursprüngliche Anlage. Buffett und Munger waren inzwischen mit dem Geschäft vertraut (Buffett war Mitglied des Board of Directors), sie hatten den Markterfolg der Sensor-Linie und das Wachstum in anderen Bereichen miterlebt und waren glücklicher Miteigentümer eines Unternehmens der Gattung, die sie später als „die Unvermeidlichen“ bezeichnen sollten – Unternehmen, deren Umsatz und Gewinn während der Laufzeit einer Investition unvermeidlich steigen würden.
Vor diesem Hintergrund war ein Verkauf der Anteile eher unwahrscheinlich. Dennoch sollte überprüft werden, ob der innere Wert noch zunahm und ob eine Sicherheitsmarge gegeben war. Seit 1988 hatte Gillette keine Aktien mehr zurückgekauft. Da hier kein Kapital mehr aufgezehrt wurde, Berkshire $600 Millionen investiert hatte und der Reingewinn schneller wuchs als die Investitionsausgaben, waren die langfristigen Verbindlichkeiten Ende 1990 auf $1 Milliarde zurückgegangen. Die Zahlen für 1990 wiesen beim Eigenkapital immer noch lediglich $265 Millionen aus, zu wenig, um eine realistische kontinuierliche EKR zu ermitteln. Die durchschnittliche Kapitalrendite für 1990 lag bei stolzen 38 Prozent. Der IP-Wert wurde beeinträchtigt durch die Reduzierung der Gesamtinvestitionen im Jahr 1989. Doch 1988 wie auch 1990 lag der IP-Wert für das investierte Kapital um die 35 Prozent.

$ Millionen Betriebs- ergebnis nach Steuern Veränderung im Betriebsergebnis nach Steuern Veränderung iminvestierten

Kapital

IP fürKapital (%)
1990 464 66 200 33
1989 398 30 (479)
1988 368 54 151 36

Wir wollen die konservativeren 35 Prozent als kontinuierliche Kapitalrendite ansetzen. Der Gewinn je Aktie lag 1990 bei $3,20, so dass sich der folgende innere Wert ergibt:

$3,20 x [35%/(10%sqr)] = $112

Bei einem Kurs von $70 beträgt die Sicherheitsmarge also 38 Prozent (und die Spanne zum Umwandlungskurs 55 Prozent).

Gillette 1991-1997
1993 wurde für $458 Millionen der Schreibgerätehersteller Parker übernommen. Eine Rasierkosmetikserie unter dem Namen Gillette wurde lanciert. Die dominierende Rolle im Rasiersystemesegment konnte durch die Einführung von Sensor Excel 1993 und Sensor Excel for Women 1996 weiter ausgebaut werden. Das Segment mit dem stärksten Wachstum war jedoch nach wie vor Oral-B mit Zahnpflegeprodukten, unterstützt durch ein paar kleinere Unternehmenskäufe und einen endlosen Strom neuer Produkte. Rasierklingen und Rasierapparate stellten aber Immer noch das größte Marktsegment dar.
Die Grundwerte von Gillette waren unverändert geblieben. Immer größere Teile des Umsatzes wurden mit Produktneuheiten im 5-Jahres-Rhythmus und auf Märkten außerhalb der USA erwirtschaftet – 1997 49 Prozent bzw. 63 Prozent. Die größte Transaktion war die Übernahme von Duracell, dem weltweiten Marktführer für Alkaline-Batterien, die Ende 1996 über die Bühne ging. Duracell hatte im selben Jahr $450 Millionen Gewinn vor Steuern ausgewiesen. Gillette hatte das Unternehmen für 110 Millionen neue Aktien mit einem Marktwert von rund $11 Milliarden gekauft. Die Vorteile für Gillette lagen auf der Hand:

Bei Duracell handelte es sich um ein weiteres Unternehmen, das Konsumprodukte von weltweitem Rang und Namen herstellte und stark innovativ orientiert war. Die Aufwendungen für Absatz und Vertrieb konnten durch die Zusammenlegung reduziert werden. Eine große Anzahl von Kunden konnte Produkte aus allen Sektoren des vergrößerten Konzerns kaufen. Duracell hatte im Ausland eine schwächere Position. Gillette war vor Ort präsent und konnte so den neuen Geschäftsbereich weltweit unterstützen. Der Anfang war vielversprechend: Der Umsatz von Duracell und der Beitrag zum Gesamtertrag steigerten sich Im Jahr 1997 um 10 bzw. 17 Prozent.

Gillette bot folgendes Gesamtbild:

$ Millionen Umsatz Gewinn Gewinn je Aktie ($) Eigenkapital EKR(%) Aktienkurs zum Jahresende
1997 10 062 1427 2,49 4841 29 100
1996 9 698 1232 2,16 4471 27 78
1995 8 834 1069 1,89 3879 28 52
1994 7 935 919 1,64 3257 28 37
1993 7 085 772 1,38 2582 30 30
1992 6 752 676 1,24 2538 27 28
1991 6 188 541 1,03 2134 25 28
1990 5 709 388 0,73 607 64 16 

Anmerkung: Außerordentliche Aufwendungen wurden nicht berücksichtigt. Der Kauf von Duracell wurde als Fusion behandelt. Die Werte früherer Jahre wurden ausgewiesen, als hätte Duracell schon immer zum Konzern gehört. Der Gewinn wurde niedriger angesetzt aufgrund der Abschreibung auf den Unternehmenswert.

Berkshires Investition von $600 Millionen im Jahr 1989 war – ohne Dividenden – Ende 1997 $4,8 Milliarden wert, was einer durchschnittlichen Jahresrendite von 28 Prozent entspricht.
1998 hat Gillette ein neues Klingensystem auf den Markt gebracht.

Übungen und Fragen
1Angenommen, Gillette hat 10 Prozent des Umsatzes für Forschung und Entwicklung aufgewendet – wie würde sich der Beschluss einer Wertpapieremission zur Deckung dieser Kosten auf Ihre Berechnung des Unternehmenswertes für 1988 auswirken?

2 Was wären die Folgen einer Produktivitätssteigerung, bei der dieselben Ergebnisse mit dem halbierten Forschungsetat erzielt würden?

Weitere Fragen zur Dikussion
3 Annahme: Gillette vertreibt ausschließlich Rasierklingen. Diese müssen wöchentlich erneuert werden. Alle drei Milliarden Männer auf der Welt kaufen Gillette-Produkte. Gillette verdient an jeder Rasierklinge netto 10 Cent. Wie sähe der Unternehmensgewinn aus? Welche dieser Annahmen ist die unwahrscheinlichste?

4 Angenommen, Gillette behält nur seine Marken und vergibt Lizenzverträge für alle anderen Bereiche, nimmt also nur noch Lizenzgebühren ein. Welche Risiken bestünden? Wie könnten die Lieferanten ihre Verhandlungsposition stärken?

Berkshire Hathaway hielt von 1977 bis 1980 Anteile an Capital Cities und von 1978 bis 1979 und wieder ab 1984 Anteile an ABC. 1986 kaufte Berkshire in großem Umfang Capital Cities-Aktien, um die Übernahme von ABC zu ermöglichen. 1996 erfolgte die Fusion von Capital Cities/ABC und Disney. Berkshire erhielt dabei Aktien und Bargeld und kaufte im selben Jahr weitere Disney-Aktien an der Börse.