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Jedes dritte deutsche Start-up zögert bei US-Finanzierung – Trump-Politik sorgt für Unsicherheit

Es war einmal eine fast magische Beziehung: Junge Gründer aus Berlin, München oder Hamburg schielten bewundernd über den Atlantik – in die Weiten des Silicon Valley, wo Geld, Tempo und unternehmerische Träume scheinbar keine Grenzen kannten. Amerikanische Investoren galten als Königsweg für jede Start-up-Karriere: risikofreudig, schnell, mächtig. Doch dieses Bild beginnt zu bröckeln.

Eine aktuelle Umfrage des Digitalverbands Bitkom unter 152 technologieorientierten Start-ups zeigt, dass sich die Stimmung deutlich gewandelt hat. Fast jedes dritte junge Unternehmen (31 %) in Deutschland denkt mittlerweile kritisch über die Annahme von US-Finanzierungen nach. Der Grund: politisches Misstrauen – konkret gegenüber der Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump.

Vom Traum zum Zweifel: Was Start-ups beschäftigt

70 Prozent der befragten Gründerinnen und Gründer sehen in der aktuellen amerikanischen Politik ein Risiko für die deutsche Wirtschaft. Zwar gilt der US-Markt nach wie vor als einflussreich, doch die Verunsicherung wächst. Trump steht für einen unberechenbaren Kurs, nationale Alleingänge und wirtschaftliche Egoismen – Eigenschaften, die in einer vernetzten Start-up-Welt eher abschrecken als inspirieren.

Die Konsequenzen zeigen sich deutlich:

– 13 Prozent der Gründer bevorzugen inzwischen klar Investoren aus der EU,

– 11 Prozent sind generell vorsichtiger gegenüber US-Kapital geworden,

– und 7 Prozent schließen eine Finanzierung aus Amerika komplett aus.

Zugleich bleibt ein Drittel der Start-ups offen für Geld aus den USA – trotz aller Bedenken. Es ist ein ambivalentes Verhältnis, geprägt von Respekt vor der wirtschaftlichen Stärke, aber auch wachsendem Wunsch nach strategischer Unabhängigkeit.

Digital souverän statt politisch abhängig

Die Umfrage offenbart aber noch eine andere Entwicklung: Die Sehnsucht nach Eigenständigkeit. 89 Prozent der Start-ups fordern, dass Deutschland digital unabhängiger von den USA werden solle. Konkret wünschen sich viele eine bessere Infrastruktur, weniger Bürokratie und mehr staatliche Unterstützung – nicht in Form von Subventionen, sondern in Form von fairen Zugängen zu öffentlichen Ausschreibungen und Aufträgen.

Ralf Wintergerst, Präsident von Bitkom, bringt es so auf den Punkt:
„Behörden und Verwaltungen sollten nicht nur Tech-Förderer auf dem Papier sein, sondern auch als erste Kunden auftreten – als glaubwürdige Ankerkunden für Start-ups, die am Markt Fuß fassen wollen.“

Denn viele Gründer berichten: Es ist oft einfacher, einen Vertrag mit einem Investor aus Kalifornien abzuschließen als mit einem deutschen Landesamt.

Kapital aus Europa – mehr als eine Alternative

Neben der Kritik an der US-Politik zeigt die Umfrage aber auch eine Chance für den europäischen Standort: Ein wachsender Anteil der Gründer wünscht sich mehr europäisches Wagniskapital – möglichst aus institutionellen Quellen, also von Pensionsfonds, Versicherungen oder staatlich gestützten Beteiligungsgesellschaften.

„Wir müssen mehr Kapital im Inland und auf europäischer Ebene mobilisieren“, fordert Wintergerst. Nur so könne man Abhängigkeiten reduzieren und Start-ups ermöglichen, ihr Geschäftsmodell langfristig und unabhängig zu entwickeln – ohne geopolitische Unwägbarkeiten im Nacken.

Neuer Realismus in der Gründerkultur

Die Zahlen der Bitkom-Umfrage erzählen nicht von Abschottung oder Amerika-Feindlichkeit. Vielmehr spiegeln sie einen neuen Realismus wider. Deutschlands Start-up-Szene ist erwachsen geworden. Sie weiß um den Wert internationaler Partnerschaften – aber sie hat gelernt, zwischen kurzfristigem Geld und langfristiger Strategie zu unterscheiden.

Was sich da gerade verändert, ist kein Rückzug ins Nationale, sondern der Wunsch nach Augenhöhe, Stabilität und Verlässlichkeit. US-Investoren sind willkommen – aber nicht mehr um jeden Preis.

Vertrauen muss sich neu verdienen

Was einst selbstverständlich war, steht heute unter Beobachtung. Die Beziehung zwischen deutschen Start-ups und amerikanischen Investoren verändert sich. Misstrauen ersetzt die einst fast blinde Begeisterung – und weicht einem neuen, vorsichtigen Pragmatismus.

In einer Welt, in der politische Instabilität wirtschaftliche Entscheidungen beeinflusst, ist diese Entwicklung vielleicht nicht nur logisch, sondern auch gesund. Denn wer sich auf eigene Stärken konzentriert und Unabhängigkeit einfordert, schafft Raum für nachhaltiges Wachstum – jenseits geopolitischer Launen.

FAQ: Deutsche Start-ups und ihre Haltung zu US-Investoren

Warum sind deutsche Start-ups gegenüber US-Investoren zunehmend skeptisch?

Viele Start-ups sehen in der aktuellen US-Politik unter Präsident Donald Trump ein wirtschaftliches Risiko. Unberechenbare Entscheidungen und nationale Alleingänge fördern das Misstrauen gegenüber langfristigen Partnerschaften mit US-Investoren.

Wie viele Start-ups ziehen Konsequenzen aus dieser Einschätzung?

Laut Bitkom-Umfrage denken 31 % der befragten Gründerinnen und Gründer kritisch über US-Finanzierungen nach. 13 % bevorzugen mittlerweile Investoren aus der EU, 11 % sind vorsichtiger geworden, 7 % schließen US-Kapital komplett aus.

Gibt es weiterhin Interesse an US-Investoren?

Ja, etwa 30 % der befragten Start-ups halten US-Investoren weiterhin für attraktiv – trotz politischer Bedenken. Das zeigt, dass wirtschaftliche Zusammenarbeit weiterhin gewünscht ist, aber differenzierter bewertet wird.

Was fordern Start-ups konkret von der deutschen Politik?

Die meisten wünschen sich weniger Bürokratie, mehr digitale Unabhängigkeit von den USA und besseren Zugang zu öffentlichen Aufträgen. Behörden sollen Start-ups als Kunden ernst nehmen und der Staat soll mehr Wagniskapital bereitstellen.

Was bedeutet „digitale Souveränität“ in diesem Kontext?

Digitale Souveränität meint, dass Deutschland unabhängiger von außereuropäischen Technologieanbietern wird – etwa durch eigene Cloud-Lösungen, Datensouveränität und gezielte Innovationsförderung im Inland und auf EU-Ebene.