Abbau der Überstunden und Schichten
Auch der Abbau von Überstunden gilt gemeinhin als milde Maßnahme der Personalanpassung. Nicht zu übersehen ist dabei allerdings, dass der Umfang echter Überstunden in den letzten Jahren rückläufig geworden ist. So hat eine neuere Umfrage des Instituts zur Erforschung sozialer Chancen (ISO) Köln, ergeben, dass im Jahre 2003 statistisch gesehen zwar jeder Beschäftigte 2,7 Überstunden pro Woche geleistet hat, dass aber der Anteil der bezahlten Überstunden seit 1995 von 37% auf 22% gesunken ist. Beinahe jede vierte Überstürze Werde weder in Geld noch in Freizeit (Freizeitausgleich) vergütet. Die Ursache für diese Entwicklung dürfte in der fortschreitenden Flexibilisierung der Arbeitszeit liegen, die eine klare Abgrenzung von „Mehrstunden“ im Rahmen der normalen Arbeitszeit und „echten Überstunden“ kaum noch zulässt. Eindeutig geht der Trend der Unternehmen dahin, Überstunden nach Möglichkeit zu vermeiden. Immer häufiger wird auf der Grundlage einer „vertraglichen Arbeitszeit“ von X Stunden pro Woche oder pro Monat ein festes Monatsentgelt ohne Rücksicht auf die tatsächlich geleistete Arbeitszeit gewährt. Ziel ist die Anpassung an die betrieblichen Bedürfnisse. Entsprechend der Schwankungen der aktuellen betrieblichen Arbeitskapazität werden zeitlich befristete Bandbreiten wöchentlicher Arbeitszeiten zwischen 30 und 45 Wochenstunden über Betriebsvereinbarungen oder Regelabreden festgelegt. Auf Arbeitszeitkonten wird die Differenz der tatsächlichen Arbeitszeit zur Sollarbeitszeit dokumentiert, was zu entsprechenden Zeitguthaben führen kann.
Die Frage stellt sich, wie angesichts dieser Entwicklung der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, wonach … derjenige Arbeitnehmer Überstunden (Mehrarbeit) leistet, der über die für sein Beschäftigungsverhältnis geltende Arbeitszeit hinaus arbeitet … eine anwendbare Abgrenzungsmaxime sein soll.
Gleichwohl werden sich auch bei flexiblen Arbeitszeitregelungen Überstunden nicht vermeiden lassen. Mehrarbeit wird auch weiterhin ein unverzichtbares Mittel bleiben, um betrieblich nicht anders zu verkraftende Auftragsspitzen zu bewältigen. Von daher geht auch die von Zeit zu Zeit geäußerte Forderung der Gewerkschaften ins Leere, die Mehrarbeit gesetzlich zu verbieten oder erheblich einzuschränken. Auf diese Weise werden sich Unternehmen nicht zu zusätzlichen Einstellungen bewegen lassen.
Der Abbau von Überstunden unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats. Auch wenn in einem Betrieb über einen längeren Zeitraum Überstunden geleistet wurden, stellt das keine Änderung der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit dar. Der Betriebsrat kann jedoch Information und Beratung bezüglich des Überstundenabbaus vom Arbeitgeber verlangen (§92 BetrVG). Nach dem durch das BetrVer-Reformgesetz v. 07.2001 neu geschaffenen §92a BetrVG kann der Betriebsrat Vorschläge für mehr Beschäftigung machen. Im Vorschlagskatalog steht an erster Stelle eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit. Dazu wird auch das Thema Überstunden gehören. Lehnt der Betriebsrat den vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Abbau von Überstunden ab, kann der vom Betriebsrat eine Begründung dafür verlangen (§ 92a Abs.2 BetrVG).
Abbau von Schichten
Eine Einschränkung der Personalkapazität kann auch dadurch erreicht werden, dass die Ausnutzung der Betriebsanlagen durch den Abbau von Schichten verringert wird. Freilich dürfte diese Maßnahme unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt höchst problematisch sein. Auf Grund der zunehmenden Automation sind die Anlagekosten in den letzten Jahren in vielen Industriebranchen erheblich gestiegen. Das hat schon bei Einführung der ersten Schritte der tariflichen Arbeitszeitverkürzung dazu geführt, dass Betriebszeit und Arbeitszeit voneinander entkoppelt wurden. Durch die vorgegebene individuelle tarifliche Arbeitszeit und das eingeschränkte Volumen an Arbeitszeit war der Arbeitgeber im Interesse einer größtmöglichen Anlagennutzung gezwungen, die Arbeitnehmer mehrschichtig einzusetzen.
Der Abbau von Schichten unterliegt, genauso wie deren Einführung, der Mitbestimmung des Betriebsrats {§ 87 Abs. 1 Nr.2 BetrVG). Auch alle Änderungen der Schichtarbeit durch Veränderungen des Schicht- oder Dienstplans (Ausfall einer Schicht, Wegfall der Nachtschicht, Umstellung von drei auf zwei Schichten und umgekehrt) fallen unter die Mitbestimmung.
Der Übergang von der Wechselschicht zum Einschichtsystem stellt allerdings keine Betriebsänderung i.S. der §§111 ff. BetrVG dar. Eine zeitlich geringere Ausnutzung der Betriebsanlagen allein, ohne dass es zu Entlassungen von Arbeitnehmern kommt, ist noch keine Betriebseinschränkung. Der Schichtwechsel eines Arbeitnehmers, z. B. aus der Wechselschicht in die Normalschicht, ist keine mitbestimmungspflichtige Versetzung, wenn sich lediglich die Lage der Arbeitszeit ändert.