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Beratungsmodelle für Outplacement

Für das Thema Outplacement ist nicht nur die Betrachtung der theoretischen Ansätze zu beruflichen Interessen und Entwicklungen relevant. Da es sich bei Outplacement um eine Beratungsleistung handelt, die neben den persönlichen Voraussetzungen der Klienten maßgeblich zum Erfolg der Maßnahme beiträgt, ist es unerlässlich, auch diesen Aspekt zu beleuchten, ln der Zusammenarbeit mit Unternehmen bzw. ihren Mitarbeitern sind zwei Beratungsformen gängig: die Expertenberatung und die Prozessberatung. Erstere ist fachlich orientiert, letztere ist in den letzten Jahren verstärkt als systemisch orientierte Beratung anzutreffen. Beide Beratungsformen verfolgen das Ziel, dass die beratenen Personen bzw. das Unternehmen erfolgreicher agieren, auf unterschiedlichen Wegen. Im Folgenden werden Charakteristika und Unterschiede beider Ansätze verdeutlicht. Erfahrene Berater propagieren zunehmend einen integrativen Beratungsansatz, bei dem Fachberater und Prozessberater gleichzeitig in ein Projekt eingebunden sind und Zusammenarbeiten (z. B. Königswieser, Sonuc & Gebhardt, 2005) oder die Berater fachliche und systemische Kompetenzen auf sich vereinigen (z.B. Sutrich & Schindl- beck, 2005).

Fachliche Expertenberatung
Als Expertenberatung wird eine Dienstleistung bezeichnet, bei der speziell ausgebildete Fachleute mit Kompetenzen auf wirtschaftlichem, technischem, steuerlichem, rechtlichem oder anderem fachspezifischen Gebiet zu inhaltlichen Problemen Stellung nehmen (Königswieser et al., 2005).

Sie erarbeiten konkrete Lösungskonzepte, weil sie in dem Inhaltsgebiet u. U. besser Bescheid wissen als die beratenen Personen oder weniger von „Betriebsblindheit“ für die spezifische Situation des Klienten betroffen sind. Sie stützen sich üblicherweise auf standardisiertes Wissen und ziehen für ihre Arbeit Gesetze, Zahlen und Datenmaterial heran. Dieses wird mit Bezug auf Faktoren und Best Practices, die für die Branche bestimmend sind, interpretiert (Sutrich & Schindlbeck, 2005). Das Ergebnis sind explizite Ratschläge zu Vorgehensweisen bis hin zur inhaltlichen Beteiligung an Entscheidungsprozessen. Die Handlungsoptionen leiten sich dabei aus einem unterstellten rationalen Ursache-Wirkungs-Schema ab. Fachliche Expertenberatung wird typischerweise in Krisensituationen gesucht, wenn es darum geht, diese rasch zu bewältigen und kurzfristige Ziele zu erreichen. Der große Vorteil der Fachberatung liegt darin, dass sehr gute Lösungskonzepte entwickelt werden, die dem Klienten ein hohes Maß an Sicherheit vermitteln. Die Kommunikation und Interaktion mit dem Klienten stehen dabei nicht im Vordergrund, sondern sind lediglich Mittel für eine effiziente Instruktion, die dem vorgeschlagenen Lösungsansatz zum Durchbruch verhilft (Königswieser et al., 2005). Das individuelle Lernen des Klienten wird in Form von Nachahmung des empfohlenen Verhaltens bzw. der Realisierung der Maßnahmen angestrebt (Sutrich & Schindlbeck, 2005). Gleichwohl bleibt es dem Klienten überlassen, ob er das vorgeschlagene Vorgehen umsetzt.

Systemische Prozessberatung
Im Gegensatz zur fachlichen Expertenberatung steht bei der systemischen Prozessberatung die Individualität des Menschen im Fokus. Es wird weniger auf sachlicher als auf emotionaler und sozialer Ebene gearbeitet (Sutrich & Schindlbeck, 2005). Der systemische Berater ist für den Kunden Begleiter auf dem persönlichen Lern- und Entwicklungsweg (Königswieser et ah, 2005; Radatz, 2003). Systemische Beratung zielt auf die Verbesserung der Kommunikations- und Problemlösefähigkeit im Sinne einer längerfristigen und nachhaltigen Entwicklung ab (Königswieser et ah, 2005).

Von einigen Autoren (Jonas, Kauffeld & Frey, 2007) wird die systemische Beratung neben der Experten- und der Prozessberatung als eigenständiger Ansatz gesehen, der sich von der Prozessberatung dadurch abhebt, dass durch die Erzeugung von Irritationen durch die Berater und eine distanzierte Betrachtung der eigenen Situation Denk- und Verhaltensmuster erkannt werden können, die für eine effiziente Arbeit hinderlich sind. Diese Betrachtungsweise führt zur Erkenntnis der Auswechselbarkeit dieser Muster. In dieser Darstellung wird der Sichtweise von Königswieser et ah gefolgt, die die systemische Beratung als Form der Prozessberatung konzeptualisieren. Es werden die Grundlagen der systemischen Beratung beschrieben, insoweit sie Bedeutung für das Thema Outplacement besitzen.

Grundprinzipien der systemischen Beratung

1.Kundenorientierung

2.Ressourcenorientierung

3.Neutralität bzw. Allparteilichkeit

4.Lösungsorientierung

5.Systemorientierung

Kundenorientierung bezieht sich darauf, dass Klienten als „kundig“, d.h. als Experten betrachtet werden bzgl. ihrer Bedürfnisse und ihrer spezifischen Situation. Kun

den wissen, was sie an ihrer aktuellen Situation stört und was zukünftig anders sein soll (De Jong & Berg, 2003). Sie formulieren ihre Ziele und sind diejenigen, die Beratungsaufträge vergeben für jene Themen, an denen sie arbeiten möchten. Das bedeutet auch, dass eine Beratung nicht verordnet werden kann, sondern immer nur mit Zustimmung der Kunden stattfindet.

Eine zentrale Annahme in der systemischen Denkweise ist, dass die Kunden die Kraft und alle Kompetenzen (Ressourcen) besitzen, die sie benötigen, um Veränderungen herbeizuführen, und dass sie sie lediglich derzeit nicht nutzen (von Schlippe & Schweitzer, 2003).

Es geht in der Beratung um die Freisetzung blockierter Energien, damit die Ressourcen wieder zugänglich sind und für die Formulierung der persönlich relevanten Ziele und deren konsequenter Verfolgung eingesetzt werden können (Königswieser, 2005). Aktuelle Schwierigkeiten werden dabei nicht als Defizite verstanden, die behoben werden müssen. Im Gegenteil, es werden sogar die positiven Aspekte problematischer Verhaltensweisen beleuchtet, um die unterliegenden Kompetenzen für die vom Kunden gewünschte Veränderung zu nutzen (Mücke, 2001).

Die Ziel- und Lösungsorientierung hat in der systemischen Beratung eine hohe Bedeutung. Präzise formulierte Ziele sind notwendig, um die Zusammenarbeit zwischen Berater und Kunde effizient zu gestalten (Prior, 2006a). Kunden, die eine Beratung in Anspruch nehmen, konzentrieren sich oft sehr auf ihre Probleme. Sie sehen, was alles nicht nach ihren Vorstellungen läuft und was zukünftig nicht mehr so sein soll. Das erzeugt negative Gefühle und macht sie mutlos. Wichtiger ist aber zu formulieren, was statt- dessen da sein soll (Prior, 2006b). Das heißt, es muss ein positives Zielbild entwickelt werden, das Motivation und Ausdauer für die Veränderung erzeugen kann und diese in die angestrebte Richtung lenkt. Anders als bei der Expertenberatung wird jedoch nicht versucht, die vermeintlich optimale Lösung für den Kunden zu finden. Ausschlaggebend ist viel eher, dass die Kunden durch die Beratung ihren Handlungsspielraum erweitern. Sie sollen sich nicht als Opfer ihrer eingeübten Denk- und Handlungsmuster wahrnehmen, sondern die Wahl zwischen Verhaltensaltemativen haben, die für die Lösung einer bestimmten Fragestellung nützlicher sind als die bisherigen (Radatz, 2003). Die Verantwortung für die Auswahl passender Verhaltensalternativen in einer bestimmten Situation verbleibt dabei beim Kunden. Der Berater unterstützt lediglich bei der Identifizierung oder Entwicklung alternativer Verhaltensweisen und bei der Abschätzung ihrer Nützlichkeit. Bei der Erarbeitung von Lösungen werden bisher erfolgreiche Verhaltensweisen der Kunden ermittelt, ausgeweitet und in neue Situationen übertragen.

Diese Sicht- und Herangehens weise hat den großen Vorteil, dass die Kunden in ihrer Expertise anerkannt werden, ihre Stärken erkennen und sich rasch als erfolgreich wahrnehmen, wodurch ihre Selbstwirksamkeit gestärkt wird. Die eigenverantwortliche Entwicklung von Lösungsalternativen ist zwar zunächst zeitintensiver im Vergleich zur Lösungsvorgabe bei der Expertenberatung, und sie bewirkt auch anfangs mehr Unsicherheit, erzeugt aber maximale Umsetzungserfolge und ist nachhaltiger in ihrer Wirkung (Königswieser, 2005).

Systemische Berater besitzen die Prozesskompetenz, ihre Kunden bei der präzisen Formulierung und Umsetzung ihrer Ziele zu unterstützen, sie bleiben aber inhaltlich neutral. Das bedeutet, sie helfen Kunden dabei, ihre Denk- und Handlungsmuster zu erkennen und die für die Lösung weniger hilfreichen gezielt zu verändern. Sie verzichten dabei aber möglichst auf inhaltliche Lösungsvorschläge, sondern fordern durch gezielte Fragen zur Reflexion und zur Entwicklung eigener Lösungen auf. Neutralität bzw. Allparteilichkeit meint nicht, dass Berater keine Meinung haben dürfen, sie äußern sie jedoch nicht doktrinär (Schlippe & Schweitzer, 2003) und versuchen auch nicht, Kunden zu einer Veränderung in jene Richtung zu bewegen, die sie aus ihrer Außensicht für optimal halten.

In der systemischen Beratung wird eine ganzheitliche Sicht eingenommen, d. h. der einzelne Mensch wird als Teil eines Systems wahrgenommen, das seine Handlungen beeinflusst und auf das er durch sein Verhalten einwirkt. Die Systemorientierung hat den Vorteil, dass Verhaltensmuster in den Aufmerksamkeitsfokus rücken, die in das Geflecht von Beziehungen und Wechselwirkungen der Beteiligten eingebunden sind. Verhaltensweisen, die, isoliert betrachtet, nicht zielführend erscheinen, werden bei Berücksichtigung des Systems meistens verständlicher. Die systemische Beratung ist durch das Denken in Auswirkungen von Verhaltensweisen auf die anderen Systembeteiligten gekennzeichnet (Radatz, 2003), d.h. Kunden werden beständig ermuntert zu überlegen, wie ihr Verhalten auf andere wirkt und warum sich andere so verhalten, wie sie es tun. Das erfahrungsbezogene Lernen wird dabei durch Reflexion des Kunden und Feedback durch Berater und System unterstützt.