Finanzanalyse beim Fall Wells Fargo and Company – Warren Buffett

Bilanzen 1988 und 1989

$ Milliarden
Kassenbestand und 2,9 Verbindlichkeiten gegenüber
Guthaben Kunden und Kreditinstituten 43,2
Wertpapiere 1,7 Sonstige 0,8
Forderungen aus dem nachrangige Verbindlichkeiten 1,8
Kreditgeschäft 41,0
Sonstige 3,1 Vorzugsaktien 0,4
Eigenkapital 2,5

Die Bücher von Wells Fargo machten einen soliden Eindruck. Ein einfacher Maßstab für die Finanzkraft einer Bank ist die Angemessenheit der Kapitalausstattung, bei der das Kapital in Bezug gesetzt wird zu den Aktiva, bereinigt um die damit verbundenen Risiken. Nach den Vorgaben des Federal Reserve Board müssen 4 Prozent der risikobereinigten Aktiva vom Eigenkapital gedeckt sein und 8 Prozent durch Eigenkapital plus bestimmte andere langfristige Verbindlichkeiten, einschließlich nachrangige Verbindlichkeiten und Vorzugsaktien, wie in der Tabelle oben ausgewiesen. Diese Werte lagen bei Wells Fargo bei 5 Prozent bzw. 10 Prozent, also weit über dem erforderlichen Minimum. Es hat sich jedoch gezeigt, dass 5 oder sogar 10 Prozent wenig ist, wenn es wirklich zu Ausfällen im Kreditgeschäft kommt. Die $2,5 Milliarden Stammkapital würden von einem nur 6-prozentigen Rückgang bei den Forderungen aus dem Kreditgeschäft aufgefressen werden. Welche Auswirkungen würde die bevorstehende Rezession In Kalifornien auf die Bank haben? Das Kredit-Portfolio stellte sich wie folgt dar:

$ Milliarden 1989 1988
Firmenkredite 14,5 13,1
Baufinanzierung 4,1 4,4
erstrangige Wohnbau-Hypothekendarlehen 7,6 5,1
sonstige Hypothekendarlehen 6,0 5,5
Immobilienfinanzierung gesamt 13,6 10,6
Kreditkarten 2,5 2,1
sonstige revolvierende Kredite 0,6 0,6
monatl. Zins- und Tilgungsleistungen 1,3 1,4
nachrangige Hypothekendarlehen 3,9 3,4
Konsumentenkredite gesamt 8,4 7,5
Leasing-Finanzierungen 1,1 1,4
Auslandskredite 0,1 0,6
Summe 41,7 37,7

Die von den $41,7 Milliarden auf Immobilienfinanzierung entfallenden $13,6 Milliarden (33 Prozent) sind an sich kein beunruhigend hoher Anteil, da viele Banken hier proportional gesehen übermäßig engagiert sind. Manche beschränken sich sogar ausschließlich auf diesen Bereich. Di§ „nachrangigen Hypothekendarlehen“ – Privatkundenkredite, die nachrangig mit Immobilien abgesichert sind – sollten jedoch eingerechnet werden. Außerdem ist auch in der Sparte „Firmenkredite“ eine Summe von $1,7 Milliarden versteckt, die an Immobiliengesellschaften vergeben wurde. Damit machen die Hypothekendarlehen insgesamt 46 Prozent aus. Noch interessanter ist womöglich der Anteil an Hypothekendarlehen zur Baufinanzierung (30 Prozent). Dieser Wert ist im Vergleich zu anderen Kreditinstituten hoch. Zwar sank der Gesamtbetrag hier von 1988 bis 1989, doch nur durch buchhalterische Tricks und Kniffe. Baufinanzierungen können höchst spekulativ sein und würden bei einer Konjunkturschwäche die größten Löcher reißen.

Diese Zahlen belegen zwar die hohe Gesamtkapitalrentabilität durch die Gegenüberstellung des Gewinns und der Aktiva, doch sie zeigen nicht die potenzielle Volatilität einer Schlüsselzahl. Wenn alles normal läuft, wird die Gewinn- und Verlustrechnung einer Bank ungefähr so aussehen. Doch wenn die Zeiten besonders schlecht oder besonders gut sind, erhalten die „Rückstellungen für Kreditausfälle“ eine besondere Bedeutung. Hierbei handelt es sich um die von der Bank selbst angestellten Schätzungen der Verluste, die das Kreditgeschäft letztendlich mit sich bringen wird. Wie viel das wirklich ist oder wie viel davon abgeschrieben wird, ist eine ganz andere Frage.

Gewinn- und Verlustrechnungen 1988 und 1989

$ Millionen 1989 1988
Zinserträge 4870 4178
Zinsaufwendungen (2712) (2205)
Nettozinsertrag 2159 1972
Rückstellungen für Kreditausfälle (362) (300)
zinsneutraler Ertrag 779 682
zinsneutraler Aufwand (1575) (1519)
Gewinn vor Steuer 1001 835
Steuern (400) (323)
Gewinn nach Steuern und Vorzugsdividenden 574 487

Diese Zahlen bekräftigen das Gewicht des Nettozinsertrages – selbst bei einer Bank wie dieser, die auch eine Vielzahl an Gebühren und Einnahmen aus anderen Investment-Dienstleistungen bezieht. Sie belegen zwar die hohe Gesamtkapitalrentabilität durch die Gegenüberstellung des Gewinns und der Aktiva, doch sie zeigen nicht die potenzielle Volatilität einer Schlüsselzahl. Wenn alles normal läuft, wird die Gewinn- und Verlustrechnung einer Bank ungefähr so aussehen. Doch wenn die Zeiten besonders schlecht oder besonders gut sind, erhalten die „Rückstellungen für Kreditausfälle“ eine besondere Bedeutung. Hierbei handelt es sich um die von der Bank selbst angestellten Schätzungen der Verluste, die das Kreditgeschäft letztendlich mit sich bringen wird. Wie viel das wirklich ist oder wie viel davon abgeschrieben wird, ist eine ganz andere Frage. Diese Rückstellung soll einfach einen ungefähren Maßstab davon vermitteln, was innerhalb eines Zyklus passieren wird. In der Praxis sind die Banken hier meist entweder zu optimistisch oder zu pessimistisch, so dass diese Rückstellungen stark variieren. Die für 1988 und 1989 ausgewiesenen Rückstellungen in Höhe von jeweils 0,8 bzw. 0,9 Prozent des Kreditvolumens waren branchenübliche, akzeptable Werte. 1987 machte dieser Posten jedoch 2,4 Prozent aus, und die Bank gelangte nur knapp in die Gewinnzone. Dieser Sprung wurde verursacht durch die abschließende Abwicklung von Problemkrediten an unterentwickelte Länder und sollte sich nicht wiederholen (Auslandskredite verschwanden praktisch aus dem Portfolio). Es konnte aber auch anderswo zu Problemen kommen. Manche konzentrierten sich auf Transaktionen mit einem hohen Finanzierungsanteil oder auf Leveraged Buyouts, die insgesamt $4,2 Milliarden ausmachten. Das größte Sorgenkind waren die Immobilien.

Kapitalquellen
Banken zogen viel billiges Kapital an in Form von Einlagen von Kunden. Bei Wells Fargo waren es $6,9 Milliarden, für die überhaupt keine Zinsen gezahlt wurden, der Rest wurde mit 0 bis 5 Prozent unter dem Satz verzinst, der im Interbankgeschäft gezahlt wurde. Die durchschnittlichen Geldbeschaffungskosten lagen 1989 bei 5,7 Prozent. Dasselbe Geld wurde gleichzeitig zu einem Durchschnittszinssatz von 11,4 Prozent weiter verliehen. Verluste würden die Gesamt- und Eigenkapitalrentabilität drücken, doch sie konnten auch das Vertrauen der Kunden erschüttern, die dann ihr Geld abheben würden.

Eigenkapitalrentabilität
Eine Gesamtkapitalrentabilität von 1,26 Prozent, die für jede andere Branche tödlich wäre, war für eine Bank hoch. Wie immer sind wir aber mehr an der Eigenkapitalrentabilität interessiert. Eine niedrige GKR kann durch den Leverage-Effekt eine hohe EKR bewirken. 1989 hatte Wells Fargo 18mal so viel Verbindlichkeiten wie Eigenkapital. Die EKR sah so aus:

EKR = [$574 Millionen (Gewinn 1989 nach Vorzugsdividenden)] / [$2315 (durchschnittliches Eigenkapital 1988/89)] = 25%

Das IP war noch etwas höher:

buffet muffet13

Was war Wells Fargo wert?
Auf Basis der so errechneten Werte lässt sich für Wells Fargo nach dem IP folgender innerer Wert ermitteln:

$574 Millionen / (10%sqr) x 31% = $17,8 Milliarden

Alternativ ergibt sich auf EKR-Basis:

$574 Millionen / (10%sqr) x 25% = $14,4 Milliarden

Die wenigsten Banken konnten auch nur annähernd mit einer solchen EKR aufwarten. Eine durchschnittliche Bank erreichte wie ein durchschnittliches anderes Unternehmen langfristig 10 bis 12 Prozent Rendite auf reinvestiertes Kapital. Damit ließe sich ein innerer Wert in Höhe vom zehnfachen Gewinn rechtfertigen. Wer in eine Bank investierte, ging jedoch leverage-bedingt erhebliche Verlustrisiken ein.
Als Buffett die ersten Wells Fargo-Aktien kaufte, erwähnte er insbesondere drei Risiken: Kaliforniens Wirtschaft könnte durch ein schweres Erdbeben so geschädigt werden, dass dabei Banken in den Ruin getrieben würden. Der bevorstehende Konjunkturrückgang konnte zu einer Massenflucht der Anleger aus allen Finanzinstituten des Staates Kalifornien führen, wovon gute wie schlechte Banken gleich getroffen würden. Beide Möglichkeiten erachtete er als eher unwahrscheinlich. Als dritten Punkt führte er an, dass Wells Fargo im Bereich Immobilienfinanzierung eine Spitzenposition einnahm und daher von fallenden Grundstückspreisen oder sinkender Nachfrage besonders beeinträchtigt würde. Buffett betrachtete diese Risiken nüchtern und sachlich. 1989 hatte die Bank $1 Milliarde Gewinn vor Steuern verbucht und $1,4 Milliarden vor Steuern und Rückstellungen für Kreditausfälle. Was nun, wenn es zu Kreditausfällen in Höhe von 10 Prozent (vom Gesamtvolumen von $4,2 Milliarden) käme? Um das Unternehmen in den Bankrott zu treiben, müsste jeder einzelne Kredit Ausfälle in Höhe von 30 Prozent der Auszahlungssumme ($1,3 Milliarden) aufweisen. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios? $4,2 Milliarden wären 31 Prozent aller Hypothekendarlehen, und wenn die Bank bei der Kreditvergabe nicht leichtsinnig war oder Kalifornien in die Katastrophe steuerte, war das eher unwahrscheinlich. Außerdem ist es wirklich nicht leicht, Ausfälle in Höhe von 30 Prozent der Auszahlungssummen zu erreichen, wenn die Kredite gesichert sind und nicht auf purer Spekulation beruhen. Wells Fargo hatte sich zwar bei den Hypothekendarlehen weit aus dem Fenster gelehnt, doch die Bank galt weder als besonders risikofreudig noch als spekulativ orientiert. Buffett war überzeugt, dass Wells Fargo auch nach einem gewinnneutralen Jahr wieder eine gute EKR erzielen könnte, wenn sich die Rahmenbedingungen verbesserten – ebenso, wie es auch nach den Abschreibungen der Kredite an Entwicklungsländer geschehen war.

Als Buffett die ersten Wells Fargo-Aktien kaufte, erwähnte er insbesondere drei Risiken: Kaliforniens Wirtschaft könnte durch ein schweres Erdbeben so geschädigt werden, dass dabei Banken in den Ruin getrieben würden. Der bevorstehende Konjunkturrückgang konnte zu einer Massenflucht der Anleger aus allen Finanzinstituten des Staates Kalifornien führen, wovon gute wie schlechte Banken gleich getroffen würden. Beide Möglichkeiten erachtete er als eher unwahrscheinlich.

Was Buffett Unternahm beim Fall Wells Fargo and Company

1990 war ein schwarzes Jahr für Bankaktien und daher ideal für Käufer von Bankwerten. Wells Fargo wies kontinuierlich gute Quartalsergebnisse aus, doch immer mehr Banken berichteten von Verlusten, was alle Aktien der Branche beeinträchtigte. Eigenartig war, dass Wells Fargo-Aktien bereits vor diesen Geschehnissen niedrige Kurse gezeigt hatten. Die $574 Millionen Gewinn des Jahres 1989 entsprachen $11 je Aktie. Auf Basis der durchschnittlichen Quartalsergebnisse von 1989 ließ sich ein solches Ergebnis unschwer Vorhersagen. Dennoch schwankte der Kurs zwischen $59 und $87, was einem KGV von 5,4 bzw. 7,9 entsprach. Berkshire kaufte 1989 und 1990 zu einem Durchschnittskurs von $58. Die meisten Aktien wurden 1990 gekauft, nachdem an der Börse die Nervosität um sich griff. Zu diesem Zeitpunkt waren die Ergebnisse für 1990 bereits mehr oder weniger absehbar – immer unter der oben erläuterten Voraussetzung, dass die Rückstellungen für Kreditausfälle im Immobilienbereich zwar hoch ausfallen, doch nicht die Zahlungsfähigkeit gefährden würden, und dass die Rückstellungen danach wieder auf ein durchschnittliches Niveau fielen. Gegenüber 1989 verfügte die Bank 1990 über mehr Aktiva, der Buchwert war höher und es wurden kontinuierlich höhere Gewinne ausgewiesen. Die Hochrechnungen für das Jahresergebnis ergaben $13,4 je Aktie. Der von Buffett gezahlte Durchschnittskurs von $58 repräsentierte also ein KGV von 4,3. Die gesamte Kapitalausstattung lag zu diesem Kurs bei $3 Milliarden. Auf Basis der konservativeren Erträge von 1989 und des niedrigeren der beiden auf Grundlage von EKR bzw. IP ermittelten Wertes ergibt sich folgendes Bild:

Sicherheitsmarge = ($14,4 Milliarden – $3 Milliarden) / $14,4 Milliarden = 79%

Insgesamt gesehen war Wells Fargo ein Kreditinstitut, bei dem das Risiko eines Totalverlustes gering und kalkulierbar war. Im positiven Fall – wenn die Bank überlebte und durchschnittliche Ergebnisse zeigte – war auszugehen von einem inneren Wert von, sagen wir, dem Zehnfachen der Kernerträge von rund $600 Millionen bis $700 Millionen und damit von $6 Milliarden bis $7 Milliarden Daraus ergab sich eine beruhigende Sicherheitsmarge von ca. 50 Prozent. Sollte Wells Fargo erwartungsgemäß die Konkurrenz langfristig überflügeln, läge die Sicherheitsmarge bei exzellenten 79 Prozent – aus jedem investierten Dollar würden fünf.

Insgesamt gesehen war Wells Fargo ein Kreditinstitut, bei dem das Risiko eines Totalverlustes gering und kalkulierbar war.

Testfragen Zum Verständnis beim Fall Wells Fargo and Company – Warren Buffett

Verstehen Sie, warum das Produkt gekauft wird?
Die Wirtschaft brauchte Banken, doch betrachtete sie gleichzeitig als notwendiges Übel. Banker hatten in den USA seit über hundert Jahren einen schlechten Ruf. Sie seien in schlechten Zeiten zu restriktiv, in guten zu großzügig, warf man ihnen vor. Großunternehmen und Regierungen hatten die Banken an Größe und Kreditwürdigkeit längst in den Schatten gestellt, doch sie waren immer noch die Hauptakteure im Geldkreislauf – für Privatpersonen wie Firmen.

Wie würde sich die Branche in den kommenden zehn Jahren entwickeln?
Die Branche stand von allen Seiten unter Druck. Selbst Unternehmen mittlerer Größe hatten Zugang zum Kapitalmarkt über Geldmarktpapiere oder privatplatzierte Anleihen. Wer sich aus Gewohnheit und praktischen Gründen dafür entschied, von einer Bank Geld zu leihen, konnte günstige Zinsen aushandeln. Bel den Einlagen war der Wettbewerb sogar noch härter. Quasi aus dem Nichts waren Geldmarktfonds entstanden, die in gerade mal zehn Jahren etwa $508- Milliarden aus dem Spargeschäft abgezogen hatten. Es handelte sich dabei um offene Investmentfonds, die von ihrem niedrigen Betriebsaufwand profitierten und davon, dass sie keiner Versicherungspflicht unterlagen. Schließlich war das Bankgeschäft mit der gleichen Wettbewerbssituation konfrontiert wie jeder Einzelhändler und stand vor der Herausforderung, sich auf neue Vertriebswege einzustellen – genauso wie Versandhäuser, Discounter und Einkaufszentren den Einzelhandel verändert hatten
.
Haben Sie Vertrauen ins Management?
Wer In dieses Geschäft Investieren wollte, brauchte dafür fähige, ehrliche Manager als Partner, die sich auf vertrautem Terrain bewegten. Reichardt und Hazen entsprachen diesem Profil. Dann kam es bei der Wettbewerbsfähigkeit noch auf möglichst große Kostenvorteile an. Bei Wells Fargo war Kostendämpfung Routine. Mit einem Verhältnis von Aufwand zu Ertrag von 61 Prozent und einer Gesamtkapitalrentabilität von 1,26 Prozent lag Wells Fargo 1989 an der Weltspitze.

Ist das Produkt leicht zu ersetzen?
Privatkunden und kleinere Firmen wechseln nur selten und ungern ihre Hausbank. Dabei konnte man in Kalifornien – wie bereits festgestellt – für private oder geschäftliche Transaktionen normalerweise zwischen verschiedenen Banken, offenen Investment-Fonds und Kapitalmärkten wählen.

Informationsquellen beim Fall Wells Fargo and Company – Warren Buffett

Buffett stand Bankwerten an sich skeptisch gegenüber. Das lag nicht nur an der starken Konkurrenz, die diese Branche auszeichnete, oder an den besonderen Risiken. Er betrachtete das Bankgeschäft als solches als riskant. Um das zu verstehen, müssen Sie die Erträge aus dem Bankgeschäft den drei Bereichen zuordnen, in denen sie erwirtschaftet werden. Banken machen Gewinn, in dem sie Einlagen zu einem bestimmten Zinssatz annehmen, dasselbe Geld zu höheren Preisen verleihen und für ihre Finanzdienstleistungen Gebühren verlangen. Von der Sache her sind das drei völlig verschiedene Sparten, doch in der Praxis sind sie miteinander verflochten. Ein Kunde wird sein Geld nur dann bei einer Bank einzahlen, wenn diese ihm bei Bedarf auch Kredit geben kann, und die Bank kann nur dann Gebühren einnehmen, wenn sie beides tut. (Es gibt findige Banker, die ihr Geld verdienen, indem sie nur Ratschläge erteilen oder andere Dienstleistungen anbieten, doch das ist wieder eine andere Branche, die lediglich die gleichen Wurzeln hat.) Die Differenz zwischen den auf Einlagen gezahlten Zinsen und den Zinserträgen aus dem Kreditgeschäft ist der Netto-Zinsertrag einer Bank, der oft den Löwenanteil des Gewinns darstellt. Ein wichtiger Aspekt dieses Szenarios ist, dass Kundenguthaben, insbesondere private Spareinlagen, im Grunde nichts anderes sind als Darlehen, die der Bank unter einem anderen Namen zur Verfügung gestellt werden. Eine durchschnittliche Bank nimmt solche Darlehen in Höhe vom Zehn- bis Zwanzigfachen ihres Eigenkapitals in Anspruch. Die Inhaber der Konten sind im Normalfall durch eine staatliche Garantie vor dem Verlust ihrer Einlagen geschützt und interessieren sich daher nicht für die Risiken solcher Transaktionen. Für die Aktionäre der Bank ist es ein lohnendes Geschäft, denn die Bank bekommt das Geld von ihren Sparkunden zu einem niedrigeren Zinssatz als anderswo. Dennoch ist da ein Risiko, das manchmal Auswirkungen hat. Ein Beispiel:

$ Millionen 1996 1997
Forderungen aus dem Kreditgeschäft 100 95
Spareinlagen 95 95
Eigenkapital 5 0

Banken machen Gewinn, in dem sie Einlagen zu einem bestimmten Zinssatz annehmen, dasselbe Geld zu höheren Preisen verleihen und für ihre Finanzdienstleistungen Gebühren verlangen. Von der Sache hier sind das drei völlig verschiedene Sparten, doch in der Praxis sind sie miteinander verflochten.
Wells Fargo hatte die Fallstricke der Branche stets geschickt vermieden, meist, indem man sich auf wenige vertraute Märkte konzentrierte. 1987 kam es zu einem deutlichen Schnitt im Auslandsengagement, doch dafür hatte man nie mit den Problemen der Kreditvergabe an weniger entwickelte Länder zu kämpfen, die den New Yorker Banken so zu schaffen machten.

Wenn nur 5 Prozent der Forderungen eines Kreditinstituts sich als uneinbringlich erweisen, ist es zahlungsunfähig. Davor schützen sich die Banken durch Bildung von Konsortien und Streuung von Risiken, doch wir werden gleich sehen, dass auch eine noch so gut geführte Bank durch verhältnismäßig geringe Veränderungen bei den Forderungen an den Rand des Ruins getrieben werden kann.
Berkshire Hathaway hatte sich bereits vorher in geringerem Umfang in diesem Bereich engagiert (man hatte sogar einmal eine ganze Bank aufgekauft, jedoch auf Anordnung der Regulierungsbehörde wieder abgestoßen), doch für eine erneute Investition ins Bankgeschäft kamen nur die erlesensten Kandidaten in Betracht.

Eine durchschnittliche Bank nimmt solche Darlehen in Höhe vom Zehn- bis Zwanzigfachen ihres Eigenkapitals in Anspruch. Die Inhaber der Konten sind im Normalfall durch eine staatliche Garantie vor dem Verlust ihrer Einlagen geschützt und interessieren sich daher nicht für die Risiken solcher Transaktionen. Für die Aktionäre der Bank ist es ein lohnendes Geschäft, denn die Bank bekommt das Geld von Ihren Sparkunden zu einem niedrigeren Zinssatz als anderswo.

Was Danach Geschah beim Fall Wells Fargo and Company – Warren Buffett

$ Milliarden 1990 1991 1992 1993
Forderungen aus dem Kreditgeschäft Grundstücke, Gebäude, Betriebs- und 47 43 36 32
Geschäftsausstattung 54 52 51 51
Nettozinsertrag 2,3 2,5 2,7 2,7
Rückstellungen für Kreditausfälle (0,3) (1,3) (1,2) (0,6)
Sonstige Erträge 0,9 0,9 1,1 1,1
Sonstige Aufwendungen (1.7) (2,0) (2,0) (2,2)
Gewinn 0,7 0 0,2 0,6
Aktien in Umlauf 53 52 53 56
(Millionen)Gewinn je Aktie ($) 13,4 0 4,4 9,9
GKR (%) 1,4 0 0,5 1,2
EKR (%) 26,3 0 7,9 16,7

Die gefürchtete kalifornische Rezession kam tatsächlich und trieb Firmen und Haushalte in den Ruin. Im Kreditgeschäft machte sich das überall bemerkbar, von Kreditkartenbetrug bis hin zu Zwangsvollstreckungen bei Immobilien. Wie erwartet traf es Immobiliengesellschaften am härtesten, die Wohnungen, Häuser und Büros bauten oder gebaut hatten, für die es keine Käufer gab. Die Zahlen von Wells Fargo zeigten, dass große Unternehmen mit einem hohen Fremdfinanzierungsanteil besonders stark betroffen waren. Auch hier war die Bank überproportional vertreten. Die erforderlichen Rückstellungen fielen höher aus, als Buffett kalkuliert hatte, wohl doppelt so hoch. Ende 1993 machten die gesamten aufgelaufenen unverrechneten Rückstellungen für Verluste 6,4 Prozent des gesamten Kreditvolumens aus. 1990 waren es 1,8 Prozent gewesen.

Dennoch stockte Berkshire seine Anteile 1992 und 1993 weiter auf, sogar zu einem höheren Kurs als 1989 und 1990. Erstens und vor allem sah Buffett, dass die Bank nicht Bankrott ging. Obwohl das Management in angemessener Weise für 1992 deutlich höhere Rückstellungen anordnete, waren sie (a) im Rahmen des Verkraftbaren, (b) wurden sie von höheren Gewinnen gestützt und (c) waren sie in diesem Maße nicht noch einmal erforderlich, denn unterm Strich hatten sich nach der Katastrophe die Rahmenbedingungen fürs Geschäft verbessert. Die vorgeschriebene Eigenkapitalquote war nun deutlich höher. Die Tabelle zeigt einen leichten
Rückgang bei den Aktiva, doch proportional dazu einen drastischen Abfall des Kreditvolumens. Das Management hatte auf die Krise prompt reagiert und das Kreditengagement im Bereich Immobilien und Großunternehmen reduziert. Die frei werdenden Mittel waren kurzfristig in erstklassige Wertpapiere investiert worden. Zum Glück sanken die Zinsen, was einer Erholung und auch dem Anleihe-Portfolio entgegenkam. Das Management wollte dieses Kapital später, wenn der Aufschwung kleine und mittlere Unternehmen sowie Privathaushalte erreichte, allmählich wieder zur Expansion zur Verfügung stellen. Die zinsneutralen Erträge stiegen, nicht zuletzt dank der dauerhaften Bemühungen des Managements um eine möglichst kostengünstige Verbreiterung des Kundenstamms (durch Geldautomaten, Zweigstellen in Einzelhandelsgeschäften und Electronic Banking), dank höherer Gebühren für Privatkundenkonten und dank des guten Wachstums im Wertpapiergeschäft Im Privatkundenbereich. Der Wert der von der Bank verwalteten oder beratend betreuten Vermögenswerte überstieg mittlerweile deutlich die Aktivseite der Bilanz. Ebenso wichtig war die kontinuierliche Kostenkontrolle. Betrachtet man die Einzelposten der Gemeinkosten, so fällt auf, dass die Gehälter mit der Inflation stiegen, alle übrigen Posten jedoch nicht.

Das alles wies auf die Möglichkeit hin, dass Wells Fargo nach der Rezession eine noch viel gewinnträchtigere Investition darstellte. Ein Blick auf die Kreditausfälle Ist hier sehr aufschlussreich. Mit Ausnahme der „Abwicklungsjahre“ hatten die Rückstellungen für Verluste aus dem Kreditgeschäft selten mehr als 0,7 Prozent Im Jahr betragen. Überträgt man das auf die Gewinn- und Verlustrechnung von 1993, ergibt sich ein potenzieller Gewinn von rund $800 Millionen (die Zahlen für 1992 zeigen ein ähnliches Ergebnis). Die EKR läge entsprechend bei 23 Prozent, der Innere Wert bei $18,4 Millionen bzw. $330 je Aktie. Berkshires 1992 und 1993 zu $67 bzw. $99 erworbene Anteile waren also 70 bis 80 Prozent unter Wert gekauft worden. Wie so oft hätte man auch hier – selbst als skeptischer Beobachter von Wells Fargo mit Zweifeln an den Überlebenschancen der Bank – zu einem günstigen Preis kaufen können, lange nachdem die Gefahr vorüber war. Auch nach konventionellen Berechnungen ergab der 1993 bezahlte Preis von $99 ein KGV von nicht mehr als 10.

$ Milliarden 1990 1991 1992 1993
Forderungen aus dem Kreditgeschäft Grundstücke, Gebäude, Betriebs- und 47 43 36 32
Geschäftsausstattung 54 52 51 51
Nettozinsertrag 2,3 2,5 2,7 2,7
Rückstellungen für Kreditausfälle (0,3) (1.3) (1.2) (0,6)
Sonstige Erträge 0,9 0,9 1,1 1,1
Sonstige Aufwendungen (1.7) (2,0) (2,0) (2,2)
Gewinn 0,7 0 0,2 0,6
Aktien in Umlauf 53 52 53 56
(Millionen)Gewinn je Aktie ($) 13,4 0 4,4 9,9
GKR (%) 1,4 0 0,5 1,2
EKR (%) 26,3 0 7,9 16,7

Die gefürchtete kalifornische Rezession kam tatsächlich und trieb Firmen und Haushalte in den Ruin. Im Kreditgeschäft machte sich das überall bemerkbar, von Kreditkartenbetrug bis hin zu Zwangsvollstreckungen bei Immobilien. Wie erwartet traf es Immobiliengesellschaften am härtesten, die Wohnungen, Häuser und Büros bauten oder gebaut hatten, für die es keine Käufer gab. Die Zahlen von Wells Fargo zeigten, dass große Unternehmen mit einem hohen Fremdfinanzierungsanteil besonders stark betroffen waren. Auch hier war die Bank überproportional vertreten. Die erforderlichen Rückstellungen fielen höher aus, als Buffett kalkuliert hatte, wohl doppelt so hoch. Ende 1993 machten die gesamten aufgelaufenen unverrechneten Rückstellungen für Verluste 6,4 Prozent des gesamten Kreditvolumens aus. 1990 waren es 1,8 Prozent gewesen.

Dennoch stockte Berkshire seine Anteile 1992 und 1993 weiter auf, sogar zu einem höheren Kurs als 1989 und 1990. Erstens und vor allem sah Buffett, dass die Bank nicht Bankrott ging. Obwohl das Management in angemessener Weise für 1992 deutlich höhere Rückstellungen anordnete, waren sie (a) im Rahmen des Verkraftbaren, (b) wurden sie von höheren Gewinnen gestützt und (c) waren sie in diesem Maße nicht noch einmal erforderlich, denn unterm Strich hatten sich nach der Katastrophe die Rahmenbedingungen fürs Geschäft verbessert. Die vorgeschriebene Eigenkapitalquote war nun deutlich höher. Die Tabelle zeigt einen leichten
Rückgang bei den Aktiva, doch proportional dazu einen drastischen Abfall des Kreditvolumens. Das Management hatte auf die Krise prompt reagiert und das Kreditengagement im Bereich Immobilien und Großunternehmen reduziert. Die frei werdenden Mittel waren kurzfristig in erstklassige Wertpapiere investiert worden. Zum Glück sanken die Zinsen, was einer Erholung und auch dem Anleihe-Portfolio entgegenkam. Das Management wollte dieses Kapital später, wenn der Aufschwung kleine und mittlere Unternehmen sowie Privathaushalte erreichte, allmählich wieder zur Expansion zur Verfügung stellen. Die zinsneutralen Erträge stiegen, nicht zuletzt dank der dauerhaften Bemühungen des Managements um eine möglichst kostengünstige Verbreiterung des Kundenstamms (durch Geldautomaten, Zweigstellen in Einzelhandelsgeschäften und Electronic Banking), dank höherer Gebühren für Privatkundenkonten und dank des guten Wachstums im Wertpapiergeschäft im Privatkundenbereich. Der Wert der von der Bank verwalteten oder beratend betreuten Vermögenswerte überstieg mittlerweile deutlich die Aktivseite der Bilanz. Ebenso wichtig war die kontinuierliche Kostenkontrolle. Betrachtet man die Einzelposten der Gemeinkosten, so fällt auf, dass die Gehälter mit der Inflation stiegen, alle übrigen Posten jedoch nicht.

Das alles wies auf die Möglichkeit hin, dass Wells Fargo nach der Rezession eine noch viel gewinnträchtigere Investition darstellte. Ein Blick auf die Kreditausfälle ist hier sehr aufschlussreich. Mit Ausnahme der „Abwicklungsjahre“ hatten die Rückstellungen für Verluste aus dem Kreditgeschäft selten mehr als 0,7 Prozent im Jahr betragen. Überträgt man das auf die Gewinn- und Verlustrechnung von 1993, ergibt sich ein potenzieller Gewinn von rund $800 Millionen (die Zahlen für 1992 zeigen ein ähnliches Ergebnis). Die EKR läge entsprechend bei 23 Prozent, der innere Wert bei $18,4 Millionen bzw. $330 je Aktie. Berkshires 1992 und 1993 zu $67 bzw. $99 erworbene Anteile waren also 70 bis 80 Prozent unter Wert gekauft worden. Wie so oft hätte man auch hier – selbst als skeptischer Beobachter von Wells Fargo mit Zweifeln an den Überlebenschancen der Bank – zu einem günstigen Preis kaufen können, lange nachdem die Gefahr vorüber war. Auch nach konventionellen Berechnungen ergab der 1993 bezahlte Preis von $99 ein KGV von nicht mehr als10.

Übungen
1 Wenn die Anleger 1989 ihr Vertrauen in die Bank verloren hätten, hätte Wells Fargo eventuell seine Kapitalbasis erhöhen müssen. Nehmen wir an, es wären $500 Millionen zu $58 je Aktie beschafft worden – welchen Effekt hätte das auf den inneren Wert gehabt?
2 Welche finanziellen Nachteile’ hätten sich für die bisherigen Aktionäre ergeben?
Weitere Fragen zur Diskussion
3 Warum ist der Verlust des Anlegervertrauens für eine Bank so prekär? Warum hat die staatliche Versicherung zum Schutz vor Verlusten dieses Problem nicht entschärft?
4 Berechnen Sie GKR und EKR Ihrer Hausbank.

Geschichte von Wells Fargo and Company and Warren Buffett

Wells Fargo Ist einer der berühmtesten Namen in der amerikanischen Wirtschaft, vor allem bekannt geworden durch den Postkutschenbetrieb in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts, der Anfang des 20. Jahrhunderts eingestellt wurde. Übrig blieb eine florierende Bank mit Hauptsitz in San Francisco. Hier gibt es eine interessante Querverbindung zu einer anderen Berkshire-Investition, denn die Gründer Henry Wells und William Fargo hatten sich beim gemeinsamen Arbeitgeber kennengelernt – dem neu gegründeten Unternehmen American Express.
Die amerikanische Bankenlandschaft ist vornehmlich regional strukturiert, die Zahl der Banken, Spar- und Darlehenskassen und Genossenschaftsbanken im internationalen Vergleich hoch. Wie viele andere Unternehmen dieser Branche wuchs Wells Fargo durch Fusionen mit und Übernahmen von Konkurrenzinstituten in ihrem Heimatstaat. Diese Entwicklung gipfelte im Zusammenschluss mit Cracker und Barclays California in den 80er Jahren.

Wells Fargo ist vor allem bekannt geworden durch den Postkutschenbetrieb in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts, der Anfang des 20. Jahrhunderts eingestellt wurde. Übrig blieb eine florierende Bank mit Hauptsitz ln San Francisco. Hier gibt es eine interessante Querverbindung zu einer anderen Berkshire-Investition, denn die Gründer Henry Wells und William Fargo hatten sich beim gemeinsamen Arbeitgeber kennengelernt – dem neu gegründeten Unternehmen American Express.

Wells Fargo 1989 Und 1990
1989 galt Wells Fargo als eine der bestgeführten Banken des Landes. Hier hatte man die seltene Kombination aus gutem, innovativem Service und niedrigen Kosten verwirklichen können. Wells Fargo hatte mit neuem, besserem Service und längeren kundenfreundlichen Öffnungszeiten Neuland erobert und sich bei der Einführung von Geldautomaten, Telefon- und Online-Banking in eine führende Position gebracht. Gleichzeitig wurde die Mitarbeiterzahl möglichst niedrig gehalten, so dass das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag und die Rentabilitätskennzahlen branchenintern zu den besten zählten.

Gesamtkapitalrentabilität (GKR) = Kapitalgewinn/durchschnittliches Gesamtkapital

1990 steuerte die kalifornische Wirtschaft auf eine Rezession zu. Besonders Südkalifornien litt unter der „Friedensdividende“. Das Ende des Kalten Krieges hatte zu Kürzungen der Ausgaben für Verteidigung und Raumfahrt geführt, zwei der wichtigsten Industriezweige der Region. Zwar schlugen sich diese Entwicklungen noch nicht in den Büchern von Wells Fargo nieder, doch ein mehr oder weniger starker Rückgang der Industrie oder des Konsums Im Heimatstaat würde die Ergebnisse langfristig beeinträchtigen. Der Aktienmarkt brach prompt um 30 bis 40 Prozent ein.

1989 galt Wells Fargo als eine der bestgeführten Banken des Landes. Hier hatte man die seltene Kombination aus gutem, innovativem Service und niedrigen Kosten verwirklichen können. Wells Fargo hatte mit neuem, besserem Service und längeren kundenfreundlichen Öffnungszeiten Neuland erobert und sich bei der Einführung von Geldautomaten, Telefon- und Online-Banking in eine führende Position gebracht.

Steigert das Unternehmen seinen Wert für seine Kunden?
Zwar hatte Wells Fargo einige Übernahmen getätigt, doch auch das organische Wachstum war beträchtlich. Durch ein Interessantes Dienstleistungsangebot hatte sich Wells Fargo Im Verbrauchermarkt einen großen Marktanteil gesichert. Durch ein stärker auf Pensions- und Aktienfonds ausgerichtetes Angebot im Sparsektor wurden mehr Kunden angesprochen. Im Firmenkreditgeschäft hatte man sich auf Darlehen an Großunternehmen spezialisiert, zweckgebunden für Leveraged Buyouts, Übernahmen und Refinanzierungen sowie für Immobilien. Hier gab es den einen oder anderen Missgriff, doch im Großen und Ganzen konnte man von fachlicher Kompetenz und niedrigen Gemeinkosten profitieren.

Steigert das Management den Unternehmenswert?
Buffett hielt Carl Reichardt, Chairman und CEO, und Paul Hazen, President und COO, für das beste Managementteam der amerikanischen Bankwirtschaft. Er verglich sie mit Tom Murphy und Dan Burke bei Capital Cities – für ihn die Spitzenbesetzung schlechthin. Sie waren eindeutig fähig und arbeiteten gut zusammen. Darüber hinaus blieben sie bei ihren Leisten und engagierten sich nicht zur Diversifikation in Branchen, in denen ihnen die nötige Sachkenntnis fehlte. Und – wie es dem immer wiederkehrenden Motiv bei Buffett’schen Investitionen entsprach – sie achteten in allen Unternehmensbereichen auf eine vernünftige Kostenpolitik. Personalkosten sind bei den meisten Banken der größte Einzelposten bei den zinsneutralen Aufwendungen, so dass die Kostendämpfung in diesem Bereich besonders wichtig war. Durch den Ausbau neuartiger Vertriebswege wie Telefon-Banking erreichte man eine Steigerung des Umsatzes ohne Kostenanstieg in traditionellen – und kostenintensiven – Bereichen. In den sechs Jahren von 1984 bis 1989 waren die Zinserträge im Schnitt um 15 Prozent im Jahr gestiegen, die zinsneutralen Erträge um 24 Prozent p.a., die zinsneutralen Aufwendungen jedoch lediglich um 12 Prozent im Jahr. Das Kostenmanagement hatte bei Wells Fargo einen noch höheren Stellenwert als bei Capital Cities. Fernsehsender verfügten über monopolistische Eigenschaften, wie sie im Bankgeschäft kaum vorkamen. Zinsen, Kreditpolitik und die meisten Dienstleistungen sind öffentlich und leicht zu kopieren. Wie bei GEICO waren auch hier möglichst große Kostenvorteile der beste Schutz gegen die Konkurrenz.

Besonders Südkalifornien litt unter der „Friedensdividende“.
Das Ende des Kalten Krieges hatte zu Kürzungen der Ausgaben für Verteidigung und Raumfahrt geführt, zwei der wichtigsten Industriezweige der Region.

Steigert das Unternehmen seinen Wert für die Aktionäre?
Das Bankgeschäft hat zyklischen Charakter. Das Geschäftsergebnis richtet sich manchmal nach den konjunkturellen Schwankungen Im Land oder im Bundesstaat, doch ebenso häufig geraten Banken auch ohne äußere Einflüsse In die Krise. Wells Fargo hatte die Fallstricke der Branche stets geschickt vermieden, meist, indem sich die Bank auf wenige vertraute Märkte konzentrierte. 1987 kam es zu einem deutlichen Schnitt im Auslandsengagement, doch dafür hatte man nie mit den Problemen der Kreditvergabe an weniger entwickelte Länder zu kämpfen, die den New Yorker Banken so zu schaffen machten. Wells Fargo zeigte in allen Kernbereichen bessere Ergebnisse als die Konkurrenz: die Kapitalrentabilität war hoch, weil die Kosten niedrig und die Akzeptanz der breiten Palette an gebührenpflichtigen Dienstleistungen hoch waren. Die Eigenkapitalrentabilität war ausgezeichnet. Die Gefahren, die die Börse gewittert hatte, waren jedoch real, denn mit der kalifornischen Wirtschaft ging es tatsächlich bergab. Die Frage war nur, ob der Markt womöglich überreagiert hatte.