Fusionen und Übernahmen werden auch in Zukunft das Wirtschaftsgeschehen ganz entscheidend bestimmen. Dabei agieren meist nur die Vorstände der beteiligten Firmen in der Öffentlichkeit. Die eigentlichen Akteure – das sind die Investmentbanken und ihre Fachleute – bleiben im Hintergrund. Auf deren Know-how und Verbindungen können die Konzernchefs nämlich nicht verzichten, wenn sie Zukäufe oder Fusionen planen oder Konzernteile abstoßen wollen.
Die Aufgaben einer Investmentbank sind breit gestreut: Sie führt Firmen an die Börse, berät Unternehmen bei Umstrukturierungen, bei Fusionen und beim Kauf oder Verkauf von Firmen und Firmenteilen und bietet ihnen verschiedenste Finanzierungsformen. Dafür erhält sie von den Unternehmen Provisionen, die sich am Wert des getätigten Geschäfts orientieren.
Auch im Jahr 2000, in dem die Anleger viele Milliarden verloren haben, konnten die drei führenden Investmenthäuser Goldman Sachs, Morgan Stanley Dean Witter und Merrill Lynch zusammen ein Spitzenergebnis von mehr als 12 Milliarden Dollar einfahren. Das waren gut 20 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Laut Manager Magazin hat Morgan Stanley Dean Witter im Jahr 2000 5,5 Milliarden Dollar Gewinne gemacht, Goldman Sachs 3,1 Milliarden und Merrill Lynch 3,8 Milliarden Dollar.
Lohnende Geschäße
Die Geschäftsbereiche der Investmentbanken sind Mergers & Acquisitions (Fusionen und Zukäufe), Trading (Eigenhandel), Sales (Verkauf), Research und Corporate Finance (Unternehmensfinanzierung). Selbst die deutschen Banken benutzen nur noch die englischen Ausdrücke dafür.
Mit Mergers & Acquisitions (M&A) lässt sich am besten Geld verdienen, weil hier besonders große Werte bewegt werden, wonach sich auch der Verdienst der Banken richtet. Die Banker beraten Unternehmen bei Fusionen, Akquisitionen und Verkäufen. Aufgrund ihrer weltweiten Verbindungen können sie geeignete Übernahmekandidaten oder Käufer finden und die Kontakte zwischen den Unternehmen hersteilen. Die Investmentbanken führen dann die Vertragsverhandlungen, arbeiten entsprechende Verträge aus und sorgen schließlich auch für die Finanzierung.
Besonders gutes Geld haben die Investmentbanken in der jüngeren Vergangenheit bei den Großfusionen verdient, aber auch jeder Konzern, der eine Umstrukturierung plant, sowie mittelständische Unternehmen, die eine passende Firma zukaufen wollen, sind auf die internationalen Kontakte der Investmentbanker angewiesen.
Der Tradingbereich ist für den Handel von Aktien, Anleihen, Derivaten und Devisen zuständig, und zwar an den internationalen Kapitalmärkten. Im Salesbereich findet der Verkauf von Finanzprodukten an Unternehmen, andere institutioneile Investoren und vermögende Privatkunden statt.
Corporate Finance bezeichnet die Beratung der Unternehmen in allen Finanzierungsfragen. Dabei geht es von den Börsengängen über die Bereitstellung von Krediten bis zur Absicherung von Währungsrisiken.
Im Researchbereich sitzen die Finanzanalysten, welche die internationalen Finanzmärkte, die verschiedenen Branchen sowie einzelne Unternehmen beobachten und analysieren.
Unter den Investmentbankern herrscht weltweit ein gnadenloser Kampf um die Vorherrschaft im Geschäft mit Aktien, Anleihen und Fusionen. Denn es geht nicht nur um viel Geld, sondern um sehr viel Geld, das zu verdienen ist, und die Gelegenheiten findet man nicht an jeder Straßenecke.
Mergers & Acquisitions: die Königsklasse der Banken
Nur 46 M&A-Transaktionen hatten im Jahr 2000 weltweit einen Wert von mehr als 10 Milliarden Dollar, die Mehrzahl der Unternehmenszusammenschlüsse und Übernahmen lagen zwischen 1 und 10 Milliarden Dollar. Insgesamt waren lediglich 451 Transaktionen zu betreuen. Nach Ansicht der Investmentbanker nicht genug, um alle an dem Kuchen teilhaben und satt werden zu lassen. Insgesamt ging es allein bei diesen M&A- Geschäften um eine Summe von 3,5 Billionen Dollar, und der Trend geht wohl dahin, dass die Zahl der Fusionen abnimmt, dafür aber der Wert des einzelnen Geschäfts weiter steigt.
Immer mehr europäische Unternehmen, auch kleinere und mittlere, kaufen Firmen in den USA, ganz einfach deshalb, weil der amerikanische Markt so groß ist. Dabei versuchen die Investmentbanker die Unternehmen oder Konzerne so umzubauen, dass sie nach Möglichkeit schlagkräftiger und effizienter werden. Aber immer seltener geht die Rechnung auf. Fusionen sind schön, aber auch gefährlich.
Das weltweite M&A-Geschäft wird derzeit ganz eindeutig von den drei großen US-Investmentbanken Goldman Sachs, Morgan Stanley Dean Witter und Merrill Lynch dominiert. Allerdings versuchen auch die europäischen Investmentbanken immer stärker an die Spitze aufzusteigen, zum Beispiel Crédit Suisse First Boston und die Schweizer UBS Warburg. Gemessen an der Höhe der abgeschlossenen Transaktionen in einem Jahr lag UBS Warburg 1999 noch auf Platz zehn, damals noch unter dem Namen Warburg Dillon Read. Im Jahr 2000 ist sie auf den Platz sechs aufgestiegen.
Etwa 50 Prozent des Wertes aller Transaktionen im Bereich Mergers & Acquisitions entfallen auf die zehn größten Anbieter weltweit, schreibt Die Bank 1/2000. Im Bereich Trading/Sales liegt der Konzentrationsgrad sogar bei 82 Prozent, im Beratungsgeschäft bei 71 und im Emissionsgeschäft bei 84 Prozent. Nach einer anderen Quelle (Manager Magazin ) hat Goldman Sachs bei Fusionen und Übernahmen bereits einen Weltmarktanteil von 45,5 Prozent, Morgan Stanley Dean Witter kommt danach auf 38,2 Prozent und Merrill Lynch auf 32,3 Prozent. Wie auch immer, in die Karten lassen sich die Banker bei diesen Geschäften ohnehin nur ungern gucken. Verschleierungstaktiken sind gang und gäbe.
Früher hatten sich die Investmentbanken noch ganz auf Unternehmen und Institutionen als Kunden fixiert. Inzwischen setzt sich die Ansicht durch, dass auch der Privatkunde nicht vergessen werden darf, sagt Markus Granziol, Chef von UBS Warburg, der Financial Times Deutschland. Investmentbanken, die sich nicht an alle drei Kundengruppen richten, werden seiner Ansicht nach langfristig in eine Nische flüchten müssen.
Er geht von einer Konzentration der weltweit tätigen Investmentbanken auf nicht mehr als acht Institutionen aus. Für regionale Anbieter sieht Granziol keine Chancen. Nordamerika ist nach wie vor der weltweit wichtigste Markt für Investmentbanken, weil dort die meisten Fusionen und Börsengänge stattfinden. Daran verdienen die Investmentbanken bis zu 5 Prozent der Transaktionssumme. Außerhalb der USA verdient man nur die Hälfte.
Laut Granziol machen die Beratungen bei Fusionen und Übernahmen und das Kapitalmarktgeschäft bei UBS Warburg nur 15 Prozent der gesamten Erträge aus. Dieser Anteil dürfte bei den US-Banken höher sein, aber langfristig würden die Großen der Branche vom klassischen Investmentbanking allein nicht mehr leben können, sondern müssten sich zum universellen Finanzdienstleister entwickeln.
UBS Warburg hatte eigentlich für 2000 die Errichtung eines Finanzportals für vermögende Privatkunden geplant, dies dann aber wieder verschoben, denn inzwischen hat die Bank das US-Brokerhaus Paine Webber gekauft und hat damit Zugang zu einer Kundenbasis, die auf 30 Billionen Dollar taxiert wird, so Granziol. Also auch hier Fusionen und der Weg zur schieren Größe.
Alle großen Investmentbanken, zum Beispiel Goldman Sachs, auch Morgan Stanley, Merrill Lynch, Crédit Suisse First Boston und UBS Warburg, stocken derzeit in Deutschland ihre Mitarbeiter im Bereich Investmentbanking auf. Denn ab 2002 ist der Verkauf von Unternehmen oder Unternehmensteilen in Deutschland steuerfrei. Die Investmentbanken erwarten eine große Restrukturierungswelle, welche die deutsche Industrielandschaft radikal verändern wird. Und da wollen sie rechtzeitig dabei sein, um ein Stück von dem großen Kuchen des sich abzeichnenden Investmentgeschäfts abzukriegen.
Das Geschäft mit den Neuemissionen
Selbst ist der Mann. Immer mehr Unternehmen umgehen die Banken und nutzen das Internet, um neue Aktien oder Privatplatzierungen direkt an die Investoren zu verkaufen.
Im Emissionsgeschäft ist den traditionellen Investmentbanken also durch das Internet eine ernst zu nehmende Konkurrenz erwachsen. Im Internet kostet eine Emission 50 000 Dollar, unabhängig von der Höhe des beschafften Kapitals, und bei einer Investmentbank muss man für eine kleine Emission bis zu einem Fünftel des Emissionsvolumens im Voraus zahlen. Branchenexperten rechnen damit, dass innerhalb der nächsten fünf Jahre bis zu 60 Prozent der Börsengänge über das Internet platziert werden und dass in drei Jahren der Internethandel ungefähr 15 Prozent aller Erträge im Trading/Sales-Bereich und bei Aktienemissionen auf sich ziehen wird.
Die Deutsche Börse bezeichnet das Jahr 2000 als Jahr der Neuemissionen. Zwar ging die Anzahl der Börsengänge gegenüber 1999 von 168 auf 153 zurück, doch das Emissionsvolumen machte einen rasanten Sprung von 12,9 Milliarden Euro auf eine neue Rekordsumme von rund 26 Milliarden Euro. 133 der Neuemissionen entfielen auf den Neuen Markt.
In Deutschland stand bei den Neuemissionen im Jahre 2000, gemessen am Volumen, die Deutsche Bank mit knapp 8,8 Milliarden Euro auf dem ersten Platz, gefolgt von Goldman Sachs mit 4,8 Milliarden Euro, UBS Warburg mit 3,7 Milliarden Euro, Dresdner Bank mit 2,1 Milliarden Euro, Commerzbank mit 1,7 Milliarden Euro und ABN Amro Rothschild mit 1,4 Milliarden Euro. Doch diese Summen sagen noch lange nichts über die Qualität der Neuemissionen aus.
Wie eine Untersuchung der WirtschaftsWoche ergeben hat, waren die besten Emissionsbanken UBS Warburg, ABN Amro und die Landesbank
Rheinland Pfalz. Goldman Sachs bildete das Schlusslicht der Untersuchung auf Platz 32, die Plätze 27 bis 31 belegten Morgan Stanley Dean Witter, Dresdner Bank, DG Bank, Deutsche Bank und Commerzbank. Die Wirtschaftswoche hat in ihrem Ranking der Emissionen auf dem deutschen Markt neben der Größe der Emission die Zuteilungsquote an Privatanleger, Zeichnungsgewinne und Kursgewinne bis zum Ende des Jahres 2000 berechnet.
Bei den Emissionsbanken mit einem Emissionsvolumen von mehr als 40 Millionen Euro erreichten außer den drei Spitzenreitern UBS Warburg, ABN Amro Rotschild und Landesbank Rheinland-Pfalz nur noch drei Banken eine positive Gesamtpunktzahl: Die Norddeutsche Landesbank, die Berliner Effekten und die BNP Paribas. Alle übrigen Emissionsbanken lagen im Minus.
Dass relativ kleine Emissionsbanken an der Spitze der Bewertung standen, hat wohl einen simplen Grund: Wer wenig Unternehmen an den Markt bringt, kann auch wenig falsch machen. Doch war es keineswegs umgekehrt so, dass alle Banken, die sehr viele Aktien platzierten, auch automatisch schlecht abschnitten. Andererseits hat unter den ganz kleinen Emissionshäusern mit weniger als 40 Millionen Euro Emissionsvolumen kein einziges eine positive Punktzahl erreicht.
UBS Warburg, der Sieger im Ranking der Wirtschaftswoche, war bei der größten Emission des Jahres, der Aktie Gelb der Deutschen Post, beteiligt, die ein großer Erfolg wurde. ABN Amro Rothschild hat seinen zweiten Platz in der Rankingliste wohl dem erfolgreichen Börsengang des Airbus-Herstellers EADS am Neuen Markt zu verdanken. Die gute Kursentwicklung und das sehr hohe Emissionsvolumen von über 2,75 Milliarden Dollar brachten EADS gleich nach der Deutschen Post auf den zweitbesten Platz unter den Neuemissionen. Die Landesbank Rheinland- Pfalz kam wegen der erfolgreichen Emission von Thiel Logistik auf den drittbesten Platz.
Es sei nicht leicht gewesen, die Gier so mancher Unternehmer zu bremsen, sagte Pim van der Velden, Direktor bei ABN Amro Rothschild in Frankfurt der Wirtschaftswoche. Er sieht es als einen nicht unwesentlichen Erfolgsfaktor, dass die Bank nicht jedes börsenwillige Unternehmen auch an die Börse gebracht hat. Außerdem habe man der Versuchung widerstehen müssen, möglichst viele Aktien in die Hände einiger weniger Fonds zu geben. Diese Abhängigkeit von wenigen Neuer-Markt-Fonds habe sich später oft als fatal erwiesen. Wenn sich nämlich größere Fonds plötzlich von den Aktien trennten, bewegten sich immer gleich die Kurse nach unten. Hier wird das Spannungsfeld für Universalbanken deutlich. Die
Interessen des Investmentbereichs sind nicht unbedingt kompatibel mit denen der Fondsmanager.