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Neue Steuerreform: Bundesregierung entlastet Startups, Pendler und Gastronomie

Bundesregierung beschließt neue Entlastungen: Startups, Pendler und Gastronomie im Fokus

Deutschland kämpft seit zwei Jahren mit wirtschaftlicher Stagnation. Lieferkettenkrisen, steigende Energiepreise und ein unsicheres Investitionsklima haben Europas größte Volkswirtschaft stark gebremst. Nun versucht die Bundesregierung gegenzusteuern: Am Mittwoch hat das Bundeskabinett einen umfangreichen Gesetzentwurf verabschiedet, der Startups bessere Finanzierungsmöglichkeiten verschaffen, Investitionen ankurbeln und Bürger wie Unternehmen steuerlich entlasten soll.

Startups als Wachstumsmotor

Im Mittelpunkt der Pläne stehen junge, innovative Firmen. „Startups sind ein Motor für Investitionen, Wachstum und neue Arbeitsplätze“, betonte Finanzminister Lars Klingbeil bei der Vorstellung des Entwurfs. Genau hier setzt das neue Gesetz an: Durch einen veränderten steuerlichen Rahmen sollen Investoren stärker ermutigt werden, Kapital in deutsche Gründerunternehmen zu lenken.

Die Notwendigkeit liegt auf der Hand: Seit Anfang 2023 ist in den USA rund viermal so viel in Startups geflossen wie in Deutschland. Der Rückstand ist beträchtlich, und die Szene hierzulande fordert schon lange bessere Bedingungen. Der Startup-Verband begrüßte den Gesetzentwurf deshalb ausdrücklich.

Mehr Flexibilität am Kapitalmarkt

Besonders symbolträchtig ist die geplante Absenkung des Mindestnennwerts von Aktien. Statt wie bisher ein Euro soll künftig nur noch ein Cent ausreichen. Das mag auf den ersten Blick eine technische Kleinigkeit sein, erleichtert aber Kapitalaufnahmen erheblich und bringt Deutschland auf Augenhöhe mit internationalen Standards.

Darüber hinaus sollen bestimmte Prüf- und Berichtspflichten entfallen, was gerade für kleine Unternehmen eine spürbare Erleichterung bedeutet. Zudem wird die Möglichkeit geschaffen, bei Wertpapieremissionen auch englischsprachige Prospekte zu verwenden. Damit sollen EU-weite Platzierungen vereinfacht und internationale Investoren besser angesprochen werden.

Steuerliche Anreize und Entlastungen

Neben der Startup-Förderung umfasst der Gesetzentwurf ein zweites Paket: steuerliche Erleichterungen für Bürgerinnen und Bürger. Die Pendlerpauschale wird auf 38 Cent pro Kilometer vereinheitlicht. Damit reagiert die Regierung auf die steigenden Mobilitätskosten, von denen vor allem Menschen im ländlichen Raum betroffen sind, die täglich weite Strecken zur Arbeit zurücklegen.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Gastronomie. Nach jahrelangem Hin und Her soll die Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants dauerhaft auf sieben Prozent gesenkt werden. Ursprünglich war dieser reduzierte Satz nur als pandemiebedingte Übergangslösung gedacht, nun soll er zur Regel werden.

Erleichterung für Restaurants – aber hohe Kosten bleiben

Die Hoteliers- und Gaststättenvereinigung DEHOGA sprach von einem wichtigen Signal für die Branche. „Ob und in welchem Umfang die Preise sinken können, hängt aber stark von der weiteren Kostenentwicklung ab“, betonte DEHOGA-Chefin Ingrid Hartges. Denn trotz der Steuererleichterung kämpft die Gastronomie weiterhin mit steigenden Ausgaben – von Lebensmitteln über Energie bis hin zu höheren Löhnen durch die jüngste Mindestlohnanhebung.

Für viele Betriebe bedeutet die reduzierte Mehrwertsteuer daher nicht automatisch Spielraum für Preissenkungen, sondern vor allem eine dringend benötigte Stabilisierung in schwierigen Zeiten.

Milliardenschwere Steuerausfälle

Allerdings haben die Maßnahmen ihren Preis. Der Gesetzentwurf rechnet allein für das Jahr 2026 mit Steuermindereinnahmen von 4,8 Milliarden Euro. Für die Jahre 2027 bis 2030 werden sogar jährliche Ausfälle von bis zu 6,1 Milliarden Euro erwartet.

Ökonomen sehen diese Entwicklung kritisch. Friedrich Heinemann vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sprach von „finanzpolitischem Populismus“ und bezeichnete die dauerhafte Senkung der Restaurant-Mehrwertsteuer als „Niederlage für die fiskalische Vernunft“.

Investitionen in Infrastruktur und erneuerbare Energien

Gleichzeitig soll mehr Kapital in Zukunftsprojekte fließen. Der Gesetzentwurf sieht vor, Investitionen gezielt in den Ausbau der Infrastruktur und in erneuerbare Energien zu lenken. Angesichts der Klimakrise und der Notwendigkeit, Deutschland unabhängiger von fossilen Brennstoffen zu machen, gilt dieser Bereich als besonders wichtig.

So sollen die neuen Maßnahmen nicht nur kurzfristige Impulse setzen, sondern auch langfristig den Wandel zu einer nachhaltigen Wirtschaft beschleunigen.

Balanceakt zwischen Förderung und Haushaltsdisziplin

Die Bundesregierung bewegt sich damit auf einem schmalen Grat. Einerseits sollen Gründer gefördert, Bürger entlastet und die Wirtschaft angekurbelt werden. Andererseits drohen wachsende Haushaltslöcher, die in den kommenden Jahren finanziell kompensiert werden müssen. Schon jetzt warnen Experten, dass ohne Gegenfinanzierung die Schuldengrenzen unter Druck geraten könnten.

Die Befürworter sehen in dem Gesetz jedoch einen notwendigen Befreiungsschlag. Nach zwei Jahren der Rezession sei es an der Zeit, klare Impulse zu setzen. „Wenn wir jetzt nicht investieren und fördern, verlieren wir den Anschluss im internationalen Wettbewerb“, heißt es aus Regierungskreisen.

Fazit: Ein mutiger, aber riskanter Schritt

Mit dem neuen Gesetzespaket setzt die Bundesregierung ein starkes Signal: Startups sollen leichter Kapital aufnehmen können, Pendler werden bei den steigenden Fahrtkosten unterstützt, und die Gastronomie erhält endlich Planungssicherheit. Gleichzeitig fließen Milliarden in Infrastruktur und Energiewende.

Doch der Preis ist hoch: Milliardenlöcher im Staatshaushalt und Kritik von Ökonomen, die den Kurs als populistisch bezeichnen. Ob die Maßnahmen am Ende die gewünschte Belebung bringen, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen. Klar ist jedoch: Deutschland versucht, seine Rolle als wirtschaftlicher Motor Europas zurückzuerobern – auch wenn es dafür finanzpolitisch ins Risiko geht.

FAQ

Was ändert sich konkret für Startups?

Startups profitieren von besseren steuerlichen Rahmenbedingungen, geringeren Berichtspflichten und einer Absenkung des Mindestnennwerts von Aktien auf 1 Cent. Zudem sind künftig auch englischsprachige Wertpapierprospekte erlaubt, was internationale Investoren ansprechen soll.

Wie hoch ist die neue Pendlerpauschale?

Ab 2026 gilt eine einheitliche Pendlerpauschale von 38 Cent pro Kilometer. Damit sollen Berufspendler, insbesondere aus ländlichen Regionen, stärker entlastet werden.

Welche Steuererleichterungen gibt es für Restaurants?

Die Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants wird dauerhaft von 19 % auf 7 % gesenkt. Für viele Betriebe bedeutet dies eine finanzielle Entlastung, allerdings bleiben hohe Kosten durch Löhne, Energie und Lebensmittel bestehen.

Wie hoch sind die erwarteten Steuerausfälle?

Laut Entwurf rechnet die Bundesregierung 2026 mit Einnahmeausfällen von rund 4,8 Milliarden Euro. Zwischen 2027 und 2030 sollen die jährlichen Ausfälle sogar 5,7 bis 6,1 Milliarden Euro betragen.

Warum fließt zusätzliches Kapital in Infrastruktur und erneuerbare Energien?

Die Regierung möchte nicht nur kurzfristig die Wirtschaft ankurbeln, sondern auch langfristig die Energiewende und den Ausbau der Infrastruktur sichern. Damit soll Deutschland unabhängiger von fossilen Energien werden und seine Wettbewerbsfähigkeit stärken.