Durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt („Hartz III“) sind mit Wirkung ab 07.2004 folgende Neuregelungen in Kraft getreten:
-die Einführung eines neuen Entgeltbegriffs, des sog. Regelarbeitsentgelts,
-der Wegfall der Vorschriften zu den Mindestnettobezügen,
-Einschränkungen der Erstattungsleistungen der Bundesagentur für Arbeit sowie
-eine Verschärfung der Insolvenzsicherungspflicht.
Diese Neuerungen gelten für Arbeitnehmer, die – unabhängig vom Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitvertrags – ihre Altersteilzeit nach dem 07.2004 an- treten. Bei Eintritt davor bleibt es beim bisherigen Recht. Dafür könnte noch auf die 3. Auflage dieser Broschüre zurückgegriffen werden.
Im Folgenden werden die wichtigsten Voraussetzungen und Grundbegriffe der Altersteilzeit nach heutiger Rechtslage kurz dargestellt.
Altersteilzeitvereinbarung
Die Altersteilzeit ist vor ihrem Beginn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzelvertraglich zu vereinbaren. Als befristeter Vertrag bedarf die Vereinbarung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 14 Abs.4 TzBfG). Der Arbeitnehmer kann frei entscheiden, ob er Altersteilzeit leisten, oder seine Beschäftigung weiterhin im bisherigen Umfang ausüben will. Er kann weder durch das Gesetz noch durch eine tarifliche Regelung zur Altersteilzeit verpflichtet werden. Für den Arbeitgeber dagegen kann sich aus einem Tarifvertrag eine solche Verpflichtung, meistens mit einer Quotelung, ergeben, die die Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen fördern soll. Der Altersteilzeitvertrag ist so abzufassen, dass die Altersteilzeit zu dem Zeitpunkt reicht, zu dem der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Rente wegen Alters hat. Liegt das vereinbarte Ende der Altersteilzeit vor dem Erreichen des frühestmöglichen Rentenalters, liegt keine Altersteilzeit im gesetzlichen Sinne vor. Nicht erforderlich ist, dass die Rente tatsächlich bezogen wird. Entscheidend ist die Möglichkeit eines Rentenbezugs, wobei auch eine geminderte Rentenzugangsmöglichkeit mit Abschlägen ausreicht. Die Frage des frühestmöglichen Rentenzugangs sollte vor Vertragsabschluss durch eine Rentenauskunft des Rentenversicherungsträgers geklärt werden. Im Übrigen kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, dass er mit ihm die Möglichkeiten der Altersteilzeit erörtert (vgl. § 42 Abs. 3 SGB VI).
Altersrente nach Altersteilzeitarbeit
Nach 2-jähriger Altersteilzeitarbeit war bisher mit Vollendung des 60. Lebensjahres ein vorgezogener Renteneintritt möglich. Ab 1.1.2006 wird der Rentenzugang für männliche Arbeitnehmer vom 60. auf das 63.Lebensjahr angehoben44. Dadurch verschiebt sich auch der Zugang zur Altersteilzeit. Am 31.12.2008 wird die vollständige Verschiebung auf das 63. Lebensjahr erreicht sein. Das bedeutet, dass die 2-jährige Mindestaltersteilzeit mit männlichen Arbeitnehmern ab 1.1.2009 erst mit Vollendung des 61. Lebensjahres beginnt. Für vor dem 1.1.2004 abgeschlossene Altersteilzeitverträge bleibt es noch bei der bisherigen Regelung des Rentenzugangs mit 60, wenn die betreffenden Arbeitnehmer vor dem 1.Januar 1952 geboren sind (Vertrauensschutz). Für Frauen und Schwerbehinderte bleibt es beim vorzeitigen Renteneintritt mit vollendetem 60. Lebensjahr, wenn die Altersteilzeit bis zu diesem Zeitpunkt andauert.
Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit um die Hälfte
Für die Reduzierung der Arbeitszeit um die Hälfte ist die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der letzten 24 Monate entscheidend. Bis Ende 1999 musste eine Verminderung der Arbeitszeit auf die Hälfte der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit vorgenommen werden (z. B. bei der 35-Stunden-Woche 17,5 Stunden pro Woche). Jetzt ist allein die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit maßgeblich (z. B. bei 40 Stunden pro Woche 20 Wochenstunden). Um zu erreichen, dass von einer betrieblich umsetzbaren Arbeitszeit ausgegangen werden kann, ist es zulässig, dass der errechnete Durchschnittswert auf die nächste volle Stunde nach unten oder nach oben gerundet wird.
Beispiel:
Beginn der Altersteilzeit 08.2004
Vereinbarte Arbeitszeit am 07.2004 35 Std. wöchentlich
Vereinbarte Arbeitszeit
a) vom 1.8.2002 bis 31.12.2005
(5 Monate) 30 Std. wöchentlich
b) vom 1.1.2003 bis 307.2004
(19 Monate) 35 Std. wöchentlich
Vereinbarte Arbeitszeit im Durchschnitt der letzten
24 Monate (5 x 30 + 19 x 35): 24 = 33,958 Std. wöchentlich
Obwohl die unmittelbar vor dem Übergang in die Altersteilzeit vereinbarte Arbeitszeit 35 Std. wöchentlich betragen hat, können als bisherige Arbeitszeit nur 33,958 Std. wöchentlich zu Grunde gelegt werden (Durchschnitt der letzten 24 Monate). Die ermittelte durchschnittliche Arbeitszeit kann auf die nächste volle Stunde gerundet werden; in diesem Beispielsfall kann die bisherige Arbeitszeit 33 oder 34 Std. wöchentlich betragen.
Auch nach der Reduzierung der Arbeitszeit muss der Arbeitnehmer mehr als geringfügig (arbeitslosenversicherungspflichtig) beschäftigt bleiben. Mehr als geringfügig ist eine Beschäftigung, wenn das aus dieser Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt mehr als 400 € monatlich beträgt (§ 8 SGB IV).
Nutzung von Wertguthaben
Unter dem Begriff Wertguthaben sind alle Guthaben zu verstehen, die im Rahmen vertraglich vereinbarter flexibler Arbeitszeitregelungen erzielt werden (Zeitguthaben, Geldguthaben). Zeitguthaben aus Langzeitkonten können grundsätzlich zur Reduzierung der Arbeit in der Arbeitsphase oder zu ihrer Verkürzung verwendet werden. Voraussetzung ist, dass vor Beginn der Altersteilzeit
-die Vereinbarung über die Bildung eines derartigen Wertguthabens getroffen wird und
-dieses Wertguthaben angesammelt ist.
Zur neuen Insolvenzsicherungspflicht für Arbeitszeitguthaben im Blockmodell.
Regeiarbeitsentgelt
Bemessungsgrundlage für die – später erörterten Aufstockungsbeträge – ist nur noch das Regelarbeitsentgelt. Anders als früher, d.h. bis zum 07.2004, zählt hierzu nicht mehr das gesamte halbierte Arbeitsentgelt einschließlich Sonder-und Einmalzahlungen, sondern das auf einen Monat entfallende, regelmäßig zu zahlende sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt, soweit es die Beitragsbemessungsgrenze des SGB nicht überschreitet. Zum Regelarbeitsentgelt können
-neben dem laufenden Arbeitsentgelt – u.a. gehören
-vermögenswirksame Leistungen
-Prämien und Zulagen (z. B. Leistungszulagen, Erschwerniszulagen)
-Zuschläge für Sonntags-, Leiertags- und Nachtarbeit und
-Sachbezüge und sonstige geldwerte Vorteile (Dienstwagen, Kantinenessen u. a.)
Kein Regelarbeitsentgelt sind die Mehrarbeitsvergütung (einschließlich Zuschläge) und Einmalzahlungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder Jubiläumsprämie, da sie nicht regelmäßig jeden Monat gezahlt werden.
Aufstockungsbeträge
Das Altersteilzeitgesetz verlangt vom Arbeitgeber die Aufstockung des Bruttoarbeitsentgelts um 20% (Pflichtaufstockung). Die Aufstockungsverpflichtung auf mindestens 70 % des bisherigen Nettoeinkommens entfällt dagegen ersatzlos; sie gilt nur noch für Arbeitnehmer, die Altersteilzeit bis zum 30.6.2004 angetreten hatten. Der Arbeitgeber bleibt berechtigt, weiterhin Aufstockungsleistungen auch für Sonder- und Einmalzahlungen zu erbringen (freiwillige Aufstockung). Auch diese Aufstockungen bleiben Steuer- und sozialversicherungsfrei (S 3 Nr. 1 a AtG).
Die Steuerfreiheit ist auch gegeben, wenn der Anspruch des Arbeitgebers auf die Erstattungsleistungen erlischt, ruht oder nicht besteht, weil der freigemachte Arbeitsplatz nicht wieder besetzt wird. Allerdings unterliegen die Aufstockungsbeträge dem Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG). D.h., sie sind in der Einkommenssteuererklärung anzugeben. Dadurch können sich steuerliche Mehrbelastungen für den Arbeitnehmer ergeben, weil die Aufstockungsbeträge zwar steuerfrei bleiben, das übrige steuerpflichtige Einkommen aber mit dem Steuersatz besteuert wird, der sich ergäbe, wenn diese Beträge der Steuerpflicht unterliegen würden.
Beispiel:
Monatlich laufender Lohn 2.250€
Beitragspflichtige Zulagen, die zwar monatlich,
aber in unterschiedlicher Höhe anfallen 320 €
jährliches Urlaubsgeld 1.130€
einmalige Jubiläumsprämie 1.500 €
Mehrarbeitsvergütung 180 €
Der gesetzliche Aufstockungsbetrag berechnet sich wie folgt:
20 % von 2.570 € = 514 €
Das Regelarbeitsentgelt beträgt 2.570 € (2.250 + 320). Die drei zuletzt aufgeführten Leistungen (Urlaubsgeld, Jubiläumszulage und Mehrarbeitsvergütung) sind keine monatlich regelmäßig gezahlten Beträge.
Der Arbeitgeber muss darüber hinaus auch zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen. Diese errechnen sich aus 80 % des Regelarbeitsentgelts. Die Bemessungsgrundlage ist jedoch auf maximal 90 % des Unterschiedsbetrags der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (2004: 5.150 € in den alten Bundesländern) und dem Regelarbeitsentgelt begrenzt. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt ist nicht zu berücksichtigen.
Beispiele:
90 % der Beitragsbemessungsgrenze
(2004: West 5.150 €, 2005: 5.200 €) 4.635,- €
Regelarbeitsentgelt 1.500€
Differenzbetrag/Höchstbetrag 3.135€
80 % des Regelarbeitsentgelts 1.200€
Zusätzlicher Beitrag zur Rentenversicherung 19,5%
aus 1.200€ 234€
90% der Beitragsbemessungsgrenze (2004: West 5.150€) 4.635€
Regelarbeitsentgelt 2.750€
Differenzbetrag/Höchstbetrag 1.885€
80% des Regelarbeitsentgelts 2.200€
Zusätzlicher Beitrag zur Rentenversicherung 19,5% aus
1.885€ 367,58€
Wie die vorgenannten Beispiele deutlich zeigen, erwachsen dem Arbeitgeber erhebliche Mehrbelastungen, sowohl aus dem Entgeltaufstockungsbetrag, als auch aus dem Aufstockungsbetrag Rentenversicherung, wodurch die eingangs getroffene Feststellung einer kostspieligen Frühverrentungsform bestätigt wird.