Die meisten Hauptversammlungen finden bis auf wenige Ausnahmen zwischen April und Juli statt. Während dieser Monate folgt ein Termin dem anderen, und in den Nachrichten werden täglich oft mehrere Geschäftsberichte vorgestellt. Das ist die Hauptsaison für die so genannten Dividendenjäger. Die Dividende ist die Ausschüttung des Gewinns. Etliche Aktiengesellschaften schütten überhaupt keine Dividende aus – das gilt insbesondere für neu gegründete Unternehmen oder Technologiewerte, die die Gewinne meist wieder reinvestieren. Viele im DAX enthaltenen Unternehmen jedoch schütten traditionell Dividenden aus, und es ist für diese Unternehmen eine Frage der Reputation, die Dividende jedes Jahr beizubehalten oder auch zu erhöhen. Selbst in Krisenzeiten veräußern solche Unternehmen lieber ein paar Immobilien oder Beteiligungen, bevor sie die Dividende kürzen oder völlig streichen. Einige ausgeklügelte Anlagestrategien beruhen auf Dividendenausschüttungen, und ein Unternehmen gilt als umso solider, je länger das Unternehmen kontinuierlich eine gleichbleibende oder sogar steigende Dividende zahlt. Als Kennzahl gibt es die so genannte Dividendenrendite; dabei wird die Ausschüttung durch den aktuellen Aktienkurs dividiert (Beispiel: Wenn ein Unternehmen eine Dividende von 3 Euro je Aktie ausschüttet und der aktuelle Aktienkurs 100 Euro beträgt, dann ist die Dividendenrendite 3 Prozent). Die meisten Aktiengesellschaften liegen in ihrer Dividendenrendite zwischen 0,5 und 3 Prozent. In seltenen Fällen kann die Dividendenrendite sogar über 6 oder 7 Prozent liegen. Für manche Anleger ist diese Ausschüttung gleichsam eine Art zusätzliche Verzinsung oder ein Puffer gegen mögliche Kursverluste. Sie sollten allerdings Vorsicht walten lassen, denn eine hohe Dividendenrendite kann auch dadurch entstehen, dass der Aktienkurs sehr stark zurückgegangen ist; denn in diesem Fall steigt die Dividendenrendite. Wenn Sie eine solche Aktie nur wegen der hohen Ausschüttung kaufen, laufen Sie Gefahr, dass die Aktie ihren Abwärtstrend fortsetzt und Sie Verluste machen. Eine hohe Dividendenrendite ist nur dann für Sie als Anleger lukrativ, wenn der Aktienkurs zuvor über einen längeren Zeitraum gestiegen ist oder zumindest das Niveau beibehalten hat. Kaufen Sie auf keinen Fall vermeintlich interessante Aktien mit hoher Dividendenausschüttung, wenn der Aktienkurs ständig nach unten zeigt.
Dividendenjäger sind gewiefte Anleger, die die vielen Ausschüttungen einsammeln. Sie müssen dazu wissen, dass man die Aktie nur an einem einzigen Tag im Depot haben muss, um die Dividende zu erhalten. Sie müssen die Aktie nicht wochen- oder monatelang oder gar ein Jahr halten, sondern es genügt, wenn sie am Tag der Dividendenberechtigung im Depot war. Dieser Termin ist meist wenige Tage vor der Hauptversammlung. Sie erhalten dann die volle Ausschüttung. Diesen Umstand machen sich viele Dividendenjäger zunutze. Doch diese Strategie hat einige Haken. Allein beim An- und Verkauf der Aktien fallen Bankprovisionen und eventuell die Maklercourtage an. Selbst wenn Sie diese Kosten auf beispielsweise ein Prozent drücken und eine Dividendenrendite von 3 Prozent erzielen, müssen Sie noch Folgendes beachten. Am Tag nach der Dividendenberechtigung sinkt der Aktienkurs meist um die Höhe des Dividendenbetrags. Häufig geht der Aktienkurs sogar noch stärker zurück, da plötzlich einige Anleger, nachdem sie die Ausschüttung erhalten haben, die Aktie abstoßen und dadurch den Kurs noch weiter drücken. Insofern kann der Kursrückgang am Tag nach der Dividendenausschüttung stärker ausfallen, so dass Sie letztlich Verlust machen. Deshalb werden Dividendenjäger die Aktie etwas länger halten, ln vielen Fällen erholt sich der Aktienkurs nach einigen Tagen von der Dividendenausschüttung und steigt wieder, wenn das Unternehmen profitabel arbeitet und gute Zukunftsaussichten hat. Bei Aktiengesellschaften, die Anleger durch hohe Dividenden anlocken wollen, aber mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben, kann der Aktienkurs nach der Ausschüttung sehr deutlich nachgeben, und der Kurs erholt sich selbst nach Monaten nicht mehr. Insofern sollten Sie, wenn Sie als Dividendenjäger sich die Saison zwischen April und Juli zunutze machen wollen, nur die besten Aktiengesellschaften heraussuchen. Problematisch ist auch, dass Sie bei der kurzen Haltedauer der Aktien die Kursgewinne versteuern müssen; dies gilt ebenso für die ausgeschüttete Dividende. Experten bezweifeln daher, ob eine solche Dividendenjäger-Strategie nach Abzug aller Transaktionskosten und Steuern wirklich lukrativ ist.