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Die Kapitalerhöhung beim Aktienkauf

Viele Unternehmen möchten nach einiger Zeit expandieren und zusätzliche Investitionen tätigen. Besonders neu gegründete Aktiengesellschaften haben nach ein paar Jahren zusätzlichen Kapitalbedarf. Um diesen nicht durch die Aufnahme von Fremdkapital decken zu müssen, ist es möglich, das Eigenkapital zu vergrößern. Hierzu gibt die Aktiengesellschaft neue Aktien aus. Dieses Verfahren nennt man Kapitalerhöhung.

Die neuen Aktien werden dabei mit Hilfe von Banken an der Börse oder bei anderen Investoren platziert. Die Einnahmen der Aktiengesellschaft ergeben sich aus dem Unterschied zwischen dem Nennwert der Aktie (bei Quotenaktien dem rechnerischen Nennwert) und dem bei der Platzierung erzielten Marktwert. Stellen Sie sich vor, eine Nennwertaktie hat den vorgegebenen Wert von 5 Euro (obgleich heutzutage die meisten Aktien nennwertlos sind); bei der Platzierung an der Börse oder bei Investoren wird bei der Erstnotierung ein Marktwert von 14 Euro erzielt. Die Differenz (14 Euro minus 5 Euro), nämlich 9 Euro, sind das Aufgeld oder Agio. Dieses Aufgeld wird in der Bilanz der Aktiengesellschaft den Kapitalrücklagen zugeführt. Da die Kapitalrücklagen zum Eigenkapital zählen, wird dadurch das Eigenkapital der Aktiengesellschaft erhöht.

Ein Problem ergibt sich für die Altaktionäre. Wenn neue Aktien an die Börse kommen, ändern sich die Vermögensverhältnisse.

Die Bezugsrechte und der Bezugsrechtshandel
In den meisten Fällen liegt der festgelegte Wert der neuen Aktien in der Nähe des aktuellen Aktienkurses der alten Aktien. Wenn aber – was fast immer der Fall ist – die neuen Aktien etwas billiger als die alten sind, dann haben neue Investoren die Möglichkeit, das Unternehmen dank der neuen Aktien zu einem günstigeren Preis zu kaufen. Die Altaktionäre würden dadurch erheblich benachteiligt, und ihr Aktienbesitz würde an Wert verlieren. Um dies zu verhindern, ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass die Altaktionäre ein Vorkaufsrecht auf die neuen Aktien geltend machen können. Diese Bezugsrechte werden von der Depotbank dem Anleger angeboten. Dieser Bezugsrechtshandel ist zeitlich befristet. Man benötigt in der Regel mehrere Altaktien, um eine neue Aktie erwerben zu können.

Die Ankündigung einer Kapitalerhöhung wirkt sich meist negativ auf den Aktienkurs aus; denn die Anleger befürchten, dass ein so genannter Verwässerungseffekt eintritt. Dadurch, dass nach der Kapitalerhöhung mehr Aktien im Umlauf sind, werden die Unternehmensgewinne auf eine größere Anzahl von Aktien verteilt. Deshalb sinkt der Gewinn pro Aktie. Der zurückgehende Aktienkurs schreckt einige Anleger davon ab, die Bezugsrechte wahrzunehmen.
Ob eine Kapitalerhöhung langfristig den Aktienkurs beeinträchtigt, hängt von der Gesamtsituation des Unternehmens ab. Wenn die Ertragsaussichten gut und die Investitionen sinnvoll sind, kann das Unternehmen langfristig von der Kapitalerhöhung profitieren. Eine Aktiengesellschaft hingegen, die in einer schweren Krisensituation eine Kapitalerhöhung beschließt, sollte man eher meiden, da weitere Turbulenzen nicht auszuschließen sind.

Der Altaktionär hat nun folgende Möglichkeiten: Er kann die Bezugsrechte wahrnehmen und neue Aktien ordern. Dadurch stockt er seinen Anteil an der Aktiengesellschaft auf. Ob dies für Sie sinnvoll ist, hängt davon, ob Sie die Zukunft dieses Unternehmens positiv beurteilen und höhere Erträge erwarten. Falls Sie sich nicht noch mehr an dem Unternehmen engagieren wollen, können Sie die Bezugsrechte innerhalb der gegebenen Frist an der Börse verkaufen. Durch den Verkauf der Bezugsrechte bleibt Ihr Vermögensanteil an dem Unternehmen konstant, d.h. die Bezugsrechte haben rechnerisch den Wert, den Sie durch die Kapitalerhöhung als Altaktionär verlieren würden. Die Bezugsrechte gleichen diese Vermögensänderung wieder aus. Nach dem Verkauf haben Sie wieder den gleichen Anteil am Unternehmen wie vor der Maßnahme. Wenn Sie hingegen die neuen Aktien über die Bezugsrechte kaufen, erhöht sich Ihr Engagement. Ihre Depotbank informiert Sie in der Regel 2 Wochen, bevor die Kapitalerhöhung in Kraft tritt. Innerhalb der angegebenen Frist werden die Bezugsrechte wie Aktien an der Börse gehandelt. Wenn Sie nun als Anleger das Schreiben der Bank ignorieren und keinerlei Instruktionen erteilen, verkauft die Bank automatisch Ihre Bezugsrechte am letzten Tag des Bezugsrechtshandels. Das ist für Sie ungünstig, denn anscheinend kümmern sich viele Anleger nicht darum oder vergessen es, so dass die Bank, wie die Praxis zeigt, bei vielen Anlegern die Bezugsrechte am letzten Tag verkauft. Die Folge der vielen Verkaufsaufträge ist, dass der Kurs des Bezugsrechts stark fällt. Zwar entspricht das Bezugsrecht normalerweise dem rechnerischen Wert, der sich aus dem Vermögensunterschied ergibt, aber aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage resultiert ein eigener Markt, der beträchtlich vom rechnerischen Wert abweichen kann. Wenn Sie also beim Verkauf Ihrer Bezugsrechte keine Verluste machen wollen, sollten Sie Ihre Bezugsrechte an einem günstigen Tag veräußern und eventuell ein Limit setzen, damit Sie den besten Verkaufspreis erzielen.

Am Ende der Bezugsfrist werden die neuen Aktien als „junge Aktien“ getrennt von den alten an der Börse notiert. Diese eigene Notierung wird so lange beibehalten, bis auch diese jungen Aktien in voller Höhe dividendenberechtigt sind. Danach sind sie den alten Aktien gleichgestellt.

Etwas problematischer sind so genannte Vorratsbeschlüsse, die von der Hauptversammlung genehmigt werden müssen. Ein solcher Vorratsbeschluss, der längstens fünf Jahre gültig ist, besagt, dass der Vorstand auch innerhalb kurzer Zeit eigenmächtig eine solche Kapitalerhöhung beschließen darf. Der Haken an der Sache ist, dass die Vorstände auf der Hauptversammlung meist durchsetzen, dass das Vorkaufsrecht der Altaktionäre ausgeschlossen wird. Da dies eine enorme Benachteiligung darstellt, hat der Gesetzgeber für solche Vorratsbeschlüsse und für den Ausschluss des Vorkaufrechts enge Grenzen gesetzt. So darf der Aktienkurs der neuen Aktien nur geringfügig unter dem der alten liegen, um den Vermögensverlust zu begrenzen; wenn das Vorkaufrecht ausgeschlossen wird, darf die Kapitalerhöhung nur 10 Prozent des vorhandenen Eigenkapitals betragen.