Neuemissionen sind viel riskanter als Aktiengesellschaften, die schon seit Jahren oder Jahrzehnten an der Börse sind. Solche etablierten Unternehmen haben bereits bewiesen, dass sie sich in einer Rezession oder in einer schweren Krise behaupten können. Neu gegründete Aktiengesellschaften verfügen über diese Erfahrung nicht. Zwar werden meistens nur Unternehmen an der Börse platziert, die bereits einige Jahre steigende oder zumindest solide Umsätze und Gewinne vorweisen können, doch nicht immer ist dies ein Garant für zukünftigen Erfolg. Eine überschäumende Börseneuphorie wie zur Zeit des Internetbooms kann auch Unternehmen an die Börse schwemmen, die nur durch eine Idee und finanzkräftige Investoren nach oben katapultiert wurden. Als der Neue Markt zusammenbrach, offenbarte sich den verärgerten Anlegern einiges, das man bis dahin nicht für möglich gehalten hatte. Manche Unternehmen wurden von Studierenden gegründet, die anfangs ihre Ausgabenbelege in Schuhkartons verwalteten; andere Technologieunternehmen, etwa in den USA, schreckten selbst vor kriminellen Machenschaften nicht zurück und verlagerten hohe Schulden in eigens gegründete Tochtergesellschaften, um das wahre Ausmaß der Verschuldung zu verschleiern. So ist es nicht verwunderlich, dass viele der einst gepriesenen Dot*coms im Orkus der Börsengeschichte verschwanden und Insolvenz anmelden mussten. Andere Internetunternehmen, die den Sturm mit Ach und Krach überstanden, dümpeln heute auf dem Niveau einiger Cents. Spötter vergleichen die fast flache Kurve am unteren Ende des Charts mit der Monitorlinie eines Herztoten.
Vielen Flops stehen natürlich viele Erfolgsgeschichten gegenüber, die den Anlegern erkleckliche Gewinne bescherten. Als im Jahre 1986 ein unbekanntes Unternehmen namens Microsoft das Licht der Börsenwelt erblickte, hätte wohl niemand gedacht, dass die Aktionäre ein Jahrzehnt später bereits Multimillionäre wären, und das mit einem Einsatz von schlappen hundert Dollar. Auch Google brachte den Anlegern viel Glück.
Als Anleger sollten Sie wie bei jeder Aktie sorgfältig die Kennzahlen studieren. Sind die Umsätze und Gewinne in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen? Wie sind diese Gewinne zustande gekommen? Wie sieht das Branchenumfeld aus? Welche Chancen haben die angebotenen Produkte oder Dienstleistungen auf dem Weltmarkt?
Als besonders erfolgversprechend gelten Unternehmen, die sich auf einem Markt bereits etabliert und dort die Marktführerschaft erreicht haben. Das Produkt oder die Dienstleistung sollten Merkmale aufweisen, die sie auf dem Markt einzigartig machen. Im Marketing nennt man dies Alleinstellungsmerkmal oder Unique Selling Proposition (USP). Wenn es sich um die Konsumgüterindustrie handelt, sollten Sie überlegen, ob Sie selbst, sofern Bedarf besteht, das Produkt kaufen würden. Schauen Sie sich um und denken Sie nach, wer so etwas benötigt. Vorsicht ist bei einem Unternehmen angebracht, das nur ein anderes Produkt oder eine Dienstleistung nachahmt; man nennt solche Erzeugnisse „Me-too- Produkte“, und häufig hat bereits ein etabliertes Unternehmen eine Marktnische besetzt. Zum Beispiel wäre es wenig sinnvoll, noch einen Online-Buchhandel zu gründen, da Amazon in diesem Bereich bereits einen Spitzenplatz innehat. Ein Unternehmen, das aber gezielt nur Hörbücher oder interaktive Medien für eine Zielgruppe anbietet, hätte vermutlich bessere Chancen. Attraktiv wäre aber eine solche Neuemission dennoch nicht, da die Medienbranche in den letzten Jahren eher wenig renditeträchtig war.
Seien Sie auch kritisch, wenn bestimmte Modethemen eine Flut von Neuemissionen auslösen. In den letzten Jahren nahm aufgrund des Erdölpreises das Interesse an alternativen Energien deutlich zu. Viele Solarzellenhersteller, Fotovoltaikunternehmen und Biodieselproduzenten kamen an die Börse, so dass viele Anleger wahllos zeichneten. Beim näheren Hinsehen stellt man jedoch fest, dass manche der Unternehmen erst einige Jahre bestehen und noch ihr Vertriebsnetz ausbauen. Was die Anleger auch wenig beachten, ist, dass viele dieser Unternehmen empfindlich auf die steuerpolitischen Beschlüsse der Regierung reagieren. Aber jede Diskussion um das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das die Bezuschussung und Subvention von regenerativen Energien regelt, oder die Besteuerung von Biodiesel, löst Turbulenzen beim Aktienkurs aus. Wenn ein Modethema bereits in aller Munde ist, ist der Zug für die Anleger meist bereits abgefahren. Sie können dann zwar noch Gewinne erzielen, aber Sie sind letztlich nur ein „Trittbrettfahrer“. Viel besser und lukrativer ist es, wenn Sie einen Trend bereits vor allen anderen erkennen.
Sehen Sie sich die Bilanz und andere Informationen genau an. Überzeugt Sie die zugrundeliegende Geschäftsidee? Wie sind die Zukunftsaussichten des Unternehmens? Ein wichtiges Kriterium ist auch, aus welchem Grunde das Unternehmen eine Börsennotierung anstrebt. Weist es hohe Verbindlichkeiten und damit eine Schuldenquote auf, sollten Sie den Börsengang kritisch sehen. In solchen Fällen versucht das Unternehmen zumeist, durch die Börsenplatzierung Einnahmen zu erzielen, die vorrangig der Schuldentilgung zugute kommen. Besser und sinnvoller ist es, wenn das Unternehmen nur gering verschuldet ist und die Einnahmen vor allem in Investitionen fließen. Auch das Motiv für einen Börsengang spielt eine ausschlaggebende Rolle. Wird das Unternehmen vor allem von den Gründern, den finanzierenden Banken oder einer Wagniskapitalgesellschaft an die Börse gebracht, dann möchten die Beteiligten in der Regel „Kasse“ machen, d.h. von dem Börsengang profitieren oder sich auszahlen lassen, wie es bei Wagniskapitalgesellschaften die Regel ist. Strebt eine bereits bestehende Aktiengesellschaft jedoch den Börsengang an, um eine Kapitalerhöhung vorzunehmen, so ist dies positiv zu bewerten.
Eine einfache Möglichkeit, auf Neuemissionen zu setzen, besteht darin, ein spezielles Zertifikat zu kaufen; dabei werden in einen Aktienkorb mehrere interessante Neuemissionen aufgenommen.
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