Privatanleger sollten vor allem den Emissionsprospekt sorgfältig lesen, der für jedes Unternehmen erstellt wird, das einen Börsengang anstrebt. Das Besondere an diesem Prospekt ist die so genannte Prospekthaftung; für die Richtigkeit aller Angaben und Zahlen haftet nämlich nicht nur das Unternehmen selbst, sondern auch die beteiligten Emissionsbanken. Wenn der Anleger aufgrund unrichtiger, falscher oder unvollständiger Angaben Geld verliert, kann er Schadenersatz geltend machen. Die Börsen haben für den Inhalt der Emissionsprospekte bestimmte Vorgaben gemacht, die genau eingehalten werden müssen. Vage oder undeutliche Aussagen sind nicht erlaubt; außerdem müssen die Unternehmen alle Risikofaktoren detailliert benennen und erläutern. Trotz dieser strengen Richtlinien sollte man die angegebenen Prognosen stets mit Vorbehalten versehen; das Unternehmen ist auch gehalten, Prognosen als solche zu kennzeichnen und klar darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei nur um eine Schätzung oder Vorhersage handelt. Bei all diesen Prognosen sollten Sie wissen, dass viele junge Unternehmen zu optimistisch sind und bisherige Trends oder Umsatzentwicklungen in die Zukunft projizieren. Etliche Vorhersagen erweisen sich im Nachhinein als falsch.
Zum Schutz der Anleger darf die Aktiengesellschaft einen Monat vor und nach dem Börsengang keine weiteren Angaben zur Finanz- und Ertragslage machen. Mit dieser Vorschrift will man verhindern, dass ein Börsenaspirant einige Tage vor der Notierung noch bessere Gewinnaussichten verkündet oder dass nach dem Börsengang die Angaben im Emissionsprospekt nach unten korrigiert oder auf andere Weise manipuliert werden. Auch die Emissionsbanken dürfen kurz vor der ersten Börsennotierung keine Analystengutachten zum Unternehmen erstellen, um nicht die Anleger zu beeinflussen. Bei diesen Einschränkungen handelt es sich um keine Gesetze, sondern um Auflagen der Börse; Emittenten, die dagegen verstoßen, können zwar nicht belangt werden, aber für die Öffentlichkeit wird so offenkundig, dass sich die neu notierte Aktiengesellschaft nicht an die vereinbarten Spielregeln hält.