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Organisatorische und inhaltliche Fallen beim Lernen in der Gruppe – Klausuren bestehen Tipps

Nutzen
Erkennen Sie, wie Sie die typischen organisatorischen und inhaltlichen Fallen umgehen und Ihre Gruppe motivationsfördernd organisieren können. Die Motivation der einzelnen Mitglieder einer Gruppe hat Auswirkung auf die Organisation. Aber die Organisation und die Inhalte einer Gruppentätigkeit beeinflussen wiederum die Motivation.

Gruppengröße
Wenn Sie sich zur Gruppenarbeit oder zum Lernen in der Gruppe entschließen, erhoffen Sie sich dadurch eine höhere Produktivität und ein besseres Ergebnis. Anders gesagt: Sie erwarten in einer Gruppe mehr Potenzial als bei sich als Einzelnem. Aber die Annahme, dass eine Gruppe umso leistungsfähiger wird, je mehr Mitglieder sie hat, haben wir ja schon widerlegt (Sie erinnern sich an den Ringelmann-Effekt? Neben dem Einfluss auf die Motivation entscheidet die Gruppengröße auch darüber, ob es möglich ist, dass die einzelnen Mitglieder in der Gruppe untertauchen und gar nicht mehr mit ihrer Einzelleistung auffallen.

Nehmen Sie einmal die Redezeit:
Sie alleine mit sich haben 100 % der Redezeit (wenn Sie mit sich selbst reden würden). Mit einem Gesprächspartner haben Sie (natürlich rein theoretisch) 50 %. Wenn Sie dies nun hochrechnen, haben Sie in einer Gruppe mit 10 Teilnehmern nur noch 10% der Redezeit. Es ist also in großen Gruppen schwieriger, eigene Ideen, Ansichten, Fragen etc. durchzusetzen. Weil das so ist, neigt eine große Gruppe auch eher dazu, sich besonders dominanten Gruppenmitgliedern unterzuordnen. Bei einer sehr kleinen Gruppe, z.B. mit drei Mitgliedern, besteht dagegen die Gefahr, dass sich zwei Gruppenmitglieder einander sehr intensiv widmen und dadurch den Dritten ausschließen.

Optimale Größe
Die einzig richtige Empfehlung für die optimale Größe von Arbeitsgruppen gibt es nicht. Die Angaben in der Literatur reichen von drei bis zu acht Mitgliedern pro Gruppe.
Es wird empfohlen, die ideale Gruppengröße in Abhängigkeit von drei Faktoren zu bestimmen:
■ Der Art der Aufgabe, die die Gruppe erfüllen soll:
In wie viele Unteraufgaben lässt sich die Aufgabe teilen?
Ist zur Lösung der Aufgabe eher Quantität (viele Ideen, viele Lösungsansätze) oder eher Qualität (z.B. intensives Nachdenken) erforderlich?
■ Der angestrebten Arbeitsweise:
Sind gemeinsame Aktivitäten im Vordergrund (Brainstorming, Mind Mapping)?
Wird in Einzelarbeit vorbereitet und dann zusammengetragen?
■ Den Personen, die die Gruppe bilden:
Wie viele Leistungsträger gibt es?
Stimmen Motivation und Leistungsvermögen der Mitglieder überein?

Zusammensetzung
Mit der Gruppenzusammensetzung ist die Homogenität bzw. Heterogenität der Leistungsstarke, der Motivation und des Lerneifers innerhalb einer Gruppe gemeint.

Vorteil heterogener Gruppen
Wenn Sie als schwächerer Student in einer Lerngruppe profitieren möchten, sollten Sie eine heterogene Gruppe wählen. Die Erklärungen der anderen Studierenden erweisen sich oft als eingängiger und verständlicher, da sie in Ihrem vertrauten Sprachstil vermittelt werden. In der gemischten Gruppe haben Sie den Vorteil, dass es mehrere Mitglieder und damit unterschiedliche Arten der Vermittlung gibt. Auch als stärkerer Student kann die heterogene Gruppe von Vorteil sein, da Sie bei Erklärungen Ihr Wissen in eigene Worte fassen müssen und dadurch festigen, sich aber auch eventuellen Unklarheiten oder Wissenslücken bewusst werden. Besteht eine Gruppe jedoch überwiegend aus schwächeren Studierenden, die sich von einem sehr leistungsstarken Studenten Nachhilfe erhoffen, wird dieser sich viel schneller ausgenutzt fühlen, als wenn in einer Gruppe das Leistungsgefälle ausgewogener ist.

Vorteil homogener Gruppen
Nach Webb (Webb 1992) profitieren Schüler mittlerer Leistungsstarke von homogenen Gruppen, da ihnen dort mehr erklärt und besser gehoben wurde. Ja natürlich, Sie sind keine Schüler, aber Lernen ist Lernen und Sie können diese Erkenntnis durchaus auf Studierende übertragen. In der homogenen Gruppe werden Sie sich die Wissenserweiterung gemeinsam erarbeiten müssen und dementsprechend im gleichen Tempo vorgehen. Besonders leistungsstarke Studierende können natürlich in einer Gruppe mit ihresgleichen ihr Wissen sehr gut erweitern.

Art der Aufgaben
Nicht jede Aufgabe, jedes Problem lässt sich in jeder Gruppe gleich gut bearbeiten. Die Art der Aufgabe bzw. die Thematik, die eine Gruppe bearbeiten möchte, lässt sich nach zwei Kriterien unterscheiden:
■ Einheitlichkeit oder Teilbarkeit: Ist es eine einheitliche Aufgabe, die nur als Gesamtes gelöst werden kann, oder gibt es für die einzelnen Gruppenmitglieder Teilaufgaben, für deren Erfüllung sie Verantwortung übernehmen können.
■ Abhängigkeit der Leistung bzw. des Erfolges. Darauf basiert die Unterscheidung von vier Aufgabentypen:

Additive Aufgaben: Eigentlich das klassische Tauziehen. Die Leistung entsteht durch die Summe aller individuellen Leistungen. Eine solche Aufgabe wird umso besser erfüllt, je mehr sich die einzelnen Teilnehmer einbringen (z.B. neue Ideen bei einem Brainstorming sammeln). Das erfordert den möglichst gleichen Einsatz aller Gruppenmitglieder. Also, eine große, möglichst homogene Gruppe ist hier sinnvoll.

Kompensatorische Aufgaben: Solche Aufgaben sind bei der Lösung oft recht aufwendig, denn Sie haben keine objektiv richtige Lösung. Ein typisches Beispiel sind Schätz- oder Bewertungsaufgaben. Die Lösung einer solchen Aufgabe ist eine Gruppenentscheidung. In der Regel wird dazu aus dem Durchschnitt aller individuellen Lösungsansätze die gemeinsame Lösung gebildet. Die Einigung auf einen Wert geschieht meistens dadurch, das zu extreme Einschätzungen oder Bewertungen ab gemildert, also kompensiert werden. Das erfordert die Fähigkeit, sich auf eine Problemdefinition zu einigen und aus verschiedenen Lösungsmöglichkeiten eine auszuwählen. Die Gruppengröße ist nicht so entscheidend, aber die gemeinsame Beteiligung, damit auch wirklich Wahlmöglichkeiten für eine gute Lösung entstehen. Solche Gruppen brauchen keine Anführer.

Disjunktive Aufgaben: Na, endlich mal wieder etwas Eindeutiges. Diese Aufgaben haben nur eine richtige Lösung (Mathematikübungen, BWL-Beispielübungen etc.). Die Gruppe muss bei solchen Aufgaben die Leistungen der einzelnen Gruppenmitglieder erkennen und bewerten. Als Gruppenergebnis wird nämlich das Ergebnis desjenigen Gruppenteilnehmers ausgewählt, der die Aufgabe am besten gelöst hat. Hier ist eine kleine Gruppe sinnvoll, in der auf jeden Fall mehrere richtig leistungsstarke Mitglieder sind.

Konjunktive Aufgaben: Diese Aufgaben sind oft nicht beliebt, denn Sie können nur gemeinsam gelöst werden. Und sie hängen letztlich von einem einzigen, nämlich dem schwächsten Gruppenmitglied ab.
Ganz einfach zu verstehen ist das am Beispiel einer Rallye: Alle Gruppenmitglieder müssen jeweils eine Aufgabe lösen und gemeinsam so schnell wie möglich an ein Ziel kommen. Die Schnelligkeit, mit der eine Gruppe das Ziel erreicht, ist abhängig von dem schwächsten Mitglied der Gruppe, d.h. von seinem Tempo bei der Aufgabenlösung. Eine kleine homogene Gruppe wird sicherlich die höchste Zufriedenheit entwickeln. Und keiner will den Schwächsten haben. Das erinnert Sie sicherlich an so manche Turnstunde in der Schule.

Die 4 Fs
Unterschiedliche Aufgaben und Zielsetzungen erfordern also unterschiedliche Gruppengrößen, Gruppenzusammensetzungen und unterschiedliche Arbeitsmethoden. Nein, nicht nur die Arbeitswelt kennt Soft Skills. Auch hier geht es um welche. Nennen wir sie doch die 4 Fs.

Nach Johnson und Johnson müssen mindestens einige Mitglieder über vier Grundfertigkeiten verfügen, um die Gruppenarbeit gut organisieren zu können (vgl. Johnson/Johnson 1987): Forming benennt die Fähigkeit, die Lerngruppe zu organisieren und die notwendigen Verhaltensregeln für eine gute Zusammenarbeit zusammenzustellen. Schauen Sie noch mal die 9 Regeln der Themenzentrierten Interaktion (TZI) an (vgl. Löhmer/Standhardt 2006).

Functioning Skills bezeichnen die Fähigkeit, eine Gruppe zum richtigen Funktionieren zu bringen. Anders gesagt, die Functioning Skills setzen erst die notwendigen kognitiven Prozesse in einer Gruppe in Gang. Durch diese Fähigkeiten werden die Energien der Gruppe zielgerichtet gelenkt und das notwendige gute Arbeitsklima geschaffen.
Zu den Functioning Skills gehören:
■ Zielorientierung.
■ Zeitplanung,
■ Anerkennung zeigen können,
■ motivieren können.

Formulating Skills bezeichnen die Fähigkeit, formulieren und sich aus- drücken zu können. Dies ermöglicht erst das gemeinsame Verständnis der bearbeiteten Inhalte.

Dazu gehören u.a. die Fähigkeiten,
■ Gesagtes oder Gelesenes für die Gruppe laut zusammenzufassen,
■ neue Ideen mit alten in Verbindung zu bringen,
■ nachfragen können, um sicher zu stellen, dass alle Gruppenmitglieder folgen können.
Formulating Skills führen dazu, dass die Gruppe auf einem hohen Niveau arbeiten kann und die notwendigen kognitiven Prozesse in Gang gesetzt werden.

Fermenting Skills umfassen die Fähigkeiten, die Sie brauchen, um eine akademische Diskussionen führen zu können. Eine akademische Kontroverse fordert von Ihnen, dass sie sehr tief in eine Thematik einsteigen können, um die Aussagen ihrer Gruppenmitglieder in Frage stellen und mögliche Zweifel begründen können.

Zu diesen Fälligkeiten gehören:
■ Konstruktive Kritik an einer Sache üben zu können, ohne dabei die Person zu kritisieren.
■ Argumente kritisch hinterfragen zu können.
■ Verschiedene Ideen in eine Sichtweise oder einen Standpunkt integrieren zu können.
Die Ausprägung der Fermenting Skills bestimmt letztlich das intellektuelle Niveau Ihrer Gruppenarbeit und damit die kognitive Entwicklung der einzelnen Gruppenmitglieder.

Das bringt Sie weiter
■ Klären Sie einmal anhand der in 6.5 folgenden Checkliste, ob Sie ein guter Gruppenarbeiter sind.
■ Denken Sie daran: Teamfähigkeit ist eine sehr gefragte Kompetenz in der Arbeitswelt. Mit der Checkliste bekommen Sie auch eine gute Rückmeldung, welche Kompetenzen Sie noch erweitern sollten.