Man könnte meinen, Ausführungen über Bewerbungsgründe seien in einem Ratgeber über Bewerbungen entbehrlich, weil ohnehin jeder weiß, warum er sich bewirbt. Diese oberflächliche Betrachtungsweise ist leider falsch. Und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum einen prüft der Arbeitgeber stets sehr genau, warum sich ein Bewerber für eine ausgeschriebene Position bewirbt, und hinterfragt dies im Bewerbungsgespräch auch, wenn im Anschreiben keine besonderen Angaben gemacht worden sind. Zum anderen sollte auch der Bewerber darüber nachdenken, aus welcher persönlichen oder beruflichen Situation heraus ersieh bewirbt, und in seiner Bewerbungsstrategie darauf eingehen. Das ist leider in der Praxis nicht die Regel. Nur allzu oft erleben Personalleiter gedankenlose Bewerbungen. Ein Beispiel mag dies veranschaulichen:
Ausgeschrieben war im Stellenmarkt einer großen Tageszeitung die Position des Vertriebsleiters-für Elektroartikel. Im Anzeigentext wurden ausdrücklich entsprechende Branchenkenntnisse und sehr spezifische Berufserfahrungen verlangt. Hierauf bewarb sich eine Frau, die bislang Kosmetika im Außendienst verkauft hatte. Sie war seit mehr als einem halben Jahr arbeitslos, machte dazu aber im Anschreiben keine besonderen Angaben. Stattdessen schrieb sie den fatalen Satz: Ich erfülle zwar nicht alle Ihre Anforderungen, traue mir aber dennoch zu, die Position zu Ihrer Zufriedenheit auszuführen. Die Absage war sicher.
Der Arbeitgeber musste hier davon ausgehen, dass die Bewerberin zunächst die objektiven Anforderungskriterien, wie sie in der Anzeige ausgeschrieben waren, nicht erfüllte. Allein deswegen landete die Bewerbung bei den Absagen. Wenn min schon glaubt, fehlende Kenntnisse ausgleichen zu können, dann sollte man dies auch entsprechend begründen. Besser und möglicherweise hilfreicher wäre es im vorliegenden Fall gewesen, wenn die Bewerberin geschrieben hätte, dass sie über ein gutes technisches Verständnis verfüge, ihr leider wegen Auftragsrückgangs gekündigt worden sei, dass sie sich jedoch rasch und produktbezogen auf neue Aufgabenfelder – wie ausgeschrieben – einstellen könne. Doch Vorsicht, bei Bewerbungen auf Positionen, die Sie vergleichbar noch nicht aus geübt haben, müssen Sie wirklich realistisch und für den Arbeitgeber nachvollziehbar darlegen, wie und warum Sie fehlende Kenntnisse ausgleichen können. Dieses Beispiel macht deutlich, dass man stets auf den Grund seiner Bewerbung eingehen und sich selbst auch Gedanken darüber machen sollte. Dem Arbeitgeber sollte man diese Überlegungen im Bewerbungsschreiben nicht vorenthalten.
Je klarer zum Bewerbungsgrund Stellung genommen wird, umso größer ist die Chance, darüber mit dem Arbeitgeber ins Gespräch zu kommen und als Bewerber verstanden zu werden. Die Frage nach Ihren Bewerbungsgründen interessiert den Arbeitgeber in zweierlei Hinsicht. Zum einen will er wissen, warum Sie sich gerade für sein Unternehmen oder für seinen Betrieb interessieren, und noch mehr natürlich für die speziell ausgeschriebene Position, und zum anderen will er herausfinden, ob Sie nicht eventuell beim letzten Arbeitgeber aus von Ihnen zu vertretenden Gründen gekündigt worden sind oder per Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis beendet haben. Vor diesem Hintergrund muss man sich schon sehr genau und eingehend Gedanken über seine eigenen Bewerbungsgründe machen und auch darauf vorbereitet sein, diese in einem Gespräch zu erläutern. Es gibt heute vielfältige Möglichkeiten sich über Unternehmen genau zu informieren. Das fängt an beim aufmerksamen Studium des Wirtschaftsteils großer Tageszeitungen, geht über Firmenbroschüren und endet bei Auskünften der örtlichen Industrie- und Handelskammern.
Die nachfolgende Darstellung der möglichen Bewerbungsgründe soll Ihnen einen Anhaltspunkt geben, Ihre Bewerbung zielgerecht zu gestalten.
Arbeitslosigkeit
Wie eingangs erwähnt, ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland sehr hoch. Es ist aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage auch nicht zu erwarten, dass sich diese Situation insgesamt oder branchenbezogen mittel- oder gar kurzfristig spürbar verbessern wird. Im Gegenteil: Der monatliche Bericht des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit wird auch künftig nicht rosig aussehen. Kürzere oder längere Phasen von Arbeitslosigkeit sind daher in vielen beruflichen Biografien nichts Außergewöhnliches oder Verdächtiges. Viel hängt davon ab, wie man als Betroffener damit umgeht. Dazu ein Beispiel:
Ein Vertriebsassistent bewarb sich um eine im Stellenmarkt ausgeschriebene Position aus ungekündigter Stellung heraus und machte in seinem Lebenslauf u. a. folgende Angaben:
1.1.1990-31.12.1993 | Spedition Hahn | Vertriebssachbearbeiter |
1.1.1994-31.3.1994 | Auslandsreise USA | |
1,4.1994-heute | Tyber Export | Vertriebsassistent |
Im Bewerbungsgespräch auf die Zeit von Januar bis März 1994 angesprochen, erklärte er, dass er sich bei verschiedenen Firmen in den USA „fortgebildet“ hätte. Die Frage, ob er denn während dieser Zeit in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hätte, verneinte er. Bei weiterem Hinterfragen kam heraus, dass der Bewerber in dieser Zeit arbeitslos war und schlimmer noch: sich auch nur vier Wochen in den USA aufgehalten hatte, und zwar zu Urlaubszwecken. Die Absage war sicher, denn mit Leuten, die nicht ehrlich sind, arbeitet kein Unternehmen gern zusammen.
Wenn man schon meint, Zeiten der Arbeitslosigkeit durch besser klingende Angaben kaschieren zu müssen, dann sollten diese Angaben auch der Wahrheit entsprechen. Aus der praktischen Erfahrung sei daher vor Vertuschungen gewarnt. Bekennen Sie sich zu Zeiten der Nichtbeschäftigung, denn jeder Personalchef weiß, dass es jeden – aus welchen Gründen auch immer – treffen kann. Arbeitslosigkeit ist heute kein Makel mehr, sondern leider Bestandteil unserer Arbeitswelt. Natürlich müssen Sie sich immer auf die Frage einstellen, warum Sie arbeitslos geworden sind. Meistens gibt das Zeugnis hier einen Anhaltspunkt, wenn dort z.B. steht: „Leider mussten wir Herrn Schmidt wegen Auftragsrückgang zum 30.6.2031 kündigen“ oder „Der Produktionsbetrieb wurde ins Ausland verlegt, sodass wir uns von Frau Schulze fristgerecht trennen mussten“. Es gibt aber auch Fälle, in denen das Prinzip gegolten hat „den Letzten beißen die Hunde“. Im Zeugnis liest sich das dann so: „Wegen Auftragsmangel mussten wir leider den Versand rationalisieren, der Arbeitsplatz von Herrn Müller musste demzufolge bedauerlicherweise entfallen.“ Hier fragt sich jeder Personalleiter sofort, warum wurde gerade der Bewerber Müller gekündigt, wurden auch andere gekündigt, und wenn ja, wie viele? Auf solche Fragen sollte man sich dann eingestellt haben. Zurück zur Ausgangssituation arbeitsloser Bewerber, hier speziell derer, die sich aus einer Situation aktueller Arbeitslosigkeit heraus bewerben. Auch dazu zunächst ein Beispiel:
Eine Bewerberin für die Position einer Sachbearbeiterir in der Auftragsbearbeitung war seit mehr als einem halben Jahr arbeitslos. Ihr wurde vom vorherigen Unternehmen gekündigt, weil die Stelle wegen Rationalisierung entfallen war. Mit ihr wurde auch allen anderen Arbeitnehmern gekündigt, weil die gesamte Abteilung aufgelöst worden war und die weitere Abwicklung extern erfolgen sollte. Die Bewerberin traf also keine besondere Schuld an ihrer Arbeitslosigkeit. In ihrem Lebenslauf machte sie u.a. folgende Angaben:
1.7.1992-31.12.1999 | Normatechnik
Sachbearbeiterin |
1.1,2000-heute | freiberuflich tätig |
Tatsache war allerdings, dass die Bewerberin keineswegs freiberuflich tätig, sondern arbeitslos war. Auf näheres Befragen des Personalleiters konnte sie keine genauen Angaben zu ihrer angeblichen freiberuflichen Tätigkeit machen und verstrickte sich in Widersprüche. Trotz ihrer guten beruflichen Qualifikationen bekam sie daraufhin eine Absage.
Dieses Beispiel macht wieder deutlich, dass man mit Unwahrheiten nicht weit kommt. Viel besser wäre es gewesen, wenn die Bewerberin geschrieben hätte, dass sie seit dem 1.1.2001 arbeitslos ist. Eine solche Angabe versteht heute niemand mehr als persönlichen Makel. Sie können sogar als Bewerber oder Bewerberin Pluspunkte dadurch gewinnen, dass Sie bereits im Anschreiben einige erklärende Angaben zu Ihrer Arbeitslosigkeit machen. Die Arbeitslosigkeit sollte immer auch ein Ansatz zum Nachdenken darüber sein, wie es um die eigene berufliche Qualifikation bestellt ist, ob man durch geeignete Fortbildungsmaßnahmen seine Startbedingungen verbessern kann, ob es berufliche Ansatzmöglichkeiten in verwandten – oder auch ganz anderen – Bereichen und Branchen gibt usw. Was damit gesagt sein soll, ist, dass man sich nicht seinem Schicksal ergeben, sondern initiativ auf neue Positionen zugehen sollte. Entscheidend für den Bewerber ist dabei, sich gegenüber neuen Arbeitgebern offen und ehrlich zu den Zeiten seiner Nichtbeschäftigung zu bekennen. Schließlich ist in diesem Zusammenhang noch einzugehen auf zwar verständliche, aber wenig geglückte Eigeninserate, wie das nachfolgende Beispiel aus einer überregionalen (!) Tageszeitung deutlich macht.
Arbeitsloser
34 Jahre alt, sucht dringend Job in der Metallbranche. Bin sofort verfügbar, flexibel und fleißig Chiffre: NN 69537
Verständlich und auch sehr begrüßenswert ist es, dass man als Arbeitsloser selbst initiativ wird.
Nur: Das Schlagwort „Arbeitsloser“ ist völlig ungeeignet, um das Interesse eines Personalchefs zu wecken. Zudem sind die weiteren Angaben in der Anzeige alles andere als hilfreich. Zum einen fehlt die genaue Berufsangabe und zum anderen die Angabe zum Wohn- bzw. Arbeitsort. Besser wäre es gewesen, wenn der Betreffende z. B. gesagt hätte:
Karosseriebaumeister
34 Jahre alt seit einem halben Jahr durch Rationalisierung ohne Tätigkeit, flexibel, fleißig und fähig, sich rasch in neue Aufgabenfelder einzuarbeiten, such neue Tätigkeit, vorzugsweise Großraum Wolfsburg/Braunschweig.