Wer möchte nicht einmal etwas vollkommen anderes machen als bisher? Bestimmte Branchen oder bestimmte Angebote ziehen da die Bewerber geradezu an wie das Licht die Motten. Welcher „ausbruchswilligen“ Sekretärin würde nicht warm ums Herz, wenn sie folgende Anzeige zu lesen bekäme:
Ihr Job: der Film!
Bekannter Spielfilmregisseur sucht eine versierte Sekretärin, zuverlässig, unkonventionell und in hohem Maße belastbar. Englische und französische Sprachkenntnisse sind ebenso Voraussetzung wie die Bereitschaft zu Reisen in die ganze Welt. Arbeitszeiten kennen wir nicht, sondern nur das Engagement für das jeweilige Projekt. Die Dotierung ist überdurchschnittlich.
Auf solche und ähnliche Anzeigen gehen nicht selten mehrere Hundert Bewerbungen ein. Häufig wird dabei das erforderliche persönliche Engagement verkannt bzw. die eigenen Voraussetzungen maßlos überschätzt, Gleiches gilt für Kenntnisse und Fertigkeiten. Denn wer sich auf eine Anzeige wie die oben stehende bewirbt, der muss tatsächlich bereit sein, uneingeschränkte Mobilität zu zeigen und außergewöhnliche Belastungen auf sich zu nehmen. Eine allein stehende Bewerberin mit einem Kleinkind z.B. wäre deshalb wohl kaum die geeignete Kandidatin, ebenso wenig wie eine Bewerberin, die meint, für eine bestimmte Zeit ihre Familie verlassen zu können. Damit sind wir bei einem weiteren Punkt, nämlich dem, dass solche recht attraktiv wirkenden Positionen oftmals projektbezogen und deshalb befristet sind. Man muss es sich also reiflich überlegen, ob es sich lohnt, eine gesicherte (wenn auch langweilige) Position gegen eine attraktivere einzulösen, die möglicherweise befristet ist. Der Reiz, in interessante berufliche Gefilde zu kommen, ist daher abzuwägen gegen die wenig geliebte Sicherheit des jetzigen Jobs. Das wird – mehr oder weniger leichtfertig – oft übersehen. Außer dem Wunsch etwas Verlockendes zu machen, bei dein man z. B. mit interessanten Zeitgenossen in Berührung kommt, gibt es an „illusionsträchtigen“ Einstellungen oft auch den Wunsch, mit möglichst wenig Aufwand relativ viel zu verdienen. Solche Hoffnungen sprechen Anzeigen wie die folgende an, die freilich in den seltensten Fällen das halten, was sie versprechen:
€ 10 000,- Monatseinkommen
Das glauben Sie natürlich nicht, aber bei uns werden Ihre Wünsche wahr. Wir vertreiben ein konkurrenzloses Produkt mit gesichertem Markt. Sie werden von uns geschult und eingearbeitet. Geringe, sich rasch amortisierende Kapitalbeteiligung ist Voraussetzung. Der Erfolg wird Sie überzeugen.
Bei einer solchen Anzeige wird sich mancher Bewerber sagen: Was soll’s, wenn ich so viel verdienen kann, will ich auch eine Einlage oder Beteiligung dran- setzen. Doch dafür seinen womöglich sicheren Arbeitsplatz aufzugeben, will gründlich bedacht sein. Hinter der eben genannten Anzeige verbarg sich der Vertrieb von Horoskopkalendern, die so ganz konkurrenzlos natürlich nicht sind. Die Kapitalbeteiligung lag bei satten € 5 000,- die man für das Knowhow an Marketing bezahlen musste und für die Berechtigung, für die Firma X tätig zu werden. Die avisierten € 10 000,- Monatseinkommen konnte man nur erreichen, wenn man pro Monat mindestens 20 000 (!!) Kalender verkaufte (10% Honorar vom Ladenpreis zu € 5,-), bei einer in der Anzeige verschwiegenen starken Konkurrenz allerdings ein Kunststück. Die gezahlten € 5 000,- sind natürlich ein für allemal weg. Solche Vorgänge, die nicht selten sind, sind eher ein Fall für die einschlägig bekannten TV-Sendungen als für seriöse Bewerber.
Festzuhalten bleibt vor dem Hintergrund beider Beispiele, dass es den Inserenten solcher Anzeigen in erster Linie darauf ankommt, Bewerber zu finden, die sich mehr oder weniger widerspruchslos in den Dienst einer Sache stellen und auch bereit sind (wie im zweiten Beispielsfall) dafür noch zu zahlen. Während Arbeitgeber, die hinter solchen Angeboten stehen, eingehenden Bewerbungen natürlich positiv gegenüberstehen, solange nur ihren Bedürfnissen Genüge getan wird, sollten Sie sich als Bewerber doppelt und dreifach überlegen, ob es sich tatsächlich lohnt, auf Verlockungen dieser Art einzugehen. Wenn Sie meinen dies tun zu müssen, dann erkunden Sie bitte sehr detailliert Aufgabe, Dotierung und auch eine mögliche Befristung der Tätigkeit. Lassen Sie sich jedoch niemals darauf ein, für einen Job auch noch eine wie auch immer geartete Beteiligung zu zahlen.