Ablauf eines Vorstellungsgespräches Teil I – gute Tipps und Beispiele
Die klassische Variante 2: Sie erzählen, wir hören zu Bei dieser Gesprächsvariante geht es genau umgekehrt zu: Man gibt Ihnen als Bewerber das Wort und lässt Sie reden. Diese Verfahrensweise erscheint auf den ersten Blick erfreulich und viele Bewerber sind angenehm überrascht, dass sie ungestört und ohne Zwischenfragen ihre Gedanken entwickeln können. Dabei merken sie aber gar nicht, dass sie in eine Falle tappen können. Leicht plaudert man ohne Konzept drauflos, oder man erzählt Uninteressantes in epischer Breite; man verstrickt sich (z.B. gegenüber dem vorher Gesagtem oder gegenüber seinen schriftlichen Bewerbungsunterlagen) in Widersprüche, oder man gibt ungewollt Dinge von sich, die man eigentlich gar nicht erwähnen wollte, z. B. warum verschiedene Arbeitsverhältnisse beendet wurden. Mancher Arbeitgeber führt diese Situation bewusst herbei, um die Reaktion des Bewerbers beobachten zu können.
Die meisten Arbeitgeber handeln jedoch einfach aus Höflichkeit, wenn sie dem Bewerber im Gespräch den Vortritt lassen und ihn bitten, von sich und seinem Werdegang zu berichten. Das Gespräch beginnt üblicherweise damit, dass man Sie als Bewerber oder Bewerberin bittet, entweder Allgemeines oder auch ganz bestimmte Dinge von sich zu erzählen. Dann sollten Sie knapp, präzise und sachlich berichten, wovon Sie glauben, dass es Ihre Zuhörer interessiert. Es ist gewiss nicht Ihr Lebenslauf in voller Länge, und auch die berufsrelevanten Daten liegen ja schon schriftlich vor. Das folgende Beispiel aus der Praxis soll Ihnen verdeutlichen, wie überaus ungeschickt mancher Bewerber reagiert, wenn er aufgefordert wird, von sich zu berichten.
Bei einem Versicherungsunternehmen wurde ein Bewerber (39 Jahre alt, mehrere Berufsjahre im Versicherungsaußendienst, Bewerbung als Außendienstleiter für die gesamte BRD) vom Personalleiter höflich gebeten, zu Beginn des Gespräches kurz von sich zu berichten. Es folgte dann ein fast 20-minütiger Monolog, der mit den Schulbesuchen begann und über Berufsprobleme des Vaters und Wohnungssuchen mit den Problemen des jetzigen Dienstfahrzeuges endete. Der Bewerber hatte einfach überhört, dass er kurz von sich berichten sollte.
Achten Sie bei solchen Vorträgen immer darauf, was den Arbeitgeber interessiert; das ist erstens, wie Sie sich im Gespräch geben, und zweitens, was Sie in Bezug auf die ausgeschriebene Position zu sagen haben. Alles andere ist belanglos und sollte nur gestreift oder zusammengefasst wiedergegeben werden. Im obigen Fall hätte es der Bewerber etwa so machen können:
„Ich danke Ihnen nochmals für die Einladung und auch dafür, dass Sie mir Gelegenheit geben, kurz über meinen Werdegang zu berichten. Die wichtigsten Daten werden Ihnen ja sicherlich aus dem Lebenslauf bekannt sein, deshalb will ich mich auf das Wesentliche konzentrieren. Durch den Beruf meines Vaters (Bundeswehroffizier) bin ich in mehreren Städten aufgewachsen und zur Schule gegangen. In Bremen hat es mir am besten gefallen, deshalb habe ich nach dem Schulbesuch meine Ausbildung als Versicherungskaufmann und meine ersten Berufsjahre hier verbracht. Mir hat der Beruf stets sehr viel Spaß bereitet, sodass ich – auch nach einigen internen Weiterbildungsmaßnahmen – den Wunsch hatte, auch qualifiziertere Aufgaben zu übernehmen. Deshalb wechselte ich 1992 zur X-Versicherung nach Hamburg, wo ich die Chance hatte, als „Gruppenleiter Schaden“ tätig zu sein.
Bereits nach drei Jahren übertrug man mir den gesamten Außendienstbereich Norddeutschland, den ich heute noch betreue. Weitere Entwicklungsmöglichkeiten gibt es in unserem Hause nicht, da die Positionen, die mich interessieren, alle von mehr oder weniger jüngeren Leuten besetzt sind. Deshalb sehe ich die Chance, mich in Ihrem Hause zu verändern, auch das in der Anzeige umrissene Aufgabengebiet hat mich sehr angesprochen. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass ich mit fast allen versicherungsrelevanten EDV- Systemen vertraut bin und in meiner jetzigen Firma das PC-gesteuerte Berichtswesen mit aufgebaut habe. Ebenso habe ich Konzepte zur Verbesserung der Reiseplanung und -durchführung der Außendienstmitarbeiter erfolgreich erstellt und auch realisiert. Diese Erfahrungswerte könnte ich ggf. nutzbringend in Ihrem Unternehmen einbringen.“
Dieser Vortrag dauert keine fünf Minuten und wird dem Gebot der erwünschten Kürze gerecht. Alles Wichtige ist gesagt, der Werdegang wurde knapp erläutert und der Bezug zur ausgeschriebenen Position auch. Gut ist auch, etwaiges Know-how für die neue Firma anzusprechen. Achten Sie bitte auch genau darauf, ob Ihnen eine oder mehrere Fragen gestellt werden; meistens sind es Doppelfragen. Die Bewerber reden sich dann an der Beantwortung einer Frage fest und vergessen darüber die andere. Manchmal lassen sie sich auch durch als Zustimmung gewertetes Kopfnicken einer der Gesprächspartner oder des Fragestellers auf einen Irrweg führen:
Eine Bewerberin bei einem Verlag (ausgeschriebene Position: Auftragssachbearbeiterin) wurde gebeten, darüber zu berichten, wie sie in ihrer jetzigen Position mit den Kunden zurechtkomme. Sie berichtete in allen Einzelheiten über ihre speziellen Kunden, deren Sorgen und Probleme und deren Auftragsvolumen, übersah dabei aber den eigentlichen Sinn der Frage, der lediglich darin bestand zu erfahren, welche Arbeitsweise sie mit Kunden bisher pflegte.
Ein unverzeihlicher Fehler ist es, wenn Sie sich dazu verleiten lassen, Interna aus der jetzigen Firma auszuplaudern. Denn dann muss der neue Arbeitgeber damit rechnen, dass es die Bewerberin oder der Bewerber auch bei ihm nicht sonderlich genau nimmt mit der Verschwiegenheit. Ein letzter Fall zu diesem Themenkomplex verdeutlicht einen weiteren Fehler, vor dem man sich hüten sollte:
Eine junge Frau, 28 Jahre alt, bewarb sich bei einer PR-Agentur als Sekretärin. Der Geschäftsführer und ein Projektleiter nahmen an dem Vorstellungsgespräch teil. Der Geschäftsführer eröffnete das Gespräch so: „Ihre Bewerbung hat uns gut gefallen, und nun sind wir natürlich ganz neugierig darauf, ein wenig mehr von Ihnen zu erfahren. Unser Unternehmen wird Ihnen hinreichend bekannt sein, auf einige Einzelheiten und Besonderheiten werden wir am Gesprächsschluss noch einmal ein- gehen. Doch zunächst zu Ihnen: Was reizt Sie an der Sekretariatsarbeit? Könnten Sie sich nicht vorstellen, da Sie ja Abitur gemacht haben, auch einmal ein Studium zu beginnen?“ Mit der zweiten Frage wollte der Geschäftsführer lediglich wissen, ob die Bewerberin ein dauerhaftes Interesse an der Firma hätte oder ggf. irgendwo auf einer Studienwarteliste stand und dann irgendwann wieder kündigen würde. Die Bewerberin übersah zunächst die Doppelfrage, ging also auf die Frage nach dem Studium gar nicht erst ein und erging sich tatsächlich relativ lange darüber, dass man im Sekretariat sehr viel mitbekomme und natürlich auch viele interessante Menschen kennen lerne, gerade im PR-Bereich. Diese Kontakte hätten ihr privat schon eine ganze Menge gebracht.
Diese Kontakte waren offensichtlich sehr privater Natur. Hier liegt ein grober Bewerberfehler vor, nämlich Privates dem Dienstlichen vorzuziehen, ganz abgesehen davon, dass die Bewerberin auch die genaue Fragestellung missachtet hat. Natürlich ist eine freundliche und gut aussehende Frau für manches Sekretariat eine Idealbesetzung, Fachkenntnisse natürlich vorausgesetzt. Aber keine noch so tüchtige Bewerberin hat Aussichten auf die Position, wenn sie im Vorfeld schon zu erkennen gibt, dass sie an Kunden oder Geschäftspartnern auch privates Interesse haben wird. An all diesen Beispielen haben Sie gesehen, welche Fehler man machen kann, wenn man als Bewerber oder als Bewerberin im Vorstellungsgespräch gebeten wird, von sich oder zu bestimmten Themen frei zu sprechen. Wenn Ihnen diese Gesprächsvariante begegnet, dann besinnen Sie sich bitte immer darauf, was Sie wollen: die ausgeschriebene Tätigkeit. Dies sollte Ihr Leitbild sein. Zwar will der Arbeitgeber etwas von Ihnen wissen, aber Sie wollen etwas erreichen. Und an dieses Ziel müssen Sie sich im Gespräch heranarbeiten. Hören Sie deshalb genau zu, welche Ausgangsfragen Ihnen gestellt werden, achten Sie auf Fein- und Einzelheiten, antworten Sie knapp und sachlich, und nutzen Sie die Chance dieser Gesprächsform, in Ihre erzählende Darstellung geschickt Fragen oder Hinweise einzubauen, die für Sie von Vorteil sein können.