Die Ära Robinson ging zu Ende. Das Betriebsergebnis für 1990 war desolat. Die Kosten der Umstrukturierung und die Verluste im Investment Banking- und im Maklergeschäft – jetzt unter dem Namen Shearson Lehman Brothers – beliefen sich auf $996 Millionen. Das Unternehmen als Ganzes wies einen Gewinn von $181 Millionen aus – im Vergleich zu $1,2 Milliarden im Jahr 1989. $890 Millionen wurden durch die Emission von Stammaktien aufgebracht, $200 Millionen durch Ausgabe wandelbarer Vorzugsaktien. Diesen Versuchen zur Bilanzverbesserung zum Trotz wurde die Kreditwürdigkeit von Amex 1991 heruntergestuft – ein schwerer
Schlag für ein Unternehmen, dessen größte Stärke seine Finanzkraft gewesen war.
Steigert das Unternehmen seinen Wert für seine Kunden?
Die Geschäftstätigkeit von Amex für das Jahr 1990 splittet sich folgendermaßen auf:
$ Millionen | Reingewinn | EKR (%) |
Reisedienstleistungen | 956 | 28,1 |
American Express Bank | 111 | 19,2 |
IDS | 207 | 14,5 |
ISC | 103 | 21,8 |
Shearson Lehman | (966) | – |
IDS hatte sich mittlerweile auf Finanz- und Anlageberatung von Privatkunden spezialisiert. Der Gewinn war seit der Übernahme im Jahr 1984 im Schnitt um 22 Prozent im Jahr gestiegen. Die im Besitz oder in der Verwaltung des Unternehmens befindlichen Aktiva beliefen sich immerhin auf $51,4 Milliarden. ISC war erfolgreich im Bereich der Datenverarbeitung, insbesondere für Kreditkartengesellschaften. Die American Express Bank zeigte im Kreditgeschäft ein gemischtes Bild, konzentrierte sich jedoch nun auf finanzkräftige Privatkunden. Reisedienstleistungen, zu denen Kreditkarten, Schecks und Reisebüros zählten, waren nach wie vor das Herz des Unternehmens. Es waren inzwischen 36,5 Millionen Karten im Umlauf, mit denen 1990 für den Gegenwert von $111 Milliarden bezahlt wurde. Der Umsatz bei Reiseschecks betrug im selben Jahr $25 Milliarden, der der Reisebüros $5 Milliarden. Neben einer hervorragenden EKR von 28 Prozent (vor Gemeinkostenumlage, wohlgemerkt) konnte dieser Geschäftsbereich mit einer Verfünffachung seiner Gewinne innerhalb von 10 Jahren aufwarten – was durchschnittlich 18 Prozent im Jahr entspricht.
Die Konkurrenz präsentierte sich allerdings stark wie nie zuvor. Visa und MasterCard hatten sich über Jahre hinweg Marktanteile erobert. Im Kreditkarten-Segment war Amex spät dran gewesen und konnte sich daher nur einen kleinen Marktanteil sichern, in der Sparte Reiseschecks und Reisevermittlung war der Wettbewerb scharf. Von anderer Warte betrachtet war Amex aber immer noch marktführend. Für finanzkräftige Privat- und Firmenkunden war Amex immer noch erste und oft einzige Wahl im Kreditkartenbereich. Amex stand für Stärke, Service und weltweite Präsenz. Der im Verhältnis geringe Marktanteil wurde – korrekt – mit Selektivität erklärt, was gleichbedeutend war mit Prestige. Für die Stammkundschaft – Touristen, Geschäftsleute, Gastronomen – war die American Express-Karte Reklame. American Express hatte etwas erreicht, was nur wenigen Finanzdienstleistern gelungen war: Der Kunde Identifizierte sich mit dem Firmennamen.
Steigert das Management den Unternehmenswert?
James Robinson hatte viele Fürsprecher, zu denen auch Buffett gehört haben soll. Durch Reinvestition und Produktentwicklung hatte er das Kerngeschäft ausgeweitet, dabei jedoch das Unternehmen überschuldet.
Steigert das Unternehmen seinen Wert für die Aktionäre?
Der Aktienkurs stagnierte über fünf Jahre. Nicht nur wurde der Gewinn aus den traditionellen Unternehmensbereichen in weniger rentable Neuinvestitionen gesteckt, es kam auch zu einer unverständlichen Verwässerung des Eigenkapitals. 1990 wurde neues Kapital in Flöhe von $1,1 Milliarden beschafft; und zusätzlich wurden für $74 Millionen Stammaktien zurückgekauft und $413 Millionen an Stammdividenden ausbezahlt (gegenüber $359 Millionen im Jahr 1989). Schlimm genug, dass der vorhandene Shareholder Value durch die nötige Emission neuer Aktien zu niedrigeren Kursen verwässert wurde, doch geradezu absurd war, dass an dieselben Aktionäre gleichzeitig mit vollen Händen Bardividenden ausgeschüttet wurden.