Ob die Börse rauf- (freundlich/fest) oder runtergeht (leichter/schwach), ob sie seitwärts tendiert (behauptet/uneinheitlich) – das ist immer schon eine Mischung aus Fakten, Stimmungen, Meinungen gewesen. Wer ein Unternehmensgeheimnis wusste, hatte echtes Herrschaftswissen und konnte es an der Börse nutzen. Meist mit sattem Profit, denn die Uneingeweihten schauten in die Röhre. Die Zeiten sind gottlob vorbei. Einmal durch die immer perfekter werdende Informationstechnik für jedermann, aber auch durch eingeführte Standards.
Um zumindest der Wirtschaft einen schnellen Überblick über die Kursentwicklung zu ermöglichen, ohne die einzelnen Aktien miteinander vergleichen zu müssen, wurden Indizes eingeführt. So kann mit der Veränderung einer einzigen Zahl, also dem Index, die Entwicklung eines ganzen Marktes gemessen und beurteilt werden. Man kann sich ohne große Schwierigkeiten ein Bild über die Marktlage oder Marktentwicklung verschaffen und auch längerfristige Trends ermitteln und in die Anlageentscheidung mit einbeziehen. Indizes sind inzwischen auch die Grundlage verschiedener Anlageobjekte geworden, zum Beispiel für Index-Zertifikate, Optionsscheine oder Futures. Und schließlich dienen sie als Messlatte für die Qualität der Kundenberatung bei der Bank des Vertrauens und für die Leistungen der Fondsmanager. Wer es schafft, dass sein Depotwert sich besser entwickelt als der jeweilige Index, kann stolz darauf sein, den Markt geschlagen zu haben.
DAX: Wissen ist Macht
Der Deutsche Aktienindex (DAX) wurde am 23. Juni 1988 an der Frankfurter Wertpapierbörse eingeführt. Als Vater des DAX gilt Frank Mella von der Börsenzeitung. Schon seit 1959 gab es in Deutschland den Hardy- Index. Im September 1961 wurde der erste Index der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eingeführt, seit 1994 gibt es den FAZ-Performance-Index, er berücksichtigt 167 Aktien. Schon seit 1981 wurde der Index der Börsenzeitung börsentäglich berechnet.
Die Berechnungsgrundlage für den DAX waren zunächst die Frankfurter Parkettkurse. Als Basis zum Jahresultimo 1987 wählte man einen Stand von 1000 Indexpunkten. Nach Einführung des computergestützten Handels im Dezember 1993 gab es den so genannten Ibis-DAX, der später durch den Xetra-DAX Ende 1997 abgelöst wurde. Aufgrund der sinkenden Umsätze im Parketthandel stellte die deutsche Börse zum 21. Juni 1999 die Ermittlung des Parkett-DAX ein. Heute wird der DAX während der Handelszeit von 9 bis 20 Uhr ständig (alle 15 Sekunden) aus den Kursen des Handelssystems Xetra ermittelt und aktualisiert.
Ein elitärer Kreis — die DAX-Untemehmen
Im DAX, der eigenüich genau DAX 30 heißt, sind die Aktien der 30 wichtigsten deutschen Unternehmen, die so genannten Blue Chips, vertreten. Das Unternehmen muss sowohl nach der Höhe des Börsenwerts als auch nach dem Umsatz unter den 35 größten Aktiengesellschaften sein. Alle drei Monate ermittelt die Deutsche Börse, ob alle DAX-Unternehmen noch diese Kriterien erfüllen. Falls nicht, fällt das entsprechende Unternehmen heraus, und ein anderes rückt nach. So ist im März 2001 Karstadt Quelle AG rausgefallen und stattdessen die Deutsche Post AG reingekommen. Weil die Mitgliedschaft im DAX als Gütesiegel gilt, fiel bei Bekanntgabe des Ausscheidens von Karstadt Quelle auch sofort der Aktienkurs. Dagegen verzeichnete die Adidas- Salomon-Aktie, die auch als Abstiegskandidat gegolten hatte, einen kräftigen Kurssprung, als bekannt wurde, dass sie weiterhin im DAX bleiben darf. Mit der geringen Auswahl von nur 30 Aktien hat man versucht, die Branchenstruktur der deutschen Wirtschaft möglichst gut widerzuspiegeln. Die DAX-Titel repräsentieren circa 60 Prozent des gesamten Grundkapitals der inländischen börsennotierten Unternehmen und machen über 70 Prozent der Börsenumsätze mit deutschen Aktien aus.
Der DAX ist ein gewichteter Index, wobei die Gewichtung recht kompliziert nach der jeweiligen Anzahl der zugelassenen Aktien erfolgt. Die meisten wichtigen Branchen sind im DAX vertreten. Das Hauptgewicht (fast 19 Prozent) liegt im Technologiebereich mit Aktien wie Epcos, Infineon, SAP und Siemens. Ungefähr gleich gewichtet (rund 17 Prozent) sind die Branchen Versorger/Telekommunikation mit Deutsche Telekom, RWE und E.ON (früher VEBA) und Versicherungen mit Allianz und Münchener Rück. Jeweils rund 15 Prozent Gewicht haben die Banken und die Branche Automobil und Verkehr, rund 10 Prozent Chemie und Pharma, 3,5 Prozent Handel und Konsum sowie 2,5 Prozent der Maschinenbau. Die umsatzstärkste Aktie im DAX war im Jahr 2000 die Deutsche Telekom mit einem Umsatz von rund 111 Milliarden Euro.
Wenn der Kleinanleger seine Aktienauswahl am DAX orientiert, wird die Anlage relativ risikoarm sein. Sicher gehören die DAX-Werte nicht unbedingt zu den Aktien mit rasanten Kurssteigerungen, man muss aber auch nicht derart dramatische Kursverluste von über 90 Prozent wie am Neuen Markt befürchten.
Leistungen lassen sich messen
Es gibt Kursindizes, auch Preisindizes genannt, und Performance-Indizes. Beim Kursindex werden ganz einfach die Kurse der Wertpapiere addiert. Der DAX ist aber ein Performance-Index, das heißt, er berücksichtigt neben der Kursentwicklung die Dividendenzahlung, die ausgegebenen Bezugsrechte und Berichtigungsaktien bei Kapitalveränderungen. Bei der Berechnung des Kurses wird unterstellt, dass dies alles wieder in die betreffende Aktie investiert wird. Man zieht also diese Beträge dann, wenn sie gezahlt oder ausgegeben werden, vom eigentlichen Kurs ab.
Ein Beispiel: Am Tag der Dividendenzahlung einer Aktiengesellschaft wird die Höhe der Dividende vom aktuellen Kurs abgezogen. Dieser Kursabschlag wirkt sich zunächst wie ein Kursrückgang aus. Er wird aber in den meisten Fällen schnell wieder eingeholt. Der Performance-Index spiegelt dann wirklich den Wert des Unternehmens wider. Damit kommt man zu einer realistischeren Berechnung des Anlageerfolgs als bei reinen Kursindizes. Durch den Zinseszinseffekt der Wiederanlage aller Ausschüttungen eignen sich Performance-Indizes besonders gut zum Vergleich der Kursentwicklung von Investmentfonds, da in den meisten Investmentfonds ausgeschüttete Dividenden und Kursgewinne wieder angelegt werden. Zu den Performance-Indizes gehören neben dem DAX der EuroStoxx 50 und der Standard & Poor’s 500.
Mehr Vielfalt — weniger Überblick
Aus dem DAX ist inzwischen eine ganze Familie geworden. Deshalb muss man genau darauf achten, wovon zum Beispiel ein Kundenberater spricht und auf welche Zahlen er verweist, wenn er einem etwas verkaufen will. Seit 1993 gibt es den C-DAX, den so genannten Composite-DAX. In ihm sind sämtliche zum amtlichen Handel an der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassene Aktien enthalten, das sind inzwischen rund 400 an der Zahl. Daneben werden auch C-DAXe für die verschiedenen Branchen berechnet. Wenn man die Entwicklung des DAX mit der des C-DAX vergleicht, kann man feststellen, ob sich die gesamte Börse besser oder schlechter entwickelt hat als die Aktien der 30 größten Unternehmen. Und wenn man eine Aktie aus einer bestimmten Branche mit dem betreffenden Branchenindex vergleicht, sieht man sofort, ob sich diese Aktie besser als der Branchendurchschnitt entwickelt hat.
1994 kam der DAX 100 dazu, der die Aktien der 100 größten Unternehmen einbezieht, inklusive der DAX-Aktien. 1996 wurde der M-DAX eingeführt, der die Aktien der 70 größten Unternehmen nach den DAX- Aktien enthält, also die Ränge 31 bis 100. Der Name M-DAX kommt von Midcap-Index, das heißt, in ihm sind die mittelgroßen Unternehmen enthalten. Der DAX 100 ist also eine Kombination von DAX und M-DAX. Smax, small cap exchange, heißt das neue Qualitätsmerkmal für kleine Aktien, das am 26. April 1999 an der Frankfurter Börse eingeführt wurde. Die deutsche Sprache wird vom Englischen nur so überflutet, und besonders die Finanzwelt liebt es, für alles und jedes Abkürzungen zu verwenden. So steht cap hier als Abkürzung für Capital, also Kapital. Damit sollen etablierte, aber zukunftsträchtige mittelständische Unternehmen bekannter gemacht werden. Der neue Index im Smax ist der S-DAX, der die Wertentwicklung der 100 größten Smax-Werte abbildet.
Die Entwicklung des Neuen Marktes spiegelt der Nemax-All-Share wieder. Darin sind mehr als 340 Aktien des Neuen Marktes nach Größe gewichtet enthalten. Die Blue Chips des Neuen Marktes sind seit dem Juli 1999 im Nemax 50 zusammengefasst. Aufnahmeregel ist ein Ranking unter den ersten 60 Titeln nach Marktkapitalisierung und Umsatzliquidität. Auch hier findet vierteljährlich eine Überprüfung statt, wonach dann immer einige Aktien herausfallen und neue hinzukommen. Die Fluktuation ist hier größer als beim DAX. Der Nemax 50 vereinigt etwa 85 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung des Neuen Marktes und rund 80 Prozent des Gesamtumsatzes. Seit Mai 2000 gibt es auch zehn Branchenindizes, um dem Anleger direkte Vergleiche der Wettbewerber zu ermöglichen.