Geschichte von Coca-Cola Company 1892 – Warren Buffett

The Coca-Cola Company wurde 1892 gegründet zur Vermarktung eines neuen alkoholfreien Getränkes auf Kokainbasis, entwickelt von Dr. John Pemberton aus Georgia im Jahr 1886. Sie verkaufte den Getränkegrundstoff an Abfüllfirmen und andere Vertreiber. Der Absatz lag bereits 1895 bei knapp 350 000 Litern – genug für zehn ‘Millionen Gläser Cola. Zwar wurde Kokain 1902 aus der Zutatenliste gestrichen, doch die Mixtur enthielt immer noch wirksame Mengen Zucker und Koffein. Der Markt expandierte weiter, nicht zuletzt infolge einer der größten Werbekampagnen ihrer Zeit: 1900 wurden $85000, 1912 $1 000 000 in Werbemaßnahmen gesteckt. In den 20er Jahren wurden die überseeischen Märkte erschlossen. 1932 schaffte die Firma den Sprung in den Dow Jones Industrial Average. Im Zweiten Weltkrieg noch eine nationale Institution, mauserten sich der Name, das Logo und die charakteristische Flasche in den Nachkriegsjahrzehnten zum globalen Markenzeichen.

Zwar wurde Kokain 1902 aus der Zutatenliste gestrichen, doch die Mixtur enthielt immer noch wirksame Mengen Zucker und Koffein. Der Markt expandierte weiter, nicht zuletzt infolge einer der größten Werbekampagnen seiner Zeit:
1900 wurden $85000, 1912 $1000000 in Werbemaßnahmen gesteckt.

Der kubanische Emigrant Roberto Goizueta übernahm 1980 die Leitung des Unternehmens. Obwohl der Umsatzerlös $4,6 Milliarden und der Gewinn nach Steuern $400 Millionen erreicht hatte, waren Management und Botschaft erschöpft. Zusammen mit seiner Nummer 2, Don Keough, nahm Goizueta mit neuem Marketing-Eifer den Rivalen Pepsi ins Visier, der kontinuierlich Marktanteile gewonnen hatte. Ironie des Schicksals, dass gerade dieses Management-Team mit dem größten Schnitzer der amerikanischen Marketing-Geschichte in Verbindung gebracht wird. Infolge von Marktforschungsergebnissen, die zeigten, dass Pepsi den Konsumenten besser schmeckte, wurde 1985 ein neues Coca-Cola auf den Markt gebracht – New Coke. New Coke bestand Geschmackstests mit Bravour, doch die Reaktion der Verbraucher war prompt, heftig und unmissverständlich. Auf eine beispiellose öffentliche Kampagne und 40 000 Protestbriefe hin wurde die klassische Variante des Getränks wieder eingeführt.
Zwar war Coca-Cola schon vorher das meist verbreitete und bekannteste Produkt der Welt, doch der Aufruhr um New Coke zeigte es noch einmal ganz deutlich: Die Menschen liebten Coca-Cola.

Coca-Cola 1988
Als Warren Buffett sich für Coca-Cola zu interessieren begann, war New Coke schon längst vom Tisch. Das Betriebsergebnis war 1985 zwar leicht zurückgegangen, hatte jedoch 1986 und 1987 deutlich zugelegt – um 34 bzw. 26 Prozent. Es wurde im Grunde ausschließlich mit dem Vertrieb von Grundstoff für Erfrischungsgetränke erwirtschaftet, wie schon vor hundert Jahren. Jener fatale Fehler war es jedoch, der es Buffett ermöglichte, die erste der drei Wertfragen zu beantworten:
Steigert das Unternehmen seinen Wert für seine Kunden?
Coca-Cola hatte eine Beziehung zu seinen Konsumenten, die ihresgleichen suchte. Diese kauften nicht etwa Irgendein aromatisiertes Zuckerwasser, sondern waren gewissermaßen auf Coca-Cola fixiert. 1987 griff der Durchschnittsamerikaner 274mal zu einem Produkt der Coca-Cola Company. Auf einen durchschnittlichen Cola-Trinker entfällt dabei sicher mehr als ein Coke pro Tag.

Ironie des Schicksals, dass gerade dieses Management- Team mit dem größten Schnitzer der amerikanischen Marketing-Geschichte in Verbindung gebracht wird. Infolge von Marktforschungsergebnissen, die zeigten, dass Pepsi den Konsumenten besser schmeckte, wurde 1985 ein neues Coca-Cola auf den Markt gebracht – New Coke. New Coke bestand Geschmackstests mit Bravour, doch die Reaktion der Verbraucher war prompt, energisch und unmissverständlich. Auf eine beispiellose öffentliche Kampagne und 40 000 Protestbriefe hin wurde die klassische Variante des Getränks wieder eingeführt.

Steigert das Management den Unternehmenswert?
Das Team Goizueta-Keough saß den Skandal um New Coke aus und konzentrierte sich weiter auf die Expansion des Erfrischungsgetränkegeschäfts. Andere Unternehmensbereiche befassten sich mit verwandten Produkten, Fruchtsäften etwa. Größere Investitionsausgaben wurden nach Ermessen getätigt, in der Hauptsache zum Kauf von Minderheitsbeteiligungen an Abfüllunternehmen, die nach wie vor den wichtigsten Vertriebskanal darstellten. Nicht ins Bild passte die Übernahme des Medienunternehmens Columbia für $750 Millionen im Jahr 1984. Zwar war Coca-Cola ein wichtiger Werbekunde, doch andere Synergieeffekte waren auf den ersten Blick nicht zu entdecken. Das Unternehmen war jedoch unter kompetenter Leitung und durch einen Aktientausch mit Tri-Star blieb die Bilanzstruktur unbelastet: Von Columbia floss Geld an die Aktionäre. Die maßgebliche Leistung des Managements war die Konzentration auf den Markt für Erfrischungsgetränke, während Pepsi zunehmend von seinem umfangreichen Snack-Food und Restaurantbereich in Anspruch genommen wurde.

Steigert das Unternehmen seinen Wert für die Aktionäre?
Hätte man Ende 1982 $100 in Coca-Cola-Stammaktien investiert, wären daraus Ende 1987 mit reinvestierten Dividenden $270 geworden – ein Wachstum von durchschnittlich 22 Prozent im Jahr. Im Vergleich dazu lag die Steigerungsrate in den fünf Jahren davor – in etwa der Ära vor Goizueta – bei 13 Prozent. Die Strategie des Managements war ausdrücklich auf die Reinvestition von generiertem Cashflow im Hinblick auf die zu erwartende Kapitalrendite ausgerichtet. Und das Unternehmen hatte 1984 mit dem Rückkauf eigener Aktien begonnen.

198 griff der Durchschnittsamerikaner 274mal zu einem Produkt der Coca-Cola Company. Auf einen durchschnittlichen Cola-Trinker entfällt dabei sicher mehr als ein Coke pro Tag.

Was danach Geschah mit Walt Disney – Warren Buffett

Die Anteilseigner von Cap Cities entschieden sich tatsächlich für Disney- Aktien und nach ein paar kleineren Emissionen und Rückkäufen liegt die Zahl der in Umlauf befindlichen Aktien bei 671 Millionen. Berücksichtigt man Sonderposten und Abschreibungen auf den Unternehmenswert, zeigt Disney folgendes Bild:

$Millionen 1997 1996 1995
Umsatz 22473 18739 12151
Betriebsergebnis 4384 3325 2227
Zinsaufwendungen (693) (438) (110)
Gewinn vor Steuern 3691 2887 2117
Jahresüberschuss 2399 1877 1376
Gewinn je Aktie ($) 3,49 3,03 2,60

1997 war – wohlgemerkt – das erste richtige Fusionsjahr. Daraus erklärt sich das kombinierte Betriebsergebnis für 1996, das nicht den Erwartungen entspricht. Aufs ganze Jahr berechnet ist eine Steigerung von $3,5 Milliarden (aus obigen Werten abgeleitet) auf $4,4 Milliarden 1997 mehr als beachtlich. Das Pro-Forma-Betriebsergebnis fiel in allen Sparten um 15 bis 25 Prozent besser aus. Die größte (von uns) unerwartete Abweichung ergab sich bei den Zinsaufwendungen. Diese lagen mit 6 bis 7 Prozent wesentlich unter unserem Ausgangswert von 10 Prozent. Allein dadurch war der Gewinn je Aktie um 30 Cent höher.
Wie auch andere große Positionen stutzte Buffett seinen Anteil an Disney 1997 etwas zurecht und stieß etwas mehr als 3 Millionen Aktien ab. Die verbleibenden 21,6 Millionen hatten einen Wert von $2,1 Milliarden bzw. $99 je Aktie. Ohne Dividenden entsprach dies einer Zunahme des Marktwertes von rund 28 Prozent im Jahr. Berkshire hatte Anfang 1986 Split-bereinigte $17 für seine Cap Cities-Aktien bezahlt. Jetzt waren sie $99 wert und hatten $65 in bar eingebracht. Der durchschnittliche Kapitalgewinn – wieder ohne Berücksichtigung der Dividenden – lag bei rund 21 Prozent im Jahr

ÜBUNGEN
1 Wenn man nur bis 1995 denkt, hätte Buffett dann die Aktien nicht lieber behalten sollen, die er 1966 gekauft hatte? Beantworten Sie diese Frage ohne Berücksichtigung von Emissionen und Dividenden.

2 Wie viel hätten die Disney-Brüder bei gleicher Ausgangssituation 1923 investieren müssen, um 1995 die gleiche Jahresrendite zu erzielen?
Weitere Fragen zur Diskussion

3 Welche Gemeinsamkeiten zeichnen die Coca-Cola- und die Disney- Aktie aus? Worin unterscheiden sie sich?

2 Glauben Sie, dass Disney auch weiterhin Unterhaltung für Familien produzieren sollte? Welche Risiken sehen Sie dabei?

Berkshire Hathaway kaufte 1973 für $10,6 Millionen 467250 Stammaktien der Klasse B von The Washington Post Company.

Andere Unternehmensarten – Berkshire Hathaway

Es gibt Branchen, in denen die EKR-Analyse problematisch ist, obwohl die Eigenkapitalrentabilität längerfristig mit jeder anderen Art der Geschäftstätigkeit vergleichbar ist. Für Versicherungsgesellschaften gilt: Vorsicht vor der Falle der „gläsernen“ Erträge, wie sie oben beschrieben wurden. Hier bestehen die Aktivposten oftmals aus Aktien, für die nur die Dividende als jährlicher Ertrag ausgewiesen wird. Die von den entsprechenden Unternehmen einbehaltenen Gewinne schlagen sich irgendwann in Form von Dividenden oder Kapitalerträgen nieder, doch insbesondere letztere sind unregelmäßig und unberechenbar. Berkshire Hathaway hat ebenfalls dieses Problem, doch da das Unternehmen viel weniger Aktien hält als eine durchschnittliche Versicherungsgesellschaft, ist es entsprechend leichter, die „gläsernen“ Erträge zu schätzen. Immobiliengesellschaften und andere Unternehmen, die ihre Vermögenswerte lange halten und auf Kapitalgewinne hoffen, etwa Wagniskapital-Beteiligungsgesellschaften, eignen sich ebenso wenig für die EKR-Analyse.
Im vorangegangenen Artikel haben wir gesehen, wie Firmenwert und immaterielle Vermögenswerte die EKR-Analyse erschweren. Es gibt noch andere Fälle, in denen Bilanzwerte aus der Vergangenheit irreführen können. Unternehmen, deren Kapital größtenteils aus früheren Jahren stammt, haben scheinbar eine hohe Eigenkapitalrentabilität, doch sobald zusätzliches Kapital benötigt wird, geht die EKR zurück. Auch frühere Verluste drücken die Eigenkapitalbasis und sorgen so für scheinbar hohe Erträge, und so weiter und so fort. Der Weg aus dieser Sackgasse ist die Konzentration auf das, was uns wirklich interessiert: nämlich die Rendite, die ein Unternehmen aus zusätzlichem Kapital generieren kann.
Das Wesen der EKR ist leicht zu verstehen – es handelt sich dabei einfach um die aktuelle Gesamtrentabilität in Relation zu den gesamten in der Vergangenheit getätigten Investitionen. Hier einen möglichst zeitnahen Wert zu ermitteln, ist nicht viel schwieriger. Wir betrachten dazu die Rentabilitätssteigerung in Relation zum Investitionszuwachs, der zum Erzielen der entsprechenden Rendite erforderlich war. Damit wird zwar nicht die zukünftige EKR prognostiziert, doch ist der Wert aktueller als der Maßstab, den wir bisher angesetzt haben. Damit können wir uns auch um die oben angesprochenen buchhalterischen Probleme drücken. Ich bezeichne diesen neuen Maßstab als IP für „Incremental Principle“, also Zuwachsprinzip. Er wird folgendermaßen ermittelt:

berichtigter Gewinn, Jahr 2 – berichtigter Gewinn, Jahr 1
Eigenkapital am Ende von Jahr 2 – Eigenkapital zu Beginn von Jahr 2

Hinweis: Unter berichtigtem Gewinn ist der Gewinn nach Steuern und Abzug von Vorzugsdividenden zu verstehen, jedoch vor Abzug von Stammdividenden und unter Berücksichtigung außerordentlicher Posten.
Im folgenden Beispiel wurde ein Unternehmen mit einem Aufschlag von 50 auf den Buchwert gekauft. Dieser derivative Firmenwert ist abgeschrieben worden.

Goodwill Limited

Jahr 1 2 3
Unternehmenswert (50) (50) (50)
Anlagevermögen 30 33 36
Netto-Umlaufvermögen 20 22 24
Nettovermögen 50 55 60
Nettogewinn 10 10,5 11
durchschnittl. Eigenkapitalrentabilität 20% 19%
IP 10% 10%

Die ursprüngliche EKR wirkt mit 20 Prozent recht beeindruckend. Das IP jedoch kommt der Wahrheit näher. Der Gewinn nimmt lediglich um 0,5 p.a. zu, wofür jedoch jedes Jahr 5 Ins Betriebsvermögen reinvestiert werden müssen, was einen Ertragszuwachs von 10 Prozent ergibt. Würden sich diese Werte auch in Zukunft so entwickeln, fiele schließlich auch die EKR auf 10 Prozent. Das hier entstehende Bild ist typisch für ein Übernahmekonsortium mit scheinbar hoher Rentabilität seiner Anschaffungen, die sich jedoch nur allzu rasch verlangsamt; erst eine erneute Übernahme belebt die Rentabilität wieder – auf dem Papier.
Auch unser nächstes Beispiel erzählt eine alte Geschichte.

Start-up Limited

Jahr 1 2 3
Anlagevermögen 120 123 127
Netto-Umlaufvermögen 80 82 84
Nettovermögen 200 205 211
Nettogewinn 10 12 14
durchschnittl. Eigenkapitalrentabllität 6% 7%
IP 40% 33%

 

Das Wesen der EKR ist leicht zu verstehen – es handelt sich dabei einfach um die aktuelle Gesamtrentabilität in Relation zu den gesamten in der Vergangenheit getätigten Investitionen. Hier einen möglichst zeitnahen Wert zu ermitteln, ist nicht viel schwieriger.

Das vorliegende Muster ist besonders für Neugründungen oder Branchenneulinge typisch. Es zeigt sich vor allem in Sektoren wie Hotelgewerbe oder Schwerindustrie, wo sich beträchtliche Investitionsausgaben erst auszahlen, wenn die Kapazitäten ausgelastet sind. Beachten Sie die rasche Zunahme des Reingewinns von 15 bis 20 Prozent im Jahr. Betrachtet man EKR und IP, wird klar, dass dieser vermeintliche Boom beim Gewinn nur ein Aufholprozess ist. Hätte man die ursprünglich investierten 200 zur Bank gebracht, wäre die Rendite in jedem der drei Jahre höher gewesen.
Eine weitere nützliche Regel zur Identifikation von Aktien im Sinne Buffetts ist also:

Die Eigenkapitalrentabilität muss hoch sein, und zwar dauerhaft. Der Rentabilitätszuwachs aufgrund des Eigenkapitalzuwachses (IP) sollte ebenfalls hoch sein.

Was Buffett Unternahm beim Fall mit Washington Post Company

1973 war in den USA ein schwaches Börsenjahr. Die Kurse brachen im Schnitt um 20 Prozent ein – in manchen Branchen wie etwa der Medienindustrie sogar noch stärker. Berkshire Hathaway ergriff die Gelegenheit und investierte $10,6 Millionen in 467150 Stammaktien der Klasse „B“ – zu einem Kurs von $22,69 je Aktie. Wenn man die Stammaktien beider Klassen und die beträchtliche Anzahl von Optionen auf Aktien einrechnet, so waren insgesamt 4,8 Millionen stimm- und dividendenberechtigte Stammaktien in Umlauf. Berkshire besaß damit rund 10 Prozent des Unternehmens zu einem Preis von insgesamt $109 Millionen. Die Sicherheitsmarge auf Grundlage von Buffetts veröffentlichter Schätzung sah so aus:

Sicherheitsmarge = ($400 Millionen – $109 Millionen) / $ 400 Millionen = 73 %

Gemäß unserer niedrigeren Schätzung des Unternehmenswerts auf $304 Millionen ergibt sich eine Marge von 64%.

Was Danach Geschah
Sicher übte Buffett auch bei GEICO Einfluss aus und bekleidete Posten in Gremien verschiedener anderer Unternehmen, an denen er beteiligt war, doch nie hat er sich persönlich so engagiert wie bei der WPC. Buffett betrachtete Kay Graham als persönliche Freundin und verbrachte viel Zeit mit ihrem Sohn Don, der mittlerweile Chairman und CEO geworden ist. Buffetts Einfluss zeigte sich das erste Mal, als die WPC begann, eigene Aktien zurückzukaufen – was ernsthaft ab 1975 betrieben wurde.
Mit den Gewerkschaften arrangierte sich Kay Graham 1975. Nach einem Streik über viereinhalb Monate kam es zu einer Einigung. Die Zeitung war die ganze Zeit über als Notausgabe erschienen, hergestellt und gedruckt durch Aushilfen in fremden Druckereien. Die Werbeeinnahmen gingen vorübergehend nach unten, doch die Auflagenhöhe wurde kaum beeinträchtigt: eine Bestätigung der starken Position der Zeitung bei ihren Lesern. Der erneute Gewinnanstieg 1976 war spektakulär. Der Gewinn nach fälligen Steuern, jedoch ohne Abschreibungen auf den Firmenwert,
machte einen Satz auf $28 Millionen – gegenüber 1973 ein Plus von 73 Prozent. In den 25 Jahren nach Berkshires Investition hat die WPC weitere Zeitungen, Zeitschriften und TV-Sender übernommen und ebenso Kabelfernsehnetze, einen Online-Informationsdienst und ein paar andere Unternehmen. Dabei ist die WPC derjenige unter den Riesen der amerikanischen Medienbranche, der auch diszipliniert „nein“ sagen kann zu Übernahmen und Diversifikation. Der Cashflow wurde hauptsächlich zur Schuldentilgung und zum Rückkauf eigener Aktien verwendet. Die Washington Post hat ihre Auflage an Wochentagen allmählich und an Sonntagen sprunghaft steigern können. Kauf- und Anzeigenpreise sind weiterhin im Aufwind, doch im Großen und Ganzen hat sich wenig verändert.

Der Unternehmensumsatz wird immer noch in erster Linie durchs Werbegeschäft und durch die Auflage erwirtschaftet. Seit 1973 ist der Werbeumsatz um 8 Prozent im Jahr gestiegen, die Einnahmen aus verkauften Exemplaren stiegen um 10 Prozent. Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen auf den Firmenwert ist um 12 Prozent im Jahr gewachsen, was eine Verbesserung der Umsatzrendite belegt. Der Reingewinn stieg aufgrund des geringen Verschuldungsgrades um 13 Prozent im Jahr. Es befinden sich rund 11 Millionen stimm- und dividendenberechtigte Stammaktien in Umlauf gegenüber 4,8 Millionen im Jahr 1973, doch dieser scheinbare Zuwachs beruht auf Aktiensplits. Es wurden zwar auch neue Aktien emittiert, doch die Anzahl der Aktien ist im Verhältnis stark gesunken durch die Aktienrückkäufe. Es sind mehr als 40 Prozent weniger Aktien in Umlauf als noch 1973. Der Gewinn je Aktie ist dementsprechend im Schnitt um 16 Prozent im Jahr gestiegen.
Buffett und Munger betrachten das Mediengeschäft mittlerweile recht zuversichtlich – insbesondere die Zeitungsbranche. 1977 hatten sie für $33 Millionen eine eigene Zeitung erworben – die Buffalo News. Sie warf 1997 $33 Millionen Gewinn ab. Während derartige Unternehmen aufgrund des geringen Kapitalbedarfs und einer treuen Klientel noch immer betriebswirtschaftliche Vorteile genießen, hat das Ausmaß der Kundenbindung abgenommen. Heutzutage sehen die Menschen mehr fern, und dieser Markt ist geprägt von intensivem Wettbewerb. Buffett und Munger haben sich damit abgefunden und als loyale Investoren erwiesen. Sie haben erklärt, dass sie ihre Anteile an der WPC auf unabsehbare Zeit halten werden.
Die WPC konnte 1997 $315 Millionen Gewinn verbuchen. Damit hatte die Berkshire-Investition in Höhe von ursprünglich $10,6 Millionen einen Wert von $841 Millionen – ein Zuwachs von durchschnittlich 19 Prozent zuzüglich Dividenden.

Übungen und Fragen
1 Das Eigenkapital betrug Ende 1997 $1184 Millionen. Wie hat das IP überden gesamten Betrachtungszeitraum ausgesehen? Ist die Antwort auf diese Frage von Interesse?
2 Wie würde sich der Unternehmenswert verändern, wenn das Unternehmen jetzt sechs Monate lang bestreikt würde – mit damit verbundenen Kosten von $100 Millionen, jedoch ohne langfristige Auswirkungen?

Weitere Fragen zur Diskussion
3 Buffett glaubt, dass sich die wirtschaftlichen Bedingungen fürs Zeitungsgeschäft in den letzten 20 Jahren verschlechtert haben. Woran könnte das Ihrer Ansicht nach liegen?
4 Wo gibt es heute in der Medienbranche Monopole?
1989 und 1990 kaufte Berkshire Hathaway für $289,4 Millionen 5000 000 Stammaktien von Wells Fargo & Company. 1992 und 1993 folgten weitere 1 791 218 Aktien für $134,3 Millionen und 1996 noch einmal 500 200 für $74,1 Millionen.

Jahr gekaufteAktien Gesamtzahl der gekauften Aktien Kosten pro Jahr ($ Mio) Gesamtkosten ($ Mio) Kosten je Aktie ($) durchschnittliche Kosten je Aktie ($)
1989/90 5000000 5000000 289,4 289,4 57,89 57,89
1991 0 5000000 0 289,4 57,89
1992 1358418 6358418 91,6 381,0 67,43 59,92
1993 432800 6791218 42,7 423,7 98,66 62,39
1994 0 6791218 0 423,7 62,39
1995 0 6791218 0 423,7 62,39
1996 500200 7291418 74,1 497,8 148,14 68,27

Aktien als Rentenpapiere – Berkshire Hathaway

Aktien von Unternehmen, die ihre Eigenkapitalrendite langfristig nicht steigern können, könnte man als Sonderform von Rentenwerten betrachten: als Anleihen ohne Laufzeitbegrenzung mit einer um 10 bis 12 Prozent schwankenden Verzinsung, die ausbezahlt oder zum gleichen Satz reinvestiert werden kann. Wenn konventionelle Staats- oder Industrieanleihen mit 5 oder 7 Prozent verzinst werden, könnte man in Versuchung kommen, dafür einen ordentlichen Aufschlag auf den Buchwert zu zahlen. Das allgegenwärtige Inflationsrisiko würde die Zinsforderungen bei Bonds aber vermutlich auf oder über die 10 Prozent-Marke treiben. In einem 1977 verfassten Essay demonstrierte Buffett, dass – entgegen einer weit verbreiteten Meinung-die Inflation als solche nicht die realisierbare Eigenkapitalrendite eines Unternehmens steigert. Mit anderen Worten, die Inflation wird zwar die durchschnittliche Verzinsung von Bonds in die Höhe treiben, nicht aber den durchschnittlichen Ertrag von Aktien (EKR), der unverändert bleibt. Es besteht also immer das Risiko, dass der Aufschlag auf den Buchwert, den Aktionäre gewohnt sind, sich in Luft auflöst: die Durchschnittsaktie kann über kurz oder lang ihren Firmenwert einbüßen.

Den Investor interessiert nur sein Kapitalgewinn. Steuern sind beim Investieren ein wichtiges, unvermeidliches Thema. Vergleichend muss also die Kapitalrendite alternativer Anlagemöglichkeiten nach Steuern herangezogen werden.

Buffetts oft propagierter Grundsatz, dass die Verwendung von Kapital zu den wichtigsten Aufgaben des Top-Managements zählt, wird in diesem Zusammenhang verständlich. Selbst ein scheinbar expandierendes Unternehmen kann Wert vernichten, wenn das Wachstum die Reinvestition von Kapital erfordert und die Rentabilität gering ist Büffelt illustriert das gern am Beispiel des Sparkontos. Kann man 10 Prozent Zinsen bekommen und reinvestiert diesen Betrag kontinuierlich, wird auch der Zinsertrag um 10 Prozent im Jahr steigen. Da ist weiter nichts dabei, doch so mancher Manager, der auch nach Jahren an der Spitze eines großen Unternehmens nicht mehr erreicht hat, wird dafür gepriesen.
Die Unternehmensführung kann in die Kernbereiche reinvestieren, doch es gibt auch noch andere maßgebliche Möglichkeiten, Kapital zur Steigerung – oder Minderung – des Firmenwertes einzusetzen: Diversifikation und Aufkauf von Unternehmensanteilen; Ausschüttung oder Einbehaltung von Dividenden und Verschuldung.

Was war Coca-Cola für Warren Buffet wert

Wie wir gesehen haben, ergeben sich aus der überschlägigen Berechnung auf Grundlage des Internationalen Wachstums astronomische Gewinn- Projektionen. Welchen Schluss hätte ein realistischer Investor daraus hinsichtlich des inneren Wertes des Unternehmens für das Jahr 1988 gezogen? Die qualitativen Tests hat Coca-Cola mit Bravour bestanden. Nun gilt es, die finanzielle Performance der jüngeren Unternehmensgeschichte unter die Lupe zu nehmen. Für das Wirtschaftsjahr zum 31. Dezember 1987 lag der Nettogewinn vor außerordentlichen Posten knapp über $900 Millionen. Buffett kaufte erstmals im Sommer, als eine Steigerung des Nettogewinns je Aktie von 15 Prozent abzusehen war. Das Jahr war aber erst zur Hälfte um. Ausgehend von einer Steigerung um nur 7 Prozent errechnete sich ein Gewinn von $980 Millionen. Die Abschreibungen auf den Firmenwert waren immateriell. Wie oben angesprochen lagen die „owner earnings“ mit dem Reingewinn zumindest gleich auf: Bei gleichbleibendem Stückvolumen hätten die Investitionsausgaben die Abschreibungen kaum überstiegen und das Umlaufvermögen hätte einen positiven Cashflow aufgewiesen. Die durchschnittliche Eigenkapitalrentabilität lag bei 27 Prozent, Tendenz steigend. Der Zuwachs beim Nettogewinn von 1986 auf 1987 betrug rund $130 Millionen. Für 1988 waren ähnliche Werte zu erwarten. Nicht so leicht zu berechnen waren die nicht ausgeschütteten Anteile am Eigenkapital für das entsprechende Jahr.

Die kombinierten Effekte von Aktienrückkäufen, Bardividenden und Sonderdividenden im Zuge der Abwicklung Columbias hatten für 1987 netto einen Rückgang des Eigenkapitals bewirkt. Rechnet man die Sonderdividende ein, bleibt das Eigenkapital unverändert. Das war zwar ausgesprochen beachtlich, doch nicht repräsentativ. Wir haben festgestellt, dass die Investitionsausgaben die Abschreibungen generell ums Doppelte überstiegen und dass diese Investitionen einzig für das Erzielen von Wachstum erforderlich waren. (Das Umlaufvermögen finanzierte sich selbst). Die durchschnittlichen Netto-Investitionen betrugen $200 Millionen pro Jahr. Der Eigenkapitalzuwachs lag zwischen 1980 und 1986 im Durchschnitt bei 9 Prozent und liegt jetzt bei $290 Millionen (9 Prozent des Endbestandes von 1987) und in dieser Zahl sind bereits alle sonstigen Investitionstransaktionen berücksichtigt. Coca-Colas Zuwachs bei der Eigenkapitalrentabilität lag demnach bei rund 45 Prozent ($130 Millionen Gewinnsteigerung/$290 Millionen Eigenkapitalzuwachs). War 45 Prozent ein realistischer Zielwert für die kontinuierliche Eigenkapitalrentabilität? Angesichts der Vergangenheit des Unternehmens, seiner Zukunftsaussichten und des erschwerten Marktzugangs ganz sicher. Bei den aktuellen Zuwachs- und Einbehaltungsraten würde die 45-Prczent- Marke innerhalb von vier Jahren erreicht werden. Seiner konservativen Einstellung getreu wäre Buffett bei seinem Engagement sicherlich von einer laufenden EKR von wenigstens 27 Prozent ausgegangen. Unser Maßstab des inneren Wertes wäre also: $980 Millionen „owner earnings“ x (27% laufende EKR/(10% Diskontsatz)2) = $26 460 Millionen bzw. $71,1 je Aktie. Ende 1987 waren 372 Millionen Aktien in Umlauf.

Einführung im Leben von Warren Buffett

Forbes Greatest Business Stories Of All Time von Daniel Gross und Buffett von Roger Lowenstein waren nützliche, gut geschriebene Quellen, die ich nicht unerwähnt lassen möchte. Warren Buffett weist auf die Kapitel 8 und 20 von The Intelligent Investor von Ben Graham hin. Auch die anderen Kapitel sind durchaus empfehlenswert.
Der intelligenteste und kreativste Autor zum Thema Geldanlage ist aber Warren Buffett selbst. Seine klassischen Chairman’s Letters finden Sie im Internet unter berkshlrehathaway*com. Die Briefe von 1977 bis 1995, zweibändig in Buchform herausgegeben, sind für $30 zu beziehen bei: Berkshire Hathaway Inc.,
3555 Farnam Street,
Suite 1440,
Omaha, NE 68131, USA.

Warren Edward Buffett wurde im August 1930 in Omaha, Nebraska, geboren. Sein Vater war Börsenmakler und Kongressabgeordneter. Dadurch entdeckte Buffett früh sein Interesse am Aktienmarkt und wurde auch ein Stück weit konservativ geprägt. Im Alter von 11 Jahren kaufte er seine ersten Aktien. Da war er bereits ein gestandener Geschäftsmann: Als er 1936 mit seiner Familie im Urlaub gewesen war, hatte er Cola im Sechserpack besorgt und die einzelnen Flaschen mit Gewinn weiterverkauft. Coca-Cola sollte im Laufe seines Lebens noch eine größere Rolle spielen: Gewinn bei sechs Flaschen – fünf Cent, Gewinn bisher mit Aktien – $12 Milliarden. Es ist auffallend, wie oft Buffet an frühere Erfolge anknüpft. Als Zeitungsjunge bewältigte er das ungeheure Pensum von beinah 500 Exemplaren täglich (was ihm bis zu seinem 16. Lebensjahr $5000 eingebracht hatte), später kaufte er die Washington Post. Auch American Express und Disney, auf die er in den 90er Jahren verstärkt zurückkam, hatte er bereits Anfang der 60er Jahre erfolgreich ge- und wieder verkauft.
Buffett war im Hinblick auf einzelne Aktien mal der gleichen, aber auch mal anderer Meinung als Graham, und eiferte seinem Lehrmeister nach, bis er ihn schließlich übertraf.

Nach einem kurzen Zwischenspiel an der Wharton School in Pennsylvania besuchte Buffet die Columbia Business School und begegnete dort seinem Schicksal in Gestalt von Benjamin Graham. Grahams prägender Einfluss auf den jungen Buffett wird in dieser Geldanlage-Webseite beschrieben. Buffett arbeitete zunächst mehrere Jahre für das Maklerhaus seines Vaters, bevor er zu Grahams Investment-Gesellschaft Graham-Newman an die Wall Street wechselte. Buffett war im Hinblick auf einzelne Aktien mal der gleichen, aber auch mal anderer Meinung als Graham, und eiferte seinem Lehrmeister nach, bis er ihn schließlich übertraf. In den sechs Jahren bis 1956 machte er aus $10000 $140000 und ließ dabei sowohl Graham-Newman als auch die durchschnittliche Aktienrendite weit hinter sich. Untersucht man, welche Aktien er damals gekauft hat, entsteht der Eindruck, er habe sich im Wesentlichen an Graham orientiert. Er hat oft billig nach Reinvermögen oder Nettoumlaufvermögen gekauft, dabei jedoch aufwendige Recherchen betrieben in einer Zeit, als die Informationspolitik der Unternehmen mehr als restriktiv war. Graham selbst ging 1956 in den Ruhestand und ernannte einzig und allein den 26-jährigen Buffett zu seinem intellektuellen Nachfolger. Graham-Newman wurde aufgelöst und Buffett ging zurück nach Omaha, um zusammen mit Partnern eine eigene Firma zu gründen.

Disney 1995 and Warren Buffett

Bel Disney hatten Michael Eisner und Frank Wells Inzwischen ihre eigenen Methoden eingesetzt. Die jüngsten Zahlen lassen sich so:

$ Millionen 1989 1995 Wachstumsrate auf Jahresbasis (%)
Umsatz 4594 12112 17,5
Betriebsergebnis 1229 2446 12,2
Gewinn 703 1380 11,9
Gewinn je Aktie 1,27 2,60 12,7

Die Steigerung fällt hier nicht ganz so eindrucksvoll aus wie bei Cap eitles, doch das lag hauptsächlich am Eurodisney-Effekt. Seit Jahrzehnten hatte Disney in den Vereinigten Staaten und Japan mit großem Erfolg Themenparks betrieben. Das 1992 eröffnete Eurodisney ist Europas Gegenstück zu Disneyland. Es war eine organische Weiterentwicklung der bestehenden Strategie. Eurodisney wurde ohne Belastung der Bilanzstruktur finanziert: Disney hielt 49 Prozent und institutionelle und private Anleger teilten sich den Rest. Es mussten auch projektgebundene Darlehen aufgenommen werden. Disney rechnete neben der Aktienrendite mit Interessanten Erträgen in Form von Lizenz- und Konsortialgebühren. Damit hatte man den goldenen Mittelweg eingeschlagen zwischen den hundertprozentig unternehmenseigenen und -betriebenen Parks In den Staaten und dem japanischen Modell, bei dem Disney ausschließlich Lizenzgebühren erhielt. Doch Eurodisney blieb hinter den Zielsetzungen zurück, insbesondere bei der Hotelbelegung, die einen der Schlüsselfaktoren beim Gewinn darstellte. 1994 erfolgte eine Umschuldung, die in den Augen der Beobachter für Disney günstig ausfiel. Die Banken zeigten sich verständlicherweise verhandlungsbereit, da ohne die Unterstützung von Disney eine Erholung nicht zu erwarten war. Nichtsdestotrotz drückte diese Beteiligung das Gesamtergebnis und kostete 1993 $515 Millionen, 1994 $110 Millionen (in der Gewinn- und Verlustrechnung – effektiv war es mehr). Doch Eurodisney war im Aufwind. Es stellte eine sinnvolle Produkterweiterung dar und war mit möglichst geringen Risiken für Disney finanziert worden. Es schlug sich wacker auf dem europäischen Markt und die bereits hohen Besucherzahlen stiegen weiter.
Außerdem war es nicht diese eine Beteiligung allein, die Disney ausmachte.

Das 1992 eröffnete Eurodisney ist Europas Gegenstück zu Disneyland. Es war ein^ organische Weiterentwicklung der bestehenden Strategie. Eurodisney wurde ohne Belastung der Bilanzstruktur finanziert.

Steigert das Unternehmen seinen Wert für seine Kunden?
American Express schmeichelt dem Selbstbewusstsein seiner Kunden. Die Cola-Flasche verkörpert die Ambitionen von Millionen. Disney geht noch einen Schritt weiter. Auch hier geht es um Träume, doch im Gegensatz zu anderen Firmen schafft Disney diese Träume. Vor siebzig Jahren hat Walt Disney eine sprechende Maus erfunden, und die Leute kamen in Scharen, um sie zu sehen. Sie wollten sie immer wieder sehen und kauften Mickey-Mouse-Artikel, und so entstand eine dauerhafte Bindung. Heute spielen die Kinder ihre „Aladin“- und „König der Löwen“-Kassetten immer und immer wieder. Disney ist nicht das einzige Unternehmen auf der Welt, das Unterhaltung verkauft. In einem globalen Markt, der von den USA beherrscht wird, auf dem die englische Sprache und amerikanische Wertvorstellungen eine ganz besondere Rolle spielen, haben sich die großen Filmstudios Hollywoods jahrzehntelang ihre Vormachtstellung bewahrt. Doch Disney ist seinen traditionellen Rivalen in dreifacher Hinsicht überlegen:

1 Kinder – Disneys Produkte haben eine Zielgruppe, die sofort zufrieden gestellt sein will. Eltern vertrauen auf Disneys Qualität und Werte. Wenn Sie nach einem Wertmaßstab für die Marke Disney suchen, stellen Sie sich einfach Folgendes vor: Als Vater oder Mutter gehen Sie mit Ihrer Familie ins Kino und haben die Wahl zwischen einem Disney-Film zum vollen oder einem anderen Film zum halben Preis. Wofür würden Sie sich entscheiden? Das Hauptrisiko bei der Produktion von Filmen – deren Budgets für den künstlerischen und den betriebswirtschaftlichen Bereich $100 Millionen pro Projekt übersteigen können – ist die Schwierigkeit, im Voraus zu bestimmen, was sich verkaufen lässt. Disney hat dieses Risiko minimiert. Und da das Disney-Publikum in erster Linie aus Kindern besteht, kann das Studio seine Produkte mit geringem Kostenaufwand alle paar Jahre neu präsentieren.
2 Lizenzverträge – Disney war Pionier auf dem Gebiet der Lizenzvergabe für die Rechte an seinen Figuren zum Merchandising. Das Ist ein faszinierendes Geschäft. Wo sonst zahlt der Kunde schon für das Recht, Werbung für ein Produkt zu betreiben? Auf diese Weise verdient Disney an jedem Federmäppchen und jedem Hamburger mit Schneewittchenbild. Und jedes solche Konterfei macht die Figur, den Film und die Marke noch populärer. In dieser Sparte – der Lizenzvergabe für seine Figuren – steht Disney weltweit an erster Stelle.
American Express schmeichelt dem Selbstbewusstsein seiner Kunden. Die Cola-Flasche verkörpert die Ambitionen von Millionen. Disney geht noch einen Schritt weiter. Auch hier geht es um Träume, doch im Gegensatz zu anderen Firmen schafft Disney diese Träume.
3 Talent – Disney beschäftigt erstklassige Zeichner, Autoren, Komponisten und Schauspieler, von denen jeder einzelne ersetzbar ist. Wir haben bereits festgestellt, dass Filmproduktion ein riskantes Geschäft ist. Eine verbreitete Methode, um diese Risiken zu reduzieren, ist die Verpflichtung berühmter Schauspieler. Dadurch haben die Schauspieler bzw. ihre Agenten gegenüber den Produktionsfirmen eine günstige Verhandlungsposition. Wie viel Gewinn auch erzielt wird, ein immer größerer Teil davon fließt an die Stars. Bei einer Disney-Produktion sind die einzelnen Schauspieler oder Mitwirkenden zweitrangig – die Qualität stimmt, doch der Einzelne ist von untergeordneter Bedeutung. Und natürlich verlangt Mickey Mouse keine Umsatzbeteiligung…

In einer Hinsicht war Disney nicht so vielversprechend wie Coca-Cola, Gillette oder die Washington Post: Die Konkurrenz war zu groß. Die Washington Post war die einzige bedeutende Tageszeitung der Region. Die Produkte von Coca-Cola oder Gillette waren auf fast allen Märkten präsent und in puncto Kosten, Qualität und Bekanntheitsgrad für alte wie neue Konkurrenten unschlagbar. Disney verfügt über einen großen Namen und über ein Erbe, an das kein anderes Unternehmen der Unterhaltungsindustrie herankommt. (Warner etwa verfügt zwar über bekannte Figuren, doch es fehlt die Kontinuität). Es war aber nicht auszuschließen, dass ein anderes Studio ebenfalls hochwertige Kinderfilme produzierte – ob Trickfilme oder andere.

Wenn Sie nach einem Wertmaßstab für die Marke Disney suchen, stellen Sie sich einfach Folgendes vor: Als Vater oder Mutter gehen Sie mit Ihrer Familie ins Kino und haben die Wahl zwischen einem Disney-Film zum vollen oder einem anderen Film zum halben Preis. Wofür würden Sie sich entscheiden?

Steigert das Management den Unternehmenswert?
Steigert das Unternehmen seinen Wert für die Aktionäre?

Eisner und sein Team hatten es geschafft, das Unternehmen neu auszurichten. Sie hatten seit den 60er Jahren im Trickfilmbereich Kinohits in Folge produziert wie kein anderes Studio. Im Videogeschäft wurde die Nachfrage künstlich angeheizt durch limitierte Abgabe. Damit wurde gleichzeitig der Erfolg zukünftiger Neuauflagen bei der nächsten Generation gesichert. Der Merchandising-Bereich wurde eine Stufe weiter entwickelt durch die erfolgreiche Einführung der Disney Store-Kette in den USA und anderen Ländern. Abgesehen vom – noch nicht erwiesenen – Misserfolg in Europa hatten sich die Themenparks und Vergnügungseinrichtungen nach Wunsch entwickelt: Jede verkaufte Kinokarte, jedes verkaufte Spielzeug schuf einen potenziellen Besucher. Eisner hatte Eintrittsgelder und Preise (für Karten, Hotelzimmer und Disney-Artikel) systematisch angehoben, denn er hatte erkannt, dass der Spielraum bei der Preisgestaltung angesichts der starken Nachfrage enorm war. Der Disney- Kabelkanal war ein cleverer Schachzug zur Rückeroberung des Fernsehsegments.
Zur Person Elsners blieben jedoch viele Fragen offen. Durch den Unfalltod von Wells Anfang 1994 war Ihm die Führungsrolle zugefallen. Das Unternehmen hatte viel In die Produktion von Filmen und Tonträgern investiert. Die letztendlich erzielten Erfolge hatten jedoch keinen Bezug zur Marke Disney oder zum Kerngeschäft. Angesichts einer jährlichen Rendite von 28 Prozent über zehn Jahre konnten die Aktionäre mit dem neuen Management zufrieden sein. Und sie zeigten sich entsprechend dankbar. Eisner verfügte über 1,5 Prozent des Unternehmens in Form von Anteilen und Optionen. Die Optionen wurden auf $170 Millionen geschätzt. Damit gehörte er zu den bestbezahlten Angestellten der Welt.

Berkshire Hathaway hat in eine Reihe von börsennotierten Unternehmen investiert, die ebenfalls Optionsprogramme durchführen. Das gilt mehr oder weniger für alle börsennotierten Firmen, wobei Disney sich hier besonders großzügig zeigte. Buffett und Munger verknüpfen die Vergütung lieber mit Faktoren, die in der Hand des Managements liegen, in erster Linie mit Umsatz oder Spitzenkennzahl-Zielsetzungen. Der Aktienkurs sagt nichts aus über den zu Grunde liegenden Wert oder die Zukunftsaussichten eines Unternehmens, er bietet schlicht Gelegenheit, nach eigenem Eindruck vom inneren Wert einer Firma zu kaufen oder zu verkaufen. Mit der Ausgabe von Optionen verteilt man quasi Lose für eine Tombola, deren Preise die Aktionäre gestiftet haben.

Finanzanalyse bei Walt Disney – Warren Buffett

Disney hatte ein Angebot abgegeben für Capital Cities/ABC, ein Unternehmen, das halb so groß war wie Disney selbst. Um Buffetts damaligen Standpunkt zu verstehen, müssen wir Disney zunächst für sich betrachten, und dann den Unternehmensverbund.

Konsolidierte Bilanzen 1994 und 1995

$ Millionen 1995 1994
Barmittel und Beteiligungen 1943 1510
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 1793 1671
Bestände 824 668
Film und TV1 2099 1596
Sachanlagen 6723 6445
Sonstige Vermögensgegenstände 1224 937
Aktiva 14606 12826
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und
Leistungen 2843 2475
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten 2984 2937
Steuern2 1267 1206
trasitorische Passiva3 861 700
Passiva 7955 7318
Eigenkapital 6651 5508

Anmerkungen
1. Die Tage, als das Filmarchiv noch nicht in der Bilanz ausgewiesen wurde, sind passe, doch ihr Wert für das Unternehmen lässt sich erkennen, wenn man den Posten Film- und Fernsehprojekte den Sachanlagen gegenüberstellt. Letztere schlagen viel stärker zu Buche, doch es ließe sich darüber streiten, was davon wertvoller ist. Die Fähigkeit des Unternehmens, aus Filmen Kapital zu schlagen, wirft buchhalterisch Probleme auf. Im Grunde wurden die Produkte bis zur Premiere zu den Herstellungskosten geführt. Danach wurde ein Aufwandsposten proportional zum Verhältnis der effektiven Bruttoeinnahmen zu den kalkulierten Bruttoeinnahmen im Betrachtungszeitraum angesetzt. Das Risiko bestand dabei hauptsächlich darin, dass das Management die Bruttoeinnahmen überschätzen und der Aufwandsposten damit in die Verlustzone geraten würde. Es war beruhigend, dass die so errechnete Summe niedrig wirkte. Die Abschlusserläuterungen haben außerdem ergeben, dass 87 Prozent der nicht abgeschriebenen Produktionskosten innerhalb von drei Jahren als Periodenaufwand verbucht wurden. Die Regale des Archivs entwickelten darüber hinaus erstaunliches Potenzial.
2. Es standen aufgeschobene Steuerverbindlichkeiten in beträchtlicher Höhe aus den Themenpark-Beteiligungen an. Diese würden sich vermutlich fortsetzen oder sogar zunehmen, wenn das Geschäft mit Parks/Hotels/sonstigen Immobilien weiterhin expandierte.
3. Disney verdiente große Summen an Tokyo Disneyland und anderen Lizenznehmern, die jedoch nur für die Dauer der Lizenzverträge als Gewinn ausgewiesen wurden.

Kapitalquellen
Mit einer Eigenkapitalbasis von $6,7 Milliarden erwirtschaftete das Unternehmen $12,1 Milliarden Umsatz und $1,4 Milliarden Gewinn. Die eben beschriebenen Faktoren – die verhältnismäßig geringen Investitionen ins Sortiment, die Bemessungsgrundlage für aufgeschobene Steuern, die transitorischen Passiva – stellten eindeutig wesentliche frei verfügbare Kapitalformen dar. Am meisten zählte hier aber der Name Disney. Der Firmenname Disney bedeutete, dass die Leute Filme, Videos, Kabelkanäle, Merchandising-Artikel und Vergnügungsparks bevorzugten und bereit waren, mehr dafür zu bezahlen.
Eigenkapitalrentabilität

$ Millionen Gewinn durchschnittlichesEigenkapital EKR (%) IP (%)
1992 817 4288 19,1
1993 888 4868 18,2 12,2
1994 1110 5269 21,1 55,4
1995 1380 6080 22,7 33,3

Die Fusion
Es befanden sich 153,9 Millionen Cap Cities-Aktien in Umlauf. Disney bot eine eigene Aktie plus $65 in bar für jede Cap Cities Aktie. Vorbehaltlich bestimmter Einschränkungen konnten die Cap Cities-Aktionäre auch den gesamten Betrag in Disney-Aktien oder in bar erhalten. Die Disney-Aktie wurde ungefähr zu $58 gehandelt, so dass die gesamte Transaktion ein Volumen von $19 Milliarden hatte. Die Ergebnisse von Cap Cities für die neun Monate bis zum 1. Oktober 1995 wiesen einen um außerordentliche Aufwendungen und immaterielle Vermögenswerte bereinigten Gewinn von $573 Millionen aus. Für das ganze Jahr sind das – grob gerechnet – $764 Millionen. Der Kaufpreis von $19 Milliarden ergibt ein KGV von 24,9. Das IP von Cap Cities hatte früher bei rund 20 Prozent gelegen, wobei die laufende EKR auf 17 Prozent zurückgegangen war. Wie man es auch betrachtet, ein KGV beim Ausstieg von 24,9 war mehr als gut. Hätte sich Buffett entschlossen, sich seine Anteile auszahlen zu lassen, hätte er das Geschäft zu diesem Preis durchaus rechtfertigen können.

Er tat es aber nicht. Er entschied sich ausschließlich für Disney-Aktien und kaufte nach der Fusion noch mehr Disney-Aktien an der Börse. Warum? Nun, der ausschlaggebende Grund war strategischer Natur. Buffett, Eisner und Murphy hatten erkannt, dass Disney seine amerikanischen Kunden wie kein anderes Unternehmen zufrieden stellte. Cap Cities mit seinem Sendenetz und insbesondere den Kabelanteilen war ein führender Vertriebskanal. Eine solche Kombination war äußerst Gewinn versprechend. Buffett hatte sich hier – was ansonsten nicht seine Art ist – als Kuppler betätigt und den beiden anderen Managern seine Sichtweise nahe gebracht.
Doch das Geschäft musste auch finanziell tragfähig sein. Die Neuschöpfung konnte, was die Kapitalstruktur anbelangt, ein völlig anderes Aussehen erhalten, je nachdem, wie viele Cap Clties-Aktionäre sich für Aktien oder Barauszahlung entschieden. Es würden Kosteneinsparungen und nicht quantifizierbare Vorteile entstehen. Die simple Addition der Betriebsergebnisse beider Unternehmen vor Zinsen ergab insgesamt $3 543 Millionen für das Jahr 1995. Disney hatte vor der Fusion Verbindlichkeiten in Höhe von $1,04 Milliarden, Cap Cities Barmittel in Höhe von $700 Millionen. Zwei Szenarien sollte man hier gedanklich durchspielen. Bei beiden bleiben Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte unberücksichtigt, bei beiden wird der Zinssatz mit konservativen 10 Prozent angesetzt. Der fiktive Steuersatz soll 35 Prozent betragen.
1. Was wäre, wenn alle Cap Cities-Aktionäre bar ausbezahlt werden wollten?
In diesem Fall hätten sich Verbindlichkeiten in Höhe von $19,3 Milliarden ergeben, wobei die Anzahl der in Umlauf befindlichen Disney-Aktien mit 524,8 Millionen gleich geblieben wäre. Die Gewinn- und Verlustrechnung hätte folgendermaßen ausgesehen:

$ Millionen
Betriebsergebnis 3543
Zinsaufwendungen (1930)
Gewinn vor Steuer 1613
Jahresüberschuss 1048
Gewinn je Aktie ($) 2,0

 

  1. Was wäre, wenn alle Cap Cities-Aktionäre sich für die Option Disney-Aktie plus $65 Dollar entschieden hätten?

Es befanden sich 153,9 Millionen Cap Cities-Aktien in Umlauf. Die Zahl der Disney-Aktien wäre also auf 678,7 Millionen gestiegen, die Verschuldung hätte $10,3 Milliarden betragen:

 

$ Millionen
Betriebsergebnis 3543
Zinsaufwendungen (1030)
Gewinn vor Steuer 2513
Jahresüberschuss 1633
Gewinn je Aktie ($) 2,41

Berkshire verfügte über 20 Millionen Cap Cities-Aktien. Mar wusste, dass man selber Aktien wählen würde, dass es für andere Anleger steuerliche Anreize gab, sich ebenfalls so zu entscheiden und dass das Geschäft Hand und Fuß hatte. Das zweite Szenario war also wahrscheinlicher. Berkshire bekäme 20 Millionen Disney-Aktien, 2,95 Prozent des fusionierten Unternehmens, und $1,3 Milliarden in bar.
Buffett sagt, dass der wichtigste finanzielle Gesichtspunkt bei einem Aktien-gegen-Aktien-Geschäft der ist, ob der Verkäufer auch den gleichen Wert zurückerhält. Berkshire gab 13 Prozent von Cap Cities auf (von den ursprünglich 19 Prozent war bereits ein Teil verkauft worden) und erhielt dafür einen 2,95-Prozent-Anteil von Disney zuzüglich einer Summe Bargeld. Wie wir festgestellt haben, verbuchte Cap Cities im Jahr $764 Millionen Gewinn bei einer IP/EKR-Spanne von 17 bis 20 Prozent. Eine großzügige Schätzung des Inneren Wertes (IV) läge also bei $15,3 Milliarden. Berkshires 13 Prozent wären damit $2 Milliarden wert. Dlsneys jüngste EKR/IP-Werte lagen bei 23-33 Prozent. Wenn wir davon ausgehen, dass der Wert nach der Fusion am unteren Rand der Spanne läge und wir den für Szenario 2 ermittelten Gewinn zu Grunde legen, ergibt sich ein Innerer Wert von $37,6 Milliarden. Berkshires 2,95-Prozent-Anteil wäre damit $1,1 Milliarden wert. Rechnet man die $1,3 Milliarden Bargeld hinzu, liegt der Gesamtwert der Transaktion für Berkshire bei $2,4 Milliarden, also höher als der bestehende Wert von $2 Milliarden, und das ohne Berücksichtigung der infolge der Fusion zu erwartenden Vorteile.

Anfang 1996 kaufte Berkshire weitere 4,6 Millionen Disney-Aktien an der Börse. Der genaue Kaufpreis ist nicht bekannt, wird jedoch irgendwo zwischen $50 und $60 gelegen haben. Dem Konglomerat wird damit ein Wert von $34-41 Milliarden beigemessen, was ungefähr dem ermittelten inneren Wert entspricht. Dass Buffett die Fusion vorangetrieben hat, steht außer Frage. Er hatte die positiven Synergieeffekte für beide Parteien klar erkannt. Die Sicherheitsmarge bestand in diesem Fall aus zu erwartenden, doch nicht quantifizierbaren finanziellen Vorteilen.

Buffett sagt, dass der wichtigste finanzielle Gesichtspunkt bei einem Aktien-gegen-Aktien-Geschäft der ist, ob der Verkäufer auch den gleichen Wert zurückerhält.

Verschuldung – Warren Buffett

Buffett legt zwar Wert auf eine hohe EKR, jedoch nicht um den Preis hoher Verschuldung. Tatsächlich können viele Unternehmen die scheinbaren Kapitalgewinne ihrer Aktionäre nur durch zusätzliche Fremdmittel finanzieren. Mögliche Folgen dieser Politik sind nicht nur hohe Sollzinsen, sondern auch das Risiko, dass der Cashflow eines Tages abreißt und das Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten gerät. Ein variabler Strom von Erträgen ist akzeptabel, solange die durchschnittliche, kontinuierliche Kapitalrentabilität hoch Ist. Eine zu hohe Verschuldung birgt das Risiko, dass das Unternehmen mit Mann und Maus untergeht. Die Gesamtverschuldung sollte gering sein, sowohl im Hinblick auf die Zinszahlungen als auch gemessen am Empfinden eines normalen Kreditnehmers. Die Eigenkapitalrentabilität sollte im Verhältnis zu den betrieblichen Vermögenswerten des Unternehmens berechnet werden – den Aktiva und Passiva, die zur regulären Geschäftstätigkeit notwendig sind, inklusive geringer Barmittel oder Verbindlichkeiten in angemessenem Umfang. Ein Beispiel für ein Unternehmen mit scheinbar hoher EKR, die jedoch auf zunehmende Verschuldung gegründet ist, ist General Electric.

Wir haben gesehen, dass Buffett die Eigenkapitalrentabilität als zentrale Kennzahl für die finanzielle Gesundheit eines Unternehmens betrachtet. Der Unternehmenswert ist der Aufschlag auf den Buchwert, den ein Unternehmen wert ist, wenn es auf reinvestiertes Kapital hohe Erträge erwirtschaftet. Ein durchschnittliches Unternehmen mit einer langfristigen EKR von, sagen wir, 10 Prozent ist einen Aufschlag auf den Buchwert wert, wenn die Zinsen niedrig sind. Die Zinssätze verändern sich jedoch zyklisch, so dass dieser Aufschlag in Kürze vielleicht zu niedrig angesetzt scheint.
Buffett hält es für sicherer, Unternehmen mit außergewöhnlich hoher EKR auszuwählen, die aller Wahrscheinlichkeit nach von Dauer sein dürfte und die Rendite von herkömmlichen Anlageformen wie festverzinslichen Wertpapieren oder Barguthaben deutlich übersteigt. Greifen wir noch einmal den Vergleich „Aktien als Rentenpapiere“ auf. Wir haben festgestellt, dass Aktien, die zuverlässig eine Eigenkapitalrendite von 10 Prozent bringen, mehr oder weniger Rentenpapieren mit 10 Prozent Festzins entsprechen. Dabei gibt es zwei grundlegende Unterschiede: Zum einen haben die meisten Rentenpapiere eine bestimmte Laufzeit, nach der das investierte Kapital zurückgezahlt oder ein neuer Zinssatz vereinbart wird. Aktien dagegen haben keine Laufzeitbegrenzung. Für den zweiten Unterschied, der damit in Zusammenhang steht, existiert in der Unternehmensfinanzierungstheorie der Begriff Reinvestitionsrisiko.

Der Unternehmenswert ist der Aufschlag auf den Buchwert, den ein Unternehmen wert ist, wenn es auf reinvestiertes Kapital hohe Erträge erwirtschaftet.

Darunter ist zu verstehen, dass der Ertrag aus einem Wertpapier möglicherweise trotz festgelegter Investitionsbedingungen nicht Gewinn bringend investiert werden kann. Wer eine konventionelle Schuldverschreibung mit zehnprozentiger Verzinsung erwirbt und mit dem Kreditrisiko leben kann, darf davon ausgehen, dass er jedes Jahr bis zur Fälligkeit den Gegenwert von 10 Prozent des investierten Kapitals erhält. Was er nicht wissen kann, ist, wie viel er für den Ertrag bekommt, wenn dieser in regelmäßigen Zeitabständen ausgezahlt wird. Niemand kann im Voraus sagen, welche Auswirkungen die Inflation auf die Preisentwicklung hat oder welchen Einfluss die Zinssätze auf den Kurs von Wertpapieren haben. Das ist keine akademische Frage. Es ist durchaus realistisch, davon auszugehen, dass der Wert des Ertrages einer solchen Obligation nach zehn Jahren den ursprünglich angelegten Betrag weit übersteigen wird. Sollten die Zinsen fallen, bevor im ersten Jahr Erträge anfallen, treibt das die Kurse von Schuldverschreibungen mit einer Verzinsung von zehn Prozent drastisch In die Höhe. Den langfristigen Gesamtertrag zu prognostizieren, ist geradezu unmöglich.
Buffett kam auf den klugen Gedanken, den Spieß einfach umzudrehen. Wenn man eine Aktie als verkapptes Rentenpapier ohne Laufzeltbegrenzung betrachtet, das eine feste Rendite bringen kann, so hat man sozusagen die Chance zur Reinvestition. Aktien bringen Dividenden und dieses Element (oder vielmehr dessen Wiederverwendung) ist unvorhersehbar. Doch der einbehaltene Gewinnanteil wird zu einem gut berechenbaren Satz reinvestiert – nämlich der EKR. Liegt die kontinuierliche Eigenkapitalrentabilität bei 10 Prozent, so bringen die einbehaltenen Gewinne 10 Prozent Ertrag. Bei herkömmlichen festverzinslichen Wertpapieren wird der Ertrag zu 100% ausbezahlt. Unternehmen zahlen dagegen meist nur 50 Prozent oder weniger aus. Ein Unternehmen mit einer hohen EKR, das In vernünftigem Rahmen expandiert und vielleicht Aktien zurückkauft, schüttet möglicherweise nur sehr geringe Bardividenden aus.

Unter Reinvestitionsrisiko ist zu verstehen, dass der Ertrag aus einem Wertpapier möglicherweise trotz festgelegter Investitionsbedingungen nicht Gewinn bringend investiert werden kann.

Die Chance zur Reinvestition ist die Option eines wachsenden Unternehmens, große Anteile des generierten Kapitals mit hoher Rendite zu reinvestieren. Unternehmen, die diese Chance wahrnehmen, steigern ihren Unternehmenswert enorm.

Dies Ist die fundamentale finanzwirtschaftliche Wahrheit, die Buffetts Investitionen zu Grunde liegt. American Express verfügt über eine EKR von 23 Prozent, bei Gillette sind es über 35 Prozent, bei Coca-Cola schwindelerregende 55 Prozent. In allen Fällen wächst die Rendite. (Denken Sie an die unvermeidlichen Konsequenzen aus dem Prinzip der Sicherheitsmarge. Selbst diese herausragenden Unternehmen haben einen Wert, und Buffett Ist fest entschlossen, weniger zu bezahlen.)
Kurz, die EKR ist wichtig, weil sie Anhaltspunkte dazu liefert, wie gut ein Unternehmen seine Gewinne reinvestiert. Ein Unternehmen mit einer EKR, die kontinuierlich bei 20% Hegt, bringt nicht nur zweimal soviel Ertrag In
Relation zum investierten Kapital wie eine durchschnittliche Aktie oder Obligation, sondern durch die Chance zur Reinvestition ermöglicht sie einen nicht enden wollenden Strom von 20-prozentigen Renditen. Das ultimative Unternehmen, dem es gelingt, seinen gesamten Gewinn auch bis in ferne Zukunft zu dieser Rendite zu reinvestieren, erwirtschaftet eine Gesamtrendite von 20 Prozent auf das ursprünglich investierte Kapital.

Wenn man eine Aktie als verkapptes Rentenpapier ohne Laufzeitbegrenzung betrachtet, das eine feste Rendite bringen kann, so hat man sozusagen die Chance zur Reinvestition.