Dringlichkeit einer betriebsbedingten Kündigung

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG können nur dringende betriebliche Erfordernisse eine betriebsbedingte Kündigung sozial rechtfertigen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die unternehmerische Entscheidung dringlich ist. Diese unterliegt nur der Willkürkontrolle durch die Gerichte. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Durchführung der Unternehmerentscheidung im Betrieb ein dringendes betriebliches Erfordernis für die Kündigung zur Folge hat. Mit diesem Tatbestandsmerkmal wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, das Ultimaratio-Prinzip, konkretisiert56. Es wird erfüllt, wenn für den Arbeitgeber eine Zwangslage bestand, welche die Kündigung unvermeidbar machte57. Eine solche Zwangslage ist nur gegeben, wenn keine aus Sicht des Arbeitnehmers milderen Mittel zur Verfügung stehen, um den verfolgten Zweck zu erreichen. Ein dringendes betriebliches Erfordernis für die Kündigung fehlt, wenn der Arbeitnehmer auf einen anderen freien, vergleichbaren, gleichwertigen Arbeitsplatz im Betrieb versetzt werden kann. Dabei ist ein Arbeitsplatz vergleichbar, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dort auf Grund seines Weisungsrechts ohne Änderung seines Arbeitsvertrags weiterbeschäftigen kann. Frei sind die zum Zeitpunkt der Kündigung unbesetzten Arbeitsplätze. Als „frei“ anzusehen ist ein Arbeitsplatz aber auch, wenn bei Ausspruch der Kündigung vorhersehbar ist, dass dieser Arbeitsplatz bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zur Verfügung stehen wird. Möglich ist auch eine Weiterbeschäftigung, wenn auf Arbeitsplätzen, die der Arbeitnehmer ausfüllen kann, Leiharbeitnehmer beschäftigt werden, da diese in keiner arbeitsvertraglichen Bindung zum Entleiher stehen. Der Arbeitgeber ist im Übrigen nicht verpflichtet, einen neuen Arbeitsplatz zu schaffen, um die Kündigung zu vermeiden.

Dringende betriebliche Erfordernisse fehlen, wenn sich betriebsbedingte Kündigungen durch Arbeitsstreckung vermeiden lassen:

(1)Arbeitsstreckung

Sie ist allerdings nur dann ein geeignetes milderes Mittel, wenn der verringerte Personalbedarf vorübergehend ist und eine Personalauslastung in absehbarer Zeit wieder erwartet werden kann. Erstreckt sich der verringerte Personalbedarf auf eine längere Periode (etwa ein halbes Jahr oder mehr) kann die Kündigung dringend erforderlich sein59. So setzt auch der Abbau von Überstunden als Maßnahme der Arbeitsstreckung voraus, dass damit zur Erhaltung des von der Kündigung bedrohten Arbeitsplatzes beigetragen werden kann. Die Verkürzung der regelmäßigen Arbeitszeit aller Arbeitnehmer zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen einiger Arbeitnehmer gehört jedenfalls nicht zu den zu erwartenden Maßnahmen der Arbeitsstreckung.

(2)Kurzarbeit

Ob sich der gekündigte Arbeitnehmer darauf berufen kann, seine Kündigung habe durch Kurzarbeit vermieden werden können, ist in Anbetracht einer bis heute unklaren Rechtsprechungslage nicht eindeutig zu beantworten. Das Problem des Vorrangs der Kurzarbeit vor Kündigungen ist eng mit dem Mit-

bestimmungsrecht des Betriebsrats und seinem ihm von der Rechtsprechung sogar eingeräumten Initiativrecht verbunden60 (§87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG), j Grundsätzlich ist aber bei vorübergehendem Arbeitsmangel die Kurzarbeit als gegenüber der Beendigungskündigung vorrangiges Mittel anzusehen, j Dennoch wird es aus folgenden Gründen häufig nicht anwendbar sein:

-Bei nur vorübergehendem Arbeitsausfall muss der Arbeitgeber versuchen, mit dem Betriebsrat eine Einigung über die Einführung der Kurzarbeit zu erreichen. Einigen sich beide auf die Nichteinführung der Kurzarbeit oder lehnt der Betriebsrat die Einführung ab, scheidet die Kurzarbeit als milderes Mittel aus. Dasselbe gilt, wenn nach Anrufung der Einigungsstelle diese durch verbindlichen Spruch die Einführung der Kurzarbeit ablehnt.

-Befürwortet allein der Betriebsrat die Einführung der Kurzarbeit, lehnt aber der Arbeitgeber diese Maßnahme ab, unterliegt diese Verweigerung gerichtlicher Kontrolle. Der Arbeitgeber wird im Kündigungsschutzprozess substantiiert darlegen und beweisen müssen, weshalb die tatsächlichen Voraussetzungen für die Einführung der Kurzarbeit nicht gegeben sind und weshalb dieses Mittel nicht geeignet ist, künftig den Personalbestand in Übereinstimmung mit dem Personalbedarf zu halten.

-Haben sich die Betriebspartner auf die Einführung von Kurzarbeit geeinigt, sind betriebsbedingte Kündigungen nur möglich, wenn sie auf Gründe gestützt werden, die nicht schon zur Einführung der Kurzarbeit geführt haben (z. B. der endgültige Wegfall von Arbeitsplätzen wegen betrieblicher Umstrukturierungen oder Rationalisierungsmaßnahmen).

-Setzt sich der Arbeitgeber bei einem voraussichtlich nicht dauerhaften Arbeitsausfall gar nicht erst mit dem Betriebsrat in Verbindung, ist eine unvermittelt ausgesprochene Kündigung unwirksam.

In betriebsratslosen Betrieben wird man davon ausgehen müssen, dass die Entscheidung über die Einführung von Kurzarbeit eine arbeitsgerichtlich nicht nachprüfbare unternehmerische Entscheidung darstellt.

Umschulung oder Versetzung

Dringende betriebliche Erfordernisse sind nur dann zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung geeignet, wenn auch keine Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens besteht. Die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist damit auf alle Betriebe des Unternehmens, nicht aber auf die Konzernebene bezogen. Ausnahmsweise kann eine Versetzungspflicht innerhalb des Konzerns auf Grund einer besonderen arbeitsvertraglichen Situation in Frage kommen, z. B. wenn der Arbeitnehmer von vornherein für den Konzernbereich eingestellt worden ist, oder wenn sich der Arbeitnehmer mit einer konzernweiten Versetzung einverstanden erklärt hat.

Die Kündigung ist unzulässig, wenn die Weiterbeschäftigung auf einem anderen, freien Arbeitsplatz zu geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordert jedoch auch hier eine Abstufung der personellen Maßnahmen. Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer auch in dieser Situation zunächst nur einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung. Kann ihm der Arbeitgeber einen freien Arbeitsplatz im Wege des Direktionsrechts zuweisen, ist eine Änderungskündigung unzulässig, weil sie rechtlich nicht erforderlich ist. Ist dies aber nicht möglich, kann der Arbeitgeber eine Änderungskündigung in Erwägung ziehen. Dabei können alle Vertragsänderungen in Betracht kommen, die das konkrete betriebliche Bedürfnis erfordern, insbesondere die Versetzung auf einen anderen, u. U. auch geringerwertigen Arbeitsplatz oder das Angebot einer Teilzeitbeschäftigung (Grundsatz des Vorrangs der Änderungskündigung vor einer Beendigungskündigung). Der Arbeitgeber muss klarstellen, dass bei Ablehnung des Änderungsangebots eine Kündigung beabsichtigt ist. Dem Arbeitnehmer ist eine Überlegungsfrist von einer Woche einzuräumen. Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot an, ist der Arbeitsvertrag einverständlich abgeändert und die Kündigung vermieden. Nimmt er das Angebot unter dem Vorbehalt an, die soziale Rechtfertigung dieser Änderung der Arbeitsbedingungen überprüfen zu lassen (§ 2 KSchG), muss der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen. Lehnt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot vorbehaltlos und endgültig ab, kann der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung aussprechen. Damit ist diese Kündigung alleine noch nicht wirksam. Sie ist nur nicht wegen des Vorrangs der Änderungskündigung unwirksam, ansonsten aber unterliegt sie der üblichen Überprüfung auf soziale Rechtfertigung. Die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz trifft den Arbeitgeber auch, wenn sie erst nach zumutbarer Fortbildung oder Umschulung möglich ist. Die Umschulung und Fortbildung bedarf sorgfältiger Interessenabwägung und ist dem Arbeitgeber nur zumutbar, wenn sie angesichts der Dauer der Beschäftigung in vertretbarer Zeit und mit vertretbarem Aufwand (Kosten) möglich ist. Als vertretbare Zeit wird – in Anlehnung an die längstmögliche gesetzliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers gern. § 622 Abs. 2 BGB – eine Umschulungsdauer von sieben Monaten angesehen. Sind entsprechend dem Grundsatz des § 2 SGB III arbeitsförderungsrechtliche Leistungen zu erwarten, kann eine längere Umschulungszeit zumutbar sein.

Soziale Auswahl – betrieblicher Interessen usw.

Der Arbeitgeber hat bei der Sozialauswahl seit 1.1.2004 (wieder) bestimmte Sozialkriterien zu berücksichtigen, nämlich

-die Dauer der Betriebszugehörigkeit,

-das Lebensalter,

-die Unterhaltspflichten und (neu)

-die Schwerbehinderung

des Arbeitnehmers (§1 Abs. 3 KSchG). Die drei erstgenannten Sozialdaten waren in der Zeit vom 1.10.1996 bis 31.12.1998 schon einmal Inhalt des Gesetzes. Sie sind nun zusammen mit einem (vierten) Kriterium „Schwerbehinderung“ durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt wieder in den Abs. 3 des § 1 KSchG eingefügt worden. Die Aufzählung der vier Auswahlgesichtspunkte ist abschließend, wodurch die Sozialauswahl für den Arbeitgeber wieder leichter geworden ist. Da das Gesetz nach wie vor nur eine „ausreichende Berücksichtigung“ verlangt, steht dem Arbeitgeber weiterhin ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Keinem dieser vier Kriterien kommt ein genereller oder absoluter Vorrang zu, wenngleich der Dauer der Betriebszugehörigkeit für den Grad des „Bestandsschutzes“ des Arbeitsverhältnisses eine besondere Bedeutung beizumessen ist.

Die soziale Auswahl findet auch bei Massenkündigungen (Betriebsänderungen) sowie bei einer etappenweisen Betriebsstillegung Anwendung. Sie ist nach § 2 KSchG auch bei Änderungskündigungen zu beachten.

 Betriebsbezug der Sozialauswahl
Die soziale Auswahl ist betriebsbezogen, d. h. sie hat grundsätzlich alle vergleichbaren Arbeitnehmer des Betriebs zu erfassen. Es sind also nicht nur die Arbeitnehmer einer von Personalreduzierungen betroffenen Betriebsabteilung, sondern des gesamten Betriebs einzubeziehen. Grundsätzlich erstreckt sich die soziale Auswahl nicht auf andere Betriebe des Unternehmens oder gar des Konzerns. Dies folgt aus der betriebsbezogenen Ausgestaltung des gesetzlichen Kündigungsschutzes, der lediglich bezüglich der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nach § 1 Abs. 2 Satz 2 und 3 KSchG ausnahmsweise untemehmensbezogen ist.

 Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer
Die Sozialauswahl ist nur auf vergleichbare Arbeitnehmer eines Betriebes beschränkt. In diesem Sinne vergleichbar sind Arbeitnehmer, die austauschbar sind. Dabei reicht es für die Austauschbarkeit aus, wenn der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz weggefallen ist, alsbald die gleichwertige Funktion eines anderen Arbeitnehmers wahrnehmen kann. Die Austauschbarkeit ist nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen festzustellen. Grundsätzlich sind aber nur Arbeitnehmer in die Auswahl einzubeziehen, die auf derselben Ebene der Betriebshierarchie stehen (sog. horizontale Vergleichbarkeit). Es sind mithin nicht Arbeitnehmer einzubeziehen, die auf unterschiedlichen Betriebsebenen stehen (vertikale Vergleichbarkeit), weil es bei ihnen an der Austauschbarkeit fehlt. Arbeitnehmer sind nicht austauschbar, wenn sie nur nach einer Änderungskündigung oder nach einverständlicher Änderung ihres Arbeitsvertrags anderweitig beschäftigt werden können. Daher kommen nur solche Arbeitnehmer für die Auswahl in Betracht, auf deren Arbeitsplätze der kündigungsbedrohte Arbeitnehmer allein durch Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts versetzt werden kann. Ansonsten würde ein Verdrängungswettbewerb nach „unten“ dazu führen, dass z. B. bei Wegfall eines Arbeitsplatzes im Bereich höherer Fachangestellter letztlich dem Pförtner gekündigt wird, weil alle dazwischenliegenden hierarchischen Ebenen bereit sind, geringerwertige Tätigkeiten auszuüben. Die Erklärung des Arbeitnehmers, er sei auch bereit, zu schlechteren Arbeitsbedingungen zu arbeiten, würde die dort Beschäftigten in die Soziale Auswahl „hineinreißen“, die gar nicht von der Reduzierungsmaßnahme des Arbeitgebers betroffen sind.

Nicht in die soziale Auswahl einzubeziehen sind

-Arbeitnehmer ohne Kündigungsschutz (z.B. 6-monatige Wartezeit nicht erfüllt),

-befristet beschäftigte Arbeitnehmer, sofern sie die Kündbarkeit ihres Arbeitsverhältnisses während der Laufzeit nicht ausdrücklich vereinbart haben,

-Arbeitnehmer mit Sonderkündigungsschutz (z. B. Schwangere und junge Mütter, Schwerbehinderte, Wehr- und Zivildienstleistende, Funktionsträger nach dem BetrVG),

-Arbeitnehmer, deren ordentliche Kündigung durch Tarifvertrag oder einzelvertragliche Vereinbarung ausgeschlossen ist.

Die Herausnahme tariflich unkündbarer Arbeitnehmer wird teilweise kritisch gesehen.

Beispiel:       
Arbeitnehmer A, 52 Jahre alt, verheiratet, vier Kinder, 30 Jahre Betriebszuge

hörigkeit (tarifgebundenes Unternehmen der Metallindustrie)

Arbeitnehmer B, 53 Jahre alt, ledig, 3 Jahre Betriebszugehörigkeit (tarifgebundenes Unternehmen der Metallindustrie)

Da B dem tariflichen Kündigungsschutz (§4.4 MTV Metallindustrie Südwest) unterliegt, d.h. seine ordentliche Kündigung nach Vollendung des 53. Lebensjahres und 3-jähriger Betriebszugehörigkeit ausgeschlossen ist, wäre dem A vor dem B zu kündigen, ein nicht gesetzeskonformes Ergebnis!

Teilzeitbeschäftigte sind prinzipiell in die Sozialauswahl einzubeziehen. Auch dies ist nicht unbestritten. Gegen die Ansicht, Arbeitnehmer mit unterschiedlicher Arbeitszeit seien nicht vergleichbar, sprechen einige Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG).

Der Arbeitgeber kann kündigungsrechtlich nicht gezwungen werden, seinen Betrieb mit Vollzeit- oder Teilzeitkräften zu gestalten. Das gilt auch, wenn sich die Notwendigkeit einer Vertragsänderung für einen der weiterbeschäftigten Arbeitnehmer ergibt, weil das abzubauende Beschäftigungsvolumen nicht exakt dem Beschäftigungsumfang der Voll- und Teilzeitbeschäftigten entspricht. Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Arbeitszeit eines sozial schwächeren Vollzeitbeschäftigten auf das Beschäftigungsvolumen des entlassenen Teilzeitbeschäftigten reduziert wird. Der Vollzeitbeschäftigte müsste allerdings der Reduzierung seines Arbeitsvolumens vorbehaltlos zustimmen.

Entfällt dagegen der Beschäftigungsbedarf nur für eine Teilzeitstelle und ist der Teilzeitbeschäftigte sozial schutzbedürftiger als ein vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter, wäre es keine gesetzeskonforme Lösung, das Arbeitszeitvolumen des Teilzeitbeschäftigten zu erhöhen und den Vollzeitbeschäftigten zu entlassen. Vielmehr wäre die Änderungskündigung des Vollzeitbeschäftigten die gerechtere Lösung.

Berechtigte betriebliche Interessen bei Kündigung

Nach der seit 1.1.2004 (wieder) geltenden Neufassung des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG sind in die soziale Auswahl Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung insbesondere wegen

-ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder

-zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes

-im berechtigten, betrieblichen Interesse liegt.

Entgegen der bislang, bis 31.12.2003, bestehenden Rechtslage ist damit nicht mehr eine Abwägung der sozialen Schutzwürdigkeit mit den betrieblichen Bedürfnissen einer Weiterbeschäftigung eines weniger schutzwürdigen Arbeitnehmers vorzunehmen. Vielmehr sind die Arbeitnehmer, an deren Weiterbeschäftigung ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers besteht, von vornherein nicht in die Auswahl einzubeziehen! Die Weiterbeschäftigung muss nicht mehr erforderlich, der leistungsstärkere Arbeitnehmer erst recht für den geordneten Betriebsablauf unverzichtbar sein.

Ein berechtigtes betriebliches Interesse an der Weiterbeschäftigung besteht, wenn für den Betrieb (nicht das Unternehmen!) die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geboten erscheint.

Als berechtigtes Interesse sind folgende Umstände anzuerkennen:

(1)Besondere Kenntnisse, die für Spezialarbeiten bzw. für einen reibungslosen Betriebsablauf unerlässlich sind,

(2)besondere Leistungen (Schnelligkeit, geringe Fehlerquote, Einsatzbereitschaft und Zuverlässigkeit),

(3)ein bestimmtes hohes Leistungsniveau, das für den Betrieb betriebstechnisch und wirtschaftlich vorteilhaft ist und das der sozial schwächere Arbeitnehmer nicht aufweist,

(4)Schlüsselposition, d. h. wenn der in Rede stehende Arbeitsplatz von herausragender Bedeutung für den Ertrag des Unternehmens ist oder sich auf die anderen Arbeitsplätze leistungsmotivierend auswirkt wie z. B. Einkäufer, der günstige Konditionen aushandelt, Verkäufer mit überdurchschnittlich vielen Abschlüssen, Mitarbeiter mit wichtigen Kundenkontakten u.a.

Zu den einer sozialen Auswahl entgegenstehenden betrieblichen Bedürfnissen sind auch solche betrieblichen Beeinträchtigungen zu rechnen, die ihre Ursache in der Person des Arbeitnehmers haben (z.B. krankheitsbedingte Fehlzeiten). Freilich muss der Arbeitgeber darlegen, warum auf dem fortbestehenden Arbeitsplatz die Beschäftigung eines Arbeitnehmers mit geringeren krankheitsbedingten Fehlzeiten von besonderer Bedeutung ist. Solche Fehlzeiten sind auch zu berücksichtigen, wenn die Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung nicht vorliegen.

Nach dem zweiten Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG sind Arbeitnehmer auch nicht in die soziale Auswahl einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass insbesondere bei Massenentlassungen die soziale Auswahl anhand der vier Sozialkriterien dazu führen kann, dass sich durch die vorrangige Entlassung jüngerer Arbeitnehmer eine den betrieblichen Interessen zuwiderlaufende Überalterung kaum vermeiden lässt. Deshalb ist es bei Massenkündigungen nicht nur möglich, die Sozialauswahl mit Hilfe von Punktetabellen leichter handhaben zu können, sondern auch über Auswahlrichtlinien mit dem Betriebsrat Gruppen vergleichbarer Arbeitnehmer nach Altersstufen zu bilden, um so die soziale Auswahl in der Vorgehensweise zu vereinfachen.

Rechtsprechungsbeispiel:
Eine Stadt mit Kindertagesstätten und Internaten entschloss sich wegen rückläufigem Betreuungsbedarf von 156 Erzieherinnen die Arbeitsverhältnisse mit 66 Erzieherinnen betriebsbedingt zum 31.3.1999 zu kündigen. Der Sozialauswahl legte sie eine zuvor mit dem Personalrat vereinbarte Auswahlrichtlinie (Dienstvereinbarung) zu Grunde. In einem ersten Schritt ermittelte sie 18 Vergleichsgruppen und bildete in der größten Vergleichsgruppe fünf Altersgruppen. Eine Erzieherin, die in einer Altersgruppe (bis 50 Lebensjahre) zusammen mit 26 Kolleginnen gekündigt wurde, beanstandete mit ihrer Klage beim Arbeitsgericht die soziale Auswahl, insbesondere die von der Arbeitgeberin vorgenommene Gruppenbildung. Das BAG gab der Arbeitgeberin Recht. Es bejahte zunächst ein dringendes betriebliches Bedürfnis für die Entlassung einer der Bedarfsberechnung entsprechenden Anzahl von Erzieherinnen. Die Arbeitgeberin sei auch berechtigt gewesen, nicht unter allen Erzieherinnen der Vergleichsgruppe, der die Klägerin zuzuordnen war, eine Sozialauswahl durchzuführen. Ihre Vorgehensweise, vorab Altersgruppen zu bilden und lediglich innerhalb dieser Altersgruppe auszuwählen, sei berechtigt gewesen. Auch die Gewichtung der Sozialkriterien untereinander, die sie mit dem Personalrat in der Dienstvereinbarung festgelegt habe und die nur auf grobe Fehlerhaftigkeit zu überprüfen war (§ 1 Abs. 4 KSchG), sei nicht zu beanstanden gewesen.

Nach der seit Jahresbeginn in Kraft getretenen Neuregelung des § 1 Abs. 3 KSchG ist die soziale Auswahl in folgenden drei Schritten vorzunehmen:

(1)Zunächst hat der Arbeitgeber im Betrieb den Kreis vergleichbarer Arbeitnehmer anhand arbeitsplatzbezogener Merkmale (Berufsgruppen wie Arbeiter/ Angestellte, Ausbildungsberufe wie Mechaniker/Meister/technischer Zeichner u.a.) jeweils auf derselben (horizontalen) betriebshierarchischen Ebene zu ermitteln.

(2)In einem 2. Schritt hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, bestimmte, an sich vergleichbare Arbeitnehmer, deren Weiterbeschäftigung ihm im berechtigten betrieblichen Interesse liegt, aus dem Kreis des auswahlrelevanten Personenkreises herauszunehmen bzw. auszulassen.

(3)Schließlich hat er aus dem nach Maßgabe der ersten beiden Schritte ermittelten Arbeitnehmerkreis die eigentliche Sozialauswahl vorzunehmen. Dazu muss er die gesetzlich vorgegebenen vier Sozialkriterien Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung jedes dieser Arbeitnehmer ausreichend berücksichtigen.

Auswahlrichtlinien bei Outplacement

Mit dem wieder eingeführten Abs. 4 des § 1 KSchG wird die gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit der sozialen Auswahl eingeschränkt. Arbeitgeber und Betriebsrat können gemäß § 95 BetrVG Auswahlrichtlinien vereinbaren, in denen die vier Sozialauswahlkriterien im Verhältnis zueinander bewertet werden können. Auch den Tarifparteien steht dieses Regelungsrecht zu. Diese Bewertung kann durch die Gerichte nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

Eine weitergehende Billigkeitskontrolle dieser Auswahlrichtlinie wird ausgeschlossen. Die Tarifparteien wie auch die Betriebspartner können in Punktetabellen die vier im Gesetz genannten Sozialkriterien gewichten und diese Gewichtung in Punkten festlegen. Dabei muss aber ein ausgewogenes Verhältnis unter diesen Grunddaten beachtet werden. Grob fehlerhaft ist die Auswahlrichtlinie, wenn z.B. den Unterhaltspflichten ein höheres Gewicht beigemessen wird, als der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Ebenso wenig dürfen die Unterhaltspflichten wesentlich geringer bewertet werden, als das Lebensalter. Grundsätzlich darf auch das Lebensalter höchstens gleich stark gewichtet werden, wie die Betriebszugehörigkeit, eher geringer. Eine „Grundtabelle“ hat das BAG 1990, allerdings für die damals nur bestehenden drei Grunddaten Betriebszugehörigkeit, Lebensalter und Unterhaltspflichten, wie folgt entwickelt:

Betriebszugehörigkeit
– bis 10 Dienstjahre je Jahr                                                                                 1 Punkt

– ab dem 11. Dienstjahr je Jahr                                                                           2 Punkte

– es werden nur Zeiten der Betriebszugehörigkeit bis

zum vollendeten 55. Lebensjahr berücksichtigt,

also maximal                                                                                                          70 Punkte

Lebensalter

– für jedes vollendete Lebensjahr                                                                       1 Punkt

– maximal möglich                                                                                                 55 Punkte

Unterhaltspflichten

– je unterhaltsberechtigtes Kind                                                                           4 Punkte

– verheiratet                                                                                                            8 Punkte

Diese Punktetabelle müsste nunmehr um das neue Kriterium „Schwerbehinderung“ ergänzt werden. Dies ist allerdings eine schwierige Aufgabe, denn das Gesetz enthält leider keinen praktikablen Hinweis, wie man die Schwerbehinderung in den Abwägungsprozess überhaupt einbeziehen kann, wo doch für Schwerbehinderte der besondere Kündigungsschutz nach §§85 ff. SGB IX besteht.

Stellt sich heraus, dass die in den Auswahlrichtlinien vorgenommene Bewertung der Sozialkriterien grob fehlerhaft war, führt dies nicht zwingend zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG, denn auch unrichtige

Erwägungen können zufällig zu einer zutreffenden sozialen Auswahlentscheidung führen.

Interessenausgleich (Namensliste der zu kündigenden Arbeitnehmer)
Sind in einem Interessenausgleich die von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmer namentlich bezeichnet, so wird nach dem seit 01.2004 wieder eingeführten Abs. 5 des § 1 KSchG vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Diese Vermutung kann vom Arbeitnehmer widerlegt werden. Nicht der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer trägt für das Fehlen der dringenden betrieblichen Gründe die Darlegungs- und Beweislast. Darüber hinaus kann die soziale Auswahl in einem Interessenausgleich – wie bei Auswahlrichtlinien – nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Für die Frage, ob eine für einen Interessenausgleich notwendige Betriebsänderung vorliegt, ist seit der Novellierung des BetrVG im Juli 2001 die Grenze von mehr als 20 Arbeitnehmern nicht mehr auf den Betrieb, sondern auf das Unternehmen zu beziehen. Ob die neue Regelung mit der Benennung von Arbeitnehmern auch für Änderungskündigungen gilt, ist – im Gegensatz zur klaren Regelung in § 125 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung – leider offen.

Darlegungs- und Beweislast im Kündigungsschutzprozess

Da die Umstände, die zu einer betriebsbedingten Kündigung führen, aus der „Verantwortungssphäre“ des Kündigenden selbst stammen, stellen die Arbeitsgerichte an die Darlegungspflicht des Arbeitgebers, wie nachfolgend dargestellt, strenge Anforderungen:

Dringende betriebliche Erfordernisse
Der Arbeitgeber trägt im Prozess in vollem Umfange die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, ohne dass eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit besteht (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG). Ein schlagwortartiger Vortrag, wie z.B. „Rationalisierungsmaßnahmen“, „Umsatzverluste“, oder „Umsatzrückgang“ hätten die Kündigung veranlasst, reicht nicht aus. Der Arbeitgeber hat außerbetriebliche Umstände darzulegen und zu beweisen. Er muss innerbetriebliche Maßnahmen so substantiiert darlegen, dass erkennbar ist, dass sie den Wegfall des Arbeitsplatzes bedingen. Soll die innerbetriebliche Maßnahme allein in einer Outplacement stehen, sind die Grundsätze der abgestuften Darlegungslast wie folgt zu beachten:

(1)Der Arbeitgeber hat auf der ersten Stufe nachprüfbar darzulegen, dass eine Unternehmerentscheidung zur Outplacement getroffen worden ist, die auf Dauer angelegt ist, eine Reduzierung der Arbeitsmenge erwarten lässt und durch den entstehenden Arbeitskräfteüberhang die Kündigung unvermeidbar macht.

(2)Der Arbeitnehmer hat auf der zweiten Stufe darzulegen, dass die Unternehmerentscheidung willkürlich, offenbar unsachlich oder unvernünftig ist und

dass an ihrer Stelle eine andere, vernünftige Organisationsentscheidung möglich war und die Kündigung vermieden hätte.

Weilerbeschäftigungsmöglichkeit
Für die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung trifft den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast, dass die Kündigung wegen des Wegfalls des bisherigen Arbeitsplatzes durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, weil eine anderweitige Beschäftigung im Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens nicht möglich oder zumutbar ist. Der Umfang der Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers hängt jedoch davon ab, wie sich der Arbeitnehmer auf die Begründung der Kündigung einlässt. Bei einfachem Bestreiten des Arbeitnehmers genügt der Vortrag des Arbeitgebers, wegen der betrieblichen Notwendigkeiten sei eine Weiterbeschäftigung zu gleichen Bedingungen nicht möglich. Der Arbeitnehmer muss dann darlegen, wie er sich konkret eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, wobei er nicht notwendig einen freien Arbeitsplatz benennen muss. Erst auf diesen Vortrag hin muss der Arbeitgeber erläutern, aus welchen Gründen eine Weiterbeschäftigung nicht möglich sein soll.

Soziale Auswahl
Für die Fehlerhaftigkeit der vom Arbeitgeber vorgenommenen sozialen Auswahl ist nach Abs. 3 Satz 3 des § 1 KSchG der Arbeitnehmer beweispflichtig. Für das Vorliegen von der sozialen Auswahl entgegenstehenden berechtigten betrieblichen Bedürfnissen trägt der Arbeitgeber die Beweislast. Es gilt auch hier ein abgestuftes System:

(1)Zuerst hat der Arbeitnehmer vorzutragen, dass die soziale Auswahl fehlerhaft vorgenommen wurde. Kennt er die Namen und Sozialdaten vergleichbarer Arbeitnehmer, muss er die Namen der seiner Auffassung nach weniger schutzwürdigen Arbeitskollegen und ihre Sozialdaten nennen. Weiß der Arbeitnehmer nicht, welche Kollegen mit ihm vergleichbar sind, darf er pauschal die soziale Auswahl beanstanden, muss aber nun den Arbeitgeber zur Auskunft über die Gründe auffordern, welche zur sozialen Auswahl geführt haben.

(2)Damit geht die Darlegungslast auf den Arbeitgeber über. Hierbei hat er aber nur seine subjektiven Überlegungen mit allen von ihm dabei verwendeten Sozialdaten mitzuteilen. Gibt der Arbeitgeber dazu auch im Prozess keine Auskunft, geht das Gericht nun davon aus, dass die soziale Auswahl fehlerhaft war und wird die Kündigung für unwirksam halten.

(3)Ist der Arbeitgeber dem Auskunftsverlangen nachgekommen, so fällt die Darlegungslast wieder voll an den Arbeitnehmer zurück. Dieser hat nun anhand einer Aufstellung der seiner Ansicht nach vergleichbaren Arbeitnehmer und deren Sozialdaten darzulegen, welcher/e Arbeitnehmer weniger schutzwürdig ist/sind, als er selbst. Auf dieser Grundlage hat das Arbeitsgericht über die Rechtsfrage der sozialen Schutzwürdigkeit zu entscheiden.

Voraussetzungen der Altersteilzeit – ab Jul 2004

Durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt („Hartz III“) sind mit Wirkung ab 07.2004 folgende Neuregelungen in Kraft getreten:

-die Einführung eines neuen Entgeltbegriffs, des sog. Regelarbeitsentgelts,

-der Wegfall der Vorschriften zu den Mindestnettobezügen,

-Einschränkungen der Erstattungsleistungen der Bundesagentur für Arbeit sowie

-eine Verschärfung der Insolvenzsicherungspflicht.

Diese Neuerungen gelten für Arbeitnehmer, die – unabhängig vom Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitvertrags – ihre Altersteilzeit nach dem 07.2004 an- treten. Bei Eintritt davor bleibt es beim bisherigen Recht. Dafür könnte noch auf die 3. Auflage dieser Broschüre zurückgegriffen werden.

Im Folgenden werden die wichtigsten Voraussetzungen und Grundbegriffe der Altersteilzeit nach heutiger Rechtslage kurz dargestellt.

Altersteilzeitvereinbarung
Die Altersteilzeit ist vor ihrem Beginn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzelvertraglich zu vereinbaren. Als befristeter Vertrag bedarf die Vereinbarung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 14 Abs.4 TzBfG). Der Arbeitnehmer kann frei entscheiden, ob er Altersteilzeit leisten, oder seine Beschäftigung weiterhin im bisherigen Umfang ausüben will. Er kann weder durch das Gesetz noch durch eine tarifliche Regelung zur Altersteilzeit verpflichtet werden. Für den Arbeitgeber dagegen kann sich aus einem Tarifvertrag eine solche Verpflichtung, meistens mit einer Quotelung, ergeben, die die Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen fördern soll. Der Altersteilzeitvertrag ist so abzufassen, dass die Altersteilzeit zu dem Zeitpunkt reicht, zu dem der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Rente wegen Alters hat. Liegt das vereinbarte Ende der Altersteilzeit vor dem Erreichen des frühestmöglichen Rentenalters, liegt keine Altersteilzeit im gesetzlichen Sinne vor. Nicht erforderlich ist, dass die Rente tatsächlich bezogen wird. Entscheidend ist die Möglichkeit eines Rentenbezugs, wobei auch eine geminderte Rentenzugangsmöglichkeit mit Abschlägen ausreicht. Die Frage des frühestmöglichen Rentenzugangs sollte vor Vertragsabschluss durch eine Rentenauskunft des Rentenversicherungsträgers geklärt werden. Im Übrigen kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, dass er mit ihm die Möglichkeiten der Altersteilzeit erörtert (vgl. § 42 Abs. 3 SGB VI).

Altersrente nach Altersteilzeitarbeit
Nach 2-jähriger Altersteilzeitarbeit war bisher mit Vollendung des 60. Lebensjahres ein vorgezogener Renteneintritt möglich. Ab 1.1.2006 wird der Rentenzugang für männliche Arbeitnehmer vom 60. auf das 63.Lebensjahr angehoben44. Dadurch verschiebt sich auch der Zugang zur Altersteilzeit. Am 31.12.2008 wird die vollständige Verschiebung auf das 63. Lebensjahr erreicht sein. Das bedeutet, dass die 2-jährige Mindestaltersteilzeit mit männlichen Arbeitnehmern ab 1.1.2009 erst mit Vollendung des 61. Lebensjahres beginnt. Für vor dem 1.1.2004 abgeschlossene Altersteilzeitverträge bleibt es noch bei der bisherigen Regelung des Rentenzugangs mit 60, wenn die betreffenden Arbeitnehmer vor dem 1.Januar 1952 geboren sind (Vertrauensschutz). Für Frauen und Schwerbehinderte bleibt es beim vorzeitigen Renteneintritt mit vollendetem 60. Lebensjahr, wenn die Altersteilzeit bis zu diesem Zeitpunkt andauert.

Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit um die Hälfte
Für die Reduzierung der Arbeitszeit um die Hälfte ist die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der letzten 24 Monate entscheidend. Bis Ende 1999 musste eine Verminderung der Arbeitszeit auf die Hälfte der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit vorgenommen werden (z. B. bei der 35-Stunden-Woche 17,5 Stunden pro Woche). Jetzt ist allein die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit maßgeblich (z. B. bei 40 Stunden pro Woche 20 Wochenstunden). Um zu erreichen, dass von einer betrieblich umsetzbaren Arbeitszeit ausgegangen werden kann, ist es zulässig, dass der errechnete Durchschnittswert auf die nächste volle Stunde nach unten oder nach oben gerundet wird.

Beispiel:
Beginn der Altersteilzeit     08.2004

Vereinbarte Arbeitszeit am 07.2004        35 Std. wöchentlich

Vereinbarte Arbeitszeit

a) vom 1.8.2002 bis 31.12.2005

(5 Monate)                                                    30 Std. wöchentlich

b) vom 1.1.2003 bis 307.2004

(19 Monate)                                                 35 Std. wöchentlich

Vereinbarte Arbeitszeit im Durchschnitt der letzten

24 Monate (5 x 30 + 19 x 35): 24 =           33,958 Std. wöchentlich

Obwohl die unmittelbar vor dem Übergang in die Altersteilzeit vereinbarte Arbeitszeit 35 Std. wöchentlich betragen hat, können als bisherige Arbeitszeit nur 33,958 Std. wöchentlich zu Grunde gelegt werden (Durchschnitt der letzten 24 Monate). Die ermittelte durchschnittliche Arbeitszeit kann auf die nächste volle Stunde gerundet werden; in diesem Beispielsfall kann die bisherige Arbeitszeit 33 oder 34 Std. wöchentlich betragen.

Auch nach der Reduzierung der Arbeitszeit muss der Arbeitnehmer mehr als geringfügig (arbeitslosenversicherungspflichtig) beschäftigt bleiben. Mehr als geringfügig ist eine Beschäftigung, wenn das aus dieser Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt mehr als 400 € monatlich beträgt (§ 8 SGB IV).

Nutzung von Wertguthaben
Unter dem Begriff Wertguthaben sind alle Guthaben zu verstehen, die im Rahmen vertraglich vereinbarter flexibler Arbeitszeitregelungen erzielt werden (Zeitguthaben, Geldguthaben). Zeitguthaben aus Langzeitkonten können grundsätzlich zur Reduzierung der Arbeit in der Arbeitsphase oder zu ihrer Verkürzung verwendet werden. Voraussetzung ist, dass vor Beginn der Altersteilzeit

-die Vereinbarung über die Bildung eines derartigen Wertguthabens getroffen wird und

-dieses Wertguthaben angesammelt ist.

Zur neuen Insolvenzsicherungspflicht für Arbeitszeitguthaben im Blockmodell.

Regeiarbeitsentgelt
Bemessungsgrundlage für die – später erörterten Aufstockungsbeträge – ist nur noch das Regelarbeitsentgelt. Anders als früher, d.h. bis zum 07.2004, zählt hierzu nicht mehr das gesamte halbierte Arbeitsentgelt einschließlich Sonder-und Einmalzahlungen, sondern das auf einen Monat entfallende, regelmäßig zu zahlende sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt, soweit es die Beitragsbemessungsgrenze des SGB nicht überschreitet. Zum Regelarbeitsentgelt können

-neben dem laufenden Arbeitsentgelt – u.a. gehören

-vermögenswirksame Leistungen

-Prämien und Zulagen (z. B. Leistungszulagen, Erschwerniszulagen)

-Zuschläge für Sonntags-, Leiertags- und Nachtarbeit und

-Sachbezüge und sonstige geldwerte Vorteile (Dienstwagen, Kantinenessen u. a.)

Kein Regelarbeitsentgelt sind die Mehrarbeitsvergütung (einschließlich Zuschläge) und Einmalzahlungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder Jubiläumsprämie, da sie nicht regelmäßig jeden Monat gezahlt werden.

Aufstockungsbeträge
Das Altersteilzeitgesetz verlangt vom Arbeitgeber die Aufstockung des Bruttoarbeitsentgelts um 20% (Pflichtaufstockung). Die Aufstockungsverpflichtung auf mindestens 70 % des bisherigen Nettoeinkommens entfällt dagegen ersatzlos; sie gilt nur noch für Arbeitnehmer, die Altersteilzeit bis zum 30.6.2004 angetreten hatten. Der Arbeitgeber bleibt berechtigt, weiterhin Aufstockungsleistungen auch für Sonder- und Einmalzahlungen zu erbringen (freiwillige Aufstockung). Auch diese Aufstockungen bleiben Steuer- und sozialversicherungsfrei (S 3 Nr. 1 a AtG).

Die Steuerfreiheit ist auch gegeben, wenn der Anspruch des Arbeitgebers auf die Erstattungsleistungen erlischt, ruht oder nicht besteht, weil der freigemachte Arbeitsplatz nicht wieder besetzt wird. Allerdings unterliegen die Aufstockungsbeträge dem Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG). D.h., sie sind in der Einkommenssteuererklärung anzugeben. Dadurch können sich steuerliche Mehrbelastungen für den Arbeitnehmer ergeben, weil die Aufstockungsbeträge zwar steuerfrei bleiben, das übrige steuerpflichtige Einkommen aber mit dem Steuersatz besteuert wird, der sich ergäbe, wenn diese Beträge der Steuerpflicht unterliegen würden.

Beispiel:

Monatlich laufender Lohn                                                                                    2.250€

Beitragspflichtige Zulagen, die zwar monatlich,

aber in unterschiedlicher Höhe anfallen                                                            320 €

jährliches Urlaubsgeld                                                                                         1.130€

einmalige Jubiläumsprämie                                                                                1.500 €

Mehrarbeitsvergütung                                                                                           180 €

Der gesetzliche Aufstockungsbetrag berechnet sich wie folgt:

20 % von 2.570 € =                                                                                               514 €

Das Regelarbeitsentgelt beträgt 2.570 € (2.250 + 320). Die drei zuletzt aufgeführten Leistungen (Urlaubsgeld, Jubiläumszulage und Mehrarbeitsvergütung) sind keine monatlich regelmäßig gezahlten Beträge.

Der Arbeitgeber muss darüber hinaus auch zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen. Diese errechnen sich aus 80 % des Regelarbeitsentgelts. Die Bemessungsgrundlage ist jedoch auf maximal 90 % des Unterschiedsbetrags der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (2004: 5.150 € in den alten Bundesländern) und dem Regelarbeitsentgelt begrenzt. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt ist nicht zu berücksichtigen.

Beispiele:

90 % der Beitragsbemessungsgrenze

(2004: West 5.150 €, 2005: 5.200 €)                                                                  4.635,- €

Regelarbeitsentgelt                                                                                               1.500€

Differenzbetrag/Höchstbetrag                                                                             3.135€

80 % des Regelarbeitsentgelts                                                                           1.200€

Zusätzlicher Beitrag zur Rentenversicherung 19,5%

aus 1.200€                                                                                                              234€

90% der Beitragsbemessungsgrenze (2004: West 5.150€)                           4.635€

Regelarbeitsentgelt                                                                                               2.750€

Differenzbetrag/Höchstbetrag                                                                             1.885€

80% des Regelarbeitsentgelts                                                                            2.200€

Zusätzlicher Beitrag zur Rentenversicherung 19,5% aus

1.885€                                                                                                                     367,58€

Wie die vorgenannten Beispiele deutlich zeigen, erwachsen dem Arbeitgeber erhebliche Mehrbelastungen, sowohl aus dem Entgeltaufstockungsbetrag, als auch aus dem Aufstockungsbetrag Rentenversicherung, wodurch die eingangs getroffene Feststellung einer kostspieligen Frühverrentungsform bestätigt wird.

Outplacement an sich – detailliertere Information

Outplacement ist für viele Unternehmen oft die einzige Alternative einer vorangegangenen Personalfreisetzungsplanung, wenn sich keine anderen Verwendungsmöglichkeiten für das freigesetzte Personal finden lassen. Leider gehört der Personalabbau schon seit Jahren als Folge verschärfter internationaler Wettbewerbsbedingungen zum unvermeidbaren Instrumentarium der Personalleitungen.

Der Kostendruck auf deutsche Unternehmen hat sich durch die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft seit geraumer Zeit erheblich verstärkt. Die in diesem Jahr vollzogene Erweiterung der EU wird diesen Druck noch erhöhen.

Wie sich die Industrie eines Landes im internationalen Wettbewerb behaupten kann, hängt neben Material- und Energiekosten, Steuern, Zinsen, Produktqualität und Lieferfähigkeit besonders von den Arbeitskosten ab. Hierzu zählen neben dem Stundenlohn bzw. Monatslohn und Gehalt auch die Personalzusatzkosten, die u. a. die Sozialbeiträge der Arbeitgeber, das Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie das Entgelt für arbeitsfreie Tage umfassen. Leider schneidet der Industriestandort Deutschland in puncto Arbeitskosten sehr schlecht ab, wie ein vom Institut der deutschen Wirtschaft für das Jahr 2000 durchgeführter Vergleich der 20 wichtigsten Industrieländer gezeigt hat: Mit 26,36 € je Arbeitsstunde musste die westdeutsche Wirtschaft die zweithöchsten Arbeitskosten hinter Norwegen bewältigen. Diese hohen Kosten resultieren nicht vornehmlich aus den Löhnen oder Gehältern selbst, sondern haben ihre Ursache in den weltweit höchsten Lohnzusatzkosten! Die Lohnnebenkosten stiegen im Verhältnis zum Direktentgelt im Jahre 2001 auf 77,9 % und im Jahre 2003 auf 79 %.

Damit ist Arbeit in Deutschland nach wie vor zu teuer. Den Bemühungen der Bundesregierung, die Sozialabgaben zu verringern, war leider bislang kein spürbarer Erfolg beschieden. Dabei fordern alle namhaften wirtschaftswissenschaftlichen Institute einschließlich des Sachverständigenrats der Bundesregierung seit Jahren eine Senkung der Lohnnebenkosten als vordringlich für eine wirksame Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

Sie plädieren aber genauso nachhaltig für eine Reform der Arbeitsmarktstrukturen und vorrangig für eine Deregulierung des Arbeitsrechts.

Gerade auf dem Gebiet des Kündigungsschutzes wird seit langem insbesondere von der mittelständischen Wirtschaft eine Lockerung gefordert, um die Unternehmen in die Lage zu versetzen, schneller und flexibler auf konjunkturelle Schwankungen reagieren zu können.

Diese Appelle blieben indessen von der Politik zunächst jedenfalls unerwidert, weil andere Themen den Vorrang bekamen. So wurde mit dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zum 1.1.2001 zwar im Bereich der Befristung durch den Katalog von sachlichen Gründen der bisher von der Rechtsprechung entwickelte Rechtszustand überschaubarer geregelt. Auf dem Sektor der Teilzeit dagegen wurde mit dem neu geschaffenen Anspruch der Arbeitnehmer auf Teilzeit in einem noch dazu komplizierten § 8 den Betrieben eher wieder eine Bürde auferlegt. Mit dem sog. Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt („Hartz I“),

das im Wesentlichen am 01.2003 in Kraft trat, wurden dann erstmals Vorschläge der Hartz-Kommission umgesetzt. Indessen konnten diesem Gesetz, das u. a. die Leiharbeit (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz) neu geregelt hat, weder ein Bemühen des Gesetzgebers um Deregulierung noch Anreize für die Unternehmen entnommen werden, zusätzliche Arbeitsplätze zur Verfügüng zu stellen.

Zeitarbeitsfirmen müssen künftig den Leiharbeitnehmern diejenige Vergütung bezahlen, die im Entleiherbetrieb für einen vergleichbaren Arbeitnehmer gewährt wird, es sei denn, ein für den Verleiher geltender Tarifvertrag ließe abweichende Vereinbarungen zu. Damit wurde eine für diese bislang tariffreie Branche schwer zu verkraftende Tariföffnung geschaffen. Erst nach In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt („Hartz II“) am 01.2003, das die Minijobs neu regelt und die sog. Ich-AG einführte, wandte sich die Politik endlich dem Thema Kündigungsschutz zu. Doch das Ergebnis dieser bis Ende 2003 geführten Debatte war enttäuschend.

Anstatt das Kündigungsrecht von Grund auf zu vereinfachen und den veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen, brachte das Gesetz zur Reform am Arbeitsmarkt vom 12.2003 zum 01.2004 nur minimale Neuerungen. Von einer Reform im eigentlichen Sinne kann keine Rede sein. Vielmehr erschöpfen sich die Änderungen weitgehend in einer Rückkehr zur Rechtslage, wie sie zwischen 1996 und 1998 schon einmal bestanden hatte. Denn es wurde im Grunde genommen die von der Regierung Kohl mit dem Beschäftigungsförderungsgesetz vom 09.1996 eingeführte Regelung des § 1 Abs. 3 bis 5 KSchG, die die Regierung Schröder gleich nach ihrem Amtsantritt zum 01.1999 aufgehoben hatte, wieder in Kraft gesetzt. Als echte Neuerungen sind lediglich die Erwähnung der Schwerbehinderung als weiteres (viertes) Sozialkriterium und die Einführung eines gesetzlichen Abfindungsanspruchs (§ 1 a KSchG) anzusehen. Dieser Anspruch entsteht unter zwei Voraussetzungen, nämlich, dass der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung erklärt, dabei aber den Hinweis verbindet, dass der Arbeitnehmer eine Abfindung beanspruchen kann, wenn er die Klagefrist für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verstreichen lässt.

Die übrigen arbeits- und sozialrechtlichen Änderungen durch die sog. Hartz-Reformen im Rahmen der Agenda 2010 haben für den Arbeitsmarkt bislang keine positiven Auswirkungen gebracht.

Nach einer zur Jahreswende 2003/2004 bei mehr als 20.000 Unternehmen durchgeführten Umfrage gaben fast zwei Drittel an, in diesem Jahr kein einziges von den neuen Hartz-Gesetzen zur Einstellung von Personal nutzen zu wollen. Damit wird deutlich, dass alle vorerwähnten Gesetze die bisherige überregulierte Grundstruktur des deutschen Arbeitsmarkts praktisch unberührt gelassen und keine Anreize zu Neueinstellungen ausgelöst haben. Das trifft ganz besonders auf den Bereich des Kündigungsschutzes zu. Wie das Weltwirtschaftsforum vor einigen Monaten festgestellt hat, belegt Deutschland auf diesem Sektor unter 102 ausgewählten Staaten den 101.Platz!

Damit ist zu befürchten, dass sich auch 2004 und danach in vielen Branchen der Trend zu Personalreduzierungen fortsetzen wird. Dabei gilt es, die leider komplex und schwierig gebliebenen Vorschriften des Arbeitsrechts fehlerlos anzuwenden. Mit der neu bearbeiteten 4. Auflage will diese Broschüre ein hilfreicher Leitfaden sein.

Verteilung der Altersteilzeitarbeit – Blockmodelle

Die Dauer der Altersteilzeit ist abhängig vom individuellen Rentenbeginn des Arbeitnehmers. Die Verteilung der Arbeitszeit während der Altersteilzeit bleibt den Vertragsparteien überlassen. Es ist möglich, dass mit verminderter Stundenzahl täglich, nur einer bestimmten Anzahl von Tagen in der Woche oder im Wechsel monatlich gearbeitet wird.

In der Praxis wird allerdings fast ausschließlich das sog. Blockmodell gewählt und vereinbart. Dabei werden zwei gleich große Zeitblöcke gebildet, eine Arbeitsphase und sich hieran anschließend eine Freizeitphase von entsprechender (gleicher) Dauer. In der ersten Hälfte arbeitet der Arbeitnehmer im Umfang der bisherigen Arbeitszeit weiter, in der darauffolgenden zweiten Hälfte arbeitet der Arbeitnehmer überhaupt nicht mehr.

 

Beispiel:

Die Altersteilzeit läuft vom 57. bis zum 63. Lebensjahr. Von 57 bis 60 wird voll gearbeitet, aber (nur) Altersteilzeitentgelt bezogen. Von 60 bis 63 arbeitet der Arbeitnehmer nicht, erhält aber Arbeitszeitentgelt.

Es muss also sichergestellt sein, dass dem Arbeitnehmer während der gesamten Altersteilzeit das entsprechende Arbeitsentgelt einschließlich aller Aufstockungsbeträge fortlaufend gezahlt wird (§ 2 Abs.2 Nr.2 AtG).

Der höchstzulässige Verteilzeitraum ohne tarifliche Grundlage beträgt drei Jahre (§2 Abs.2 Nr. 11 Alternative AtG).

Eine Verlängerung des Verteilzeitraums über drei Jahre hinaus ist im Blockmodell nur auf der Grundlage eines Tarifvertrags zur Altersteilzeit möglich (Tarifvorbehalt).

(1)Verteilungszeiträume von bis zu sechs Jahren können bei entsprechender Regelung in einem Tarifvertrag oder in einer auf ihm fußenden Betriebsvereinbarung (tarifliche Öffnungsklausel) vereinbart werden. Dies ist zugleich auch der längstmögliche Zeitraum, bis zu dem im Falle der hier nicht erörterten Wiederbesetzung von der Agentur für Arbeit dem Arbeitgeber die Zusatzleistungen (Aufstockungsbeträge) erstattet werden (§4 AtG). Aber auch bei Arbeitnehmern eines nicht tarifgebundenen Arbeitgebers kann ein 6-jähriger Verteilungszeitraum vereinbart werden, wenn es überhaupt einen Altersteilzeit-Tarifvertrag gibt, der auf Grund seines Geltungsbereichs (sachlich und örtlich) in Betracht käme.

(2)Der Verteilzeitraum kann auch einen Gesamtzeitraum von bis zu zehn Jahren umfassen, wenn eine solche Verteilung in einem Tarifvertrag zur Altersteilzeit ausdrücklich zugelassen ist. Derzeit sehen die meisten Tarifverträge Verteilzeiträume von bis zu fünf bzw. bis zu sechs Jahren vor.

(3)Der vorerwähnte Tarifvorbehalt gilt nicht für Bereiche, in denen tarifvertragliche Regelungen zur Verteilung der Arbeit nicht bestehen oder üblicherweise nicht getroffen werden. Dazu zählen insbesondere Freiberufler (Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater), Arbeitgeber- und Unternehmerverbände, Gewerkschaften sowie Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, außertarifliche Angestellte einschließlich leitende Angestellte. Bei ihnen kann für die Mitarbeiter auf Grund einer Betriebsvereinbarung oder bei nicht vorhandenem Betriebsrat auf Grund Einzelvertrags ein Blockmodell von bis zu zehn Jahren vereinbart werden.

Nichtersatz von Fluktuation

Eine Personalanpassung i.S. einer Reduzierung der Mitarbeiter kann durch mildere und durch härtere Maßnahmen vorgenommen werden. Welcher Weg einzuschlagen ist, hängt von den betrieblichen Erfordernissen ab. Sie sind entscheidend dafür, wie schnell und in welchem Umfange reduzierende Maßnahmen einzuleiten sind. Zu den milderen Maßnahmen gehört der Einstellungsstopp, der je nach der Altersstruktur eine Abnahme der Belegschaft bewirkt, indem ausscheidende Mitarbeiter nicht ersetzt werden. Innerhalb der Belegschaft sind zu den milderen Maßnahmen diejenigen zu rechnen, die noch nicht zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen, sondern allenfalls zu einer Änderung desselben. Neben Änderungen in örtlicher Hinsicht (Umsetzung bzw. Versetzung oder Arbeitnehmerüberlassung) und in qualitativer Hinsicht (Qualifizierungsmaßnahmen, Umschulung) sind das hauptsächlich folgende Änderungen der Arbeitszeit:

-Abbau von Überstunden,

-Abbau von Schichten,

-Einführung von Kurzarbeit,

-Überlegungen zu einer Arbeitszeitverkürzung.

Im weiteren Sinne werden zu den milderen Maßnahmen auch noch die einvernehmlich vereinbarten Beendigungen des Arbeitsverhältnisses wie Aufhebungsvertrag und Altersteilzeitvertrag gerechnet, wenngleich sie freilich den Verlust des Arbeitsplatzes zur Folge haben.

Nachfolgend werden die vorgenannten Personalanpassungsmaßnahmen näher dargestellt:

Der Einstellungsstopp, also der Nichtersatz ausscheidender Mitarbeiter, ist hauptsächlich in zwei Varianten praktizierbar: Zum einen kann ein absoluter Stopp verfügt werden, bei dem weder Ersatzeinstellungen zum Fluktuationsausgleich noch Neueinstellungen vorgenommen werden. Zum andern kann es sich aber auch um einen eingeschränkten Einstellungsstopp handeln, bei dem nur auf Neueinstellungen verzichtet wird, durch Fluktuation freiwerdende Arbeitsplätze aber wieder besetzt werden. Der Vorteil eines absoluten Stopps liegt darin, dass es keine rechtserheblich betroffene Arbeitnehmer, allenfalls durch höheren Arbeitsanfall „faktisch belastete Arbeitnehmer“ gibt. Es ist aber Sache der Unternehmerentscheidung, auf Dauer künftig auch mit weniger Personal zu arbeiten. Soweit dadurch eine Leistungsverdichtung eintritt, wird sie als Konzept gewollt und in Kauf genommen1. Als Nachteil eines absoluten Einstellungsstopps erweist sich allerdings nicht selten eine Tendenz zur negativen Auslese, weil erfahrungsgemäß jüngere, leistungsstarke Mitarbeiter eher zu einem Stellenwechsel neigen als ältere Mitarbeiter. Dagegen kann ein auf bestimmte Arbeitnehmergruppen

(z.B. Arbeiter/Angestellte) oder auf bestimmte Abteilungen (z. B Vertrieb, Versand) gerichteter Einstellungsstopp solche negativen Auswirkung auf die Belegschaftsstruktur in Grenzen halten.

Auch ein passiver Personalabbau, wie ihn der Einstellungsstopp darstellt gehört zur Personalplanung (Personaldeckungsplanung) und kann Mitwirkungsrechte des Betriebsrats (vgl. §§ 92, 106 BetrVG) auslösen.

Dagegen stellt der Nichtersatz ausgeschiedener Mitarbeiter keine Betriebsänderung i. S. einer Betriebseinschränkung gern. § § 111 ff. BetrVG dar. Der Einstellungsstopp ist „mitbestimmungsfrei“, weil es an einem rechtserheblich aktiven Handeln des Arbeitgebers fehlt.

Der Fluktuation kann von der Firma aus auch dadurch nachgeholfen werden, dass mit bestimmten Mitarbeitern gezielt gesprochen wird, um sie zu einer Eigenkündigung oder zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu bewegen. Das kann bei Arbeitnehmern geboten sein, die trotz Fördermaßnahmen und Ermahnungen leistungsschwach bleiben oder für den Betrieb aus nachweisbaren Gründen nicht mehr tragbar sind. Die Grenze unlauterer Einflussnahme darf freilich dabei nicht überschritten werden. Das „Bedrängen“ eines Mitarbeiters durch Vorgesetzte darf nicht zum Mobbing werden.