Als sich Breuer im Februar 2000 mit dem Vorstandssprecher der Dresdner Bank, Bernhard Walter, zu ersten Sondierungsgesprächen traf, war der Chef des größten europäischen Versicherungskonzerns eingeweiht. Das war kein besonderes Entgegenkommen, sondern eine Notwendigkeit – 21,7 Prozent an der Dresdner Bank gehörten der Allianz, ohne Zustimmung des Assekuranz-Chefs ging gar nichts. Allianz-Chef Henning Schulte-Noelle billigte Breuers Plan nicht nur, er fand ihn richtig gut und wollte sich am gemeinsamen Filialnetz der beiden Banken beteiligen, um dort seine Versicherungspolicen zu verkaufen. Was auch Breuer gefiel, denn dadurch könnte auch die Rendite des Filialgeschäfts erheblich steigen.
Außerdem würde die Fusion mit der Dresdner Bank zu einer Bereinigung der Filiallandschaft fuhren, denn überall dort, wo sich Filialen der Dresdner Bank und der Deutschen Bank in enger Nachbarschaft Konkurrenz machten, könnte eine Filiale geschlossen werden. Auf diese Weise würde man 17000 Mitarbeiter einsparen. Außerdem wollte sich die Allianz an der Bank 24 beteiligen und der Deutschen Bank die Deutsche Herold Versicherung abnehmen, die erst 1992 gekauft worden war, als der Branchenerste im Geldgewerbe seine Zukunft noch im Allfinanzbereich gesehen hatte. Schulte-Noelle wollte der Allianz-Gruppe auch die Fondsgesellschaft DWS von der Deutschen Bank angliedern, die mit einem Anlagevermögen von 175 Milliarden € schon damals zu den größten Fondsgesellschaften in Deutschland gehörte. Breuer hatte nichts dagegen. Tatsächlich gab er eine Perle aus dem Bankportfolio einfach weg, ohne seine Vorstandskollegen zu informieren.
Breuer hatte sich seinen Plan längst schön gerechnet. Die Deutsche Bank würde endlich eine reine Investmentbank werden und den alten Ballast – Filialen und Massengeschäft – bei der Dresdner Bank abladen.
Am 27. Februar 2000 erfuhren auch die Vorstände der Deutschen Bank, dass Breuer den Kollegen von der Dresdner einen merger of equals vorgeschlagen hatte. Eine gnadenlose Übertreibung, wie jeder wusste, natürlich würde der Branchenerste den Branchenzweiten übernehmen.
Die Besitzverhältnisse an der neuen Gesellschaft hätten nach Ansicht von Investmentbankern anderer Institute auf 70:30 lauten müssen. Doch Breuer wollte seinen neuen, kleineren Partner nicht zu ärmlich aussehen lassen, und so wurde das Verhältnis auf 62:38 zugunsten der Dresdner Bank leicht angehoben. Im Aufsichtsrat der Deutschen Bank musste Breuer für seine barmherzige Geste später heftige Kritik einstecken.
Beim Namen des neuen Instituts ging Breuer jedoch keine Kompromisse ein: Auch das neue Unternehmen würde Deutsche Bank heißen, aber die Hausfarbe Blau gegen das Grün des Juniorpartners getauscht werden. Die Begeisterung hielt sich in Grenzen, aber es legte sich auch kein Vorstand quer – man wusste ja, dass Widerspruch nicht geduldet wurde. Die in der Bank gebotene Einstimmigkeit bei Vorstandsentscheidungen wurde eingehalten.
Gerüchte über die bevorstehende Fusion waren allerdings längst durchgesickert. Die Mitarbeiter beider Banken bekamen Wind von der bevorstehenden Fusion. Sie waren aufs höchste beunruhigt, denn es war sicher, dass eine Folge des Deals ein Personalabbau in großem Stil sein würde. Sie rätselten frustriert, welche Filialen geschlossen, wie viele Arbeitsplätze gestrichen werden sollten und wie der Koloss geführt werden sollte.