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Die Tagesordnung der Hauptversammlung der Aktionäre

Obwohl bei einer Hauptversammlung die unterschiedlichsten Themen oder Fragen zur Sprache kommen können, besteht die Tagesordnung aus einigen Punkten, die auf jeder Hauptversammlung zur Abstimmung gelangen. Der erste Punkt in der Agenda ist der Jahresabschluss. Der Vorstand stellt die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung sowie den Lagebericht vor, der meist einen Ausblick und eine Prognose für das nächste Geschäftsjahr enthält. Bei der Vorstellung des Jahresabschlusses haben die Teilnehmer der Hauptversammlung die Möglichkeit, Fragen zu stellen und sich Details erläutern zu lassen – beispielsweise wie sich außer
ordentliche Erträge zusammensetzen, wie immaterielle Vermögensgegenstände bewertet wurden oder ob es Änderungen bei den Abschreibungen und bei den Ansatzwahlrechten gab, was ohnehin im Anhang erläutert werden muss. Experten können trotz der bilanzpolitischen Spielräume oft kritische Punkte in Bilanzen erkennen und nachfragen. Zwar ist es selbst für Experten schwierig, im Datendschungel des Jahresabschlusses neuralgische Punkte sofort zu erkennen, aber die meisten Bilanzexperten sind natürlich mit den Finessen vertraut und wissen bei welchen Posten und Ansatzwahlrechten man besonders genau nachhaken muss.
Der zweite wichtige Abstimmungspunkt auf der Agenda ist die Verwendung des Bilanzgewinns. Ein Teil des Bilanzgewinns wird als Rücklage verwendet; darüber entscheidet meist vorab die Aktiengesellschaft. Es gibt verschiedene Rücklagen, beispielsweise Kapital- und Gewinnrücklagen. Einige dieser Rücklagen sind gesetzlich vorgeschrieben, andere erfolgen aufgrund der Satzung der Aktiengesellschaft oder aus anderen Gründen freiwillig. Der verbleibende Bilanzgewinn wird dann als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet, wenn die Hauptversammlung dies so beschließt. Bei neu gegründeten Aktiengesellschaften oder Technologieunternehmen erfolgt meist keine Ausschüttung. Bei den meisten Hauptversammlungen löst die Debatte über den Bilanzgewinn häufig Kontroversen aus.

Der dritte wichtige Programmpunkt ist die Abstimmung über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats, ln den meisten Fällen werden Vorstand und Aufsichtsrat entlastet, was bedeutet, dass die Aktionäre ihnen das Vertrauen aussprechen. In Krisensituationen und wenn dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat gravierende Fehler vorgeworfen werden, kann die Entlastung verweigert werden, was aber relativ selten vorkommt. Auch ein Vorstand, der nicht entlastet wurde, kann entlassen werden. Für Managementfehler, die zu Schadenersatzansprüchen führen, haben die Führungskräfte im Vorstand eine spezielle Versicherung.

Der vierte Punkt, der bei jeder Hauptversammlung auf der Tagesordnung steht, ist die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder. Die Aufgabe des Aufsichtsrats besteht darin, die Aktiengesellschaft zu beraten und zu kontrollieren. Darüber hinaus beruft der Aufsichtsrat die Vorstandsmitglieder und kann sie auch entlassen. Die Aufsichtsratsmitglieder werden alle vier Jahre von der Hauptversammlung gewählt. Eine Besonderheit in Deutschland ist dabei die in den 1950er Jahren zuerst in der so genannten Montanunion im Bergbau beschlossene Mitbestimmung, die in den 1970er Jahren auch auf andere Unternehmen durch ein neues Gesetz ausgeweitet wurde. Der Aufsichtsrat wird nämlich zur Hälfte von der Hauptversammlung, also den Aktionären, und zur Hälfte von den Arbeitnehmern gewählt.

Diese vier Punkte stehen stets auf der Agenda einer Hauptversammlung. Daneben gibt es noch besondere Entscheidungen, wenn beispielsweise die Aktiengesellschaft ihr Grundkapital erhöhen und der Vorstand neue Aktien herausgeben möchte. Damit der Vorstand nicht bei jeder Grundkapitalerhöhung die Zustimmung der Hauptversammlung einholen oder im Zweifelsfall eine außerplanmäßige Versammlung anberaumen muss, gibt es die Möglichkeit, einen Vorratsbeschluss zu fassen, der es dem Vorstand erlaubt, auch zukünftig weitere Eigenkapitalerhöhungen vorzunehmen, ohne die Hauptversammlung einzuberufen.

Ein weiterer Punkt, der in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen hat, ist der Rückkauf von Aktien, der durch die Hauptversammlung genehmigt werden muss. Früher gab es solche Aktienrückkaufprogramme in Deutschland relativ selten; in den USA sind sie bereits in den 1990er Jahren populär geworden. Ein Aktienrückkaufprogramm wirkt wie eine verdeckte Dividendenausschüttung und lässt den Aktienkurs meist steigen. Untersuchungen haben sogar gezeigt, dass man darauf eine Anlagestrategie aufbauen kann, die zu einer Rendite führt, die über dem Marktdurchschnitt liegt.