Eine der wichtigsten Fragen, die Sie sich bei den Vorbereitungen zur Erstellung eines Businessplans stellen können, ist: In welchem Geschäft bin ich eigentlich tätig? Die Frage mag einfach klingen, sogar trivial, und wird vielleicht gerade deshalb so oft ignoriert. Wenn Sie diese grundlegende Frage jedoch richtig beantworten können, haben Sie den ersten Riesenschritt zur Erstellung eines effektiven Businessplans gemacht. Können Sie sich noch an die Züge erinnern, mit den eleganten Speisewaggons, den komfortabel ausgestatteten, nostalgischen Waggons und den Raucher-Salons, die quer durch die USA gefahren sind und die man in den alten Western-Filmen noch bewundern kann. Die Eisenbahngesellschaften in den 30er, 40er und 50er Jahren dachten, sie wüssten genau, in welchem Business sie sich befänden: dem Eisenbahn-Business.
Man machte sich gar keine Gedanken darüber. Wie es sich jedoch herausstellte, wollten die Passagiere etwas anderes: Sie wollten einfach nur transportiert werden. Die Eisenbahnen mussten bald mit Autobahn, General Motors und Ford, Pan Am, Boeing und den internationalen Flughäfen konkurrieren. Die im Eisenbahn-Business bestimmenden Kräfte hatten gar nichts mehr mit Schwellen und Schienen zu tun. Aber die Eisenbahngesellschaften hatten es verpasst, den Überblick zu behalten, und konnten ihren früheren Ruhm nie wieder zurückgewinnen. In diesem Artikel sollen Sie den Überblick bekommen, indem Sie die wirtschaftliche Tätigkeit, die Sie ausüben, genau definieren. Wir werden Ihre Branche analysieren, nach erfolgsentscheidenden Faktoren suchen und Ihnen dann einige Hinweise zur Vorbereitung auf Chancen und Risiken geben, die sich am Horizont abzeichnen können.
Okay, welche wirtschaftliche Tätigkeit üben Sie denn nun tatsächlich aus? Sagen Sie nicht. Sie sind Krimskrams-Hersteller, nur weil Sie irgendwelchen Krimskrams herstellen. Zur Beantwortung der Frage reicht es nicht, anzugeben, was man tut oder was man herstellt. Sie müssen schon ein bisschen tiefer graben und sich fragen, was in Ihrer Branche vor sich geht.
✓ Welche grundlegenden Bedürfnisse erfüllen Sie?
✓ Welche zugrundeliegenden Kräfte sind am Spiel?
✓ Welche Rolle spielt Ihr Unternehmen?
Sie können sich absichern, damit es Ihrem Unternehmen nicht wie den amerikanischen Eisenbahngesellschaften ergeht, indem Sie die zugrundeliegenden Kräfte verstehen, die Ihr Geschäftsumfeld formen. Analysieren Sie die Branche, in der Sie sich befinden. In Artikel 5 und 6 werden Ihre Kunden genauer betrachtet und in Artikel 7 geht es um Ihre Konkurrenten. Ihr eigenes Unternehmen wird dann in den Artikeln 8 und 9 unter die Lupe genommen.
Eastman Kodak:
1880 von dem Unternehmer George Eastman gegründet, entwickelte sich Eastman Kodak schnell zum führenden Unternehmen für Amateurfotografie. Man verkaufte Kameras, Filme und entwickelte die Fotos, die wir längst in irgendwelche Alben, Schubladen oder Schuhkartons gestopft haben. Wo machte das Unternehmen vor allem sein Geld? Die Kameras waren nur wenig profitabel. Aber Kodak wollte, dass die Menschen Kameras haben, damit das Unternehmen Geld durch den Verkauf von Filmen und noch mehr Geld durch die Entwicklung der Filme machen konnte. Tatsächlich konnte Kodak riesige Gewinne durch die Filmentwicklung erzielen. Das Unternehmen stellte seine eigenen Foto-Chemikalien und sein Fotopapier her und besaß die Entwicklungslabors. Schließlich hielt sich Kodak für ein in der Foto-Chemie tätiges Unternehmen und erzählte dies an der Börse und jedem, der es hören wollte.
Während sich die Direktoren und Manager bei Kodak gegenseitig auf die Schultern klopften, kamen neue Konkurrenten – und neue Technologien – zur Hintertür herein. Wie sich herausstellte, waren die Kunden nicht besonders an der chemischen Seite interessiert. Niemand hatte eine spezielle Vorliebe für Fotopapier oder für die verschiedensten Chemikalien, die Kodak so gut herstellte. Was die Leute wirklich wollten, waren Erinnerungen. Sie wollten spezielle Momente einfangen und sie für immer aufbewahren. Kodak war also eigentlich im Erinnerungsgeschäft tätig. Und da entwickelten sich neue Methoden, um Erinnerungen zu speichern.
Es kam eine japanische Firma und führte der Welt die neuen Videokameras vor. Plötzlich wurden Erinnerungen nicht mehr chemisch, sondern elektronisch möglich gemacht. Zu Sony gesellten sich bald Hitachi, Matsushita und Sharp. Da nur wenige Schienen übrig geblieben waren, konnte sich Kodak nur noch wundern, von welchem Zug es überrollt worden war. Auch wenn man immer noch Schnappschüsse macht, hat Kodak nicht mehr das Monopol für Erinnerungen, und das Unternehmen hat sich noch nicht wieder völlig erholt.