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Kooperation mit der Arbeitnehmervertretung

Rechtliche Grundlagen und Vorgehen
Das Betriebsverfassungsgesetz räumt der Arbeitnehmervertretung bestimmte Rechte im Zusammenhang mit Personalabbaumaßnahmen ein. Auch unabhängig davon ist eine möglichst frühzeitige Einbeziehung des Betriebsrates bedeutsam für dessen aktive Unterstützung des Trennungsprozesses (Rausch, 2004). Entscheidet sich die Unternehmensleitung für eine Betriebsveränderung nach § 111 und § 112 BetrVG oder einen Betriebsübergang laut § 613a BGB, so hat nach §§ 92, 106, 111 und 112 BetrVG die Unterrichtung des Betriebsrates und des Wirtschaftsausschusses sowie des Sprecherausschusses der leitenden Angestellten nach § 32 Sprecherausschussgesetz zu erfolgen (Andrzejewski, 2008). Als nächstes sollte der Arbeitgeber ggf. die Zuständigkeit für die Verhandlung innerhalb der Arbeitnehmervertretung klären. Obgleich das BetrVG nach § 50 Abs. 1 von einer Zuständigkeit der lokalen Betriebsräte ausgeht, kann sich die Arbeitnehmervertretung auf die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die Verhandlung des Interessenausgleichs einigen (§ 50 Abs. 2; Meyer, 2007). Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretung suchen nach § 112, 113 BetrVG, § 323 Umwandlungsgesetz und § 122 Insolvenzgesetz einen Interessenausgleich. Anschließend wird entweder ein Transfersozialplan (§§ 254 ff SGB III mit Antrag auf Zuschüsse bei der regionalen Arbeitsagentur) oder ein Abfindungssozialplan (§§ 5, 13, 112, 112a BetrVG, § 126 UmwG) ausgehandelt. Finden Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretung gemeinsam keine Lösung, wird die Einigungsstelle eingeschaltet.

Abflndungs- versus Transfersozialplan
Welche der beiden Alternativen die günstigere ist, muss jeweils geprüft werden. Ein Abfindungssozialplan ist dann zu bevorzugen, wenn die Arbeitnehmer bereits über eine Anschlussbeschäftigung verfügen oder einen Ausstieg aus der Erwerbstätigkeit (z. B. aufgrund der Aufnahme eines Studiums oder Verrentung) anstreben. Faller und Hermann (2003) vertreten die Ansicht, ein Abfindungssozialplan sei auch vorteilhafter, wenn es darum geht, Existenzgründungen zu fördern. Allerdings setzt dies eine bereits sehr fortgeschrittene Planung der Gründungsvorhaben voraus, so dass lediglich noch das Kapital für die Umsetzung benötigt wird. Geht es darum, die Voraussetzung für eine Gründung zu prüfen und zu schaffen, kann ein Transfersozialplan, der entsprechende Informationen und Qualifizierungsmaßnahmen vorsieht, günstiger sein. Der Transfersozialplan ist immer dann zu empfehlen, wenn Transfer- bzw. Qualifizierungsmaßnahmen die Wahrscheinlichkeit für eine anschließende Erwerbstätigkeit erhöhen. Nach gemeinsamer Entwicklung des Maßnahmenkonzepts und der Kommunikationsstrategie wird ggf. eine Betriebsvereinbarung über Transfer- und Qualifizierungsmaßnahmen geschlossen.

Sichtweise von Betriebsräten
In einer Studie von Nicolai (2007) wurden 120 Betriebsräte telefonisch nach ihrer Einstellung zu Transfermaßnahmen befragt. Die teilnehmenden Betriebsräte stammten überwiegend aus mittelständischen Industriebetrieben des gesamten Bundesgebiets. Viele waren Betriebsrats- oder Gesamtbetriebsratsvorsitzende und übten diese Funktion bereits seit mehr als zehn Jahren aus. Ein erstaunliches Ergebnis war, dass die Betriebsräte insgesamt relativ wenig Wissen Uber die Möglichkeiten der Transferagentur und der Transfergesellschaft hatten. Sie zeigten aber auch kaum Interesse daran, sich generell über diese Thematik zu informieren, um dadurch nicht gegenüber dem Arbeitgeber ein grundsätzliches Einverständnis mit Personalabbau zu signalisieren. Ein Viertel hatte Erfahrung mit Transfermaßnahmen, noch mehr allerdings mit Personalabbaumaßnahmen ohne Einsatz dieses Instruments. Gleichzeitig sahen sie sich als vorrangige Initiatoren von Transfermaßnahmen gegenüber der Geschäftsleitung. Wenn es zur Durchführung von Transfermaßnahmen kam, dann überwiegend in Form der Transfergesellschaft. Das ist auch die Form, die im Vergleich zur Transferagentur oder der Kombination beider Maßnahmen von den befragten Betriebsräten bevorzugt wurde. Wichtigstes Erfolgsmerkmal ist aus ihrer Sicht die Vermittlungsquote. Mehr als die Hälfte der Befragten wünscht sich, dass die Transfermaßnahmen zusätzlich zur Abfindung angeboten werden, und knapp die Hälfte meint, sie sollten nur Anwendung finden, wenn Fördermittel durch die Arbeitsagentur gewährt werden. Den größten Nutzen sehen die Betriebsräte in der professionellen Unterstützung bei der beruflichen Neuorientierung, gefolgt von Zeitgewinn bei der Jobsuche und der Beseitigung von Qualifikationsmängeln.

Interview der Autorin mit Edith Abram, der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden der Infraserv GmbH & Co. Höchst KG

Was halten Sie von einer Transfergesellschaft als Instrument zur Unterstützung von Personalabbau?
Wenn Personalabbau nicht mehr verhindert werden kann, finde ich eine Transfergesellschaft vorteilhaft. Der Übergang in einen neuen Job wird erleichtert und es ist gut, wenn die Betroffenen auf Gleichgesinnte treffen und sich auch gegenseitig unterstützen können. Allerdings müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Das heißt, es muss eine gute Abfindung geben, eine angemessene Aufstockung auf das Kurzarbeitergeld, das den Beschäftigten einer Transfergesellschaft zusteht, und eine Sprinterprämie für das frühzeitige Verlassen der Transfergesellschaft. Außerdem ist es günstig, wenn die Outplacement über ein Freiwilligenprogramm läuft, das heißt, wenn nur die Personenzahl festgelegt wird, die abgebaut werden muss, aber nicht konkret, welche Personen. Das erleichtert die Umsetzung sehr.

Worauf sollte bei der Wahl einer Transfergesellschaft geachtet werden?
Der Arbeitgeber sollte eine Transfergesellschaft wählen, deren Träger vom Betriebsrat akzeptiert werden kann.

Welcher Zeitrahmen muss für die Einrichtung einer Transfergesellschaft eingeplant werden?
Wenn es das erste Mal ist, sollte man von der Bildung des Kernteams bis zur Umsetzung des Sozialplans auf jeden Fall 4 bis 6 Monate veranschlagen. Außerdem ist es sinnvoll, dass neben den Vertretern der Personalabteilung und des Betriebsrats auch die Transfergesellschaft und die Gewerkschaft gemeinsam an der Konzeptentwicklung arbeiten.

Das Budget für Personalabbaumaßnahmen ist nicht unbegrenzt. Was halten Sie für wichtiger: eine höhere Abfindung bei geringerer Aufstockung oder umgekehrt?

Meines Erachtens ist eine höhere Abfindung wichtiger, weil nicht alle Mitarbeiter in die Transfergesellschaft gehen und die Aufstockung in Anspruch nehmen.

Was wünschen Sie sich als Betriebsrätin vom Arbeitgeber?

Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat frühzeitig einbeziehen und die Pläne offen ansprechen. Dann kann der Betriebsrat einen notwendigen Personalabbau positiv begleiten. Es ist außerdem wichtig, dass korrekt kommuniziert wird.

Sollte die Unterstützung bei der beruflichen Neuorientierung eher intern oder extern stattfinden?
Ich finde es günstiger, wenn die Trainingsmaßnahmen und andere Aktivitäten außerhalb stattfinden, damit die Mitarbeiter sich vom Unternehmen lösen. Daher bevorzuge ich ein externes Outplacement. Außerdem gibt es dann keine Vorbehalte gegenüber einzelnen Mitarbeitern.