Je besser Ihre Anzeige formuliert war, umso mehr Zuschriften werden Sie erhalten. Die Freude darüber vergeht oft schnell, weil man manchmal in vielerlei Hinsicht überrascht ist. Zum einen schreiben Firmen, von denen man nur träumen kann, zum anderen Firmen von weither (was umso überraschender ist, wenn Sie regional inseriert haben), und drittens könnten Sie hilflos Hunderten von Briefen gegenüberstehen. Und wenn’s ganz schlimm kommt (auch das ist mehrfach passiert!), schreibt Ihnen sogar Ihre eigene Firma, und Sie bekommen ungeahnte Einblicke in Möglichkeiten im eigenen Unternehmen. Werden Sie nicht kopflos oder gar nervös, sondern gehen Sie nach Plan vor, und machen Sie zum Maßstab für die Auswahl und Vorgehensweise einzig und all ein Ihre eigenen Erwartungen. Dazu ein Beispiel:
*Eine Sekretärin hatte im Hamburger Abendblatt, Wochenendausgabe, ein ansprechendes, aber kurzes Stellengesuch inseriert und bekam genau 120 (!!) Zuschriften. Die Auswahl fiel verständlicherweise schwer. Die meisten Arbeitgeber begnügten sich in ihrem Anschreiben mit dem Hinweis, doch bitte einmal anzurufen, man hätte etwas „Interessantes“, andere umrissen kurz die Tätigkeit und wieder andere schickten kommentarlos mit Kurzmitteilung einen Personalfragebogen zum Ausfüllen. Ein Arbeitgeber (Warenhausbranche) jedoch hatte sich etwas mehr Mühe gemacht. Sein Brief lautete wie folgt:
*Sehr geehrte Inserentin,
Ihr Stellengesuch als Sekretärin hat uns gut gefallen. Die langjährige Sekretärin unseres Personalleiters hat es mit unserem vollen Verständnis vorgezogen, sich fortan ihrem Nachwuchs zu widmen. Deshalb suchen wir Ersatz. Sie erwartet ein technisch perfekter Arbeitsplatz, ein gutes Betriebsklima und eine stets humorvolle Mannschaft. Überdurchschnittliche Sozialleistungen und ein angemessenes Gehalt sind bei uns selbstverständlich, außerdem genießen Sie die Vorzüge des Mitarbeiterrabattes auf alle Waren. Wenn Sie Lust haben, in unserem Team dabei zu sein, rufen Sie uns einfach an, damit wir einen Termin vereinbaren können. Bei einer Tasse Kaffee oder auf Wunsch auch bei einem gepflegten Cognac zur Feierabendzeit würden wir uns gern mit Ihnen unterhalten.
Das Ergebnis: Die Inserentin entschied sich ohne Umschweife für die Firma des Briefschreibers. Solche Briefe sind natürlich Ausnahmen, wobei man an dieser Stelle an die Arbeitgeber appellieren muss, sich in Bezug auf die Personalbeschaffung auch einmal (unkonventionelle) Gedanken zu machen und ihre Zuschriften ansprechender zu formulieren. Doch hierbei werden viele Fehler gemacht. Dazu zwei Beispiele. Im ersten Falle rief eine Inserentin (Suche als Debitorenbuchhalterin) bei einem Energieunternehmen an und wünschte den Personalchef zu sprechen. Da man dort auf mehrere Anzeigen geschrieben hatte, wusste man die Anruferin nicht so recht „zuzuordnen“, und der Personalchef führte gerade ein Gespräch. Die Inserentin legte verärgert auf. Besser wäre es gewesen, erst einmal mit dem Sekretariat zu klären, wer überhaupt anruft, und dann einen festen Termin zu vereinbaren. Im zweiten Fall (Suche als Verlagshersteller) bekam ein Inserent 12 Zuschriften von Verlagen und Druckereien. An einen Verlag, der sein besonderes Interesse fand,
der ihn aber lediglich um Kontaktaufnahme bat, schickte er daraufhin eine vollständige Bewerbungsmappe, die folgendes Anschreiben enthielt:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich danke Ihnen für Ihren Brief auf mein Inserat im Druckspiegel. Ihr Haus ist mir gut bekannt und ich würde gern für Sie tätig werden. Ich bin firm in allen herstelltechnischen Abläufen, ich kann DTP-orientiert arbeiten und ich bin ein guter Teamworker. In meiner jetzigen Firma arbeite ich seit sechs Jahren allein an einer Ratgeberreihe. Ich verdiene jetzt € 2 800,- brutto und stelle mir bei Ihnen € 3 200,- vor. Meine Qualifikationen können Sie aus den beigefügten Unterlagen entnehmen. Über ein Gespräch würde ich mich sehr freuen.
Dieser Brief enthält gleich mehrere Fehler. Zum Ersten: Der neue Arbeitgeber hatte lediglich um Kontaktaufnahme gebeten, da ist es nicht angezeigt, gleich alle Bewerbungsunterlagen zuzusenden. Zum Zweiten: Mit Gehaltsforderungen in so einer Situation verscherzt man sich vieles. Drittens: Wie kann man ein guter Teamworker sein, wenn man jahrelang allein gearbeitet hat? Und viertens: Die Häufung der Ich-Sätze lässt nicht gerade positive Rückschlüsse auf die Persönlichkeit zu. Wenn Sie nur um Kontaktaufnahme gebeten wurden, dann versuchen Sie dies entweder telefonisch in geschickter Form oder besser noch schriftlich. Schreiben Sie z. B.:
Sehr geehrter Herr…
Sie haben mir freundlicherweise auf mein Stellengesuch in der Westfalenpost Nr. 4 vom 8,1.20. (Organisationsprogrammierer) geschrieben und um Kontaktaufnahme gebeten. Über Ihre Zuschrift habe ich mich sehr gefreut und ich habe Interesse daran, in Ihrem Unternehmen tätig zu werden. Damit Sie sich einen raschen Überblick über meinen bisherigen beruflichen Werdegang verschaffen können, erlaube ich mir Ihnen als Anlage einen tabellarischen Lebenslauf zu senden. Es würde mich freuen mehr über die Möglichkeiten einer Tätigkeit in Ihrem Hause zu erfahren. Selbstverständlich sende ich Ihnen auf Wunsch gern meine kompletten Bewerbungsunterlagen zu.
Mit einem solchen Brief bekunden Sie Interesse und geben dem neuen Arbeitgeber durch Übersendung Ihres tabellarischen Lebenslaufes Gelegenheit zu einer raschen Information über Ihren beruflichen Werdegang. Wichtig ist dabei – was oft übersehen wird -, die Anzeige genau zu benennen und auch den Positionstitel, damit beim Arbeitgeber der „Vorgang“ bzw. Ihre Antwort rasch zugeordnet werden kann. Wenn Sie hingegen gebeten werden, Ihre kompletten Bewerbungsunterlagen einzusenden, so sollten Sie das, ebenfalls mit einem Anschreiben, tun, natürlich nur unter der Voraussetzung, dass Ihnen der neue Arbeitgeber auch zusagt. Haben Sie mehrere Zuschriften bekommen, so sichten Sie nach Ihren Prioritäten, bevor Sie reagieren. Legen Sie sich eine Liste an, an wen Sie was wann geschickt haben, damit Sie bei nochmaligen Zuschriften oder eventuellen Anrufen rasch im Bilde sind und entsprechend schnell reagieren können. Denken Sie daran, dass ein neuer Arbeitgeber von Ihnen spezielles Interesse erwartet; dem müssen Sie gerecht werden, wenn Ihnen an einer neuen Aufgabe ernstlich gelegen ist.