Soziale Auswahl – betrieblicher Interessen usw.

Der Arbeitgeber hat bei der Sozialauswahl seit 1.1.2004 (wieder) bestimmte Sozialkriterien zu berücksichtigen, nämlich

-die Dauer der Betriebszugehörigkeit,

-das Lebensalter,

-die Unterhaltspflichten und (neu)

-die Schwerbehinderung

des Arbeitnehmers (§1 Abs. 3 KSchG). Die drei erstgenannten Sozialdaten waren in der Zeit vom 1.10.1996 bis 31.12.1998 schon einmal Inhalt des Gesetzes. Sie sind nun zusammen mit einem (vierten) Kriterium „Schwerbehinderung“ durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt wieder in den Abs. 3 des § 1 KSchG eingefügt worden. Die Aufzählung der vier Auswahlgesichtspunkte ist abschließend, wodurch die Sozialauswahl für den Arbeitgeber wieder leichter geworden ist. Da das Gesetz nach wie vor nur eine „ausreichende Berücksichtigung“ verlangt, steht dem Arbeitgeber weiterhin ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Keinem dieser vier Kriterien kommt ein genereller oder absoluter Vorrang zu, wenngleich der Dauer der Betriebszugehörigkeit für den Grad des „Bestandsschutzes“ des Arbeitsverhältnisses eine besondere Bedeutung beizumessen ist.

Die soziale Auswahl findet auch bei Massenkündigungen (Betriebsänderungen) sowie bei einer etappenweisen Betriebsstillegung Anwendung. Sie ist nach § 2 KSchG auch bei Änderungskündigungen zu beachten.

 Betriebsbezug der Sozialauswahl
Die soziale Auswahl ist betriebsbezogen, d. h. sie hat grundsätzlich alle vergleichbaren Arbeitnehmer des Betriebs zu erfassen. Es sind also nicht nur die Arbeitnehmer einer von Personalreduzierungen betroffenen Betriebsabteilung, sondern des gesamten Betriebs einzubeziehen. Grundsätzlich erstreckt sich die soziale Auswahl nicht auf andere Betriebe des Unternehmens oder gar des Konzerns. Dies folgt aus der betriebsbezogenen Ausgestaltung des gesetzlichen Kündigungsschutzes, der lediglich bezüglich der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nach § 1 Abs. 2 Satz 2 und 3 KSchG ausnahmsweise untemehmensbezogen ist.

 Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer
Die Sozialauswahl ist nur auf vergleichbare Arbeitnehmer eines Betriebes beschränkt. In diesem Sinne vergleichbar sind Arbeitnehmer, die austauschbar sind. Dabei reicht es für die Austauschbarkeit aus, wenn der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz weggefallen ist, alsbald die gleichwertige Funktion eines anderen Arbeitnehmers wahrnehmen kann. Die Austauschbarkeit ist nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen festzustellen. Grundsätzlich sind aber nur Arbeitnehmer in die Auswahl einzubeziehen, die auf derselben Ebene der Betriebshierarchie stehen (sog. horizontale Vergleichbarkeit). Es sind mithin nicht Arbeitnehmer einzubeziehen, die auf unterschiedlichen Betriebsebenen stehen (vertikale Vergleichbarkeit), weil es bei ihnen an der Austauschbarkeit fehlt. Arbeitnehmer sind nicht austauschbar, wenn sie nur nach einer Änderungskündigung oder nach einverständlicher Änderung ihres Arbeitsvertrags anderweitig beschäftigt werden können. Daher kommen nur solche Arbeitnehmer für die Auswahl in Betracht, auf deren Arbeitsplätze der kündigungsbedrohte Arbeitnehmer allein durch Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts versetzt werden kann. Ansonsten würde ein Verdrängungswettbewerb nach „unten“ dazu führen, dass z. B. bei Wegfall eines Arbeitsplatzes im Bereich höherer Fachangestellter letztlich dem Pförtner gekündigt wird, weil alle dazwischenliegenden hierarchischen Ebenen bereit sind, geringerwertige Tätigkeiten auszuüben. Die Erklärung des Arbeitnehmers, er sei auch bereit, zu schlechteren Arbeitsbedingungen zu arbeiten, würde die dort Beschäftigten in die Soziale Auswahl „hineinreißen“, die gar nicht von der Reduzierungsmaßnahme des Arbeitgebers betroffen sind.

Nicht in die soziale Auswahl einzubeziehen sind

-Arbeitnehmer ohne Kündigungsschutz (z.B. 6-monatige Wartezeit nicht erfüllt),

-befristet beschäftigte Arbeitnehmer, sofern sie die Kündbarkeit ihres Arbeitsverhältnisses während der Laufzeit nicht ausdrücklich vereinbart haben,

-Arbeitnehmer mit Sonderkündigungsschutz (z. B. Schwangere und junge Mütter, Schwerbehinderte, Wehr- und Zivildienstleistende, Funktionsträger nach dem BetrVG),

-Arbeitnehmer, deren ordentliche Kündigung durch Tarifvertrag oder einzelvertragliche Vereinbarung ausgeschlossen ist.

Die Herausnahme tariflich unkündbarer Arbeitnehmer wird teilweise kritisch gesehen.

Beispiel:       
Arbeitnehmer A, 52 Jahre alt, verheiratet, vier Kinder, 30 Jahre Betriebszuge

hörigkeit (tarifgebundenes Unternehmen der Metallindustrie)

Arbeitnehmer B, 53 Jahre alt, ledig, 3 Jahre Betriebszugehörigkeit (tarifgebundenes Unternehmen der Metallindustrie)

Da B dem tariflichen Kündigungsschutz (§4.4 MTV Metallindustrie Südwest) unterliegt, d.h. seine ordentliche Kündigung nach Vollendung des 53. Lebensjahres und 3-jähriger Betriebszugehörigkeit ausgeschlossen ist, wäre dem A vor dem B zu kündigen, ein nicht gesetzeskonformes Ergebnis!

Teilzeitbeschäftigte sind prinzipiell in die Sozialauswahl einzubeziehen. Auch dies ist nicht unbestritten. Gegen die Ansicht, Arbeitnehmer mit unterschiedlicher Arbeitszeit seien nicht vergleichbar, sprechen einige Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG).

Der Arbeitgeber kann kündigungsrechtlich nicht gezwungen werden, seinen Betrieb mit Vollzeit- oder Teilzeitkräften zu gestalten. Das gilt auch, wenn sich die Notwendigkeit einer Vertragsänderung für einen der weiterbeschäftigten Arbeitnehmer ergibt, weil das abzubauende Beschäftigungsvolumen nicht exakt dem Beschäftigungsumfang der Voll- und Teilzeitbeschäftigten entspricht. Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Arbeitszeit eines sozial schwächeren Vollzeitbeschäftigten auf das Beschäftigungsvolumen des entlassenen Teilzeitbeschäftigten reduziert wird. Der Vollzeitbeschäftigte müsste allerdings der Reduzierung seines Arbeitsvolumens vorbehaltlos zustimmen.

Entfällt dagegen der Beschäftigungsbedarf nur für eine Teilzeitstelle und ist der Teilzeitbeschäftigte sozial schutzbedürftiger als ein vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter, wäre es keine gesetzeskonforme Lösung, das Arbeitszeitvolumen des Teilzeitbeschäftigten zu erhöhen und den Vollzeitbeschäftigten zu entlassen. Vielmehr wäre die Änderungskündigung des Vollzeitbeschäftigten die gerechtere Lösung.

Auswahlrichtlinien bei Outplacement

Mit dem wieder eingeführten Abs. 4 des § 1 KSchG wird die gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit der sozialen Auswahl eingeschränkt. Arbeitgeber und Betriebsrat können gemäß § 95 BetrVG Auswahlrichtlinien vereinbaren, in denen die vier Sozialauswahlkriterien im Verhältnis zueinander bewertet werden können. Auch den Tarifparteien steht dieses Regelungsrecht zu. Diese Bewertung kann durch die Gerichte nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

Eine weitergehende Billigkeitskontrolle dieser Auswahlrichtlinie wird ausgeschlossen. Die Tarifparteien wie auch die Betriebspartner können in Punktetabellen die vier im Gesetz genannten Sozialkriterien gewichten und diese Gewichtung in Punkten festlegen. Dabei muss aber ein ausgewogenes Verhältnis unter diesen Grunddaten beachtet werden. Grob fehlerhaft ist die Auswahlrichtlinie, wenn z.B. den Unterhaltspflichten ein höheres Gewicht beigemessen wird, als der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Ebenso wenig dürfen die Unterhaltspflichten wesentlich geringer bewertet werden, als das Lebensalter. Grundsätzlich darf auch das Lebensalter höchstens gleich stark gewichtet werden, wie die Betriebszugehörigkeit, eher geringer. Eine „Grundtabelle“ hat das BAG 1990, allerdings für die damals nur bestehenden drei Grunddaten Betriebszugehörigkeit, Lebensalter und Unterhaltspflichten, wie folgt entwickelt:

Betriebszugehörigkeit
– bis 10 Dienstjahre je Jahr                                                                                 1 Punkt

– ab dem 11. Dienstjahr je Jahr                                                                           2 Punkte

– es werden nur Zeiten der Betriebszugehörigkeit bis

zum vollendeten 55. Lebensjahr berücksichtigt,

also maximal                                                                                                          70 Punkte

Lebensalter

– für jedes vollendete Lebensjahr                                                                       1 Punkt

– maximal möglich                                                                                                 55 Punkte

Unterhaltspflichten

– je unterhaltsberechtigtes Kind                                                                           4 Punkte

– verheiratet                                                                                                            8 Punkte

Diese Punktetabelle müsste nunmehr um das neue Kriterium „Schwerbehinderung“ ergänzt werden. Dies ist allerdings eine schwierige Aufgabe, denn das Gesetz enthält leider keinen praktikablen Hinweis, wie man die Schwerbehinderung in den Abwägungsprozess überhaupt einbeziehen kann, wo doch für Schwerbehinderte der besondere Kündigungsschutz nach §§85 ff. SGB IX besteht.

Stellt sich heraus, dass die in den Auswahlrichtlinien vorgenommene Bewertung der Sozialkriterien grob fehlerhaft war, führt dies nicht zwingend zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG, denn auch unrichtige

Erwägungen können zufällig zu einer zutreffenden sozialen Auswahlentscheidung führen.

Interessenausgleich (Namensliste der zu kündigenden Arbeitnehmer)
Sind in einem Interessenausgleich die von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmer namentlich bezeichnet, so wird nach dem seit 01.2004 wieder eingeführten Abs. 5 des § 1 KSchG vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Diese Vermutung kann vom Arbeitnehmer widerlegt werden. Nicht der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer trägt für das Fehlen der dringenden betrieblichen Gründe die Darlegungs- und Beweislast. Darüber hinaus kann die soziale Auswahl in einem Interessenausgleich – wie bei Auswahlrichtlinien – nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Für die Frage, ob eine für einen Interessenausgleich notwendige Betriebsänderung vorliegt, ist seit der Novellierung des BetrVG im Juli 2001 die Grenze von mehr als 20 Arbeitnehmern nicht mehr auf den Betrieb, sondern auf das Unternehmen zu beziehen. Ob die neue Regelung mit der Benennung von Arbeitnehmern auch für Änderungskündigungen gilt, ist – im Gegensatz zur klaren Regelung in § 125 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung – leider offen.

Umschulung oder Versetzung

Dringende betriebliche Erfordernisse sind nur dann zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung geeignet, wenn auch keine Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens besteht. Die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist damit auf alle Betriebe des Unternehmens, nicht aber auf die Konzernebene bezogen. Ausnahmsweise kann eine Versetzungspflicht innerhalb des Konzerns auf Grund einer besonderen arbeitsvertraglichen Situation in Frage kommen, z. B. wenn der Arbeitnehmer von vornherein für den Konzernbereich eingestellt worden ist, oder wenn sich der Arbeitnehmer mit einer konzernweiten Versetzung einverstanden erklärt hat.

Die Kündigung ist unzulässig, wenn die Weiterbeschäftigung auf einem anderen, freien Arbeitsplatz zu geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordert jedoch auch hier eine Abstufung der personellen Maßnahmen. Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer auch in dieser Situation zunächst nur einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung. Kann ihm der Arbeitgeber einen freien Arbeitsplatz im Wege des Direktionsrechts zuweisen, ist eine Änderungskündigung unzulässig, weil sie rechtlich nicht erforderlich ist. Ist dies aber nicht möglich, kann der Arbeitgeber eine Änderungskündigung in Erwägung ziehen. Dabei können alle Vertragsänderungen in Betracht kommen, die das konkrete betriebliche Bedürfnis erfordern, insbesondere die Versetzung auf einen anderen, u. U. auch geringerwertigen Arbeitsplatz oder das Angebot einer Teilzeitbeschäftigung (Grundsatz des Vorrangs der Änderungskündigung vor einer Beendigungskündigung). Der Arbeitgeber muss klarstellen, dass bei Ablehnung des Änderungsangebots eine Kündigung beabsichtigt ist. Dem Arbeitnehmer ist eine Überlegungsfrist von einer Woche einzuräumen. Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot an, ist der Arbeitsvertrag einverständlich abgeändert und die Kündigung vermieden. Nimmt er das Angebot unter dem Vorbehalt an, die soziale Rechtfertigung dieser Änderung der Arbeitsbedingungen überprüfen zu lassen (§ 2 KSchG), muss der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen. Lehnt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot vorbehaltlos und endgültig ab, kann der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung aussprechen. Damit ist diese Kündigung alleine noch nicht wirksam. Sie ist nur nicht wegen des Vorrangs der Änderungskündigung unwirksam, ansonsten aber unterliegt sie der üblichen Überprüfung auf soziale Rechtfertigung. Die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz trifft den Arbeitgeber auch, wenn sie erst nach zumutbarer Fortbildung oder Umschulung möglich ist. Die Umschulung und Fortbildung bedarf sorgfältiger Interessenabwägung und ist dem Arbeitgeber nur zumutbar, wenn sie angesichts der Dauer der Beschäftigung in vertretbarer Zeit und mit vertretbarem Aufwand (Kosten) möglich ist. Als vertretbare Zeit wird – in Anlehnung an die längstmögliche gesetzliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers gern. § 622 Abs. 2 BGB – eine Umschulungsdauer von sieben Monaten angesehen. Sind entsprechend dem Grundsatz des § 2 SGB III arbeitsförderungsrechtliche Leistungen zu erwarten, kann eine längere Umschulungszeit zumutbar sein.

Nichtersatz von Fluktuation

Eine Personalanpassung i.S. einer Reduzierung der Mitarbeiter kann durch mildere und durch härtere Maßnahmen vorgenommen werden. Welcher Weg einzuschlagen ist, hängt von den betrieblichen Erfordernissen ab. Sie sind entscheidend dafür, wie schnell und in welchem Umfange reduzierende Maßnahmen einzuleiten sind. Zu den milderen Maßnahmen gehört der Einstellungsstopp, der je nach der Altersstruktur eine Abnahme der Belegschaft bewirkt, indem ausscheidende Mitarbeiter nicht ersetzt werden. Innerhalb der Belegschaft sind zu den milderen Maßnahmen diejenigen zu rechnen, die noch nicht zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen, sondern allenfalls zu einer Änderung desselben. Neben Änderungen in örtlicher Hinsicht (Umsetzung bzw. Versetzung oder Arbeitnehmerüberlassung) und in qualitativer Hinsicht (Qualifizierungsmaßnahmen, Umschulung) sind das hauptsächlich folgende Änderungen der Arbeitszeit:

-Abbau von Überstunden,

-Abbau von Schichten,

-Einführung von Kurzarbeit,

-Überlegungen zu einer Arbeitszeitverkürzung.

Im weiteren Sinne werden zu den milderen Maßnahmen auch noch die einvernehmlich vereinbarten Beendigungen des Arbeitsverhältnisses wie Aufhebungsvertrag und Altersteilzeitvertrag gerechnet, wenngleich sie freilich den Verlust des Arbeitsplatzes zur Folge haben.

Nachfolgend werden die vorgenannten Personalanpassungsmaßnahmen näher dargestellt:

Der Einstellungsstopp, also der Nichtersatz ausscheidender Mitarbeiter, ist hauptsächlich in zwei Varianten praktizierbar: Zum einen kann ein absoluter Stopp verfügt werden, bei dem weder Ersatzeinstellungen zum Fluktuationsausgleich noch Neueinstellungen vorgenommen werden. Zum andern kann es sich aber auch um einen eingeschränkten Einstellungsstopp handeln, bei dem nur auf Neueinstellungen verzichtet wird, durch Fluktuation freiwerdende Arbeitsplätze aber wieder besetzt werden. Der Vorteil eines absoluten Stopps liegt darin, dass es keine rechtserheblich betroffene Arbeitnehmer, allenfalls durch höheren Arbeitsanfall „faktisch belastete Arbeitnehmer“ gibt. Es ist aber Sache der Unternehmerentscheidung, auf Dauer künftig auch mit weniger Personal zu arbeiten. Soweit dadurch eine Leistungsverdichtung eintritt, wird sie als Konzept gewollt und in Kauf genommen1. Als Nachteil eines absoluten Einstellungsstopps erweist sich allerdings nicht selten eine Tendenz zur negativen Auslese, weil erfahrungsgemäß jüngere, leistungsstarke Mitarbeiter eher zu einem Stellenwechsel neigen als ältere Mitarbeiter. Dagegen kann ein auf bestimmte Arbeitnehmergruppen

(z.B. Arbeiter/Angestellte) oder auf bestimmte Abteilungen (z. B Vertrieb, Versand) gerichteter Einstellungsstopp solche negativen Auswirkung auf die Belegschaftsstruktur in Grenzen halten.

Auch ein passiver Personalabbau, wie ihn der Einstellungsstopp darstellt gehört zur Personalplanung (Personaldeckungsplanung) und kann Mitwirkungsrechte des Betriebsrats (vgl. §§ 92, 106 BetrVG) auslösen.

Dagegen stellt der Nichtersatz ausgeschiedener Mitarbeiter keine Betriebsänderung i. S. einer Betriebseinschränkung gern. § § 111 ff. BetrVG dar. Der Einstellungsstopp ist „mitbestimmungsfrei“, weil es an einem rechtserheblich aktiven Handeln des Arbeitgebers fehlt.

Der Fluktuation kann von der Firma aus auch dadurch nachgeholfen werden, dass mit bestimmten Mitarbeitern gezielt gesprochen wird, um sie zu einer Eigenkündigung oder zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu bewegen. Das kann bei Arbeitnehmern geboten sein, die trotz Fördermaßnahmen und Ermahnungen leistungsschwach bleiben oder für den Betrieb aus nachweisbaren Gründen nicht mehr tragbar sind. Die Grenze unlauterer Einflussnahme darf freilich dabei nicht überschritten werden. Das „Bedrängen“ eines Mitarbeiters durch Vorgesetzte darf nicht zum Mobbing werden.

Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld

Als mildere Personalanpassungsmaßnahme gilt auch die Einführung von Kurzarbeit. Kurzarbeit liegt vor, wenn der nach dem Arbeitsvertrag als Regel festgelegte Umfang der Arbeitsleistung vorübergehend eingeschränkt wird. Erfasst wird nicht nur eine Verkürzung der täglichen Arbeitszeit, sondern auch die Einlegung einer Freischicht unter endgültigem Ausfall der Arbeitszeit.

Sinn und Zweck der Kurzarbeit ist die vorübergehende wirtschaftliche Entlastung des Betriebs durch Senkung der Personalkosten unter gleichzeitiger Erhaltung der Arbeitsplätze. Es wurde deshalb lange Zeit die Meinung vertreten, dass der Arbeitgeber vor Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen zunächst versuchen müsse, die Arbeitsplätze langfristig zu erhalten. Demgegenüber hält das BAG eine arbeitsgerichtliche Überprüfung, ob die betriebsbedingte Kündigung durch Anordnung von Kurzarbeit hätte vermieden werden können, für nicht möglich5. Auch während eines Kurzarbeitszeitraums kann der Arbeitgeber kündigen. Stellt er fest, dass entgegen seiner früheren Einschätzung doch ein Umstand vorliegt, der zu einem dauerhaften Arbeitsausfall führt, kann er eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen.

Rechtliche Ausgangslage (Mitbestimmung des Betriebsrats)
Kurzarbeit führt zu einer Suspendierung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer wird von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit, verliert aber gleichzeitig seinen Vergütungsanspruch. Dafür erhält er als Ausgleich das sog. Kurzarbeitergeld.

Kurzarbeit kann der Arbeitgeber nicht einseitig einführen. Er braucht dazu eine rechtliche Grundlage, sei es in Form von einschlägigen Tarifvorschriften, einer Betriebsvereinbarung oder einer einzelvertraglichen Vereinbarung. Tarifverträge enthalten meist auch bestimmte Ankündigungsfristen für die Anordnung von Kurzarbeit, die auch jede Betriebsvereinbarung beachten muss. Eine gesetzliche Ermächtigung enthält § 19 KSchG. Liegen die Voraussetzungen einer Massenentlassung i. S. von § 17 KSchG vor und kann der Arbeitgeber die Arbeitnehmer nicht bis zum Ablauf der Sperrfrist des § 18 KSchG voll beschäftigen, kann die Bundesagentur für Arbeit Kurzarbeit zulassen.

Auch wenn sich der Arbeitgeber für die Kurzarbeit auf einen Tarifvertrag oder eine Einzelvereinbarung als Rechtsgrundlage stützen kann, bedarf er in jedem Falle der Mitbestimmung des Betriebsrats gern. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Dem Betriebsrat steht nach dieser Vorschrift sogar ein Initiativrecht zu, d. h. er kann von sich aus die Einführung von Kurzarbeit anregen und gegebenenfalls eine Entscheidung der Einigungsstelle darüber herbeiführen7. Kein Mitbestimmungsrecht hat der Betriebsrat beim Abbau von Kurzarbeit zur Wiederherstellung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Im betriebsratslosen Betrieb kann die Kurzarbeit ohne weiteres eingeführt werden, wobei es allerdings auch hier der einzelvertraglichen Umsetzung (Änderungsvereinbarung, Änderungskündigung) bedarf8. Dies kann auch dergestalt geschehen, dass die Arbeitnehmer entsprechend der Weisung des Arbeitgeber tatsächlich Kurzarbeit leisten (konkludentes Handeln).

Kurzarbeitergeld (Bemessung, Bezugsdauer)

Das Kurzarbeitergeld (KUG) ist in §169 ff. SGB III geregelt. Danach haben Arbeitnehmer Anspruch auf KUG, wenn

-ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,

-die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,

-die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und

-der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.

Ein erheblicher Arbeitsausfall ist gegeben, wenn

(1)er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht,

(2)er vorübergehend ist,

(3)er nicht vermeidbar ist und

(4)im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoarbeitsentgelts betroffen ist. Auszubildende sind dabei nicht mitzuzählen.

An die Vermeidbarkeit des Ausfalls werden erhebliche Anforderungen gestellt. Der Arbeitgeber muss alle zumutbaren Vorkehrungen wie Arbeit auf Lager, Rohstoffbeschaffung, betriebliche Umsetzungen, Urlaubsgewährung etc. getroffen haben, um den Arbeitsausfall zu vermeiden. Der Zahlung von Kurzarbeitergeld steht es entgegen, wenn der Arbeitsausfall überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt ist oder ausschließlich auf betriebsorganisatorischen Gründen beruht. Dasselbe gilt im Falle noch nicht gewährten Urlaubs. Der Arbeitsausfall gilt außerdem als vermeidbar, wenn im Betrieb rechtlich zulässige Arbeitszeitschwankungen entsprechend der unterschiedlichen Kapazitätsauslastung nicht vorgenommen wurden (§170 Abs.4 SGB III). Die Arbeitnehmer sind in den im Gesetz genannten Fällen allerdings nicht zur Auflösung ihres Arbeitszeitguthabens verpflichtet. Kurzarbeitergeld wird in Betrieben ohne Rücksicht auf Größe und Rechtsform gewährt, wobei auch eine Betriebsabteilung als Betrieb gilt (§ 171 Satz 2 SGB III). Es ist also ausreichend, dass ein erheblicher Arbeitsausfall nur in einer Betriebsabteilung gegeben ist. Neben diesen betrieblichen Voraussetzungen müssen auch die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sein (vgl. § 172 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). KUG wird nicht gewährt an Arbeitnehmer, die nicht arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt sind, wie z. B. 65-jährige Arbeitnehmer, geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer oder Arbeitnehmer, die während einer beruflichen Weiterbildung Unterhaltsgeld oder Übergangsgeld beziehen. Seit 01.2004 haben Arbeitnehmer nach § 216b Abs. 1 SGB III Anspruch auf Transfer-Kurzarbeitergeld bei betrieblichen Restrukturierungen, sofern sie von einem dauerhaften und unvermeidbaren Arbeitsausfall betroffen sind.

Die Bezugsdauer für Kurzarbeitergeld beträgt sechs Monate (Regelbezugsfrist). Es wird frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist (materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung). Die Regelbezugsfrist kann durch Verordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit wie folgt verlängert werden: In der Zeit vom 01.2004 bis 06.2005 auf 15 Monate, in der Zeit vom

07.2005         bis 06.2006 auf zwölf Monate (VO des BMA v. 12.2003). Es bemisst sich nach dem Unterschiedsbetrag (sog. Nettoentgeltdifferenz) zwischen

(1)dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Sollentgelt (= Bruttoarbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall und vermindert um das Entgelt für Mehrarbeit im Kalendermonat erzielt hätte)

und

(2)dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Istentgelt (= Bruttoarbeitsentgelt einschl. Entgelt für Mehrarbeit und zuzüglich sonstiger Entgeltanteile, das der Arbeitnehmer tatsächlich erzielt hat (§ 178 SGB III).

Kostensenkung durch Arbeitszeitverlängerung

Anstelle einer Arbeitszeitverkürzung wird in Deutschland in der letzten Zeit in nahezu allen Branchen verstärkt über eine Verlängerung der Arbeitszeit nachgedacht und diskutiert. Immer mehr Firmen setzen auf eine Arbeitszeitverlängerung als Mittel zur Kostensenkung, um so einen drohenden Personalabbau zu verhindern bzw. zu beschränken. Gefordert wird eine Arbeitszeitverlängerung auf 40 Wochenstunden und diese möglichst ohne Lohnausgleich, zumindest ohne Gewährung von Überstundenzuschlägen. Häufig sollen diese „Mehrstunden“ den Arbeitnehmern nicht sofort ausgezahlt werden, sondern auf ein Zeitkonto gutgeschrieben werden. Sie sollen zu einem späteren Zeitpunkt vergütet werden, wenn das Unternehmen wieder in die Gewinnzone kommt.

Rückkehr zur 40-Stunden-Woche (aktuelle Vorgänge)
Nach einer neuen Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) im August 2004 stieg die Zahl der Unternehmen, die Auslandsinvestitionen planen, von 38 % im Jahre 2003 auf 43 % im Jahre 2004. Als Gründe für ihre Verlagerungsabsichten nannten die Firmen die zu hohen Standortkosten und den zu unflexiblen Arbeitsmarkt in Deutschland. Häufig wurden als Investitionsziele die der EU beigetretenen Länder aus Mittel-und Osteuropa mit ihren um ein Fünftel geringeren Lohnkosten genannt.

Das war auch der Beweggrund für den Abschluss eines Ergänzungstarifvertrags zwischen der IG Metall und dem Siemens-Konzern, der gedroht hatte, 5.000 Arbeitsplätze nach Ungarn zu verlagern oder abzubauen, wenn die Arbeitskosten nicht gesenkt würden. Der Mitte des Jahres zustandegekommene Tarifabschluss sieht vor, dass für ca. 4.000 Mitarbeiter neben dem Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld die Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich verlängert wird. Damit konnte eine Senkung der Arbeitskosten um rund 30 % erreicht werden.

Auch bei DaimlerChrysler kam es Ende Juli 2004 zwischen Betriebsrat und Vorstand vor dem Hintergrund einer „inländischen“ Verlagerungsabsicht von Süddeutschland nach Norddeutschland zum Abschluss eines Sparprogramms, das mit Billigung der Gewerkschaft in allen Forschungs-, Entwicklungs- und Planungsbereichen des Konzerns die Einführung der 40-Stunden-Woche zwar bezahlt, aber ohne Überstundenzuschläge neben anderen Kostensenkungsmaßnahmen vorsieht.

Beide Vorgänge dürften Signalcharakter haben und weitere Regelungen nach sich ziehen, mit denen tarifgebundene Unternehmen im Einvernehmen mit ihren Betriebsräten zur Vermeidung von Personalreduzierungen dem Flächentarifvertrag betriebliche Differenzierungen und Öffnungen abverlangen.

Widerrufsrecht des Aufhebungsvertrags

Der Aufhebungsvertrag kann nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen angefochten werden (§§ 119,123 ff. BGB). Die Irrtumsanfechtung spielt allerdings eine untergeordnete Rolle. So kommt eine Anfechtung wegen Irrtums nicht in Betracht, wenn werdende bzw. junge Mütter oder Schwerbehinderte von der Schwangerschaft bzw. von der Behinderung nichts wussten bzw. sich über die schutzrechtlichen Folgen irrten17. Inwieweit der bloße Zeitdruck (Überrumpelung) eine Anfechtung des Aufhebungsvertrages rechtfertigt, hat das BAG bislang offen gelassen.

Häufig versuchen Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag mit der Begründung anzufechten, sie hätten ihm nur unter Drohung des Arbeitgebers mit einer Kündigung zugestimmt. Die Rechtsprechung differenziert: Hat der Arbeitgeber mit fristloser Kündigung gedroht und kommt es zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags, gilt diese Drohung mit der Folge einer Anfechtung nur dann nicht als widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung ernsthaft in Erwägung gezogen hätte. Nicht erforderlich ist, dass tatsächlich ein wichtiger Grund i. S. von § 626 BGB Vorgelegen hat bzw. dass die angekündigte Kündigung, wenn sie ausgesprochen worden wäre, sich in einem Kündigungsschutzprozess als rechtsbeständig erwiesen hätte. Auch der durch Drohung des Arbeitgebers mit einer Strafanzeige zustandegekommene Aufhebungsvertrag kann dann nicht angefochten werden, wenn die Straftat konkret das Arbeitsverhältnis berührt hat und die Anzeige in Erwägung gezogen werden konnte21 22. Besteht das Arbeitsverhältnis infolge der Anfechtung des Aufhebungsvertrags fort, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen. Bereits erbrachte Leistungen, wie z. B. eine gezahlte Abfindung, sind vom Arbeitnehmer zurückzugewähren.

Der Aufhebungsvertrag kann vom Arbeitnehmer nicht nach Haustürwiderrufsrecht widerrufen werden. Ein im Betrieb abgeschlossener Aufhebungsvertrag ist kein Haustürgeschäft i.S. des §312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB n.F.2 . Damit verneint das BAG ein unbefristetes gesetzliches Widerrufsrecht des Arbeitnehmers. Es widerspreche aus mehreren Gründen der Gesetzessystematik, §312 BGB n. F. auf Aufhebungsverträge anzuwenden. Diese Vorschrift soll allein gegen Überrumpelung, d.h. vor überraschender Situation auf Grund des Verhandlungsorts (u.a. auch „Arbeitsplatz“) schützen. Aufhebungsverträge werden aber üblicherweise im Personalbüro abgeschlossen. Selbst wenn man aber das Personalbüro noch als „Arbeitsplatz“ i. S. des Gesetzes ansehen sollte, müssten erst die Umstände des Einzelfalls ergeben, ob ein besonderes Überraschungsmoment für den Arbeitnehmer vorlag. Dies wird vom BAG zu Recht verneint.

Umstritten bleibt dagegen die Frage, ob Aufhebungsverträge den Grundsätzen der Inhaltskontrolle für allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen, was in erster Linie davon abhängt, ob man die Verbrauchereigenschaft des Arbeitnehmers bejaht. Noch steht eine höchstrichterliche Entscheidung dazu aus. Neben dem Problem einer grundsätzlichen Anwendung von AGB-Kontrollrecht auf Aufhebungsverträge, stellt sich als weitere Frage, welcher Prüfungsmaßstab für die Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung (§307 Abs. 1, 2 BGB) anzulegen ist. Hier wird es auf die Situation bei Vertragsabschluss ankommen und darauf, ob der Arbeitgeber eine ihm obliegende Aufklärungspflicht verletzt hat. Nach bisheriger Rechtsprechung berührt die Verletzung der Aufklärungspflicht durch den Arbeitgeber die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrags nicht, kann aber zu Schadensersatzensprüchen des Arbeitnehmers führen. Ob damit aber gleichzeitig der Tatbestand einer unangemessenen Benachteiligung i. S. des Gesetzes erfüllt ist, dürfte eher zu verneinen sein. Vieles wird noch der abschließenden Klärung durch die Rechtsprechung bedürfen.

Bedingte Aufhebungsverträge gelten nach bisheriger Rechtsprechung wegen der Gefahr einer Umgehung des Kündigungsschutzes als unwirksam. Allenfalls können aufschiebend bedingte Aufhebungsverträge unter den gleichen Bedingungen wie auflösend bedingte Arbeitsverträge wirksam sein. Es muss ihnen ein von der Rechtsordnung anerkannter sachlicher Grund zu Grunde liegen. Sie dürfen den Kündigungsschutz nicht unterlaufen. Als rechtsunwirksam wurden Aufhebungsverträge von der Rechtsprechung in folgenden Fällen angesehen:

Beispiele:
(1)Aufhebungsvertrag unter der Bedingung, nicht rechtzeitig aus dem Urlaub zurückzukehren.
(2)Aufhebungsvertrag mit Wirkung zum Urlaubsende mit der gleichzeitigen Wiedereinstellungszusage, falls Arbeitnehmer pünktlich aus dem Urlaub zurückkehrt.
(3)Aufhebungsvertrag mit einem alkoholgefährdeten bzw. häufig erkrankten Arbeitnehmer unter der Bedingung, dass er weiterhin Alkohol konsumiert bzw. mehr als 20 krankheitsbedingte Fehltage im Jahr erreicht.
(4)Aufhebungsvertrag, wonach ein Berufsausbildungsverhältnis endet, wenn in bestimmten Fächern mit „mangelhaft“ abgeschlossen wird.

Dagegen soll nach der Rechtsprechung wirksam sein
-die Verpflichtung des Arbeitgebers in einem Aufhebungsvertrag, einem ausländischen Mitarbeiter bei dessen endgültiger Rückkehr in die Heimat eine Abfindung zu zahlen,
-in einem Aufhebungsvertrag die Auflösung des Arbeitsverhältnisses für den Fall, dass der Arbeitnehmer für die vereinbarte Arbeitsleistung nach dem amtsärztlichen Zeugnis untauglich ist.

Berechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld – erfahren Sie mehr

Berechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld – erfahren Sie mehr
Mit der Ruhensregelung des § 143 a SGB III durch das Entlassungs-Entschädigungs-Änderungsgesetz (EEÄndG) vom 03.1999 wurde im Wesentlichen der bis 1997 geltende Rechtszustand (vgl. früheres Arbeitsförderungsgesetz, § 117 AFG) wiederhergestellt. Diese Regelung geht von der Überlegung aus, dass Abfindungen auch Arbeitsentgeltansprüche abdecken, soweit der Zeitraum vor Ablauf der Kündigungsfrist des Arbeitgebers betroffen ist. Deshalb führt die Zahlung einer Abfindung (Entschädigung oder ähnliche Leistung, Entlassungsentschädigung) zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, wenn die für den Arbeitgeber geltende ordentliche Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde. Dasselbe gilt für die Nichteinhaltung der im Gesetz aufgeführten fiktiven Kündigungsfristen (§ 143 a Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB III), nämlich

-von 18 Monaten bei dauernder Unkündbarkeit (z. B. Tarifverträge über Alterssicherung mit Ausschluss ordentlicher Kündigung ab bestimmtem Alter),

und

-der an sich geltenden ordentlichen Kündigungsfrist für den Arbeitgeber bei zeitlich begrenztem Ausschluss der Kündbarkeit (z.B. Betriebsräte, Schwangere).

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht längstens ein Jahr bzw. bis zu dem Zeitpunkt, an dem 60 % der Abfindung bei Weiterzahlung des Gehalts erreicht wären. Die Entlassungsentschädigung wird also nicht voll, sondern nur anteilig

nach dem am Ende des Arbeitsverhältnisses erreichten Lebensalter und nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit angerechnet. Der Anteil beträgt mindestens 25 % und höchstens 60 % des Bruttobetrags.

Berechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld

Der Ruhenszeitraum beginnt am Kalendertag nach dem letzten Tag des Arbeitsverhältnisses. Maßgebend ist sein rechtliches Ende, wie es sich aus der Kündigung, dem Aufhebungsvertrag oder einem nachfolgenden Urteil oder Vergleich ergibt.

Der Ruhenszeitraum endet spätestens an dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis geendet hätte, wenn es unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden wäre.

Durch das Ruhen des Anspruchs wird – anders als bei der Sperrzeit – die Anspruchsdauer nicht gekürzt. Der Beginn der Zahlung des Arbeitslosengelds wird nur hinausgeschoben. Der Ruhenszeitraum läuft auch während einer Zeit, in der der Leistungsanspruch wegen einer Sperrzeit entfällt. Insgesamt wird allerdings die mögliche Bezugsdauer des Anspruchs um die Sperrzeit vermindert.

Die Ruhensregelung des § 143 a SGB III kommt auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen zur Anwendung, wenn es zu einer vorzeitigen Beendigung kommt. Ein Ruhen ist dann längstens bis zu dem Zeitpunkt vorgesehen, in dem das Arbeitsverhältnis wegen der Befristung geendet hätte. Solange der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht, werden keine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung entrichtet.

Beispiele:
(1) Arbeitgeber A und Arbeitnehmer B schließen am 15.04. einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis am 30.04. endet. Entsprechend der für den Arbeitgeber zu beachtenden ordentlichen Kündigungsfrist hätte es erst zum 30.6. beendet werden können. B erhält vom Arbeitgeber eine Abfindung von 5.000,- €. B war am Ende des Arbeitsverhältnisses 47 Jahre alt und 12 Jahre in dem Betrieb des A beschäftigt. Sein monatliches Arbeitsentgelt betrug zuletzt 1.500,- €. Nach der Tabelle sind von der Abfindung nur 40 % zu berücksichtigen. Das Monatsentgelt von B entspricht einem kalendertäglichen Entgelt von 50 €. Der Anspruch ruht (2.000:50 = 40) für 40 Kalendertage.

(2)Arbeitgeber C und Arbeitnehmer D schließen am 15.02. einen Aufhebungsvertrag zum 31.03. Eine ordentliche Kündigung war nach dem Tarifvertrag zur Alterssicherung nicht mehr zulässig. Das Arbeitsverhältnis hätte am 15.02. unter Einhaltung der fiktiven Kündigungsfrist von 18 Monaten erst zum 15.08. des folgenden Jahres beendet werden können.

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht längstens vom 1.04. bis 31.03. des nächsten Jahres.

(3)Arbeitgeber E kündigt dem Arbeitnehmer F am 15.02. zum 31.03. wegen Betriebseinschränkung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist. F erhält eine Abfindung von 15.000 €. F ist Mitglied des Betriebsrats, seine Kündigung ist während seiner Zugehörigkeit zum Betriebsrat unzulässig (§ 15 KSchG). Er hat jedoch im Hinblick auf die Betriebseinschränkung und die zugesagte Abfindung keine Kündigungsschutzklage erhoben. Als (fiktive) Frist, die der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entspricht, gilt somit die Frist, die der Arbeitgeber einzuhalten hätte, wenn F nicht Mitglied des Betriebsrats wäre. Diese Frist hat der Arbeitgeber eingehalten.

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nicht.
(4)In einem Aufhebungsvertrag vereinbaren Arbeitgeber G und Arbeitnehmer H (51 Jahre alt, 13 Jahre Betriebszugehörigkeit, Monatsverdienst 3.000,-€) am 20.02., dass das Arbeitsverhältnis am 30.04. enden und H eine Abfindung von 22.000 € erhalten soll. Die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers hätte fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats betragen.

Berechnungsweise:

a)Anzurechnender Teil lt. Tabelle                                                           35%

b)Anrechenbare Summe somit                                                                7.700€

c)Kalendertägliches Entgelt (3.000: 100)                                              100€

d)Ruhenszeitraum (7.700:100 = 77)                                                       77 Kalendertage

Ergebnis: Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht längstens für 77 Kalendertage, also bis zum 16.7.

Befreiung von der Erstattungspflicht und Personalabbau

Zu unterscheiden sind die von Amts wegen zu ermittelnden Ausnahmen von der Erstattungspflicht (§ 147 a Abs. 1 Satz 1 SGB III) und die auf Nachweis des Arbeitgebers u.U. zur Anwendung kommenden Befreiungstatbestände (§ 147a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 SGB III). Zur ersteren Fallgruppe gehören als Voraussetzung einer Befreiung neben dem vollendeten 55. Lebensjahr bzw. einer Vorbeschäftigungszeit von nicht weniger als zehn Jahren innerhalb der letzten zwölf Jahre die sog. alternativen Sozialleistungen (Kranken-, Verletzten- und Übergangsgeld sowie Renten wegen Alters bzw. wegen verminderter Erwerbsfähigkeit). Insbesondere die vorgezogene Altersrente ab vollendetem 60. oder 63. Lebensjahr können die Erstattungspflicht ausschließen. Dabei kommt es bei allen vorgenannten Sozialleistungen nur auf den Anspruch an; unerheblich ist, ob der Arbeitnehmer/Arbeitslose die Sozialleistung tatsächlich bezieht oder beantragt hat.

Zu den Befreiungstatbeständen durch Nachweis des Arbeitgebers gehören:

(1)Der Arbeitslose hat innerhalb der letzten zwölf Jahre vor der Arbeitslosigkeit weniger als zehn Jahre zum Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis gestanden.

(2)Der Arbeitgeber beschäftigt nicht mehr als 20 Arbeitnehmer, ausgenommen Auszubildende, Schwerbehinderte und Teilzeitkräfte bis zehn Stunden wöchentlich (TZ-Kräfte bis 20 Wochenstunden werden mit 0,5, solche bis 30 Wochenstunden mit 0,75 berücksichtigt).

(3)Eigenkündigung des Arbeitnehmers, ohne dass er eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen hat.

Ein Aufhebungsvertrag steht der Kündigung durch den Arbeitnehmer nicht gleich, befreit also nicht von der Erstattungspflicht!

(4)Arbeitgeberkündigung, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Das Arbeitsverhältnis muss tatsächlich durch eine solche Kündigung geendet haben. Auch hier genügt die einvernehmliche Beendigung (Aufhebungsvertrag) nicht!

Auch beim neuen § 1 a KSchG (Angebot einer Kündigung nach zuvor erklärter betriebsbedingter Kündigung) muss die Agentur für Arbeit prüfen, ob tatsächlich eine sozial gerechtfertigte Arbeitgeberkündigung vorlag. Sie ist an eine rechtskräftige Entscheidung des Arbeitsgerichts gebunden.

(5)Fristlose Arbeitgeberkündigung, auch mit sozialer Auslauffrist.

Personalabbau als Befreiungstatbestand
Das Gesetz unterscheidet den drastischen Personalabbau, bei dem der Arbeitgeber kurzfristig den Personalbestand um mindestens 20 % verringert und dieser Abbau für den örtlichen Arbeitsmarkt von erheblicher Bedeutung ist. Hier tritt selbst bei einer Entlassung von ausschließlich älteren Arbeitnehmern die Erstattungspflicht nicht ein.

Der Personalabbau innerhalb eines Jahres, den das Gesetz als weiteren Befreiungstatbestand aufführt (§ 147a Abs. 1 Nr. 6 SGB III), differenziert danach, ob

-ein Beschäftigtenabbau von mehr als 3% vorgenommen wird oder

-ein solcher von mindestens 10% erfolgt.

Im ersteren Falle hängt die Befreiung von der Erstattungspflicht davon ab, dass nicht mehr 55-jährige und ältere Arbeitnehmer ausscheiden, als es ihrem Anteil an der Gesamtbelegschaft entspricht. Im letzteren Fall darf der Anteil der älteren Arbeitnehmer doppelt so hoch sein. Das nachfolgende Beispiel soll verdeutlichen, wie in beiden Fallgruppen der jeweilige Höchststand der ausscheidenden älteren Arbeitnehmer ohne Erstattungspflicht zu errechnen ist.

In diesem Beispiel tritt Erstattungspflicht nicht ein, wenn unter den 65 ausscheidenden Arbeitnehmern sich nicht mehr als acht Arbeitnehmer befinden, die zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens 55 Jahre und älter sind.

Wären in dem Beispiel nicht 65, sondern 115 Personalaustritte (Personalminderung mithin 98 Arbeitnehmer) zu verzeichnen, würde der Prozentsatz der Personalminderung 10,459 (98 : 937 X 100) betragen. Der Höchstanteil der ausscheidenden älteren Arbeitnehmer würde sich wegen Überschreiten der 10- Prozent-Grenze verdoppeln. Mithin könnten von den 115 ausscheidenden Arbeitnehmern 28 ältere Arbeitnehmer (115 X 12,060 X 2 : 100 = 27,738 = aufgerundet 28 Arbeitnehmer) sein.

Der Arbeitgeber darf alle Personalminderungen innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr (nicht Kalenderjahr!) berücksichtigen, wobei er die ihm günstigste Lage dieses Beurteilungszeitraums von einem Jahr wählen kann.

Kleinunternehmen werden von der Erstattungsregelung nicht bzw. nicht voll erfasst:

Beschäftigtenzahl                                                              Erstattungsquote

bis 20                                                                                   keine Erstattungspflicht

21-40                                                                                    ein Drittel

41-60                                                                                    zwei Drittel

über 60                                                                                 volle Erstattungspflicht

In die Beschäftigtenzahl sind Auszubildende, Schwerbehinderte und Teilzeitbeschäftigte mit einer Wochenarbeitszeit nicht über 10 Stunden nicht einzubeziehen. Die Erstattungsquote richtet sich nach der niedrigsten Grenzzahl (20, 40, 60), die in mindestens acht Monaten nicht überschritten wird.

Verfahrensregeln (Vorausentscheidung der Agentur für Arbeit)
Die Erstattungsleistungen hat der Arbeitgeber jeweils nachträglich für die zurückliegenden drei Monate zu leisten. Darüber erhält er einen Erstattungsbescheid. Zuvor muss er angehört werden.

Auf Antrag kann der Arbeitgeber in den beiden Befreiungstatbeständen „Personalabbau“ (§ 147a Abs. 1 Nr. 6 und 7 SGB III) von der Agentur für Arbeit eine Vorausentscheidung verlangen, die für die Beteiligten bindend ist. Damit kann sich der Arbeitgeber wenigstens insoweit Planungssicherheit verschaffen.

Voraussetzungen der Altersteilzeit – ab Jul 2004

Durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt („Hartz III“) sind mit Wirkung ab 07.2004 folgende Neuregelungen in Kraft getreten:

-die Einführung eines neuen Entgeltbegriffs, des sog. Regelarbeitsentgelts,

-der Wegfall der Vorschriften zu den Mindestnettobezügen,

-Einschränkungen der Erstattungsleistungen der Bundesagentur für Arbeit sowie

-eine Verschärfung der Insolvenzsicherungspflicht.

Diese Neuerungen gelten für Arbeitnehmer, die – unabhängig vom Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitvertrags – ihre Altersteilzeit nach dem 07.2004 an- treten. Bei Eintritt davor bleibt es beim bisherigen Recht. Dafür könnte noch auf die 3. Auflage dieser Broschüre zurückgegriffen werden.

Im Folgenden werden die wichtigsten Voraussetzungen und Grundbegriffe der Altersteilzeit nach heutiger Rechtslage kurz dargestellt.

Altersteilzeitvereinbarung
Die Altersteilzeit ist vor ihrem Beginn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzelvertraglich zu vereinbaren. Als befristeter Vertrag bedarf die Vereinbarung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 14 Abs.4 TzBfG). Der Arbeitnehmer kann frei entscheiden, ob er Altersteilzeit leisten, oder seine Beschäftigung weiterhin im bisherigen Umfang ausüben will. Er kann weder durch das Gesetz noch durch eine tarifliche Regelung zur Altersteilzeit verpflichtet werden. Für den Arbeitgeber dagegen kann sich aus einem Tarifvertrag eine solche Verpflichtung, meistens mit einer Quotelung, ergeben, die die Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen fördern soll. Der Altersteilzeitvertrag ist so abzufassen, dass die Altersteilzeit zu dem Zeitpunkt reicht, zu dem der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Rente wegen Alters hat. Liegt das vereinbarte Ende der Altersteilzeit vor dem Erreichen des frühestmöglichen Rentenalters, liegt keine Altersteilzeit im gesetzlichen Sinne vor. Nicht erforderlich ist, dass die Rente tatsächlich bezogen wird. Entscheidend ist die Möglichkeit eines Rentenbezugs, wobei auch eine geminderte Rentenzugangsmöglichkeit mit Abschlägen ausreicht. Die Frage des frühestmöglichen Rentenzugangs sollte vor Vertragsabschluss durch eine Rentenauskunft des Rentenversicherungsträgers geklärt werden. Im Übrigen kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, dass er mit ihm die Möglichkeiten der Altersteilzeit erörtert (vgl. § 42 Abs. 3 SGB VI).

Altersrente nach Altersteilzeitarbeit
Nach 2-jähriger Altersteilzeitarbeit war bisher mit Vollendung des 60. Lebensjahres ein vorgezogener Renteneintritt möglich. Ab 1.1.2006 wird der Rentenzugang für männliche Arbeitnehmer vom 60. auf das 63.Lebensjahr angehoben44. Dadurch verschiebt sich auch der Zugang zur Altersteilzeit. Am 31.12.2008 wird die vollständige Verschiebung auf das 63. Lebensjahr erreicht sein. Das bedeutet, dass die 2-jährige Mindestaltersteilzeit mit männlichen Arbeitnehmern ab 1.1.2009 erst mit Vollendung des 61. Lebensjahres beginnt. Für vor dem 1.1.2004 abgeschlossene Altersteilzeitverträge bleibt es noch bei der bisherigen Regelung des Rentenzugangs mit 60, wenn die betreffenden Arbeitnehmer vor dem 1.Januar 1952 geboren sind (Vertrauensschutz). Für Frauen und Schwerbehinderte bleibt es beim vorzeitigen Renteneintritt mit vollendetem 60. Lebensjahr, wenn die Altersteilzeit bis zu diesem Zeitpunkt andauert.

Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit um die Hälfte
Für die Reduzierung der Arbeitszeit um die Hälfte ist die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der letzten 24 Monate entscheidend. Bis Ende 1999 musste eine Verminderung der Arbeitszeit auf die Hälfte der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit vorgenommen werden (z. B. bei der 35-Stunden-Woche 17,5 Stunden pro Woche). Jetzt ist allein die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit maßgeblich (z. B. bei 40 Stunden pro Woche 20 Wochenstunden). Um zu erreichen, dass von einer betrieblich umsetzbaren Arbeitszeit ausgegangen werden kann, ist es zulässig, dass der errechnete Durchschnittswert auf die nächste volle Stunde nach unten oder nach oben gerundet wird.

Beispiel:
Beginn der Altersteilzeit     08.2004

Vereinbarte Arbeitszeit am 07.2004        35 Std. wöchentlich

Vereinbarte Arbeitszeit

a) vom 1.8.2002 bis 31.12.2005

(5 Monate)                                                    30 Std. wöchentlich

b) vom 1.1.2003 bis 307.2004

(19 Monate)                                                 35 Std. wöchentlich

Vereinbarte Arbeitszeit im Durchschnitt der letzten

24 Monate (5 x 30 + 19 x 35): 24 =           33,958 Std. wöchentlich

Obwohl die unmittelbar vor dem Übergang in die Altersteilzeit vereinbarte Arbeitszeit 35 Std. wöchentlich betragen hat, können als bisherige Arbeitszeit nur 33,958 Std. wöchentlich zu Grunde gelegt werden (Durchschnitt der letzten 24 Monate). Die ermittelte durchschnittliche Arbeitszeit kann auf die nächste volle Stunde gerundet werden; in diesem Beispielsfall kann die bisherige Arbeitszeit 33 oder 34 Std. wöchentlich betragen.

Auch nach der Reduzierung der Arbeitszeit muss der Arbeitnehmer mehr als geringfügig (arbeitslosenversicherungspflichtig) beschäftigt bleiben. Mehr als geringfügig ist eine Beschäftigung, wenn das aus dieser Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt mehr als 400 € monatlich beträgt (§ 8 SGB IV).

Nutzung von Wertguthaben
Unter dem Begriff Wertguthaben sind alle Guthaben zu verstehen, die im Rahmen vertraglich vereinbarter flexibler Arbeitszeitregelungen erzielt werden (Zeitguthaben, Geldguthaben). Zeitguthaben aus Langzeitkonten können grundsätzlich zur Reduzierung der Arbeit in der Arbeitsphase oder zu ihrer Verkürzung verwendet werden. Voraussetzung ist, dass vor Beginn der Altersteilzeit

-die Vereinbarung über die Bildung eines derartigen Wertguthabens getroffen wird und

-dieses Wertguthaben angesammelt ist.

Zur neuen Insolvenzsicherungspflicht für Arbeitszeitguthaben im Blockmodell.

Regeiarbeitsentgelt
Bemessungsgrundlage für die – später erörterten Aufstockungsbeträge – ist nur noch das Regelarbeitsentgelt. Anders als früher, d.h. bis zum 07.2004, zählt hierzu nicht mehr das gesamte halbierte Arbeitsentgelt einschließlich Sonder-und Einmalzahlungen, sondern das auf einen Monat entfallende, regelmäßig zu zahlende sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt, soweit es die Beitragsbemessungsgrenze des SGB nicht überschreitet. Zum Regelarbeitsentgelt können

-neben dem laufenden Arbeitsentgelt – u.a. gehören

-vermögenswirksame Leistungen

-Prämien und Zulagen (z. B. Leistungszulagen, Erschwerniszulagen)

-Zuschläge für Sonntags-, Leiertags- und Nachtarbeit und

-Sachbezüge und sonstige geldwerte Vorteile (Dienstwagen, Kantinenessen u. a.)

Kein Regelarbeitsentgelt sind die Mehrarbeitsvergütung (einschließlich Zuschläge) und Einmalzahlungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder Jubiläumsprämie, da sie nicht regelmäßig jeden Monat gezahlt werden.

Aufstockungsbeträge
Das Altersteilzeitgesetz verlangt vom Arbeitgeber die Aufstockung des Bruttoarbeitsentgelts um 20% (Pflichtaufstockung). Die Aufstockungsverpflichtung auf mindestens 70 % des bisherigen Nettoeinkommens entfällt dagegen ersatzlos; sie gilt nur noch für Arbeitnehmer, die Altersteilzeit bis zum 30.6.2004 angetreten hatten. Der Arbeitgeber bleibt berechtigt, weiterhin Aufstockungsleistungen auch für Sonder- und Einmalzahlungen zu erbringen (freiwillige Aufstockung). Auch diese Aufstockungen bleiben Steuer- und sozialversicherungsfrei (S 3 Nr. 1 a AtG).

Die Steuerfreiheit ist auch gegeben, wenn der Anspruch des Arbeitgebers auf die Erstattungsleistungen erlischt, ruht oder nicht besteht, weil der freigemachte Arbeitsplatz nicht wieder besetzt wird. Allerdings unterliegen die Aufstockungsbeträge dem Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG). D.h., sie sind in der Einkommenssteuererklärung anzugeben. Dadurch können sich steuerliche Mehrbelastungen für den Arbeitnehmer ergeben, weil die Aufstockungsbeträge zwar steuerfrei bleiben, das übrige steuerpflichtige Einkommen aber mit dem Steuersatz besteuert wird, der sich ergäbe, wenn diese Beträge der Steuerpflicht unterliegen würden.

Beispiel:

Monatlich laufender Lohn                                                                                    2.250€

Beitragspflichtige Zulagen, die zwar monatlich,

aber in unterschiedlicher Höhe anfallen                                                            320 €

jährliches Urlaubsgeld                                                                                         1.130€

einmalige Jubiläumsprämie                                                                                1.500 €

Mehrarbeitsvergütung                                                                                           180 €

Der gesetzliche Aufstockungsbetrag berechnet sich wie folgt:

20 % von 2.570 € =                                                                                               514 €

Das Regelarbeitsentgelt beträgt 2.570 € (2.250 + 320). Die drei zuletzt aufgeführten Leistungen (Urlaubsgeld, Jubiläumszulage und Mehrarbeitsvergütung) sind keine monatlich regelmäßig gezahlten Beträge.

Der Arbeitgeber muss darüber hinaus auch zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen. Diese errechnen sich aus 80 % des Regelarbeitsentgelts. Die Bemessungsgrundlage ist jedoch auf maximal 90 % des Unterschiedsbetrags der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (2004: 5.150 € in den alten Bundesländern) und dem Regelarbeitsentgelt begrenzt. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt ist nicht zu berücksichtigen.

Beispiele:

90 % der Beitragsbemessungsgrenze

(2004: West 5.150 €, 2005: 5.200 €)                                                                  4.635,- €

Regelarbeitsentgelt                                                                                               1.500€

Differenzbetrag/Höchstbetrag                                                                             3.135€

80 % des Regelarbeitsentgelts                                                                           1.200€

Zusätzlicher Beitrag zur Rentenversicherung 19,5%

aus 1.200€                                                                                                              234€

90% der Beitragsbemessungsgrenze (2004: West 5.150€)                           4.635€

Regelarbeitsentgelt                                                                                               2.750€

Differenzbetrag/Höchstbetrag                                                                             1.885€

80% des Regelarbeitsentgelts                                                                            2.200€

Zusätzlicher Beitrag zur Rentenversicherung 19,5% aus

1.885€                                                                                                                     367,58€

Wie die vorgenannten Beispiele deutlich zeigen, erwachsen dem Arbeitgeber erhebliche Mehrbelastungen, sowohl aus dem Entgeltaufstockungsbetrag, als auch aus dem Aufstockungsbetrag Rentenversicherung, wodurch die eingangs getroffene Feststellung einer kostspieligen Frühverrentungsform bestätigt wird.