Warren Buffett – Unternehmensgeschichte

Berkshire Hathaway, heute eines der finanzstärksten Unternehmen der Welt, hat seine Wurzeln im 19. Jahrhundert in den Baumwollspinnereien von Massachusetts. Die Firmen Berkshire und Hathaway existierten bis ins 20. Jahrhundert hinein und fusionierten 1955 angesichts des übermächtigen Konkurrenzdrucks. Doch die erhofften Einsparungen reichten nicht, um das Unternehmen wieder in die Gewinnzone zu bringen. So häuften sich von 1955 bis 1964 bei einem Umsatz von $530 Millionen Verluste von $10,1 Millionen an, Die Bilanz sah damals so aus:

$ Millionen
Barmittel 0,9 langfristige Verbindlichkeiten 2,5
Forderungen und Bestände 19,1 kurzfristige Verbindlichkeiten 3,2
Sachanlagen 7,8 Eigenkapital 22,1

Es waren 1,1 Millionen Aktien mit einem Buchwert von $19 je Aktie im Umlauf.
Die Buffet Partnership begann 1962 Aktien zu $8 zu kaufen, ganz im Einklang mit den Prinzipien Grahams. Das Umlaufvermögen abzüglich aller Verbindlichkeiten betrug ca. $13 je Aktie, was eine Sicherheitsmarge von 38 Prozent ergab. (Diese Berechnungen werden in dieser Geldanlage-Webseite noch näher erläutert.) Je mehr Anteile Buffets kaufte, desto stärker fühlte er sich dem Unternehmen verbunden. 1965 besaß er schließlich 49 Prozent der Aktien und wurde zum Direktor ernannt. Sein Anteil hatte ihn im Durchschnitt $15 je Aktie gekostet, ein Paradebeispiel für Grahams „Netto-UmIaufvermögen“-Richtlinie, doch lagen immer noch beachtliche 21 Prozent unter dem Buchwert. Was Buffets dabei wohl am meisten reizte, war die Aussicht, Liquidität durch Verringerung des Umlaufvermögens abzuschöpfen und die so gewonnenen Mittel in lukrativere Bereiche umzuleiten. Der Zufall wollte es, dass 1965 und 1966 für die Textilindustrie ausnehmend gute Jahre waren, doch so gut wie jeder Vorstoß der Unternehmensleitung in Richtung Reinvestition scheiterte am Veto des neuen Direktors. Da Bargeld nur durch Gewinne oder durch die Auflösung von Umlaufvermögen hereinkam, befasste sich Buffett mit dem Thema Investitionen.

Was Buffets dabei wohl am meisten reizte, war die Aussicht, Liquidität durch Verringerung des Umlaufvermögens abzuschöpfen und die so gewonnenen Mittel in lukrativere Bereiche umzuleiten.

Seine erste und in mehr als einer Hinsicht wichtigste Transaktion war der Kauf einer Versicherungsgesellschaft. Das Fallbeispiel GEICO geht detailliert auf die Versicherungssparte ein. An dieser Stelle geht es primär um die Gründe für Buffets Interesse an diesem Industriezweig. Die meisten Versicherungsgesellschaften verdienen ihr Geld auf zweierlei Art: Zum einen erheben sie Prämien von den Kunden für die Absicherung gegen bestimmte Risiken. Zieht man die tatsächlich erfolgten Leistungen für anerkannte Versicherungsfälle sowie die Gemeinkosten ab, bleibt der technische Gewinn. Manche Versicherungen machen unterm Strich technische Verluste und stützen sich ganz auf die zweite Einnahmequelle: Im Zeitraum zwischen Prämieneinnahme und Leistung investiert das Unternehmen die Mittel und erzielt damit Gewinn. Die Versicherungstöchter von Berkshire Hathaway profitieren in dreifacher Hinsicht:
1 Sie arbeiten hart auf einen technischen Gewinn hin. Die als erste von Berkshire Hathaway übernommene Gesellschaft, National Indemnity Co., hatte sich auf außergewöhnliche Risiken spezialisiert. So hat Berkshire auch heute einen Schwerpunkt in der Rückversicherungsbranche, die kleineren Versicherungsunternehmen für den Fall von Erdbeben, Stürmen, etc. Versicherungsschutz für übermäßige Risiken bietet. Weil Berkshire exakt kalkuliert, sorgfältig selektiert (es werden nur Verträge geschlossen, für die sich Berkshire einen technischen Gewinn ausrechnet) und inzwischen groß genug ist, um große Policen zu verkraften, sind genügend Gewinn bringende Faktoren vorhanden. Was das Geschäft von GEICO anbelangt, wo es mehr um Routineversicherungen im KFZ-Bereich geht, ist Kostensenkung oberstes Gebot. Das heißt, bei konkurrenzfähigen Preisen muss noch Gewinn möglich sein.
2 In vielen Geschäftsbereichen von Berkshire ist der Zeitraum zwischen der Ausstellung der Police und der Auszahlung der Versicherungssumme sehr lang. Gemessen an den Einnahmen aus den Policen ist der Float-Profit ungewöhnlich hoch. Unter „Float-Profit“ versteht man das Geld, das der Versicherer einnimmt und auf eigene Rechnung anlegen kann, bis die Auszahlung fällig wird. Der Float-Profit in Berkshires neuer Versicherungssparte betrug 1967 $17 Millionen. Durch weitere Aufkäufe und positive Entwicklungen waren es 30 Jahre später $7,5 Milliarden.
3 Da Berkshires Versicherungsunternehmen im Allgemeinen technische Gewinne verbuchen, ist der Float-Profit Im Grunde nichts anderes als ein zinsloses Darlehen der Versicherungsnehmer. Am stärksten hat sich das Versicherungsgeschäft aufs Gesamtergebnis durch die spektakulären Erträge aus dem investierten Float-Profit ausgewirkt. Wer Berkshire hört, denkt an phantastische Investments – Gillette, Coca- Cola, Disney. Das alles wäre nicht möglich gewesen ohne das Investitionskapital aus dem Versicherungsgeschäft.

Unter „Float-Profit“ versteht man das Geld, das der Versicherer einnimmt und auf eigene Rechnung anlegen kann, bis die Auszahlung fällig wird.

Berkshire kaufte National Indemnity für $8,6 Millionen. Da Berkshire seit 1967 keine Dividenden mehr ausbezahlt hat, waren die nicht ausgeschütteten Gewinne eine weitere Kapitalquelle. Die so generierten Mittel und der Float-Profit wurden zum Aufkauf kompletter Unternehmen verwendet, darunter Illinois National Bank & Trust sowie Sun Newspapers in Omaha.
1970 wurde die Buffett Partnership aufgelöst und die Gesellschafter konnten zwischen Anteilen an Berkshire Hathaway odereinem anderen Unternehmen, Dlversified Retailing, wählen oder sich auszahlen lassen. Buffett entschied sich für Berkshire und brachte es dort zu einem Anteil von 29 Prozent und zum Chairman. Nach dem Börsencrash von 1973/74 stockte Buffett seinen Anteil noch auf – zu Kursen um die $40. Der Buchwert der Berkshlre-Aktien lag damals um die $70, also kaufte er rund 40 Prozent unter Preis.
Anteile der Direktoren an Berkshire Hathaway, 1997

Name Anzahl d. Aktien Stimmrecht (%)
Warren Buffett 478232 39,7
Susan Buffett 37007 3,1
Malcolm Chace 14239 1,1
Charles Munger 18790 1,6

Hinweis: Susan Buffett ist Warren Buffets Frau. Möglicherweise sind in den Angaben für sie und ihn Anteile doppelt berücksichtigt. Malcolm Chace stammt aus der Familie der ursprünglichen Eigentümer von Berkshire Hathaway.
Die Mitte!, die Berkshire durch Betriebsergebnis und Float-Profit aus dem Versicherungsgeschäft erwirtschaftete, wurden im Grunde auf dreierlei Art angelegt:

Anlagen in Stammaktien
An der Börse (mit wenigen Ausnahmen an der New York Stock Exchange) wurden maßgebliche Minderheitsbeteiligungen an großen Firmen begründet. Manche davon wurden später wieder abgestoßen, darunter Insbesondere Anteile an Werbeagenturen und Verlagen, doch viele der in den 70er und 80er Jahren erworbenen Aktien hält Berkshire Hathaway bis heute.

Aktie erster Kauf Kosten In Mio. Dollar Marktwert in Mio. Dollar Dezember 1997
American Express 1991 1393 4414
Coca-Cola 1988 1299 13338
Walt Disney 1977 381 2135
Freddie Mac 1988 329 2683
Gillette 1989 600 4821
Washington Post 1973 11 841
Wells Fargo 1989 413 2271

Zu jeder der aufgeführten Beteiligungen gibt es eine Fallstudie, mit Ausnahme von Freddie Mac. Die Besonderheiten dieser Investition werden durch die Fallbeispiele Wells Fargo und American Express hinreichend abgedeckt. Die Anteile an der Washington Post Company wurden am Tiefpunkt des Crashs von 1973/74 erworben. Buffett hatte schon immer eine Vorliebe für Medienunternehmen, die ihm Zugang zu Leserkreisen verschafften. Wer in der Werbebranche war und Leser einer Stadt erreichen wollte, deren meistgelesene Zeitung die Washington Post ist, der musste wohl oder übel dort Werbefläche bezahlen. Walt Disney wurde vor allem durch Trickfilme und Vergnügungsparks berühmt, doch Berkshire kaufte sich erst nach dem Zusammenschluss mit Capital Cities/ABC dort ein – einem Unternehmen der Fernseh- und Produktionsbranche. Capital Cities zeichnete sich nicht nur durch solides Management aus, sondern genoss als Unternehmensgruppe quasi eine Monopolstellung und war als Sprachrohr – über verschiedene Fernseh- und einen Rundfunksender – für Werbekunden entsprechend interessant. Wie die Washington Post wurde auch Wells Fargo aufgekauft, als die Börse die Erträge sehr gering bewertete. Bankwerte zählten zwar nicht unbedingt zu Buffets Favoriten, doch im Falle von Wells Fargo war das betriebswirtschaftliche Ergebnis im Vergleich zur Konkurrenz durch Kostenvorteile überlegen und die Anteile waren – wie bei der Washington Post – sehr günstig zu haben. Bei GEICO, heute eine hundertprozentige Berkshire Hathaway-Tochter, war es ganz ähnlich. American Express, ein weiteres Unternehmen aus dem Finanzdienstleistungssektor, dominiert in bestimmten Bereichen, bei denen die Einstiegshürden für potenzielle Konkurrenten sehr hoch sind. Zwei Unternehmen der Konsumgüterindustrie, Coca-Cola und Gillette, sind jeweils marktführend in ihrer Sparte und verfügen global gesehen über beträchtliches Wachstumspotenzial.

Die Fusion mit General Re
Vor kurzem hat Berkshire der Fusion mit General Re zugestimmt Das war mit Abstand die größte Transaktion des Unternehmens, verbunden mit der Ausgabe von 277200 neuen Berkshire-Aktien, was einer Erhöhung um 22 Prozent entspricht. General Re ist-was ins Bild passt – eine Rückversicherungsgesellschaft, entstammt also einer Branche, in der Berkshire mehr als zu Hause Ist. Sie wurde 1921 gegründet und hat gegenwärtig ein Prämienvolumen von stolzen $6,5 Milliarden im Jahr bei 61 Niederlassungen weltweit, Der kombinierte Maßstab liegt bei 100, so dass wir die Bewertung anhand von liquiden Mitteln, Beteiligungen, Verbindlichkeiten und Vorzugsaktien durchführen können – was ca. $24,5 Milliarden ergibt. Berkshire gibt als Gegenwert 277 200 neue Aktien aus, und Buffett hält stur daran fest, bei einer Fusion nicht mehr zu leisten, als er erhält. Daraus lässt sich schließen, dass er Berkshire augenblicklich mit $88400 je Aktie für gut bewertet hält. Sollte der aktuelle Wert von Berkshire dagegen tatsächlich im Bereich von $46 000 liegen, so machen die Berkshire-Aktionäre ein gutes Geschäft.

Hundertprozentige Töchter
Neben Minderheitsbeteiligungen kauft Berkshire gelegentlich auch 90 bis 100 Prozent aller Anteile einer Firma, normalerweise von Mitgliedern der
Gründerfamilien. In zwei Fällen, nämlich bei GEICO und FllghtSafety, waren die Unternehmen zum Teil an der Börse und es gab ein öffentliches Zeichnungsangebot. Neben diesen beiden hat Berkshire eine ganze Reihe kleiner Privatunternehmen aufgekauft. Die hundertprozentigen Töchter sind zwar lange nicht so bedeutend wie das Versicherungsgeschäft, doch sie leisten durchaus ihren Beitrag mit einem Reingewinn von Insgesamt $252 Millionen für das Jahr 1997.

Liquidität
Wenn Berkshire Hathaway gerade keine Minderheits- oder Mehrheits-Kapitalbeteiligungen erwirbt, wird überschüssige Liquidität in Barguthaben und Anleihen gebunden – wie bei vielen anderen Investoren auch. Gelegentlich werden auch Kredite aufgenommen – insbesondere dann, wenn dazu an sich keine Notwendigkeit besteht. So sichert sich das Unternehmen günstige Konditionen für den Fall, dass sich eine unwiderstehliche Gelegenheit ergibt. Das nötige Kapital ist dann bereits vorhanden. Die Verschuldung ist jedoch selten hoch. Buffett hat nicht gerne Schulden, und er glaubt nicht daran, dass der potenzielle Ertrag die zusätzlichen Risiken rechtfertigt. Ende der 80er Jahre beschloss Berkshire die Beteiligung an einem Pool wandelbarer Vorzugsaktien. Die Salomon- und USAir-Papiere erregten viel Aufsehen. Nüchtern zeigte Buffett, wie seine Sicherheitsmarge-Doktrin auf jede Art von Wertpapier anwendbar ist, nicht nur auf Stammaktien. Das Fallbeispiel Gillette zeigt, wie er in solchen Fällen vorzugehen pflegt.

Wenn Berkshire Hathaway gerade keine Minderheits- oder Mehrheits-Kapitalbeteiligungen erwirbt, wird überschüssige Liquidität in Barguthaben und Anleihen gebunden – wie bei vielen anderen Investoren auch. Gelegentlich werden auch Kredite aufgenommen – insbesondere dann, wenn dazu an sich keine Notwendigkeit besteht. So sichert sich das Unternehmen günstige Konditionen für den Fall, dass sich eine unwiderstehliche Gelegenheit ergibt. Das nötige Kapital Ist dann bereits vorhanden.

Berkshire hat auch von Zeit zu Zeit gewagtere Investments riskiert: ins Arbitragegeschäft, in Silber oder Öl-Derivate. Solche Transaktionen wer
den in diesem Finanzportal nicht näher behandelt, doch wir wissen, dass Buffett die Attraktivität und die Kosten der Anlage auch hier nach dem gleicher Schema bewertete, insbesondere nach der Sicherheitsmarge.

Der Diskontsatz – Warren Buffett

Das letzte Teil des Puzzles ist der Diskontsatz, der Satz, mit dem wir die kontinuierliche EKR vergleichen. Ganze Wälder fielen den Versuchen der Theoretiker zum Opfer, unterschiedliche Modelle für die Berechnung von Kapitalkosten akademisch zu rechtfertigen. Buffetts Ansatz ist viel simpler. So hat er einmal vorgeschlagen, die Zinssätze für langfristige Staatsanleihen zu verwenden. Diese unterliegen jedoch ebenfalls Schwankungen, und wer sind wir, dass wir sie prognostizieren könnten? Buffett setzt hier bekanntermaßen 10 Prozent an und stellt seinen Tochtergesellschaften Kapital zu 15 Prozent vor Steuern zur Verfügung, was in etwa aufs Gleiche hinausläuft. Wichtig ist, dass man eine ausreichende Sicherheitsmarge einrechnet, so dass nicht allzu sehr ins Gewicht fällt, ob der Satz bei 8, 9 oder 10 Prozent liegt. Da man stets in das Wertpapier mit der größten Sicherheitsmarge investieren sollte, hängt die Rangfolge hier nicht vom tatsächlichen Diskontsatz ab.

Der innere Wert
Sie haben ein Unternehmen ausfindig gemacht, das Ihrer Überzeugung nach zusätzliches Kapital mit einer laufenden jährlichen Rendite von 20 Prozent einsetzen kann. Zur Bestimmung seines inneren Wertes gibt es zwei Methoden. Entweder Sie erstellen eine Modellrechnung zukünftiger Gewinne und Cashflows und diskontieren die Ergebnisse um 10 Prozent im Jahr, was in der Praxis ungeheuer schwierig ist und oft zu maßlos überzogenen Werten führt, da die vorstellbaren Investitionshorizonte übertrieben dargestellt werden. Oder Sie gehen so vor, wie wir es bisher getan haben, und betrachten die Aktie wie eine festverzinsliche Anleihe.
Wir gehen davon aus, dass sich die Zinssätze im Allgemeinen um 10 Prozent herum einpendeln. Eine Anleihe ohne Wandelrecht mit einer Verzinsung von 10 Prozent würde daher normalerweise zum Buchwert gehandelt werden. Eine Anleihe mit 20 Prozent Verzinsung würde sich doppelt so teuer verkaufen, d.h., eine Anleihe, die über einen längeren Zeitraum hinweg $5 Ertrag im Jahr bringt und mit einem Nennwert von $25 emittiert wurde, würde bald zum doppelten Nennwert, nämlich $50 gehandelt werden. Eine Aktie mit einer Rendite von 20 Prozent übertrifft das noch. Hier wird jedoch nur ein Teil des Ertrags wie bei der Anleihe bar ausbezahlt – der Rest wird einbehalten. Bleibt der Ertrag gleich und die EKR von 20 Prozent kann aufrechterhalten werden, ist diese Aktie quasi ein neuer Anleihetyp, bei dem die Option besteht, weitere mit 20 Prozent verzinsliche Anleihen zum Nennwert zu erwerben: Für jeden Dollar einbehaltenen Gewinn werden $0,2 im Jahr zukünftiger Gewinn generiert, also $2 Wert. Grob gesagt sind die einbehaltenen Gewinne doppelt so viel wert wie normaler Unternehmensgewinn. Als Richtwert gilt generell: Der einbehaltene Gewinn eines Unternehmens entspricht dem Quotienten aus IP und allgemein üblichen Zinssätzen. Der derivative Wert des Gewinns muss dann wieder diskontiert werden, um den inneren Wert (IV) zu bestimmen.

Gewinn x laufende EKR oder IP
Innerer Wert (IV) = ————————————————-
(Diskontsatz)2

Da wir beim Diskontsatz langfristig von 10 Prozent ausgehen, ergibt sich daraus, dass der IV dem Gewinn mal 100 mal der laufenden EKR entspricht. Die EKR wird normalerweise in Prozent ausgedrückt, so dass sich folgender Leitsatz ableiten lässt:
Der innere Wert eines Wertpapiers liegt dort, wo das Kurs-Gewinn- Verhältnis (KGV) der EKR entspricht.

Warren Buffetts Entwicklungsstadien

Wir haben festgestellt, dass sich Buffett bei der Beurteilung des Unternehmenswertes zunächst an Bilanzdaten orientiert hat, die auf Unterbewertung hindeuteten. Das wurde zunehmend schwieriger, als andere Anleger die Methode übernahmen und sich in der Investorenwelt die Vorstellung durchsetzte, dass Unternehmen mit einem Aufschlag auf den Buchwert gehandelt werden sollten. Auf der Suche nach neuen Ansätzen bemerkten Buffett und Munger, dass der künftige Cashflow bei manchen Unternehmen verlässlichere Aussagen über den Wert zuließ als der Preis, den die Vermögenswerte in einem Konkursverfahren erzielen würden.

Die in diesem Finanzportal dargestellten Leitmotive waren es, die Buffetts Karriere bestimmten. Ob man nun in Aktien oder Anleihen investieren oder ein ganzes Unternehmen kaufen will, in jedem Fall muss man eine klare Vorstellung vom wahren, vom inneren Wert haben. Der innere Wert ist eine Funktion der Mittel, die die Investition während ihrer Lebensdauer abwirft, diskontiert auf den aktuellen Zeitpunkt. Dieser Wert kann lediglich den Buchwert des Reinvermögens ausmachen (manchmal sogar noch weniger) oder – bei einem Unternehmen mit guten Zukunftschancen – wesentlich höher liegen. Ihre Aufgabe ist es, diesen Wert zu schätzen. Nicht weniger wichtig ist dabei, konsequent darauf zu achten, dass der Kaufpreis in sicherem Abstand unter dem ermittelten Wert liegt. Im Laufe der Zeit wird der Markt den wahren Wert schon anerkennen. Andernfalls sollten die auf diese Weise generierten Mittel den bezahlten Kaufpreis auf jeden Fall deutlich übersteigen. Die Beurteilung künftiger Cashflows ist eine knifflige Geschichte. Als Nächstes wollen wir uns damit befassen, wie der innere Wert und der Kaufpreis in der Praxis zu ermitteln sind.

Der innere Wert ist eine Funktion der Mittel, die die Investition während ihrer Lebensdauer abwirft, diskontiert auf den aktuellen Zeitpunkt.

Bevor wir den inneren Wert ermitteln können, müssen wir eine Vorstellung vom künftigen Cashflow haben. Bei einem Wirtschaftsunternehmen ist dafür der Gewinn als wahrscheinliche Hauptquelle von Mitteln der logische Ausgangspunkt. (Später werden wir sehen, dass Gewinn nicht gleich Gewinn ist.) Warum machen manche Firmen mehr Gewinn als andere, selbst innerhalb derselben Branche?
Ein Unternehmen zu gründen, ist einfach. Ersparnisse, Darlehen und Handelskredite reichen zur Finanzierung der meisten kleineren Geschäfte. Selbst große Unternehmen mit angestammter Marktposition ziehen Konkurrenten in Form von finanzstarken Neugründungen oder Firmen mit Diversifikationsambitionen an, Nichtsdestoweniger schaffen es manche Unternehmen, ihre Rentabilität zu steigern und für ihre Aktionäre über Jahrzehnte hinweg hohe Erträge zu gewährleisten. Aus dem Blickwinkel Warnen Buffetts und manchmal auch Michael Porters erkennen wir, wie sie das machen. Denken Sie noch einmal an den Buchwert eines Unternehmens – seine Produktionsanlagen, sein Nettoumlaufvermögen, seine Liquidität, American Express etwa hat einen Buchwert von $8,5 Milliarden und wirft $1,9 Milliarden Gewinn ab. Warum kommt nicht General Electric oder irgendeine große Bank daher, tätigt dieselben Investitionen und steckt den Gewinn in die eigene Tasche? Immerhin sprechen wir hier von einer Kapitalrendite von 22,4 Prozent – mehr als dreimal soviel, als wenn man sein Geld steuerfrei in Emissionen des US-Schatzamts investiert. Natürlich hat American Express bereits Konkurrenten, doch die können bei dieser Rendite nicht mithalten. Grund dafür ist, dass American Express Wertschöpfung in einer Weise erreicht, die für existierende und potenzielle Konkurrenten sehr schwer nachzuvollziehen ist. Wie hebelt man sich in eine derart starke Position? Bei der Suche nach Unternehmen, die ihre Gewinne im Laufe der Zeit maximieren werden, muss man die folgenden drei Wertfragen beantworten können.

Informationsquellen für AMEX – Warren Buffett

Das Kerngeschäft und auch IDS waren Buffett seit Jahrzehnten vertraut. Doch jeder konnte sehen, dass Amex eine ganz außergewöhnliche Konstruktion war – ein Franchise im Finanzdienstleistungssektor. Sehen wir uns einmal Berkshires erstes Engagement im Jahr 1991 an – eine Investitionsentscheidung, die sich von denen der Jahre 1994 und 1995 stark abhob.

Die Investitionsentscheidung von 1991
Auch 1991 versuchte Amex weiter, Kapital zu beschaffen. Mitte des Jahres wandte sich Robinson an Buffett, und eine Woche später investierte Berkshire $300 Millionen in wandelbare Vorzugsaktien. Diese brachten einen festen Ertrag von 8,85 Prozent. Der Zinssatz für Staatspapiere lag damals bei 7,5 bis 8 Prozent und damit deutlich darunter. Im Gegensatz zu anderen Vorzugsaktien, die Berkshire damals erwarb (etwa von Gillette), waren diese nur in Stammaktien zu wandeln. Nach Ablauf von drei Jahren sollte Berkshire für die Vorzugsaktien maximal 12,2 Millionen Stammaktien erhalten, vorausgesetzt der Marktwert läge bei maximal $414 Millionen. (Für den Fall, dass die Stammaktie unter dem Breakeven- Niveau von $24,50 gehandelt werden sollte, konnte Berkshire noch ein weiteres Jahr warten.) Geht man davon aus, dass die Stammaktie theoretisch bis auf Null fallen konnte, war das Verlustrisiko hier unbegrenzt. Der potenzielle Ertrag einschließlich der festen Dividende lag etwa bei maximal 20 Prozent im Jahr. Natürlich sprach Buffett der feste Ertrag an, doch er war auch überzeugt davon, dass Amex mehr als $24,50 je Aktie wert war.
Das entsprach einer Kapitalausstattung von $11,5 Milliarden. Das Unternehmen hatte in der Vergangenheit gezeigt, dass es über $1 Milliarde Gewinn erwirtschaften konnte. Der Nettogewinn für 1989 und 1990 hatte vor den Verlusten von Shearson $1,2 Milliarden betragen. Außerdem hatte die EKR in der Vergangenheit tendenziell oberhalb von 20 Prozent gelegen. Diese kleine Beteiligung war nur ein Beispiel dafür, wie Berkshire von niedrigen Kursen in Krisenzeiten zu profitieren verstand.

Die Investitionsentscheidung von 1994
in der dreijährigen Frist bis zur Umwandlung der Vorzugsaktien wurden auf Unternehmensebene schwerwiegende Entscheidungen gefällt. Robinson verließ die Firma 1992 und wurde durch Harvey Golub ersetzt, der vorher für den erfolgreichen IDS-Bereich zuständig gewesen war. Golub kämpfte ebenso entschlossen wie Robinson um die Rückeroberung von Marktanteilen im Kartengeschäft und setzte Schwerpunkte bei den Schlüsselfaktoren für Umsatz und Gewinn in allen Geschäftsbereichen. Er kam zu dem Schluss, dass das Investment Banking-Geschäft eine kostspielige Abweichung von dieser Vorgabe darstellte, und gab grünes Licht für den Verkauf und die Ausgliederung von Bereichen, die nicht zum Kerngeschäft gehörten. Ganz oben auf der Liste stand ISC, der Datenverarbeitungssektor. Dieser war sicher ein gutes Geschäft, doch es fehlte der Bezug zu den wichtigsten Werten und Kunden von Amex. Durch mehrere öffentliche Zeichnungsangebote wurde die Beteiligung von Amex an ISC, das in FDC umbenannt worden war, für $2,1 Milliarden auf 22 Prozent zurückgeschraubt. Als Nächstes kam Lehman Brothers an die Reihe, das an die Aktionäre ging. (D.h., statt eines Papiers über einen Anteil an der American Express Company bekamen die Aktionäre nun zwei Papiere, eins für American Express und eins für Lehman). Lehman benötigte eine Kapitalspritze von $1,1 Milliarden, um unabhängig existieren zu können. Hier wurde zweifelsohne in eine Tasche hineingesteckt, was aus der anderen herausgezogen worden war. Die Amex-Einzelaktionäre hatten zwar $1,1 Milliarden weniger, bekamen diesen Betrag aber in Form von Lehman-Aktien wieder zurück. Vor der Ausgliederung im Mai 1994 wurde auch das Gros der Anteile an der ehemaligen Firma Shearson sowie an anderen Maklerhäusern abgestoßen.
Was war an der Basis vorgegangen? Für TRS, den traditionellen Kernbereich, waren 1991 und 1992 zwei harte Jahre gewesen. Golub hatte den Rabatt für die angeschlossenen Unternehmen herabgesetzt, um mehr Akzeptanzstellen zu schaffen, und die Anzahl der Mitglieder gesenkt, um verstärkt auf die attraktivere finanzkräftigere Zielgruppe hinzuarbeiten. Um mit dem Modewort der Zeit zu sprechen, wurde auch dieser Bereich „umstrukturiert“, um Gemeinkosten zu drücken. TRS war auch neu im Kreditkartengeschäft (statt Zahlkartengeschäft) und musste erst ein paar Rückschläge einstecken, bevor es seine Kreditbedingungen verschärfte. IDS wurde umbenannt in American Express Financial Advisors (wo sonst wurden so schnell neue Namen eingeführt?) und wuchs unbeirrt weiter wie bisher. Im Bankgeschäft ging es weiter auf und ab.

$ Millionen Reingewinn TRS Financial Advisors Bank
1994 998 428 80
1993 884 358 92
1992 234 297 35
1991 396 248 60

Das Financial Advisors-Segment profitierte vom langfristigen Trend der Privatanleger weg vom Bargeld, von Barguthaben und institutionellen
Pensionskassen hin zu Geldmarktfonds, Investment-Fonds und privaten Pensionskassen. Seit 1990 waren die eigenen und verwalteten Aktiva auf $106 Milliarden angewachsen und hatten sich damit mehr als verdoppelt. Der Ertragszuwachs hatte um 20 Prozent im Jahr zugelegt. Andere Schlüsselfaktoren – die Zahl der Planstellen sowie der Kundenstamm – wuchsen ebenfalls. Die positive Entwicklung bei TRS zeigt deutlich das Fehlen von Umstrukturierungskosten und Rückstellungen für Not leidende Kredite späterer Jahre. Die Geschichte dahinter war beeindruckend. Amex hatte sich hauptsächlich darauf verlegt, Akzeptanzstellen in Branchen zu verpflichten, die seine finanzkräftigen Kunden bevorzugten: Einzelhandel, Öl, Reisen, Unterhaltung. In der Unterhaltungsbranche wurde eine Marktabdeckung von nahezu hundert Prozent erreicht. Es gab ein erfolgreiches Prämienprogramm, in dessen Rahmen Punkte, Sachleistungen, Rabatte, Flugmeilen und ähnliches an hochkarätige Kunden vergeben wurden. Der durchschnittliche Amex-Karteninhaber gab mit seiner Karte zweieinhalb mal so viel aus wie etwa Inhaber von Visa oder MasterCard. Von besonderer Bedeutung – auch wegen seines Marktanteils – war das Firmenkartengeschäft. Insgesamt wurden 1993 $124 Milliarden über Amex-Karten abgerechnet. Etwa $34 Milliarden davon stammten aus dem Firmenkartengeschäft. Die Umsatzsteigerung bei Reiseschecks war seit ein paar Jahren rückläufig, auch im Ausland wurde Bargeld zunehmend von Karten verdrängt. Doch das Geschäft wuchs zwar langsam, aber stetig, und die Erträge waren auf 20 Prozent im Jahr angewachsen.

Andere Investment-Ansätze und konträre Philosophien – Warren Buffett

Ein Überblick über andere Investment-Methoden und Buffetts Gegenargumente vervollständigt das Gesamtbild.

Trader und Investment-Fonds
Chart-Analysten, Spekulanten und Hedge Fund Manager bilden für Buffett den unteren Rand des Spektrums. Sie sind für ihn mehr Spieler als Anleger. Erstaunlicherweise war es jedoch gerade diese Gruppe, die in den letzten dreißig Jahren viel Unterstützung durch akademische Theoretiker erfahren hat. Verfechter der sogenannten „efficient market theory“, die bislang die Wirtschaftstheorie beherrschten, vertreten die Ansicht, dass alle Informationen über ein Unternehmen und seine zukünftige Entwicklung im Börsenkurs enthalten sind. Folglich kann nur derjenige den Markt schlagen, der über Insider-Informationen verfügt. Diese These hat Investoren dazu getrieben, entweder nach „versteckten“ Mustern in historischen Kursdaten zu suchen oder sich damit zu begnügen, dem Markt mit einem möglichst breit gestreuten Portfolio zu begegnen. Letzteres hat Buffett als Ansatz für den Gelegenheitsinvestor nie ausdrücklich abgelehnt. Ja, er hat sich kürzlich sogar für die Investition in Index- Fonds ausgesprochen. Der versierte Investor jedoch, so beharrt Buffett, kann den Markt langfristig schlagen durch die Anwendung seiner Grundsätze, wobei die Sicherheitsmarge und die Vertrautheit mit den grundlegenden wirtschaftlichen Strukturen eines Unternehmens am wichtigsten sind.

Kapitalmarkttheorie und EVA
ln ihrem Bemühen um die wissenschaftliche Untermauerung der Investment-Theorie haben Akademiker und Wertpapieranalysten eine Theorie entwickelt, die auf der Identifizierung verschiedener Risikoarten beruht. Der Grundgedanke ist dabei, dass der Investor Marktrisiken und individuellen Unternehmensrisiken ausgesetzt ist und sich der jeweiligen Risikostruktur bewusst sein sollte. Das individuelle Unternehmensrisiko lässt sich aus der historischen Volatilität des Aktienkurses im Vergleich zur Marktbewegung ableiten. Mit Hilfe dieser Maßstäbe und unter Berücksichtigung der Unternehmensverschuldung kann man seine tatsächlichen Kapitalkosten ermitteln. So steigt das Unternehmensrisiko in demselben Maße wie die relative Volatilität seiner Aktien. Ein potenzieller Investor wird also einen entsprechend höheren Abschlag verlangen, bevor er sich engagiert. Dabei sagt die historische Volatilität der Aktienkurse wenig über ein Unternehmen. Nach dem Prinzip der Sicherheitsmarge ist Volatilität sogar zu begrüßen, da sie es uns ermöglicht, uns zu günstigem Kurs einzukaufen. Denken Sie an Mr. Market!
Unternehmensberatungen wie Stern Stewart oder McKinsey haben ein Prinzip der Wertschöpfung [Economic Value Added (EVA)] entwickelt und wirtschaftliche Gewinnmodelle, mit deren Hilfe die Kapitalkostentheorie an reale Investment-Praxis herangetragen werden sollte. Wie wir in dieser Geldanlage-Webseite sehen werden, legt Buffett extrem viel Wert auf die Eigenkapitalrentabilität. An der Entwicklung exakter Maßstäbe für Kapitalkosten ist er weniger interessiert. EVA läuft letztendlich auf MVA (market value added) hinaus, auf einen bereinigten Maßstab zur Aktienbewertung, während Investoren wie Buffett den inneren Wert eines Unternehmens beurteilen – unabhängig von aktuellen oder vergangenen Kursentwicklungen.

Dabei sagt die historische Volatilität der Aktienkurse wenig über ein Unternehmen. Nach dem Prinzip der Sicherheitsmarge ist Volatilität sogar zu begrüßen, da sie es uns ermöglicht, uns zu günstigem Kurs einzukaufen.

Erkennen Sie Ihre Grenzen – Warren Buffett

Niemand zwingt Sie dazu, Ihr Geld zu investieren. Ein heißer Tipp beruht meist nur auf der Intuition eines anderen. Sie sollten ruhig lesen, wie berühmte langfristig orientierte Investoren wie Buffett oder Peter Lynch vorgehen. Wenn Sie sie kopieren, werden Sie möglicherweise gutes Geld damit verdienen, doch Sie werden nie genau wissen, wann sie kaufen oder verkaufen, denn Sie erhalten Ihre Informationen mit Verspätung. Und Sie werden dabei nichts lernen (und auch keinen Spaß haben). Entwickeln Sie also lieber einen eigenen Ansatz. Um vernünftig zu investieren, müssen Sie sich nach dem richten, was Sie wissen – und nicht Ihr Broker oder gar Warnen Buffett. Doch bevor Sig noch darüber nachdenken, was Sie wissen, muss Ihnen klar sein, was Sie nicht wissen. Fisher hatte Ahnung von der Halbleiter- und der chemischen Industrie. Buffett nicht. Er investiert noch nicht einmal in Pharmaziewerte, bei denen leicht nachzuvollziehen ist, warum ein Produkt sich gut verkauft, doch für den Laien schwer zu beurteilen, wo der langfristige Wettbewerbsvorteil liegt. Doch vielleicht sind Sie ja kein Laie. Bedenken Sie jedoch stets, dass es schnelllebige Branchen gibt, für die man nur schwer Prognosen stellen kann. So hat Microsoft ein Vermögen verdient, indem es den Markt für PC-Betriebs-systeme und -anwendungen beherrschte, doch vor 20 Jahren gab es noch gar keine PCs. Ob es sie in 20 Jahren noch geben wird? Diese Frage kann im Grunde niemand beantworten. Wer Microsoft-Aktien kauft, geht davon aus, dass das Unternehmen auch in den kommenden 20 Jahren weiterhin genauso viel Gewinn oder mehr erwirtschaften wird. Das ist eher Spekulation als Geldanlage. Dagegen ist offensichtlich, dass Disney oder Gillette noch lange im Geschäft bleiben wird-vermutlich sogar als Marktführer.

und Nutzen Sie Ihre Stärken
Von Peter Lynch bis zu den Beardstown Ladies haben schon viele darüber geschrieben, dass Investitionsobjekte vor der eigenen Haustür zu finden sind. Das soll nicht heißen, Sie sollten Ihr Geld in ein Restaurant stecken, weil dort mehr los ist als ein paar Türen weiter, oder in ein Waschpulver,
weil es weißer wäscht als ein anderes, doch es ist immerhin ein Anhaltspunkt. Ich bin schon einmal auf eine lohnende Anlage gestoßen, als ich aus dem Fenster schaute. Dabei fiel mir auf, dass ein Paketdienst täglich das gegenüberliegende Gebäude belieferte. Ich fing an, über Paketdienste, die zukünftige Nachfrage danach und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Branche nachzugrübeln. Den Romantikern unter Ihnen wird gefallen, dass ich letztendlich in die Firma investierte, zu der der bewusste Lieferwagen gehörte. (Ich habe allerdings sechs Monate gebraucht, um mich zu dieser Investition durchzuringen.)
Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, waren Buffetts beste Anlageobjekte Unternehmen, deren Produkte ihm seit seiner Kindheit vertraut waren – Coca-Cola als Konsument, die Washington Post als Zeitungsjunge. Schon damals war er von diesen Produkten überzeugt. Als er Jahrzehnte später die Bilanzen studierte, stellte er fest, dass auch die dahinter stehenden Unternehmen erstklassig waren. Dann hat er nur noch gewartet, bis der Preis stimmte.

Mir ist auf gefallen, dass ein Paketdienst täglich das gegenüberliegende Gebäude belieferte. Ich fing an, über Paketdienste, die zukünftige Nachfrage danach und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Branche nachzugrübeln.
Den Romantikern unter Ihnen wird gefallen, dass ich letztendlich in die Firma investierte, zu der der bewusste Lieferwagen gehörte. (Ich habe allerdings sechs Monate gebraucht, um mich zu dieser Investition durchzuringen.)

Die Schlüsselfrage zum Verständnis
Wo wird das Unternehmen in zehn Jahren stehen?
Um diese Frage zu beantworten, müssen nicht die Cashflows der nächsten zehn Jahre auf dem Tisch liegen. Es genügt, wenn Sie der Überzeugung sind, dass der Gewinn deutlich höher sein wird. Voraussetzung dafür sind Vorsprung vor der tatsächlichen und potenziellen Konkurrenz, Umsatzsteigerung und Kostenkontrolle. Wenn Sie diese Frage nicht beantworten können, sollten Sie nicht investieren.

Die Sicherheitsmarge – Warren Buffett

Doch die Bestimmung des Werts eines Wertpapiers ist nur die halbe Miete. Wer in ein börsennotiertes Wertpapier investiert, erwirbt damit nur das Recht, dieses wieder zu verkaufen. Unser Kauf hat keinen Einfluss auf den Unternehmenswert. Es lohnt daher nicht, $1 für $1 zu zahlen. Nehmen wir an, wir finden ein Unternehmen mit einer Eigenkapitalrendite von 10 Prozent. In unserem Beispiel wird der Ertrag komplett reinvestiert und das Wachstum beträgt weiterhin 10 Prozent im Jahr:

Die Sicherheitsmarge - Warren Buffett11

Das entspricht auch dem Börsenkurs, den wir in diesem Fall bezahlen. Da die Gewinne in Zukunft jedes Jahr um 10 Prozent steigen werden bei einer Eigenkapitalbasis mit gleicher Wachstumsrate, bleibt die EKR bei 10 Prozent. Es steht zu vermuten, dass IV und Marktwert Schritt halten und
ebenfalls um 10 Prozent zunehmen werden, wobei ein zukünftiger Anstieg des Börsenkurses um 10 Prozent pro Jahr diskontiert werden sollte, um den aktuellen Wert zu Grunde zu legen. Wir zahlen im laufenden Jahr 150 und in zwei Jahren wird der Kurs bei 182 liegen, was heute auch 150 entspricht (182 : 1,1) = 150. Unterm Strich heißt das, wenn wir den inneren Wert bezahlen, ergibt sich keine effektive Wertsteigerung der Investition. Die Einhaltung einer Sicherheitsmarge heißt einfach, dass wir ein Wertpapier mit einem möglichst großen Nachlass auf dessen Inneren Wert kaufen sollten. Diese Vorgehensweise hat drei maßgebliche Vorteile. Langfristig sollten wir dabei auf jeden Fall profitieren.

Die Einhaltung einer Sicherheitsmarge heißt einfach, dass wir ein Wertpapier mit einem möglichst großen Nachlass auf dessen inneren Wert kaufen sollten.
1Entweder wird der Markt – also andere Anleger – den zu Grunde liegenden Wert erkennen und der Kurs wird steigen, oder wir profitieren bei gleich bleibendem Kurs von dem Cashflow des Unternehmens, wenn Ertrag und Dividende steigen.
2Um den auf dem Aktienmarkt vorherrschenden Trend müssen wir uns dabei keine Gedanken machen. Ein Wertpapier verfügt über eine Sicherheitsmarge oder eben nicht. Mag der Markt auch zusammenbrechen, ein sorgfältig ausgewähltes Wertpapier wird dennoch an Wert gewinnen.
3Eine Sicherheitsmarge ist eine Versicherung gegen unser eigenes Unvermögen und gegen die Fallstricke der Geschäftswelt. Manager können versagen, Produkte können zurückgerufen werden, unsere Prognosen können falsch sein – ein guter Investor wird beim Kaufpreis immer so viel Spielraum lassen, dass er auch bei einer schlechten Investition zumindest kein Geld verliert.

Eine Sicherheitsmarge erhöht das Wohlbefinden. Sie haben eine Aktie zu einem Kurs gekauft, der Ihrem Eindruck nach unter dem tatsächlichen Wert liegt. Dann fällt der Kurs. Anstatt über den Verlust auf dem Papier nachzugrübeln, erkennen Sie die Chance, noch billiger einzukaufen.
Wie groß sollte die Sicherheitsmarge zum inneren Wert sein? Buffett hat viel über die Vorzüge geschrieben, die es hat, wenn man einen Dollar für
50 Cent kauft. Die Fallstudien werden zeigen, dass Buffett oft rund 50 Prozent
unterhalb des inneren Wertes gekauft hat, doch wie beim Diskontsatz spielt der genaue Wert hier keine Rolle. Wenn Sie ein Wertpapier weit unter seinem tatsächlichen Wert kaufen und behalten, kann gar nichts schiefgehen.

Wie groß sollte die Sicherheitsmarge zum inneren Wert sein? Buffett hat viel über die Vorzüge geschrieben, die es hat, wenn man einen Dollar für 50 Cent kauft. Die Fallstudien werden zeigen, dass Buffett oft rund 50 Prozent unterhalb des inneren Wertes gekauft hat, doch wie beim Diskontsatz spielt der genaue Wert hier keine Rolle.

Ich habe in diesem Abschnitt den Begriff „Wertpapier“ verwendet, und nicht „Aktie“, da das Wert- und Sicherheitskonzept genauso auf Bonds, Barguthaben, Immobilien und Kunstgegenstände anwendbar ist. Ihre Aufgabe als Investor ist, die am stärksten unterbewertete Anlage zu finden, von der Sie etwas verstehen, und sich daran zu halten. Bei Buffett sind das Aktien, wobei er manchmal Ausflüge in den Bondmarkt macht. Bei Ihnen kann das etwas ganz anderes sein.

Die Magie des Leverage-Effekts für Berkshire Hathaway

Wie stark Berkshire vom Float-Profit aus dem Versicherungsgeschäft profitiert, haben wir bereits festgestellt. Eine ebenso wichtige Kapitalquelle sind aufgeschobene Steuerverbindlichkeiten. Buffett kam zu dem logischen Schluss, dass für einen Anleger erster Linie der Gewinn nach Steuern zählt. Buffetts langfristige Anlagestrategie zielt dementsprechend darauf ab, möglichst wenig Steuern abzuführen. Ein Beispiel: Zwei Anleger haben jeweils $100. Investor A kauft und hält Aktien eines Unternehmens, das keine Dividenden ausschüttet. Der Kursgewinn beträgt 10 Prozent pro Jahr. Nach 20 Jahren werden beim Verkauf der Aktien 35 Prozent Kapitalertragssteuer fällig. Anleger A bleiben $1099, Anleger B hat ebenfalls $100 und kauft und verkauft jedes Jahr verschiedene Aktien, die um 10 Prozent steigen. Selbst ohne Berücksichtigung der Maklergebühren, die im Ernstfall ordentlich zu Buche schlagen würden, muss B außerdem noch jedes Jahr 35 Prozent seines Gewinns abführen und steht nach 20 Jahren mit nur $643 da. Anleger A hat damit eine Rendite von 12,7 Prozent im Jahr, Anleger B lediglich 9,8 Prozent. Bei einem jährlichen Kapitalzuwachs eines Unternehmens wie Berkshire macht sich das natürlich noch viel stärker bemerkbar. Wie beim Float-Profit aus dem Versicherungsgeschäft bekommt Berkshire wieder ein zinsloses Darlehen, nur diesmal von Vater Staat, der bestimmte Steuern erst zu einem späteren Zeitpunkt erhebt. 1997 machte das $10,4 Milliarden aus. So lange das Geschäft weiterläuft wie gehabt, kann Berkshire seine Steuerschulden und den Float-Profit investieren und daran verdienen.

Betrachten wir die Sache doch einmal anders herum: Was hätte es für Auswirkungen, wenn Berkshire weder vom Float-Profit, noch von aufgeschobenen Steuerzahlungen profitieren könnte? Die Kapitalmittel von $23,4 Milliarden für 1996 hätten um weitere $14,3 Milliarden aufgestockt werden müssen. Das Eigenkapital hätte dann $37,7 Milliarden betragen. Der Buchwert der Berkshire-Aktien ist die letzten 32 Jahre im Schnitt um 23,8 Prozent im Jahr gestiegen. Die Aktiva von $43,4 Milliarden im Jahr
1996 hätten bei ansonsten gleichen Voraussetzungen 1997 um $5,6 Milliarden anwachsen müssen, um eine Steigerung von 23,8 Prozent bei $23,4 Milliarden Kapitalmitteln erzielen zu können. Der Vermögenszuwachs bei $37,7 Milliarden Eigenkapital beträgt aber nur 14,9 Prozent:
Buffetts langfristige Anlagestrategie zielt dementsprechend darauf ab, möglichst wenig Steuern abzuführen.

1 (i) Berkshire 1996 (in Milliarden Dollar)
Summe der Aktiva 43,4 Float-Profit und aufgeschobene Steuern 14,3
sonstige Verbindlichkeiten 5,7
Eigen kapital 23,4
1 (ii) Ein-Jahres-Prognose Float-Profit und aufgeschobene Steuern 14,3
sonstige Verbindlichkeiten 5,7
Summe der Aktiva 49,0 Eigenkapital 29,0
Substanzzuwachs = 12,9% Eigenkapitalzuwachs = 23,8%
2 (i) Berkshire ohne Float-Profit oder aufgeschobene Steuern
Float-Profit und aufgeschobene Steuern 0
sonstige Verbindlichkeiten 5,7
Summe der Aktiva 43,4 Eigenkapital 37,7
2 (ii) Ein-Jahres-Prognose Float-Profit und
aufgeschobene Steuern 0
sonstige Verbindlichkeiten 5,7
Summe der Aktiva 49,0 Eigenkapital 43,3
Substanzzuwachs = 12,9% Eigenkapltalzuwachs = 14,9%

Drei den Wert des Unternehmens steigernde Elemente haben demnach das Wachstum von Berkshire bestimmt. An erster Stelle wären hier das Versicherungsgeschäft und die hundertprozentigen Töchter zu nennen, die teilweise nur erworben wurden, weil sie Bargeld abwarfen – als ewige Motoren des Kapitalismus. Der zweite Schritt war dann die langfristige, erfolgreiche Investition der so generierten Mittel an der Börse durch Aufkauf von Unternehmen oder in andere Wertpapiere. Beides trug zur Steigerung des Buchwerts von Berkshire bei. Schließlich hat dann die Börse den unaufhaltsamen Höhenflug honoriert: Die Berkshire-Aktien notierten deutlich über dem Buchwert. Infolgedessen ist der Kurs seit 1952 um insgesamt 28,7 Prozent pro Jahr gestiegen. Buffetts Anteil hat damit einen Wert von $34 Milliarden. Ohne die Magie der Hebelwirkung hätten Buchwert und Aktienkurs vielleicht nur um 15 Prozent im Jahr zugelegt. Buffets Anteil wäre dann lediglich $635 Millionen wert, und sein Name sicher weitgehend unbekannt geblieben.

Wie viel Ist Berkshire Hathaway genau Wert

Die Steigerung des Buchwerts von Berkshire ist zweifelsohne beeindruckend, um so mehr, wenn man berücksichtigt, dass die Anzahl der emittierten Aktien seit 1965 lediglich um 8 Prozent gestiegen ist. Bis zur Fusion mit General Re lag der Marktwert dabei noch ein gutes Stück höher. Wie bereits erwähnt war die Aktie nach dem Crash von 1973/74 unter dem Buchwert zu haben. Das Papier stieg dann kontinuierlich und notiert seit 1983 stets über dem Buchwert. Anfang 1998 betrug die Differenz zum Buchwert bei einem Kurs von ca. $70 000 je Aktie 175 Prozent. In dieser Geldanlage-Webseite wird das zentrale Thema der Beurteilung des inneren Wertes näher erläutert. Der innere Wert von Berkshire ist schwerer zu schätzen als bei den meisten anderen Unternehmen, da die Gewinne hier zum Großteil aus periodischen, unberechenbaren Kapitalgewinnen bestehen. Aber betrachten wir die Angelegenheit doch einmal ganz simpel. 1997 erzielte das Unternehmen aus seinen hundertprozentigen Töchtern einen Gewinn von $627 Millionen nach Steuern, darunter $298 Millionen technischer Gewinn aus dem Versicherungsgeschäft. Würden diese Töchter verkauft oder gingen unter eigenem Namen an die Börse, betrüge ihr Wert schätzungsweise $12 Milliarden. Die Beteiligungen der verbleibenden Unternehmensteile abzüglich der Verbindlichkeiten schlügen mit $45 Milliarden zu Buche – also insgesamt $57 Milliarden. Nehmen wir einmal an, dass die langfristigen Verbindlichkeiten, Float-Profit und aufgeschobene Steuerzahlungen, effektiv frei verfügbar sind (zumindest so lange der Status quo aufrechterhalten wird, denn sie sind ja nicht fällig und werden irgendwann von der Inflation gefressen), so errechnet sich ein innerer Wert von $46 000 je Aktie. Beherzigt man also den von den Herren Graham, Munger und Buffett propagierten ersten Grundsatz, nur Aktien deutlich unterhalb ihres Buchwertes zu kaufen, ist Berkshire Hathaway zum aktuellen Kurs ein ausgesprochen unattraktives Anlageinstrument.

Die Steigerung des Buchwerts von Berkshire ist zweifelsohne beeindruckend, um so mehr, wenn man berücksichtigt, dass die Anzahl der ausgegebenen Aktien seit 1965 lediglich um 8 Prozent gestiegen ist. Der Marktwert lag dabei noch ein gutes Stück höher.
Buffett hat einmal gesagt, seine Vorgehensweise sei zu 85 Prozent Graham und zu 15 Prozent Fisher Es wird sich noch zeigen, dass er bei dieser Selbsteinschätzung in der für ihn typischen Bescheidenheit seinen eigenen Beitrag viel zu gering bewertete, doch Graham und Fisher – wie auch die anderen in diesem Finanzportal erwähnten Vordenker – lieferten zweifellos das Fundament für Buffetts Leistungen.

Übungen für AMEX – Warren Buffett

Wie wir festgestellt haben, bringen die Reiseschecks dem Unternehmen einen Float-Profit. Doch es könnte ja sein, dass die Amex-Kunden ihr Vertrauen verlieren und ihr Geld lieber größeren Banken anvertrauen. Dabei ist es Amex aber gelungen, mit Verkauf und Einlösung von Schecks gleich viel Gewinn zu machen.
1Das Eigenkapital sank nach der Ausgliederung von Lehman für das Jahr 1994 auf $6,3 Milliarden. Welcher Betrag würde erreicht, wenn man den Float-Profit herausrechnet?
2Wie hoch wäre die neue EKR?
3Wie hoch wäre der innere Wert?
4Welchen Einfluss hätte dies auf die Anlageentscheidung von 1994 gehabt?
Weitere Fragen zur Diskussion
5Streng genommen sollte der Wegfall eines Float-Profits in Höhe von $4,8 Milliarden den Wert des Unternehmens höchstens um diesen Betrag mindern. Könnten Sie sich vorstellen, warum die Wirkung hier tatsächlich größer ist?

6Wir sind davon ausgegangen, dass der Wegfall des Float-Profits die Gewinn- und Verlustrechnung von Amex nicht verändert. Welche Auswirkungen können sich in der Praxis bei Erträgen und Aufwendungen zeigen?

1988, 1989 und 1994 kaufte Berkshire Hathaway Stammaktien der Coca- Cola Company für einen Gesamtbetrag von $1299 Millionen.