Nutzen
Lesen Sie, wie Sie Assessments professionell meistern können. Das englische Wort to assess bedeutet einschätzen oder bewerten. Das Assessment-Verfahren ist also eine Methode, Bewerber einzuschätzen und zu bewerten. Nur das Vorgehen ist anders als beim Bewerberinterview – das Ziel ist dasselbe.
Einzel-Assessment
Das Einzel-Assessment ist eine seit vielen Jahren bewährte Eignungsanalyse, die insbesondere bei größeren Unternehmen und für die Besetzung hoch qualifizierter Führungs- oder Spezialistenpositionen eingesetzt wird. Das Einzel-Assessment ist ein eignungsdiagnostisches Instrument, mit dem auf Basis eines genauen Anforderungsprofils die Leistungen und Potenziale der Bewerber erfasst und beurteilt werden. Beim Einzel-Assessment gibt es in der Kegel einen Moderator und er neu oder zwei zusätzliche Beobachter sowie den Bewerber. Das Einzel Assessment dauert meistens bis zu einem Tag.
Es beginnt mit einer Vorstellung des Moderators, der Beobachter und des Bewerbers sowie einer Erläuterung des Ablaufs. Der Bewerber bekommt Aufgaben zur weiteren Bearbeitung. Das kann z, B. die schriftliche Bearbeitung einer sehr schwierigen Kundenbeschwerde sein, ein Rollenspiel zu einem bestimmten Thema (Rollenspielpartner ist dann der Moderator), die Bearbeitung des Postkorbs, die Bearbeitung und Auswertung bestimmter Statistikdaten des Unternehmens, die Präsentation der Ergebnisse sowie ein Interview. Die gestellten Aufgaben werden sich daran orientieren, um welche Stelle es bei der Besetzung geht und welche konkreten Anforderungen beim Bewerber geprüft werden sollen.
Beobachter und Moderator werden ihre Einschätzungen und Beobachtungen abgleichen und zu einem Gutachten zusammenfassen. Je nach Unternehmen werden diese Einzel Assessments von externen Beratungsunternehmen (also absoluten Profis) durchgeführt. Vereinzelt ist es durchaus üblich, dass Sie die Ergebnisse (nicht das komplette Gutachten, aber die groben Einschätzungen) auch bei Nichtberücksichtigung für die konkrete Stelle erhalten. Das sollten Sie unbedingt nutzen, denn die Ergebnisse helfen Ihnen für weitere Bewerbungsverfahren. Sie bekommen eine Einschätzung Ihrer Stärken und Schwächen, die Sie bei einem Assessment gezeigt haben.
Das Einzel-Assessment unterscheidet sich vom Gruppen-Assessment oder Assessment-Center lediglich in der Zusammensetzung. Die Aufgabenstellungen sind vergleichbar. Das Einzel-Assessment ist stärker auf Sie zugeschnitten, außerdem ist eine höhere Vertraulichkeit für Sie als Bewerber gewährleistet, da Sie sich nicht in einer Gruppe mit anderen Bewerbern präsentieren müssen. Das führt auch zu einem valideren Ergebnis, da es keine Verfälschungen durch andere Mitbewerber und ihre Aktionen gibt. Letztlich können sich Moderator und Beobachter ausschließlich auf den einen Bewerber konzentrieren, sodass die Beurteilung sicherlich genauer und zutreffender ausfallen wird. Das Einzel-Assessment dauert meist nicht so lange wie ein Gruppen- Assessment. Das macht es etwas entspannter, denn Sie sind nicht so lange und permanent unter Beobachtung.
Gruppen-Assessment
Bei manchen Anforderungsprofilen sind Gruppen-Assessments jedoch besser geeignet. Das Verhalten des Bewerbers in der Gruppe wird beobachtet, wie geht er mit Mitbewerbern um, wie reagiert er auch auf sie. Hier kann man Aufschluss über Verhaltensweisen des Bewerbers (seinen Umgang mit Konkurrenz, ob er in Teams die Führung übernimmt etc.) erhalten, die für die jeweilige Stelle maßgeblich sein können. Beim Assessment-Center (AC) oder Gruppen-Assessment werden mehrere Bewerber über einen Zeitraum von mindestens ein bis zu zwei Tagen in verschiedenen Situationen beobachtet. Auch hier gibt es einen Moderator, mehrere Beobachter sowie die Gruppe der Kandidaten.
Gut vorbereiten
Bei jeder Art von Assessment gilt das Gleiche wie bei dem Bewerberinterview: Gut vorbereitet birgt es weniger Stress und gelingt eher. Auch wenn die Dauer von Assessments oft ein oder zwei läge in Anspruch nimmt und Sie dabei sicher unter Stress stehen, da Sie ständig beobachtet werden (selbst beim Essen oder in der Kurzpause), so können Sie auch solche Situationen schon während des Studiums üben. Workshops oder Wochenendseminare, in denen Sie solche Situation einüben, bilden eine gute Grundlage. Auch wenn der Inhalt und die speziellen Anforderungen der jeweiligen zu besetzenden Stelle den Ablauf des Assessments bestimmen, so sind viele Elemente in den ACs vergleichbar und gut zur Vorbereitung geeignet.
Vorstellung
Im Assessment ist die Vorstellungsrunde bereits der erste Teil des Verfahrens. Hier wird geprüft,
■ wie präsentieren Sie sich,
■ halten Sie lange Monologe,
■ was präsentieren Sie von sich, was geben Sie preis,
■ können Sie zuhören, wenn andere Personen sich vorstellen,
■ wie interessiert wirken Sie?
Möglich sind Selbstvorstellungen, aber auch die Vorstellung eines Mitbewerbers oder die Gruppenvorstellung. Jede Form der Vorstellung kann geübt werden. Nutzen Sie wieder einmal Ihre Freunde und/oder Kommilitonen und bereiten Sie dies schon frühzeitig in Kleingruppen spielerisch vor.
Postkorb
Die Postkorb-Übung ist mittlerweile weit verbreitet und es geht im Wesentlichen darum, in die Rolle eines Managers zu schlüpfen und verschiedene Termine, berufliche wie private, die miteinander kollidieren, sowie E-Mails, Faxe und Postanforderungen auch nach inhaltlichen Kriterien zu sortieren und zu priorisieren. In einer sehr knapp bemessenen Zeit müssen die Bewerber beweisen, dass Sie konzentriert und strukturiert den Postkorb abarbeiten und ohne großes Zögern entscheiden und delegieren. Der Postkorb stellt eine typische Alltagssituation im Berufsleben dar und gilt als geeignete Aufgabe, um zu überprüfen, ob der Bewerber die richtigen Dinge tut, also effektiv arbeitet, und ob er die Dinge richtig tut, also effizient arbeitet.
Der Postkorb-Test existiert in verschiedenen Schwierigkeitsgraden, je nach Position, die es zu besetzen gilt. Konkret werden mit dem Postkorb u.a. folgende Kriterien überprüft und beurteilt:
■ Belastbarkeit,
■ Arbeitsmenge,
■ Aufnahmefähigkeit und Genauigkeit,
■ Engagement,
■ Delegationsfähigkeit,
■ Umgang mit Stress,
■ Prioritäten setzen können,
■ Kommunikationsverhalten.
Präsentation
Die Präsentationsaufgabe gibt es in sehr verschiedenen Ausprägungen. Es kann die Präsentation eines Artikels sein, die Präsentation eines Berufes oder auch eine Pro- und Contra-Präsentation. Bei all diesen Präsentationen geht es darum, dass der Bewerber frei und flüssig sowie sicher präsentieren kann. Fasst sich der Redner kurz? Weckt er Interesse? Spricht er verständlich? Nutzt er eventuell Medien wie Flipchart, Tafel, Folien oder Laptop, um die wichtigsten Inhalte zu visualisieren?
Konkret werden mit der Präsentationsaufgabe folgende Kriterien überprüft und beurteilt:
■ Präsentationsfähigkeit,
■ Fähigkeit zu strukturieren,
■ Engagement,
■ Kommunikationsfähigkeit,
■ Selbstsicherheit,
■ intellektuelle Fähigkeiten,
■ Persönlichkeit.
Rollenspiel
Beim Rollenspiel wird ein simuliertes Gespräch geführt, bei dem der Bewerber und eine oder mehrere andere Personen in eine Rolle schlüpfen und miteinander eine vorgegebene Alltagssituation aus dem Unternehmen (z.B. ein Konfliktgespräch) darstellen. Die Art des zu führenden Gesprächs wird davon abhängen, welche Anforderung überprüft werden soll. Es kann um Konfliktgespräche, Motivationsgespräche, Kündigungsgespräche oder auch um die Moderation eines Teamgesprächs gehen. An den Rollenspielen beteilig! sich immer ein geübter und gut instruierter Moderator, damit die Ergebnisse im Gesprächsverlauf besser beurteilt werden können.
Mit dem Rollenspiel werden folgende Kriterien überprüft und beurteilt:
■ Führungsverhalten,
■ Einfühlungsvermögen,
■ Durchsetzungsvermögen,
■ Kommunikationsverhalten,
■ Wertschätzung, Werteorientierung,
■ Umgang mit schwierigen Situationen,
■ Fähigkeit zur Selbstreflexion.
Gruppendiskussion
Bei einer Gruppendiskussion bekommen alle Bewerber gemeinsam ein Thema vorgegeben. Dieses Thema muss in einer bestimmten Zeit gemeinsam diskutiert werden und meist zu einem Ergebnis geführt werden. Die Palette der möglichen Themen ist praktisch unendlich: Es können allgemeine Themen aus Politik und Wirtschaft sein, aber auch fachliche oder unternehmensspezifische Themen.
Bei der Gruppendiskussion, die von 15 bis zu 30 Minuten dauern kann, wird zum einen beobachtet, wie die Rollen (Moderator, Diskussionsführer) verteilt werden, wer sich eher zurückhält, wer endlose Monologe hält, wie die Einzelnen zuhören und miteinander umgehen. Es zählt also neben dem Gesagten sehr stark das Verhalten.
Konkret werden bei der Gruppendiskussion die folgenden Kriterien überprüft und beurteilt:
■ Führungsverhalten,
■ Selbstpräsentation,
■ Durchsetzungsvermögen,
■ Kommunikationsfähigkeit,
■ Persönlichkeit,
■ Belastbarkeit,
■ Präsentationsfähigkeit.
Datenanalyse
Die Analyse von Daten und Statistiken existiert in verschiedenen Ausprägungen und ist branchen- und unternehmensspezifisch und orientiert sich an der jeweiligen Position, die es zu besetzen gilt. Es kann um Auswertungen von Kundenbefragungen in Relation mit Absatz- und Umsatzdaten sowie Kostenentwicklungen gehen. Das Datenmaterial ist zu vernetzen und die Zusammenhänge und Wechselwirkungen sind aufzuzeigen. Es gilt, Handlungsempfehlungen herauszuarbeiten. Bei der Besetzung einer Position im Personalbereich kann es beispielsweise um Personalkennzahlen gehen, wie Fluktuation, Fehlzeiten, Entwicklung der durchschnittlichen Personalkosten und Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung.
Konkret werden bei der Analyse der Daten und Statistiken die folgenden Kriterien überprüft und beurteilt:
■ Arbeitsmenge,
■ Genauigkeit,
■ Umgang mit Zahlenmaterial,
■ numerisches Denken,
■ Aufbereitungsmethode, EDV-Know-how,
■ Präsentationsfähigkeit,
■ Kommunikationsfähigkeit.
Testverfahren
In einigen ACs ist es durchaus üblich, auch die klassischen Testverfahren wie Persönlichkeitstests oder Intelligenztests einzusetzen. Die Palette der unterschiedlichen Inhalte kennt ebenfalls kaum Grenzen. Die nachfolgende Aufzählung ist nur beispielhaft gemeint:
■ Sprachtests, zur Überprüfung der Sprachkenntnisse,
■ Standardtest zum Allgemeinwissen,
■ Standardtest zum logischen Denken,
■ Persönlichkeitstests.
■ Konzentrationstests,
■ Tests zum Abstraktionsvermögen.
Grundsätzlich ist es zu empfehlen, derartige Standardtests aus dem Internet immer mal wieder zu proben. Das vermittelt ein höheres Maß an Sicherheit im Umgang mit dieser Testmethode. Es gibt auch Unternehmen, die derartige Tests auch jenseits vom AC einsetzen und sie z. B. als Ergänzung zum Bewerberinterview nutzen.
Abschlussrunde
Am Ende eines jeden Assessments steht die Abschluss- oder Feedback- Runde. Es ist gängige Praxis, dass die Teilnehmer eines Assessments auf- gefordert werden, Ihre eigene Einschätzung zum Verfahren abzugeben und sich selbst und die anderen Teilnehmer zu bewerten. Auch ist es zunehmend verbreitet, dass die Assessment-Teilnehmer unmittelbar ein Feedback erhalten. Geschieht dies nicht, bekommen Sie die Auswertung auf jeden Fall einige Tage später. Sollte dies jedoch nicht geschehen, fassen Sie ruhig nach. Die Ergebnisse des AC können und sollten Sie nutzen, um sich immer weiter zu verbessern. Daher bieten sich Assessment-Verfahren auf jeden Fall an. um den eigenen Stand zu bestimmen und eine Einschätzung der eigenen Person zu erhalten. Nutzen Sie daher solche Einladungen zum AC immer, auch wenn Sie unsicher sind, ob die ausgeschriebene Position tatsächlich für Sie geeignet ist.