Wir haben festgestellt, dass sich Buffett bei der Beurteilung des Unternehmenswertes zunächst an Bilanzdaten orientiert hat, die auf Unterbewertung hindeuteten. Das wurde zunehmend schwieriger, als andere Anleger die Methode übernahmen und sich in der Investorenwelt die Vorstellung durchsetzte, dass Unternehmen mit einem Aufschlag auf den Buchwert gehandelt werden sollten. Auf der Suche nach neuen Ansätzen bemerkten Buffett und Munger, dass der künftige Cashflow bei manchen Unternehmen verlässlichere Aussagen über den Wert zuließ als der Preis, den die Vermögenswerte in einem Konkursverfahren erzielen würden.
Die in diesem Finanzportal dargestellten Leitmotive waren es, die Buffetts Karriere bestimmten. Ob man nun in Aktien oder Anleihen investieren oder ein ganzes Unternehmen kaufen will, in jedem Fall muss man eine klare Vorstellung vom wahren, vom inneren Wert haben. Der innere Wert ist eine Funktion der Mittel, die die Investition während ihrer Lebensdauer abwirft, diskontiert auf den aktuellen Zeitpunkt. Dieser Wert kann lediglich den Buchwert des Reinvermögens ausmachen (manchmal sogar noch weniger) oder – bei einem Unternehmen mit guten Zukunftschancen – wesentlich höher liegen. Ihre Aufgabe ist es, diesen Wert zu schätzen. Nicht weniger wichtig ist dabei, konsequent darauf zu achten, dass der Kaufpreis in sicherem Abstand unter dem ermittelten Wert liegt. Im Laufe der Zeit wird der Markt den wahren Wert schon anerkennen. Andernfalls sollten die auf diese Weise generierten Mittel den bezahlten Kaufpreis auf jeden Fall deutlich übersteigen. Die Beurteilung künftiger Cashflows ist eine knifflige Geschichte. Als Nächstes wollen wir uns damit befassen, wie der innere Wert und der Kaufpreis in der Praxis zu ermitteln sind.
Der innere Wert ist eine Funktion der Mittel, die die Investition während ihrer Lebensdauer abwirft, diskontiert auf den aktuellen Zeitpunkt.
Bevor wir den inneren Wert ermitteln können, müssen wir eine Vorstellung vom künftigen Cashflow haben. Bei einem Wirtschaftsunternehmen ist dafür der Gewinn als wahrscheinliche Hauptquelle von Mitteln der logische Ausgangspunkt. (Später werden wir sehen, dass Gewinn nicht gleich Gewinn ist.) Warum machen manche Firmen mehr Gewinn als andere, selbst innerhalb derselben Branche?
Ein Unternehmen zu gründen, ist einfach. Ersparnisse, Darlehen und Handelskredite reichen zur Finanzierung der meisten kleineren Geschäfte. Selbst große Unternehmen mit angestammter Marktposition ziehen Konkurrenten in Form von finanzstarken Neugründungen oder Firmen mit Diversifikationsambitionen an, Nichtsdestoweniger schaffen es manche Unternehmen, ihre Rentabilität zu steigern und für ihre Aktionäre über Jahrzehnte hinweg hohe Erträge zu gewährleisten. Aus dem Blickwinkel Warnen Buffetts und manchmal auch Michael Porters erkennen wir, wie sie das machen. Denken Sie noch einmal an den Buchwert eines Unternehmens – seine Produktionsanlagen, sein Nettoumlaufvermögen, seine Liquidität, American Express etwa hat einen Buchwert von $8,5 Milliarden und wirft $1,9 Milliarden Gewinn ab. Warum kommt nicht General Electric oder irgendeine große Bank daher, tätigt dieselben Investitionen und steckt den Gewinn in die eigene Tasche? Immerhin sprechen wir hier von einer Kapitalrendite von 22,4 Prozent – mehr als dreimal soviel, als wenn man sein Geld steuerfrei in Emissionen des US-Schatzamts investiert. Natürlich hat American Express bereits Konkurrenten, doch die können bei dieser Rendite nicht mithalten. Grund dafür ist, dass American Express Wertschöpfung in einer Weise erreicht, die für existierende und potenzielle Konkurrenten sehr schwer nachzuvollziehen ist. Wie hebelt man sich in eine derart starke Position? Bei der Suche nach Unternehmen, die ihre Gewinne im Laufe der Zeit maximieren werden, muss man die folgenden drei Wertfragen beantworten können.