Zarte Erholung in Sicht: Deutschlands Wirtschaft tastet sich zurück ins Wachstum
Nach Jahren des Durchhängens und trüber Wirtschaftsberichte zeichnet sich endlich ein vorsichtiges Aufatmen ab. Gleich mehrere deutsche Wirtschaftsinstitute – darunter das renommierte Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), das ifo Institut, das RWI in Essen und das IWH in Halle – berichten in ihren neuesten Prognosen von leichtem, aber spürbarem Wachstum. Ein Hoffnungsschimmer, der vielen Unternehmen, aber auch der Politik, wieder Perspektiven eröffnet.
Erste Schritte aus dem Tal
Der Startschuss zur vorsichtigen Erholung fiel im ersten Quartal dieses Jahres, als das Bruttoinlandsprodukt um 0,4 % zulegte – mehr als viele erwartet hatten. In der Folge korrigierten die Institute ihre bisherigen Nullwachstums-Prognosen nach oben. Das IfW beispielsweise erwartet nun für das Gesamtjahr ein Plus von 0,3 %, während auch das ifo Institut seine Erwartungen auf diesen Wert anhob.
Noch vor wenigen Monaten sprach man hinter vorgehaltener Hand vom „kranken Mann Europas“ – heute heißt es immerhin: Es gibt Licht am Ende des Tunnels.
Impulse aus der Politik: Milliarden für Infrastruktur und Steuerentlastung
Ein nicht zu unterschätzender Teil dieses positiven Trends ist auf die neuen wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung zurückzuführen. So verabschiedete das Bundeskabinett ein umfassendes Steuererleichterungspaket in Höhe von 46 Milliarden Euro (ca. 53 Milliarden US-Dollar), das gezielt Unternehmen entlasten soll – und das nicht kurzfristig, sondern bis ins Jahr 2029.
Doch damit nicht genug: Bereits im Frühjahr hatte der Bundestag grünes Licht für ein beispielloses Ausgabenprogramm gegeben. Kernstück ist ein Infrastrukturfonds mit einem Volumen von 500 Milliarden Euro, ergänzt durch Ausnahmeregeln für Verteidigungsausgaben, die nicht länger unter die Schuldenbremse fallen.
Das Ziel ist klar: Mit staatlicher Investitionskraft soll die wirtschaftliche Dynamik entfesselt und das Vertrauen der Unternehmen zurückgewonnen werden.
Was die Institute erwarten: Eine vorsichtige Trendwende
Die Zahlen, die aus den Forschungsinstituten kommen, sind zwar allesamt bescheiden, deuten aber in die gleiche Richtung:
Das RWI prognostiziert 0,3 % Wachstum für 2024 und 1,5 % für 2026
Das ifo Institut erwartet für 2026 ein Wachstum von 1,5 %, eine klare Aufwärtskorrektur gegenüber den früher angenommenen 0,8 %
Das IWH in Halle spricht in seiner Sommerprognose von 0,4 % Wachstum in diesem Jahr – viermal so viel wie noch vor wenigen Monaten erwartet
Und auch die internationale Bühne stimmt vorsichtig mit ein. Die OECD rechnet mit 0,4 % Wachstum 2024 und einem soliden 1,2 % im Jahr 2026.
Globale Risiken: Ein Drahtseilakt zwischen den Mächten
Trotz aller Zuversicht bleibt ein nervöser Unterton. Die zunehmenden Spannungen im Welthandel, insbesondere zwischen den USA und China, werfen einen langen Schatten auf die deutsche Exportnation. Schon heute bremst die US-Zollpolitik laut ifo das deutsche Wachstum um 0,1 % im Jahr 2025 und 0,3 % im Jahr 2026.
Und sollte es zu einer weiteren Eskalation kommen, droht laut ifo sogar eine neue Rezession. Die deutsche Industrie steckt in einem geopolitischen Spagat. Auf der einen Seite starke Verflechtungen mit der US-Wirtschaft, auf der anderen Seite enge Produktionsbeziehungen mit China.
Oliver Holtemöller vom IWH bringt es auf den Punkt: Die deutsche Industrie balanciert zwischen zwei Blöcken. Jede Eskalation bringt neue Unsicherheit.
Konsum und Investitionen treiben an – der Export schwächelt
Ein interessanter Paradigmenwechsel zeichnet sich ab. Während früher der Export als Konjunkturmotor galt, treten nun Konsum und Investitionen in den Vordergrund. Die Binnenwirtschaft ist der Hoffnungsträger – gestützt durch stabile Einkommen, gute Beschäftigung und staatliche Impulse.
Die OECD erwartet sogar, dass die Exporte 2025 um 0,3 % sinken, bevor sie sich 2026 mit +0,6 % leicht erholen. Ein klares Signal, dass die Exportweltmeister-Mentalität der deutschen Wirtschaft an ihre Grenzen stößt.
Inflation und Arbeitsmarkt: Entspannung in Sicht
Die Inflationsprognosen liegen mit 2,1 % für 2025 und 2,0 % für 2026 im Zielkorridor der Europäischen Zentralbank – ein Zeichen dafür, dass die Preisspirale vorerst gebremst ist.
Auch der Arbeitsmarkt zeigt sich resilient. Zwar wird ein leichter Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 6,3 % im nächsten Jahr erwartet, doch 2026 soll die Quote schon wieder auf 6,1 % sinken. Die deutsche Wirtschaft bleibt also ein robuster Arbeitsplatzmotor, trotz aller Herausforderungen.
Die Erholung beginnt leise – aber sie beginnt
Deutschlands Wirtschaft steckt nicht mehr im Krisenmodus – auch wenn der Weg zurück zu alter Stärke lang und steinig bleibt. Politische Investitionen, vorsichtiger Optimismus in den Prognosen und eine starke Binnenwirtschaft könnten den entscheidenden Wendepunkt markieren.
Doch der Aufschwung ist fragil. Handelskonflikte, Reformstau und geopolitische Risiken können ihn jederzeit abbremsen. Umso wichtiger ist es, dass die Politik Kurs hält – und der Standort Deutschland nicht wieder im Nebel der Unsicherheit verschwindet.
(FAQ) Aktuellen Wirtschaftslage in Deutschland
Wie entwickelt sich die deutsche Wirtschaft derzeit?
Nach zwei Jahren wirtschaftlicher Schwäche zeigen die aktuellen Prognosen erstmals wieder ein leichtes Wachstum. Für das Jahr 2024 rechnen führende Wirtschaftsinstitute mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um etwa 0,3 bis 0,4 Prozent. Das erste Quartal verlief besser als erwartet.
Welche Faktoren tragen zur wirtschaftlichen Erholung bei?
Die wichtigsten Impulse kommen von staatlichen Maßnahmen wie Steuererleichterungen und umfangreichen Investitionen in die Infrastruktur. Auch der private Konsum zeigt sich stabil. Die Exporte hingegen bleiben zurückhaltend und bremsen das Wachstum.
Welche Risiken bestehen für die weitere Entwicklung?
Größte Risiken sind geopolitische Spannungen, insbesondere Handelskonflikte zwischen den USA und China. Eine Eskalation könnte den Aufschwung gefährden. Auch strukturelle Herausforderungen wie Reformstau und Fachkräftemangel bleiben ungelöst.
Wie sehen die Prognosen für 2025 und 2026 aus?
Für 2025 erwarten die Institute ein Wachstum von etwa 1,5 bis 1,6 Prozent. Im Jahr 2026 wird mit einem weiteren Anstieg gerechnet – abhängig von der weltwirtschaftlichen Lage und der Umsetzung wirtschaftspolitischer Maßnahmen.
Wie entwickeln sich Inflation und Arbeitslosigkeit?
Die Inflation soll sich beruhigen und 2025 bei rund 2,1 Prozent liegen, 2026 bei etwa 2,0 Prozent. Die Arbeitslosenquote wird voraussichtlich leicht auf 6,3 Prozent steigen, bevor sie 2026 auf 6,1 Prozent zurückgeht.