Aktien sind Wertpapiere, von denen es unterschiedliche Formen gibt. Die wichtigste Unterscheidung ist die zwischen Stamm- und Vorzugsaktien. Stammaktien beinhalten ein Stimmrecht und werden daher bevorzugt von institutionellen Anlegern wie Banken und Investmentfonds gekauft. Für solche Investoren ist die Mitbestimmung und damit das Stimmrecht von herausragender Bedeutung.
Die Aktiengesellschaft hat die Möglichkeit, auch stimmrechtslose Aktien herauszugeben; hierbei handelt es sich meistens um Vorzugsaktien, die zum Ausgleich für den Verlust des Stimmrechts eine höhere Dividende ausschütten. Vorzugsaktien werden daher vor allem von Privatanlegern erworben, die weniger am Stimmrecht interessiert sind, aber sich über eine höhere Dividendenausschüttung freuen. Der Vorteil kann unterschiedlich ausgestaltet sein. Manche Aktiengesellschaften garantieren eine Mindestdividende, die auch dann ausgeschüttet wird, wenn die Stammaktionäre aufgrund eines Verlusts oder einer mäßigen Gewinnentwicklung leer ausgehen. Eine andere Konstruktion besteht darin, dass die Dividende für Vorzugsaktionäre um einen festen oder prozentualen Betrag aufgestockt wird; man spricht dann von Mehrdividende. Eine andere Konstruktion sieht vor, dass bei einer Gewinnausschüttung Vorzugsaktionäre zuerst bedient werden müssen, bevor die Dividende auf Stammaktien ausgeschüttet wird. Man nennt solche Aktien auch Prioritätsaktien. Insbesondere Familienunternehmen bedienen sich der Vorzugsaktien: In diesem Fall hält die Gründerfamilie die Mehrheit der Stammaktien und beteiligt das Publikum über stimmrechtslose Vorzugsaktien an dem Unternehmen.
Wenn Sie Aktien kaufen und die Wahl zwischen Stamm- und Vorzugsaktien, sollten Sie abwägen, welche Aktienform Sie bevorzugen wollen. Für viele Anleger bietet die Vorzugsaktie eine höhere Dividendenrendite und damit mehr Sicherheit, da die Dividende teilweise Kursverluste in geringem Maße ausgleichen kann. Wenn beispielsweise der Kurs der Aktie um drei Prozent einbricht, die Dividendenausschüttung aber drei Prozent des Kurses ausmacht, hat der Anleger den Verlust wieder kompensiert. Allerdings sollten Sie Ihr Augenmerk nicht ausschließlich auf die Dividendenrendite richten, denn wenn eine Aktie stark sinkt, nützt Ihnen die höhere Dividendenausschüttung letztlich nichts. Während zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Ausschüttungen noch stärker beachtet wurden, richtet man heute die Aufmerksamkeit vorwiegend auf die Kursstärke einer Aktie. Unter diesem Gesichtspunkt sind häufig Stammaktien im Vorteil. Obwohl sich die Kurse von Stamm- und Vorzugsaktien fast parallel entwickeln, profitieren Stammaktien von wichtigen Entscheidungen über die Zukunft des Unternehmens wegen ihres Stimmrechts. So kann es zeitweilig Vorkommen, dass sich Stammaktien deutlich besser entwickeln als Vorzugsaktien. Der Vorteil kann gelegentlich sogar 10 bis 30 Prozent erreichen. Wenn jedoch der Termin der Dividendenausschüttung naht, holen die stimmrechtslosen Vorzugsaktien meist etwas auf.
Wenn Sie unschlüssig sind, ob Sie Stammaktien oder Vorzugsaktien wählen sollen, dann entscheiden Sie sich trotz möglicherweise geringerer Rendite besser für Stammaktien. Ein Beispiel soll Ihnen erläutern, weshalb dies die bessere Wahl ist. Im Jahre 2003 unterbreitete der amerikanische Konzern Procter & Gamble den Aktionären des deutschen Kosmetikherstellers Wella ein Übernahmeangebot. Obwohl Stamm- und Vorzugsaktien nahezu auf gleichem Kursniveau notierten, erhielten die Stammaktionäre ein Angebot von 92,25 Euro, während sich die Vorzugsaktionäre mit 65 Euro zufrieden geben mussten. Angesichts dieser großen Differenz wird deutlich, dass Vorzugsaktionäre im Zweifelsfall wenig von einer höheren Dividende haben. Ohne das entscheidende Stimmrecht bleiben Sie bei einer Übernahme oder anderen wichtigen Ereignissen Aktionär zweiter Klasse.
Eine weitere Unterscheidung ist die zwischen Inhaberaktien und Namensaktien. Inhaberaktien sind in Deutschland weit verbreitet; denn sie sind in der technischen Handhabung relativ unkompliziert. Sie können problemlos übertragen werden. Bei Namensaktien hingegen werden die Namen der Aktionäre in ein Buch eingetragen, das die Aktiengesellschaft einsehen kann. Obwohl dadurch die Anonymität durchbrochen wird, hat dieses Verfahren in den letzten Jahren an Popularität gewonnen. Aktionäre, die verhindern wollen, dass das Unternehmen ihren Namen und ihre Adresse erfährt, können der Eintragung widersprechen und die Depotbank in das Aktionärsbuch eintragen lassen. Dennoch sind Namensaktien auf dem Vormarsch. Was in den USA längst Pflicht ist, findet auch hier zunehmend Verbreitung: Namensaktien ermöglichen es, die Aktionäre persönlich zu informieren. Eine Spezialform, die Professoren häufig als knifflige Frage in Abschlussprüfungen dient, ist die vinkulierte Namensaktie. Das lateinische Wort „vinkuliert“ bedeutet wörtlich übersetzt .gefesselt“; diese Aktien sind an bestimmte Aktionäre gebunden, d.h. Sie können solche Aktien nur erwerben, wenn das Unternehmen seine Zustimmung erteilt. Glücklicherweise sind vinkulierte Namensaktien äußerst selten, da die Prozedur umständlich ist. Dieses Verfahren wird insbesondere von Medienunternehmen gewählt, die sich vor einer feindlichen oder schleichenden Übernahme schützen wollen.
International gibt es noch einige Sonderformen, die auch in Deutschland gehandelt werden. Hierzu gehören die ADRs (American Depositary Receipts). Dieses spezielle Verfahren wählen oft Aktiengesellschaften aus Schwellenländem wie Russland und China, um den Handel mit ihren Aktien in den USA zu vereinfachen. Da die Börsenzulassung ein schwieriges und hürdenreiches Verfahren ist, gibt es die Möglichkeit, Auslandsaktien einfacher zu handeln. Dabei muss die jeweilige Aktiengesellschaft eine größere Anzahl von Aktien bei einer amerikanischen Treuhänderbank hinterlegen. Diese spezialisierte Bank gibt dann auf diese Pakete ein Zertifikat heraus, das einer amerikanischen Namensaktie gleichgestellt ist. Solche Zertifikate nennt man ADR. Als Anleger sollten Sie auf jeden Fall beachten, dass nicht immer ein ADR auch einer Aktie entspricht. Häufig ist es so, dass 10 oder mehr ADRs einer Aktie entsprechen. Achten Sie daher beim Kauf von ADRs immer auf das Bezugsverhältnis. Das Verfahren ist relativ sicher, da die amerikanische Treuhänderbank bei Problemen das Aktienpaket, das dem ADR zugrunde liegt, herausgeben muss. Das Verfahren wird auch bei mehr oder minder exotischen Schwellenländern angewandt, in denen Einzelinvestoren keine Aktien kaufen dürfen. Größere Investmentgesellschaften haben in manchen Ländern eine Ausnahmegenehmigung und geben auf ihre Aktienpakete ADRs heraus.
Ein solches Vorgehen findet man auch bei der Unterscheidung zwischen A- und B-Aktien. ln der Regel dürfen B-Aktien nur von ausländischen Anlegern gekauft werden. Diese B-Aktien haben häufig ein eingeschränktes oder gar kein Stimmrecht und werden nur in einer beschränkten Zahl verkauft. Das kann dazu führen, dass die ausländischen Anleger in der Hauptversammlung nicht abstimmen können. Da es viel weniger B-Aktien gibt, verhält sich deren Aktienkurs auch bisweilen anders als der von A-Aktien, die nur von Einheimischen erworben werden dürfen. Ein solches Verfahren findet man nicht nur in Schwellenländern, sondern auch in Skandinavien wie in Norwegen. Der Zweck solcher Restriktionen ist es, ausländischen Einfluss in Kapitalgesellschaften zurückzudrängen.
Eine besonders vielschichtige Differenzierung findet sich bei chinesischen Aktien. Während die A-Aktien nur Chinesen Vorbehalten sind und an der Börse in Shanghai und Shenzhen gehandelt werden, können B-Aktien auch von Ausländern erworben werden. Zusätzlich gibt es noch H-Aktien. Der Buchstabe H steht für Hongkong; solche Wertpapiere werden in Hongkong gehandelt und dürfen nur von Ausländern gekauft werden. Außerdem sind noch so genannte „Red Chips“ im Börsenhandel; bei diesen Aktien handelt es sich um Werte, die in Hongkong notiert und ausländischen Anlegern frei zugänglich sind. Ihre Besonderheit besteht darin, dass die chinesische Regierung daran einen größeren Aktienanteil hält.
Manche Beobachter nehmen an, dass eine Freigabe der A-Aktien für ausländische Investoren einen ebenso starken Kursanstieg auslösen würde wie die Freigabe der Hongkong-Aktien für chinesische Anleger auf dem Festland. Einige Experten vertreten die Auffassung, dass die Unterscheidung zwischen A – und B-Aktien früher oder später von den noch wenigen Ländern, in denen ein solches System vorhanden ist, aufgegeben wird, da dieses Zweiklassensystem nicht mehr in das Zeitalter der Globalisierung passt.