Die Eigenkapitalquote gibt an, wie hoch der Eigenkapitalanteil ist. Wenn Sie sich schon einmal mit Bilanzen befasst haben, wissen Sie sicherlich, dass jede Bilanz aus einer rechten und einer linken Seite besteht. Die rechte Seite, deren Posten Passiva genannt werden, sagt aus, woher die Mittel des Unternehmens kommen (Mittelherkunft). Die linke Seite der Bilanz hingegen, die so genannten Aktiva, zeigt Ihnen, wie die Mittel verwendet wurden (Mittelverwendung), d.h. was das Unternehmen mit den Geldern erworben hat.
Die Passivseite, die die Herkunft der Mittel beschreibt, besteht nun vereinfacht aus zwei Hauptposten: den Mitteln, die das Unternehmen selbst aufgebracht hat, nämlich das Eigenkapital, und den Mitteln, die es sich als Kredit leihen musste, das Fremdkapital. Wenn man nun Eigen- und Fremdkapital zusammennimmt, erhält man das Gesamtkapital eines Unternehmens. Die Eigenkapitalquote gibt Ihnen nun an, wie hoch der Anteil des Eigenkapitals ist – Sie müssen also nur das Eigenkapital durch das Gesamtkapital (das in den meisten Geschäftsberichten als Bilanzsumme bezeichnet wird) dividieren und in Prozent umrechnen.
Diese Zahl werden Sie in allen Geschäftsberichten schon ausgerechnet vorfinden. Die entscheidende Frage lautet nun: Welcher Wert ist am besten? 10%? 30%? 60%? Sie werden kein Unternehmen finden, dass über 100 Prozent Eigenkapital verfügt, denn bei jeder Neugründung ist nicht genügend Eigenkapital vorhanden; selbst Personengesellschaften oder Einzelunternehmen sind fast immer auf zusätzliche Kredite angewiesen, was die Existenzgründung nicht gerade einfach macht. Die meisten börsennotierten Konzerne in Deutschland, wie sie im DAX zusammengefasst sind, haben eine Eigenkapitalquote, die zwischen 30 und 40 Prozent liegt.
Der optimale Wert der Eigenkapitalquote ist von der Branche abhängig, deshalb gibt es in diesem Zusammenhang keine eindeutige Zahl, aber zumindest einige Anhaltspunkte. Stellen Sie sich vor, Sie gründen ein Maschinenbauunternehmen. Dann benötigen Sie Grundstücke und Gebäude, einen Fuhrpark und eine Vielzahl sehr teurer Maschinen in der Produktion (wie Industrieroboter) und zusätzlich Vorräte (wie Rohstoffe – beispielsweise Stahl, Kunststoff, Glas) und möglicherweise Fertigbauteile. Sie können sich sicherlich ausmalen, dass Sie zur Anschaffung viele Kredite benötigen und am Anfang nur wenig Eigenkapital haben. Die Banken erwarten aber bei so umfangreichen Investitionen, dass Sie zumindest genügend eigene Mittel vorweisen können, da die Banken nicht von vornherein bereit sind, solche Millionensummen zur Verfügung zu stellen. Ein Maschinenbauunternehmen hat daher meist eine Eigenkapitalquote von mehr als 30 Prozent.
Anders sieht es im Einzelhandel aus. Ein Supermarkt benötigt nur einen Laden, den man nicht unbedingt kaufen, sondern auch mieten kann. Die Innenausstattung besteht nicht aus extrem teueren Maschinen, sondern nur aus vielen Regalen, die nicht besonders teuer sind. Auch wenn man berücksichtigt, dass ein solcher Supermarkt Scanner-Kassen und eine komplizierte Software für die Lagerhaltung braucht, ist der Kapitalbedarf viel geringer als bei einem Maschinenbauunternehmen. Darüber hinaus verkauft der Supermarkt täglich Lebensmittel an viele Kunden, die mit großer Wahrscheinlichkeit kommen. Die Experten sagen, die Umschlagshäufigkeit der Waren ist sehr hoch.
Anders sieht es bei einem Maschinenbauunternehmen aus: Es ist im Bereich der Investitionsgüterindustrie tätig und muss äußerst anspruchsvolle, wählerische und sachkundige Industriekunden zufrieden stellen. Einen Schokoriegel kauft man täglich, denn er kostet nur ein paar Cents. Eine Verpackungsmaschine, die mit mehreren Hunderttausend Euro zu Buche schlägt, ist eine kostspielige, wohlüberlegte Anschaffung. Aus all diesen Gründen kann ein Supermarkt mit einer sehr dünnen Eigenkapitaldecke auskommen; in der Regel liegt deshalb die Eigenkapitalquote im Einzelhandel bei unter 10 Prozent und gelegentlich sogar unter 5 Prozent.
Wenn Sie also beurteilen möchten, ob die Eigenkapitalquote Ihres Unternehmens angemessen ist, sollten Sie folgende Aspekte beachten: Vergleichen Sie die Kennzahl immer nur innerhalb derselben Branche. Es macht keinen Sinn, wenn Sie ein Automobilunternehmen mit einem Einzelhändler vergleichen. Eine hohe Eigenkapitalquote innerhalb der Branche ist eine gute Absicherung. Denn das Unternehmen ist weniger auf Kredite angewiesen und wird weniger durch Fremdkapitalzinsen belastet. Es hat insgesamt ein solideres Fundament und kann auch Krisen und Umsatzrückgänge besser durchstehen.
Besonders positiv ist es, wenn das Unternehmen den Eigenkapitalanteil in den letzten Jahren noch erhöhen konnte – vor allem wenn diese Erhöhung aus eigenen Gesellschaftsmitteln stammt. Sie müssen dazu wissen, dass Gewinne, wenn Sie nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden, in die Gewinnrücklage fließen können.
Schlechter ist es, wenn das Eigenkapital durch die Ausgabe junger Aktien erhöht wurde, denn dann kam der Zufluss von außen, von den Aktionären.
Ist die Eigenkapitalquote außergewöhnlich hoch, dann kann dies in seltenen Fällen einen gewissen Nachteil darstellen; denn das Unternehmen nutzt dann zu wenig die Möglichkeiten der Kreditaufnahme.
Die Eigenkapitalquote ist zudem länderspezifisch. In manchen Ländern wie den USA ist die Eigenkapitalausstattung besser als in Deutschland oder gar in Schwellenländern. Eine dünne Eigenkapitaldecke ist immer ein Risiko – insbesondere bei Unternehmen, die erst vor einigen Jahren gegründet wurden oder aus Emerging Markets stammen. Wenn Sie den Eindruck haben, dass die von Ihnen bevorzugte Aktiengesellschaft zu wenig Eigenkapital besitzt, sollten Sie die anderen Kennzahlen sehr sorgfältig unter die Lupe nehmen und im Zweifelsfall auf den Kauf verzichten.