Neben der weit verbreiteten Dividendenstrategie gibt es natürlich noch eine Fülle anderer Kennzahlen, die sich für eine Anlagestrategie eignen. Auch in diesem Bereich war Motley Fool aktiv. Für Aufsehen sorgte beispielsweise die Keystone-Strategie.
Die Keystone-Strategie
Als Grundlage diente eine Datenbank in den USA mit 1700 Aktien, die vom Finanzdienstleister Value Line betrieben wird. In dieser Datenbank werden alle Aktien in 5 Kategorien untergliedert, wobei die Kategorie 1 alle Aktien mit dem höchsten Kurspotenzial für die nächsten 12 Monate umfasst und die Kategorie 5 alle Werte mit den schlechtesten Kurschancen.
Bei der Keystone-Strategie werden zunächst alle Aktien ausgewählt, die in die Kategorien 1 oder 2 fallen und damit das höchste Kurspotenzial haben. Danach wählt man 30 Titel aus, die die höchste Börsenkapitalisierung aufweisen. Anschließend werden wiederum 10 Aktien herausgefiltert, die in den letzten 26 Wochen die höchste relative Stärke, d.h. den größten Kurszuwachs im Vergleich zum Gesamtmarkt, hatten. Das Ergebnis dieser Strategie ist überaus erstaunlich: In den Jahren von 1987 bis 1998 erzielte man mit der Keystone-Strategie eine gigantische Rendite von 31 Prozent pro Jahr, während der als Vergleichsmaßstab gewählte S&P 500-Index lediglich auf 18 Prozent Wertsteigerung pro Jahr kam.
Bei der Keystone-Strategie handelt sich anders als bei den Verfahren, die auf der Dividendenrendite beruhen und die einen Substanzwert-Ansatz verkörpern, um eine Wachstumsstrategie. Die Growth-Strategie war natürlich vor allem in den 1990er Jahren, als die Wachstumstitel überproportional zulegen konnten, äußerst erfolgreich. Über einen Zeitraum von vielen Jahrzehnten konnten sich jedoch die Substanzwerte besser behaupten.
Der KGV-Effekt
Der amerikanische Finanzexperte James O’Shaughnessy führte in den 1990er Jahren etliche Studien durch, die er in seinem Werk „What Works on Wall Street“ 1997 veröffentlichte. Dabei bediente sich O’Shaughnessy einer Vielzahl unterschiedlicher Kennzahlen, um weitere Überrendite-Effekte aufzuspüren.
Ein wichtiges Phänomen, das in die Fachliteratur einging, ist der KGV-Effekt. Je niedriger das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist, desto besser sind die Chancen, eine überdurchschnittliche Wertsteigerung zu erzielen. Aktien mit einem niedrigen KGV schnitten pro Jahr um 2 Prozent besser ab als der Markt. Wallmeier kommt in
einer Studie zu dem Resultat, dass die KGV- Strategie in den Jahren von 1967 bis 1994 eine Durchschnittsrendite von 17,58 Prozent erbrachte, während Aktien mit hohem Kurs-Gewinn-Verhältnis nur eine Wertsteigerung von jährlich 10,05 Prozent erreichten.
Als Anleger sollten Sie also darauf achten, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis Ihrer Aktie nicht zu hoch ist. Der optimale Wert liegt knapp unter dem Branchendurchschnitt.
Der KUV-Effekt
Nach einer Untersuchung von O’Shaughnessy brachten Aktien ebenfalls eine Überrendite von 2 Prozent mit sich, die ein niedriges Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) hatten. O’Shaughnessy betrachtete den Zeitraum von 1951 bis 1994. Wenn man 1951 eine Summe von 10.000 US-Dollar in den S&P500-Index anlegte, hatte man 1994 ein Vermögen von 800.000 US-Dollar. Wenn man jedoch dieselbe Ausgangssumme in Aktien mit einem Kurs-Umsatz- Verhältnis von weniger als 1,0 investierte, wuchs das Geld auf 5,6 Millionen US-Dollar im Jahr 1994. Noch besser ist das Resultat, wenn nur die Aktien berücksichtigt werden, die im Vorjahr die beste Wertsteigerung vorweisen konnten. O’Shaughnessy kombiniert auf diese Weise den KUV-Effekt mit einer, wie er es nennt, Winner-Strategie. Der Anleger, der sein Geld so anlegte, hatte im Jahre 1994 mehr als 7,8 Millionen US-Dollar.
Der Größen- oder Small-Cap-Effekt
Eine besonders interessante Strategie beruht auf dem Großen Effekt. Wie Sie bereits wissen, unterscheidet man Aktien auch nach dem Grad der Marktkapitalisierung. Es gibt große Standardwerte (Large Caps oder Blue Chips) wie Siemens, Deutsche Bank, SAP oder BASF, mittelgroße Werte oder Mid Caps und Aktiengesellschaften mit geringer Marktkapitalisierung, so genannte Small Caps.
Zur Veranschaulichung können Sie einen Standardwert mit einem Elefanten und den Small Cap mit einer Maus vergleichen. Der Elefant ist schwerfällig und behäbig; genauso verhält es sich mit den riesigen Konzernen, die oft durch Überbürokratisierung und mangelnde Innovationskraft gekennzeichnet sind. Ihr Vorteil ist, dass sie sich eher auf internationalen Märkten behaupten können und weitaus weniger insolvenzgefährdet sind. Small Caps sind gleichsam flink, wendig und flexibel. Sie verkörpern das dynamische, ideenreiche mittelständische Unternehmen, das sich durch hohe Zuwachsraten bei den Gewinnen und Umsätzen auszeichnet. Allerdings haben Small Caps auch Nachteile: In einer Wirtschaftskrise können solche Unternehmen schnell in eine Schieflage geraten.
Eine Studie von Ibbotson Associates, die bereits 1991 veröffentlicht wurde, zeigt deutlich auf, wie sehr Small Caps die Standardwerte in der Wertentwicklung überholen können. Hätte man im Jahre 1926 1.000 US-Dollar in den S&P500-Index angelegt, so wären im Jahr 1990 daraus 244.130 US-Dollar geworden. Hätte man indes die 1.000 US-Dollar in kleine Aktiengesellschaften angelegt, so hätte sich die Summe zu einem Vermögen von 339.595 US-Dollar entwickelt. In Deutschland lag die jährliche Rendite von Small Caps im Zeitraum von 1969 bis 1991 bei mehr als 13 Prozent. Die Standardwerte brachten es im selben Zeitraum nur auf eine jährliche Performance von 7,2 Prozent.
Wenn Ihnen Ihr Kundenberater in einem Erstgespräch gleich zu Aktien wie Siemens, BWM, BASF und Co. rät, dann wissen Sie, dass diese Strategie langfristig wenig erfolgversprechend sein kann. Zwar werden diese Aktien immer als sicher und solide angepriesen, aber die Wertsteigerung ist meist geringer als bei Aktien mit mittlerer oder geringer Marktkapitalisierung.