Die Entscheidung, etwas zu delegieren, ist eine einseitige; sie erfordert nicht die Zustimmung beider Partner. Sie können jemandem die Autorität übertragen, eine Entscheidung zu fällen, ob derjenige will oder nicht. Wenn Sie jemandem Autorität übertragen, kann er oder sie diese an jemand anders weitergeben (wenn Sie nichts Gegenteiliges verfügt haben). Verantwortung ist jedoch eine zweiseitige Vereinbarung; Sie können mich bitten, eine Kundenanfrage zu beantworten, und ich kann Zusagen, dass ich das übernehme. Da Sie und ich abgemacht haben, dass ich die Anfrage beantworte, kann ich diese Verantwortung nicht jemand anders übertragen, ohne darauf zu achten, dass er oder sie diese Aufgabe auch wirklich erfüllt. Ich habe versprochen, dass sich jemand um die Anfrage kümmert; die einzige Möglichkeit, mich von diesem Versprechen freizumachen ist die, Sie zu bitten, unsere ursprüngliche Vereinbarung zu ändern.
Frau Alexander. Ihre Vorgesetzte, bittet Sie, einen Bericht zu erstellen, in dem die aktuellen Umsatzzahlen Ihres Unternehmens dargestellt werden. Sie überlegen, dass Sie den Text in Word erfassen und die notwendigen Grafiken in PowerPoint erstellen können. Sie wissen, wo Sie die Rohdaten herbekommen und wie man Word bedient. Sie wissen allerdings nicht, wie man PowerPoint bedient. Also übernehmen Sie die Ihnen übertragene Aufgabe in dem Wissen, dass Sie Herrn Bock fragen werden, ob er die notwendigen Grafiken für Sie erstellt. Als Sie Herrn Bock fragen, ob er Ihnen hilft, verspricht er dies. Eine Woche später fragt Frau Alexander, wie es mit dem Bericht steht.
Sie erzählen ihr, dass Sie mit dem Text fertig sind, aber dass Herr Bock die Grafiken noch nicht erstellt hat. Sie schlagen vor, dass Frau Alexander sich bei Herrn Bock nach dem Stand der Dinge erkundigt. Was meinen Sie, wie sie auf diesen Vorschlag reagiert? Zunächst herrscht Stille. Dann sagt Ihnen Frau Alexander, dass Sie sich dazu verpflichtet hatten, den Bericht zu erstellen. Sie tragen die Verantwortung dafür, sicherzustellen, dass alle dazu notwendigen Arbeiten durchgeführt werden, nicht Frau Alexander. Mit anderen Worten, die Tatsache, dass Sie die Verantwortung für die Erstellung des Berichts übernommen haben, bedeutet, dass Sie nicht einen Teil dieser Verantwortung an jemand anders übertragen können.
Übrigens war es auch aus anderen Gründen völlig richtig, dass Frau Alexander nicht direkt mit Herrn Bock gesprochen hat:
✓ Wenn Frau Alexander sich direkt bei Herrn Bock erkundigt hätte, würde sie Ihnen keinen guten Dienst erweisen. Sie würde Herrn Bock dadurch indirekt zu verstehen geben, dass er. wann immer er von Ihnen eine Aufgabe übertragen bekommt, nicht Sie, sondern Frau Alexander zufrieden stellen muss. Mit anderen Worten, sie hätte dadurch Ihre Autorität als Führungskraft untergraben.
✓ Es wäre problematisch gewesen, bei Herrn Bock nachzufragen, weil Frau Alexander nicht weiß, welche Aufgabe Sie ihm übertragen haben und wann er diese Aufgabe erledigen soll. Die einzige Möglichkeit, sich von einer übernommenen Verpflichtung freizumachen, ist die, den anderen zu bitten, einer anderen Vereinbarung zuzustimmen.
Menschen zur Rechenschaft ziehen, obwohl sie Ihnen nicht direkt unterstellt sind Leute, die ein Versprechen gehen, das Versprechen brechen und dann dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden, führen bei anderen Teammitgliedern zu Frustrationen.
Es ist ganz wichtig, dass Sie bezüglich der Verantwortlichkeit folgende Grundsätze einhalten:
✓ Wenn Sie eine Verpflichtung eingehen, sollten Sie dafür auch verantwortlich gemacht werden. Mit anderen Worten, wenn Sie ein Versprechen geben, sollten Sie immer auch die Folgen dafür tragen, je nachdem, wie gut oder wie schlecht Sie Ihr Versprechen halten.
✓ Wenn Sie keine Verpflichtung eingegangen sind, sollten Sie auch die Konsequenzen nicht tragen müssen. Wenn etwas danebengeht. Sie aber für die korrekte Durchführung nicht zuständig waren, sollten Sie auch nicht die negativen Folgen tragen müssen. (Natürlich sollten Sie in diesem Fall auch nicht belohnt werden, wenn alles gut läuft.)
Jemanden für etwas verantwortlich zu machen, für das er keine Verpflichtung übernommen hat. nennt man einen Sündenbock suchen. Immer den nächstbesten für etwas verantwortlich zu machen, führt dazu, dass in Zukunft keiner mehr mit Ihnen Zusammenarbeiten möchte. Wenn jemand Ihnen aber nicht offiziell unterstellt ist. und eine Aufgabe für Sie erledigt, kann es schwierig sein, sie oder ihn zur Verantwortung zu ziehen. Vielleicht versuchen Sie es erst gar nicht, weil Sie denken, dass das unangemessen wäre (schließlich sind ja nicht Sie ihr oder sein Vorgesetzter) oder Sie wissen nicht, wie. Aber bedenken Sie: Jemanden zur Verantwortung zu ziehen, ist richtig und notwendig, wenn er eine Verpflichtung übernommen hat. Verantwortlichkeit hilft den Menschen zu wissen, dass sie auf dem richtigen Weg sind, und sie hilft Ihnen, offiziell anzuerkennen, wenn sie eine übernommene Verpflichtung ordnungsgemäß erledigt haben. Sie müssen nicht der Vorgesetzte von jemandem sein, um ihn zur Verantwortung zu ziehen; derjenige muss die Verpflichtung akzeptiert haben – darauf kommt es an!
Um die Genauigkeit Ihrer Verantwortungsmatrix Wenn Sie jemanden verantwortlich machen wollen, der Ihnen nicht direkt unterstellt ist, gehen Sie folgendermaßen vor:
✓ Finden Sie heraus, wer der direkte Vorgesetzte dieser Person ist, und beziehen Sie ihn mit ein. Vielleicht sollten Sie sich das Okay des Vorgesetzten der betreffenden Person holen. Wenn Sie es richtig anstellen und es zum richtigen Zeitpunkt tun, erhöhen Sie Ihre Erfolgschancen. Informieren Sie den betreffenden Mitarbeiter darüber, dass Sie seinen Vorgesetzten einbeziehen. Höchstwahrscheinlich wird er Ihnen dafür sogar dankbar sein.
✓ Machen Sie es schriftlich. Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wie merkwürdig manche Leute reagieren, wenn man eine informelle Vereinbarung schriftlich festhält? Plötzlich verhalten sie sich so. als würden sie Ihnen nicht vertrauen. Halten Sie Ihre Vereinbarungen schriftlich fest, damit die Bedingungen klar sind, die Aufgabe nicht vergessen wird und Sie eine Möglichkeit haben, die Vereinbarung zu formalisieren. Wenn man Sie diesbezüglich fragt, sagen Sie. dass es nichts damit zu tun hat, dass Sie dem Betreffenden nicht vertrauen. Wenn Sie ihm nicht vertrauen würden, würden Sie überhaupt nicht mit ihm Zusammenarbeiten!
✓ Seien Sie konkret. Je klarer Ihre Anfrage, desto leichter kann der Betreffende abschätzen, welcher Aufwand notwendig ist. um die Anfrage zu erledigen und gleich beim ersten Versuch das richtige Ergebnis zu liefern. Möglicherweise ist es Ihnen unangenehm, zu konkret zu sein, weil Sie es für unangemessen halten, der anderen Person Befehle zu geben (schließlich sind Sie ihr oder ihm ja nicht direkt vorgesetzt). Indem Sie sich klar und deutlich ausdrücken, machen Sie es Ihrem Gegenüber aber leichter, nicht schwerer.
✓ Fassen Sie nach. Vereinbaren Sie einen Zeitplan, nach dem Sie die Leistung der Person überwachen und mögliche Probleme oder Fragen klären können. Achten Sie dabei auf Folgendes:
• Vereinbaren Sie gleich zu Beginn einen solchen Zeitplan mit Zwischenzielen. Wenn Sie immer mal wieder zu rein zufällig gewählten Zeitpunkten anrufen und sich nach Ihrem Projekt erkundigen, könnte der Eindruck entstehen. Sie wollten den Betreffenden kontrollieren, weil Sie ihm nicht vertrauen.
• Richten Sie Ihren Kontrollzeitplan danach ein, welche Zwischenergebnisse der Betreffende wann erreichen will. Dadurch haben Sie objektivere Kriterien, anhand derer Sie beurteilen können, wie die Dinge laufen.
✓ Machen Sie auch Ihrem Team gegenüber deutlich, wer jetzt die Verantwortung für die Aufgabe hat. Ihr wertvollstes berufliches Gut ist Ihr Ruf. Wenn jemand verspricht, etwas für Sie zu erledigen, teilen Sie es den anderen in Ihrem Team mit. Wenn der Betreffende seine Verpflichtungen einhält, erkennen Sie diese Leistung vor den Kollegen an. Wenn er seine Versprechen nicht hält, lassen Sie denjenigen wissen, dass Sie auch das den Kollegen mitteilen.
✓ Lassen Sie sich eine ausdrückliche Zusage geben. Wenn jemand signalisiert, dass er Ihnen helfen will, achten Sie darauf, sich eine ausdrückliche Zusage darüber geben zu lassen, dass das gewünschte Ergebnis bis zu einem bestimmten Zeitpunkt und innerhalb eines vorgegebenen Kostenrahmens auch geliefert wird. Hüten Sie sich vor Äußerungen wie Ich werde mein Bestes tun oder Du kannst dich auf mich verlassen.
✓ Machen Sie die Dringlichkeit und Wichtigkeit der Aufgabe deutlich. Vielleicht sind Sie versucht, den Druck, der auf demjenigen, der eine Aufgabe übernommen hat, lastet, zu mindern, indem Sie ihm signalisieren, dass Sie es verstehen würden, wenn er Ihren Ansprüchen nicht gerecht wird, weil er ja so viele andere Dinge zu tun hat. Leider implizieren Sie damit, dass die Arbeit des Betreffenden eigentlich nicht so wichtig ist, und das Risiko, dass Sie nicht das bekommen, was Sie erwarten, steigt. Lassen Sie die betreffende Person stattdessen wissen, wie ihre Arbeit andere Tätigkeiten und Teammitglieder beeinflusst. Informieren Sie den Betreffenden, warum es so wichtig ist. dass sie oder er die Anforderungen erfüllt, und welche Folgen es für das Projekt und das gesamte Unternehmen hat, wenn er das nicht tut. Lesen Sie in dem Kasten Bleiben Sie immer am Ball, wie man jemanden zur Verantwortung zieht, der Ihnen nicht direkt unterstellt ist.