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Berufliche Entscheidungsfindung bei Outplacement

Theoretischer Bezugspunkt dieser Modellgruppe
Die Modelle, die berufliche Entscheidungsprozesse als Ergebnis sozialer Lemerfahrungen konzipieren, beziehen sich in ihren Grundlagen auf die soziale Lerntheorie, die Bandura als allgemeine Verhaltenstheorie formuliert hat (Bandura, 1986). Danach sind die Persönlichkeit des Menschen und sein Verhaltensrepertoire nicht in erster Linie durch genetische Faktoren bedingt, sondern entwickeln sich durch seine individuellen Lernerfahrungen in der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt (Mitchell & Krumboltz, 1994).

Zu den Annahmen der sozialen Lerntheorie, die für die Modelle des beruflichen Bereichs aufgegriffen wurden, gehören zwei Formen des sozialen Lernens. Lernen besteht im Erleben von Ereignissen und seinen Konsequenzen sowie der kognitiven Verarbeitung dieses Erlebens.

Lernformen nach der sozialen Lerntheorie von Bandura Instrumentelle Lernerfahrungen
Menschen bemerken, dass ihr Verhalten von anderen positiv oder negativ verstärkt, d. h. belohnt oder bestraft, wird. Die belohnten Verhaltensweisen werden zukünftig häufiger gezeigt, weil sie es dem Menschen erlauben, sich effizient in seiner Umwelt zu bewegen. Die Wiederholung führt zur besseren Beherrschung des Verhaltens, so dass es auf die Dauer auch ohne positive Reaktionen aus der Umwelt als reizvoll wahrgenommen und gezeigt wird. Umgekehrt entsteht eine Abneigung gegen Verhaltensweisen, die von relevanten Personen häufiger bestraft wurden, und sie werden zukünftig seltener gezeigt.

Stellvertretende Lernerfahrungen oder Lernen am Modell
Einen Großteil unserer Fähigkeiten und Präferenzen erwerben wir, indem wir andere Menschen beobachten und später ihr von anderen positiv verstärktes Verhalten nachahmen. Diese stellvertretenden Lernerfahrungen können durch direkte Beobachtung anderer Personen wie auch die Informationsverarbeitung von Ideen aus Medien (Fernsehen, Zeitschriften, Bücher etc.) entstehen.

Krumboltz’ Theorie der Berufswahl als sozialem Lernprozess

Krumboltz hat die Grundgedanken der sozialen Lerntheorie auf den beruflichen Bereich übertragen (Krumboltz, 1994), um zu untersuchen, warum Menschen ihre jeweiligen beruflichen Entscheidungen treffen. Der lerntheoretische Ansatz ist das jüngste und ein umfassendes Modell zur Erklärung des Berufswahlverhaltens (Bergmann, 2004). Krumboltz unterscheidet vier Faktorengruppen, die in vielfältigen Kombinationen auftreten können und die diese Entscheidungen maßgeblich beeinflussen. Diese Faktorengruppen sind folgende:

–           Genetische Ausstattung und Begabungen: Ererbte Veranlagungen beeinflussen berufliche Präferenzen und können beruflicher Begabung und Qualifikation Grenzen setzen. Menschen sind mit unterschiedlichen Merkmalen ausgestattet (z. B. Geschlecht, ethnische Herkunft, körperliche Merkmale) und profitieren durch angeborene Fähigkeiten (z.B. Intelligenz, Musikalität) in unterschiedlichem Ausmaß von spezifischen Lernerfahrungen.

–           Umweltbedingungen und -ereignisse: Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen wie Gesetze, Rohstoffvorkommen, Infrastruktur, Bildungssystem und technologische Entwicklungen hängen eng mit berufsrelevanten Faktoren wie den Ausbildungserfahrungen und Werten in der Familie, der Art und Anzahl der Arbeitsplätze und den Regeln und Methoden der Personalauswahl zusammen.

–           Lernerfahrungen: Die oben geschilderten Formen von Lemerfahrungen mit ihren Verstärkungsmustern bewirken, dass unterschiedliche berufliche Klischees und berufliche Präferenzen ausgebildet werden

–           Aufgaben- und Problemlösefähigkeiten: Das sind erlernte Erkenntnis- und Handlungsfähigkeiten, die aus dem Zusammenwirken von genetisch bedingten Merkmalen und Begabungen, Umwelteinflüssen und Lernerfahrungen entstehen. Dazu gehören beispielsweise Denk- und Arbeitsgewohnheiten, Einstellungen und emotionale Reaktionen.

Für berufliche Entscheidungsprozesse sind folgende Problemlösefähigkeiten von besonderer Wichtigkeit:

Bedeutende Problemlösefähigkeiten in Bezug auf berufliche Entscheidungen

1.Wichtige Entscheidungssituationen erkennen können

2.Eine Aufgabe/Entscheidung praktisch und realistisch definieren können

3.Generalisierte Selbstbeobachtungen und Weltanschauungen untersuchen und genau einschätzen können

4.Ein breites Spektrum an Alternativen berücksichtigen können

5.Notwendige Informationen zu diesen Alternativen sammeln können

6.Entscheiden können, welche Informationsquellen am verlässlichsten, genauesten und wichtigsten sind

7.Diese Abfolge von sechs Schritten entscheidungsrelevanter Verhaltensweisen planen und durchführen können

Die Problemlösefähigkeiten weisen einen engen Bezug zum Berufsreifekonzept von Super auf. Weitere für berufliches Wahl verhalten wichtige Kompetenzen, die z.T. in den zuvor genannten Schritten enthalten sind, sind nach Mitchell und Krumboltz (1994) Werteklärung, Zielsetzung, Zukunftsprognose sowie realistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten.

Die individuell erlebten Faktorenkombinationen und ihre kognitive Verarbeitung führen zu Überzeugungen und Verallgemeinerungen, in denen sich die Realität des einzelnen Menschen ausdrückt. Krumboltz und Kollegen unterscheiden generalisierte Selbstbeobachtungen und generalisierte Weltanschauungen. Erstere sind das Ergebnis eines Prozesses, in dem die laufenden Beobachtungen und Bewertungen des eigenen Verhaltens im Vergleich zu anderen in Verallgemeinerungen in drei Bereichen verdichtet werden. Das sind erstens Überzeugungen zu Fähigkeiten in Bezug auf spezifische Aufgaben (sog. Aufgabenwirksamkeit), zweitens Interessen, die Präferenzen für bestimmte Tätigkeiten hervorrufen, und drittens Wertvorstellungen, die das eigene Verhalten leiten. Die Beobachtung der eigenen Person, anderer Menschen und der Umweltbedingungen führt außerdem zu generalisierten Weltanschauungen (z.B. „Alle Topmanager sind geldgierig“). Diese Generalisierungen haben den Vorteil, die Verarbeitung neuer Eindrücke und die Entscheidung für eigene Verhaltensweisen zu vereinfachen. Das Ausmaß, in dem diese generalisierten Selbstbeobachtungen und Weltanschauungen zutreffend sind, hängt von der Anzahl und Repräsentativität der zugrundeliegenden Beobachtungen ab.